Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Begriff eines Organverhältnisses mit Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung.
2. Wird in einem derartigen Vertrag von der Obergesellschaft zusätzlich die Verpflichtung zur Abdeckung vororganschaftlicher Verluste übernommen, so werden hierin im allgemeinen Einlagen zu erblicken sein, die zusätzliche Anschaffungskosten auf die Gesellschaftsanteile darstellen.
3. Der Muttergesellschaft ist nicht der handelsbilanzmäßige Gewinn, sondern der nach den Grundsätzen des Steuerrechtes ermittelte Gewinn der Organgesellschaft zuzurechnen, soweit er ohne Verletzung gesetzlicher Vorschriften nach den vertraglichen Vereinbarungen an die Muttergesellschaft abzuführen wäre, falls er in der Handelsbilanz ausgewiesen würde.
4. Wird in einem Organvertrag die Gewinnabführung an die Muttergesellschaft vom Ausgleich des Verlustvortrages aus der Zeit vor Herstellung des Organverhältnisses abhängig gemacht, so treten die steuerlichen Wirkungen der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs für Organverhältnisse mit Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen erst nach Abdeckung des vorgetragenen Verlustes ein.
Normenkette
KStG § 6 S. 2, § 7/1
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.) ist aus einem Einzelunternehmen hervorgegangen, das am 1. Dezember 1949 in eine GmbH umgewandelt worden ist. Ihr Stammkapital betrug 40 000 DM. Es wurde am 14. Dezember 1950 (eingetragen im Handelsregister am 28. April 1951) um 40 000 DM erhöht. Sie hat durch notariellen Vertrag vom 21. Dezember 1949 Geschäftsanteile der A-GmbH von nominal 18 000 RM um 90 000 DM erworben. Das Stammkapital der im Jahre 1941 als GmbH gegründeten A betrug 20 000 RM. Die restlichen Geschäftsanteile von 2 000 RM befanden sich in den Händen der A-hilfe e. V., durch welche die Belegschaft an dem Unternehmen beteiligt wird. Durch Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 14. Dezember 1950 wurde die DM-Eröffnungsbilanz der A genehmigt und das Stammkapital auf 300 000 DM neu festgesetzt, wovon 270 000 DM auf die Stpfl., 30 000 DM auf die A-hilfe e. V. entfielen. Gleichzeitig wurde das Stammkapital um 300 000 DM auf 600 000 DM erhöht. Den neuen Geschäftsanteil übernahm die Stpfl., die gegen ihre Einlageverpflichtung die inzwischen an die A gewährten Darlehen verrechnet hat.
Gegenstand des Unternehmens der Stpfl. ist die Herstellung und die Verarbeitung von Zigarettenpapier, derjenige der A-GmbH die Metallverarbeitung, insbesondere die Herstellung chirurgischer Instrumente, von Kompressoren, Vacuumpumpen, Farbspritzanlagen und Druckluftgeräten. Im März 1950 wurde zwischen der Stpfl. und der A ein Organverhältnis geschaffen. Die A sollte neben ihrem bisherigen Arbeitsgebiet auch die Herstellung von Zigarettenpapier, Faltschachteln und Kartonagen, sowie die Automatendruckerei übernehmen. Es wurde ein gemeinsamer Werkzeug- und Vorrichtungsbau eingerichtet. Die Stpfl. übernahm die Herstellung von Einzelteilen für Kompressoren und Farbspritzanlagen.
Unter dem 18. März 1950 wurde zwischen der Stpfl. und der A ein Gewinn- und Verlustübernahmevertrag folgenden Inhalts beschlossen:
§ 1: A verpflichtet sich, alle seit der Anteilsabtretung vom 21. Dezember 1949 entstandenen Gewinne an die Muttergesellschaft abzuführen.
§ 2: Die Muttergesellschaft übernimmt hierfür sämtliche Verluste, die bei A seit Anteilsabtretung vom 21. Dezember 1949 entstehen.
Der Vertrag wurde zunächst auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen, später um weitere zwei Jahre verlängert.
