Leitsatz (amtlich)
Die Leistungen der Schiffsmakler sind nur dann nach § 28 Abs. 1 Ziff. 4 UStDB 1951 (§ 27 Abs. 1 Ziff. 4 UStDB 1938) steuerfrei, wenn sie in einem Seehafenplatz bewirkt werden.
Normenkette
UStDB 1938 § 27; UStDB 1951 § 28
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.) übt unstreitig die Tätigkeit eines Schiffsmaklers für die aus einem Seehafenplatz zur See abgehenden Seeschiffe aus, und zwar durch Besorgung von Ladungen und durch die Besorgung von Schiffsraum für die auf dem Seewege auszuführenden Güter von Exporteuren. Streitig ist allein, ob der Bf. mit den hierfür vereinnahmten Entgelten die Steuerbefreiungsvorschrift des § 27 Abs. 1 Ziff. 4 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1938 (§ 28 Abs. 1 Ziff. 4 UStDB 1951) in Anspruch nehmen kann. Das Finanzamt hat dies mit der Begründung verneint, daß der Stpfl. seinen Betriebsort, von dem aus er im wesentlichen seine Tätigkeit ausübe, nicht in einem Seehafenplatz habe und die erwähnte Befreiungsvorschrift so auszulegen sei, daß die im Abs. 1 Ziff. 4 a. a. O. genannten Leistungen in einem Seehafenplatz bewirkt werden müßten.
Die Berufung hatte Erfolg. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist für die Gewährung der Steuerfreiheit nicht etwa zu fordern, daß sich die gesamte Tätigkeit des Schiffsmaklers an einem Seehafenplatz als Betriebsort abspielen muß oder daß die Abmachungen zwischen dem Schiffsmakler und dem Reeder, die zu den Leistungen führen, an einem Seehafenplatz vorgenommen werden müssen oder daß etwa der Schiffsmakler sich zu diesem Zweck an den Seehafenplatz begeben muß. Dem stehe auch nicht der Wortlaut des Gesetzes entgegen. Das Finanzamt lege diese Vorschrift so aus, als ob sie laute: "Steuerfrei sind die folgenden Leistungen, wenn sie in einem Seehafenplatz ausgeführt werden." Dagegen besage die Vorschrift: "steuerfrei sind die folgenden Leistungen in einem Seehafenplatz" nach ihrem Sinn und Wortlaut nur, daß die "folgenden", nämlich die einzelnen, unter ihren Ziffern 1-6 aufgeführten Leistungen "steuerfreie Leistungen in einem Seehafenplatz" darstellten, während die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der in den einzelnen Ziffern aufgeführten Leistungen in jeder dieser Ziffern erschöpfend geregelt seien. Diese Auslegung werde auch durch die Überschrift der Befreiungsvorschrift gestützt. Sie laute: "Umschlagverkehr in Seehafenplätze". Zu diesem Verkehr gehörten auch die streitigen Leistungen. Im übrigen sei eine andere Auslegung auch wirtschaftlich nicht verständlich. Denn Hauptgrund der Befreiungsvorschrift sei die Aufrechterhaltung der Wettberwerbsfähigkeit der deutschen Seehafenplätze (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs V A 564/36 vom 11. Dezember 1936, Slg. Bd. 40 S. 255, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1937 S. 81). Es sei nicht einzusehen, aus welchem Grunde ein Schiffsmakler, der die nach der Befreiungsvorschrift befreiten Leistungen von einem außerhalb eines Seehafenplatzes gelegenen Ort aus bewirke, nicht in den Genuß der Steuerbefreiung kommen solle.
Entscheidungsgründe
Die gegen die Gewährung der Steuerfreiheit gerichtete Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Es ist dem Finanzgericht zwar zuzugeben, daß die von ihm vertretene Auslegung des § 27 (§ 28) UStDB zu einem durchaus möglichen Ergebnis führt. Allein der Senat vermag nicht anzuerkennen, daß diese Auslegung mit dem Wortlaut der genannten Vorschrift im Einklang steht. Im § 27 (§ 28) a. a. O. sind außer in der Ziff. 4 auch noch in den Ziff. 3 und 6 des Abs. 1 Vermittlungsleistungen aufgeführt, deren Ausführung auch außerhalb von Seehafenplätzen ohne weiteres möglich ist. Es ist daher angesichts der klaren Fassung des Abs. 1 Satz 1 der genannten Vorschrift: "Steuerfrei sind die folgenden Leistungen in einem Seehafenplatz" nicht denkbar, daß es bei den genannten drei Ziffern nicht auf die ausdrücklich als steuerfrei bezeichneten Leistungen der Spediteure und Schiffsmakler, sondern auf die von diesen vermittelten Geschäftsbesorgungen im Umschlagverkehr ankommen soll (für den Spediteur ebenso Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz -- UStG --, 4. Aufl. Anm. C 3 zu § 4 Ziff. 2 und 3 S. 331; für die Spediteure und Schiffsmakler, Beck in Deutsche Steuer-Zeitung 1937 S. 462 und S. 466). Diese wortgetreue Auslegung, der gegenüber auch der Überschrift zu § 27 (§ 28) UStDB keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, führt auch nicht etwa zu einem sinnwidrigen Ergebnis, das vom Gesetzgeber unmöglich gewollt sein kann. Vielmehr ist es durchaus denkbar, daß der Verordnungsgeber die Befreiungsvorschrift nur auf die Tätigkeiten beschränken wollte, die sich in den begünstigten Seehafenplätzen auch tatsächlich abspielen, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die Leistungen des Stpfl. sind aber unstreitig außerhalb eines Seehafenplatzes bewirkt worden. Angesichts des klaren Wortlautes der Vorschrift ist die Auffassung der Vorentscheidung schon aus Gründen der Auslegungsfähigkeit nicht zu billigen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs II z 43/50 S vom 16. November 1950, Slg. Bd. 55 S. 4, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1951 III S. 3, und V 41/53 S vom 17. September 1953, Slg. Bd. 58 S. 41, BStBl. 1953 III S. 307).
Unter Aufhebung der Vorentscheidung war daher die Berufung des Stpfl. gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts vom 20. November 1953 als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
BStBl III 1955, 117 |
BFHE 1955, 306 |