A. hat im Wirtschaftsjahr 1950 einen durch die Betriebsprüfung ermittelten Verlust von 324 686 DM erlitten, den die Muttergesellschaft übernommen und gegen ihren Gewinn verrechnet hat. Im Wirtschaftsjahr 1951 hat A nach der vorläufigen Bilanz einen Gewinn von 94 600 DM erzielt. Im Geschäftsjahr 1952 ergab sich nach vorläufiger Berechnung ein Gewinn von 175 470 DM. Da A im Wirtschaftsjahr vom 21. Juni bis 31. Dezember 1948 einen Verlust von 93 790 DM und im Wirtschaftsjahr 1949 einen Verlust von 127 580 DM erlitten hatte, beantragte die Stpfl. den A-verlust II/1948 und einen Teilbetrag des A-verlustes 1949 von dem A-gewinn 1951 von 94 600 DM und den restlichen A-verlust 1949 von 96 770 DM von dem A-gewinn 1952 von 175 470 DM abzuziehen. Hiernach wäre A nicht verpflichtet, einen Gewinn 1951 an die Stpfl. abzuführen, während die Abführungsverpflichtung 1952 sich auf 78 700 DM beschränkte.
Das Finanzamt hat die Anrechnung der Verluste II/1948 und 1949 auf die Gewinne 1951 und 1952 bei A nicht anerkannt. Hiergegen legt die GmbH Berufung ein.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Seine Entscheidung stützte sich im wesentlichen auf folgende Erwägungen:
Daß die A-GmbH in die Muttergesellschaft wirtschaftlich finanziell und organisatorisch, d. h. nach Art einer Geschäftsabteilung eingegliedert sei, somit im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Organverhältnis vorliege, sei unbestritten. Desgleichen seien sich die Beteiligten darüber einig, daß das Organschaftsverhältnis durch den Gewinn- und Verlustausschlußvertrag vom 18. März 1950 körperschaftsteuerliche Wirkung erlangt habe. Damit entfalle von 1950 ab die sachliche Körperschaftsteuerpflicht der Organgesellschaft (unbeschadet der fortbestehenden persönlichen Körperschaftsteuerpflicht auf Grund der Rechtsform). Streitig sei, ob die A-GmbH ihre Verluste II/1948 und 1949 mit den Gewinnen 1951 und 1952 verrechnen dürfe, die Stpfl. somit nicht die vollen Zeitabschnittsgewinne, sondern nur die um die verrechneten Verluste gekürzten Gewinne 1951 und 1952 zu versteuern habe.
Nach dem Wortlaut des Vertrages vom 18. März 1950 solle die Stpfl. die Gewinne und Verluste übernehmen, die bei der A-GmbH seit der Anteilsabtretung vom 21. Dezember 1949 entstanden seien. Es sei hierdurch zum Ausdruck gebracht, daß der am 21. Dezember 1949 zu erwarten gewesene und am 18. März 1950 einigermaßen übersehbare A-verlust 1949 schließlich in irgend einer Form zu Lasten der Muttergesellschaft habe gehen sollen. Die Untergesellschaft sei jedenfalls durch den Vertrag nicht verpflichtet, den Verlust gegen die Sonderrücklage zu verrechnen und ohne Verlustvortrag in die Ergebnisausschlußjahre hineinzutreten. Im Gegenteil: Die Verrechnung gegen spätere A-gewinne und damit deren verkürzte Abführung an die Stpfl. sei die Voraussetzung für die Eingehung des Organverhältnisses und für den Abschluß des Ergebnisausschlußvertrages gewesen. Das sei auch den damaligen Verhandlungen zu entnehmen, worüber die Stpfl. Unterlagen vorgelegt habe. Gegenüber diesen Beweisen schlage der Einwand des Finanzamts nicht durch, daß Ende 1949 und Anfang 1950 A-gewinne nicht zu erwarten gewesen seien, diese vielmehr erst durch die Koreakonjunktur eingetreten seien. Die Muttergesellschaft habe sich jedenfalls damals die Verrechnung der A-verluste II/1948 und 1949 gegen etwaige künftige A-gewinne sichern wollen.
Wie die steuerpflichtige Firma ausführe, stellten die §§ 1 und 2 der Vereinbarung vom 18. März 1950 auf den steuerlichen Gewinn und Verlust ab. Wenn in der Berufung näheres über den handelsrechtlichen Reingewinn ausgeführt werde, so geschehe es nur, um den Darlegungen des Finanzamts entgegenzutreten. Mit dem Finanzamt sei davon auszugehen, daß die Gewinnausschlußverträge Abmachungen im Sinne des Zivilrechtes seien. Sie seien daher zunächst nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Es dürfe aber, wenn nicht ihr Zweck und ihre Bedeutung verkannt werden sollen, nicht außer acht gelassen werden, daß sie in erster Linie die steuerlichen Verhältnisse der beteiligten Gesellschaften regeln sollten. Sie bezweckten körperschaftsteuerliche Auswirkungen. Die Beteiligten träfen solche Abmachungen gerade deshalb, um körperschaftsteuerliche Zwecke zu erreichen. Der Inhalt der Ergebnisausschlußverträge sei daher durch die körperschaftsteuerliche Rechtslage bestimmt. Der Ergebnisausschlußvertrag vom 18. März 1950 umfasse somit auch die Geltendmachung des streitigen Verlustabzuges.
Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts. Sie sieht ein ernsthaft gemeintes Organverhältnis nicht als vorliegend an und vertritt des weiteren die Auffassung, daß die vororganschaftlichen Verluste der Tochtergesellschaft die Ergebnisse der Stpfl. nicht mindern dürften.
Dem Verfahren ist der Bundesminister der Finanzen beigetreten.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rechtsbeschwerde ergibt folgendes:
1. Ausgangspunkt der Betrachtung muß der Grundsatz sein, daß die Besteuerung sich auf den tatsächlich vorliegenden rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen aufbaut. Der maßgebende Sachverhalt ergibt sich aus den abgeschlossenen Verträgen und ihrer praktischen Durchführung. Soweit nicht die Sonderbestimmungen der §§ 5 und 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) Platz greifen, ist es nicht zulässig, für die Besteuerung von einem der Wirklichkeit nicht entsprechenden gedachten Tatbestand auszugehen. Dies gilt auch für Organverträge. Auch bei ihnen muß Ausgangspunkt die Frage sein, was bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden ist. Es ist auch hier nicht zulässig, sich über das bürgerliche Recht hinwegzusetzen und im Ergebnis den Vereinbarungen die Wirkung einer zulässigen änderung grundlegender steuerlicher Vorschriften zuzubilligen. Das wäre dann der Fall, wenn ihnen eine steuerrechtliche Wirkung zugesprochen würde, die nicht ihre Unterlage in den bürgerlich-rechtlichen Vereinbarungen finden kann. Ausgangspunkt der Betrachtung muß deshalb bei Organverträgen die Prüfung der Frage sein, was bürgerlich-rechtlich vereinbart ist und inwieweit diese Vereinbarungen rechtlich wirksam sind.
Bei der bürgerlich-rechtlichen Beurteilung des Organvertrages muß beachtet werden, daß im Handelsrecht für Verträge juristischer Personen der Gläubigerschutz von wesentlicher Bedeutung ist. Es wird hierzu im einzelnen auf die Ausführungen von Schönwandt, Der Betriebs-Berater (BB) 1952 S. 727, hingewiesen. Die Tochtergesellschaft ist rechtlich eine selbständige Person, die bestimmter Mindestrechte nicht beraubt werden kann. Formal hat sie ihren eigenen Willen und gegenüber ihren Gläubigern ihre eigenen Verpflichtungen. Stets bedarf es bei Abschluß der Verträge mit der Muttergesellschaft formal einer eigenen Willensbildung der Tochtergesellschaft. Diese Willensbildung findet materiell in der Haftung der Organe der Tochtergesellschaft bei Verletzung der Vorschriften des Handelsrechtes ihren Ausdruck. Der von Schönwandt a. a. O. S. 727 vertretenen Auffassung, daß Anweisungen oder Erklärungen der Obergesellschaft keineswegs für die Schaffung oder Beseitigung der Ergebniszusammenfassungen genügen, wird beigepflichtet.
2. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hat in übereinstimmung mit dem Reichsgericht (Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen II 403/25 vom 19. November 1926, Slg. Bd. 115 S. 246/253) die sogenannte Filialtheorie für die Körperschaften abgelehnt. Im einzelnen siehe Gutachten des Reichsfinanzhofs I D 2/31 und III D 2/32 vom 26. Juli 1932, Slg. Bd. 31 S. 297, Reichssteuerblatt (RStBl.) 1933 S. 123 und 136 ff., Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I A 208/31 vom 17. Januar 1933, RStBl. S. 331, und I A 391/31 vom 31. März / 31. Oktober 1933, Slg. Bd. 34 S. 228, RStBl. 1934 S. 684.
Der Reichsfinanzhof hat in der Entscheidung I A 623/28 vom 14. November 1929, Slg. Bd. 26 S. 124, RStBl. 1930 S. 41, ausgesprochen:
"Ein Rechtssatz, daß die Organgesellschaft eines Kartells kein Einkommen haben könne, besteht nicht. Es gilt vielmehr Vertragsfreiheit für die Frage, ob eine Organgesellschaft ihre Dienste dem Dienstherrn unentgeltlich zur Verfügung zu stellen hat oder ob sie dafür eine und evtl. welche Entlohnung zu beziehen hat".
Der Senat tritt dieser Rechtsauffassung bei. Der Ansicht, daß Organgesellschaften zwar subjektiv steuerpflichtig, aber objektiv steuerfrei seien, kann nicht gefolgt werden. Eine Organgesellschaft kann in einem Wirtschaftsjahr objektiv steuerfrei sein, wie dies bei allen natürlichen Personen und Körperschaften möglich ist. Dies ergibt sich je nach dem Tatbestand des einzelnen Falles. Die Auffassung, daß Organgesellschaften grundsätzlich objektiv körperschaftsteuerfrei seien, würde im Ergebnis auch die Verneinung ihrer subjektiven Steuerpflicht und damit die Bejahung der Filialtheorie für das Körperschaftsteuerrecht bedeuten. Diese Ansicht ist mit dem Gesetz nicht vereinbar. Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 125/33 vom 28. November 1934, RStBl. 1935 S. 725: "Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs schließt die Eigenschaft einer Erwerbsgesellschaft als Angestellte (Organ) eines anderen Unternehmens weder ihre objektive Körperschaftsteuerpflicht, noch die Möglichkeit aus, daß sie eigenes Einkommen haben kann". Ebenso Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 128/36 vom 8. September / 3. November 1936, Slg. Bd. 40 S. 185, RStBl. 1937 S. 167.
Der Senat hat die Filialtheorie in ihrer reinen Form sogar für das Gewerbesteuerrecht abgelehnt, obwohl sie hier nach dem Wortlaut des Gesetzes vertreten werden könnte (Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 29/53 U vom 6. Oktober 1953, Slg. Bd. 58 S. 101, Bundessteuerblatt - BStBl. - III S. 329).
3. Im Rahmen der Organverträge spielen die Verträge mit Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen eine besondere Rolle. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs muß bei Leistungen einer Körperschaft an ihre Gesellschafter stets geprüft werden, ob es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt. Umgekehrt ist bei Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft zu untersuchen, inwieweit diese Leistungen den Charakter von Einlagen haben. Von diesem Grundsatz hat der Reichsfinanzhof eine Ausnahme zugelassen für echte Einkaufs- und Verkaufsgesellschaften und für Organgesellschaften (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 135/32 vom 19. Dezember 1933, RStBl. 1934 S. 663, siehe auch Bender, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1937 Sp. 481). Er hat hier eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann nicht angenommen, wenn das Organ seine Gewinne an die Muttergesellschaft in vollem Umfange abführt, also ohne Entgelt für die eigene Leistung des Organs.
Besondere Bedeutung kommt dieser Frage dort zu, wo die Organgesellschaft über erhebliches Eigenkapital verfügt, so daß im Rahmen der Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen dieses Kapital der Muttergesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird. Der Reichsfinanzhof hat aber verlangt, daß sich in diesen Fällen die Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung auf die gesamte Tätigkeit oder doch auf eine bestimmte abgegrenzte Tätigkeit erstrecken und grundsätzlich für eine längere Dauer bestimmt sein muß (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 391/31 vom 31. Oktober 1933, siehe auch I A 401/32 vom 25. September 1934/22. Januar 1935, Slg. Bd. 37 S. 151, RStBl. 1935 S. 517). Steuerliche Folgen eines Organverhältnisses können nach den Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I A 141/33 vom 15. September 1933, RStBl. 1933, S. 1119, und I A 144/32 vom 25. Juli / 20. November 1934, RStBl. 1935 S. 585, für ein bestimmtes Wirtschaftsjahr nur dann anerkannt werden, wenn bis zum Schlusse dieses Wirtschaftsjahres alle Voraussetzungen für die Anerkennung des Organverhältnisses vorliegen. Des weiteren hat der Reichsfinanzhof die Anerkennung eines Organverhältnisses davon abhängig gemacht, daß die Vereinbarungen in unzweideutiger Form getroffen und der Steuerbehörde nachgewiesen werden können (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 194/36 vom 25. Mai 1937, RStBl S. 684). In der Entscheidung I 85/38 vom 29. November 1938, RStBl. 1939 S. 357 hat er allerdings zugelassen, daß Gewinnausschlußvereinbarungen auch formlos getroffen werden. Es sei Tatfrage, ob solche formlos getroffenen Vereinbarungen vorhanden seien, die alle nach der Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen erfüllten.
Der Reichsfinanzhof ist mit dieser Rechtsprechung hinsichtlich der Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen aus wirtschaftlichen Erwägungen vom formalen Recht abgewichen. Er hat hier die sonst geltenden Grundsätze für die Annahme von Gewinnausschüttungen außer Wirksamkeit gesetzt. Siehe Bender, StuW 1937 Sp. 481 und Birkholz, Rechts- und Wirtschafts-Praxis-Blattei 14 Steuer-R, D Konzerne II 5 II Steuerl. Einzelfragen 5 Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und Bundesfinanzhofs, Organlehre bei den Ertragsteuern (Lieferung 255/53) unter II 1. Aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus hat er auf diese Weise die Möglichkeit gewährt, die mit der Errichtung einer Kapitalgesellschaft nach der gesetzlichen Vorschrift verbundene Doppelbesteuerung über die Vergünstigung des Schachtelprivilegs des § 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) hinaus zu beseitigen. Von Bedeutung ist diese Rechtsprechung insbesondere dort, wo es sich um ein Organ einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft handelt. Es liegt hier eine Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs für einen Sonderfall im Sinne der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 57/52 U vom 8. September 1953, Slg. Bd. 58 S. 138, BStBl. III S. 344, vor. Es soll einer Firma dort kein steuerlicher Nachteil erwachsen, wo besondere Verhältnisse sie zwingen, eine Filiale in die Form einer Kapitalgesellschaft zu kleiden.
Bereits diese Erwägungen zeigen, daß eine Ausweitung der Rechtsprechung aus Erwägungen heraus, die nicht mehr in der oben dargestellten wirtschaftlichen Begründung der Vermeidung der Doppelbesteuerung liegen, sondern im Ergebnis von der Filialtheorie ausgehen, mit dem Gesetz nicht vereinbar ist. Es fehlt für die Ausweitung die wirtschaftliche Voraussetzung.
4. Von entscheidender Bedeutung war in der Rechtsprechung die Frage der Behandlung des Verhältnisses des steuerpflichtigen Gewinnes zum handelsbilanzmäßigen Gewinn dort, wo beide Gewinne voneinander abweichen. Der Reichsfinanzhof hat in der Entscheidung I A 439/32 vom 18. Februar 1933, Slg. Bd. 33 S. 63, RStBl. S. 647 ausgesprochen, daß der nach den Vorschriften des KStG für die Organgesellschaft errechnete Gewinn dem Gewinn der Muttergesellschaft zuzurechnen sei. In der Entscheidung I A 401/32 vom 22. Januar 1935 wird dies damit begründet, daß der handelsbilanzmäßige Gewinn nach Wunsch der Beteiligten beliebig höher oder niedriger festgesetzt werden könne.
Der Senat tritt diesen Grundsätzen des Reichsfinanzhofs bei. Es ist hier eine ähnliche Lage, wie bei der Verteilung des steuerlichen Mehrgewinnes gegenüber den handelsbilanzmäßigen Gewinnen an die Gesellschafter einer OHG gegeben. Der Behandlung des Mehrgewinns werden die bürgerlich-rechtlichen Vereinbarungen zugrunde gelegt. Die Rechtsprechung ist in dieser Frage bei den Organgesellschaften nicht zwingend. Siehe Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommen- und Körperschaftsteuer § 7 KStG Anm. 19. Sie ist aber vertretbar und wird der praktischen Durchführung besser gerecht als die Auffassung, die sich an den handelsbilanzmäßigen Gewinn hält. Die Durchführung der Veranlagung wird vereinfacht. Der steuerliche Mehrgewinn kann aber nur insoweit auf die Muttergesellschaft übertragen werden, als der übertragung nicht gesetzliche Vorschriften oder vertragliche gegenteilige Vereinbarungen entgegenstehen, sofern der Gewinn in der Handelsbilanz ausgewiesen worden wäre. Hiervon ist bereits die Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 109/53 U vom 24. November 1953, Slg. Bd. 58 S. 281, BStBl. 1954 III S. 21 ausgegangen. Siehe auch Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR) 1953 Abschn. 35 Abs. 2 hinsichtlich des Kapitalentwertungskontos, denen wohl ähnliche Erwägungen zugrundeliegen. Wenn im Interesse der Vereinfachung im Rahmen der gesamten Steuerschuld bedeutungslose Beträge im Einvernehmen von Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen von der Muttergesellschaft für die Tochtergesellschaft mitgetragen werden, so handelt es sich hierbei um einen Vorgang, der außerhalb des steuergerichtlichen Verfahrens liegt. Die Steuerpflichtigen können hierzu nicht gezwungen werden.
5. Auf Grund dieser Erwägungen ergibt sich für den Streitfall folgendes:
Ob im vorliegenden Fall ein steuerlich wirksamer Organvertrag vorliegt, kann zweifelhaft sein. Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts bestreitet dies und ist der Ansicht, daß das Finanzgericht diese Frage nicht ausreichend gewürdigt habe.
Der Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist darin beizupflichten, daß Bedenken bestehen, ob der Wille der Firma ernsthaft darauf gerichtet war, ein echtes Organverhältnis mit Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen im Sinne der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zu begründen. Der Vertrag vom 18. März 1950 war ursprünglich lediglich auf 3 Jahre abgeschlossen. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs fordert für die Anerkennung derartiger Verträge eine längere Dauer (Entscheidung I A 391/31 vom 21. Oktober 1933). Des weiteren war ursprünglich der Geschäftszweig der Stpfl. wirtschaftlich anders geartet, wie der Geschäftszweig des Organs. Die Stpfl. betreibt die Herstellung und Verarbeitung von Zigarettenpapier, die Tochtergesellschaft die Metallverarbeitung. Erst nachträglich wurden die Unternehmungen in ihren Aufgaben einander genähert, wobei die Frage zu prüfen wäre, ob und inwieweit die vorgesehene Annäherung auch tatsächlich durchgeführt worden ist. Ihrer Natur nach hatte jedenfalls die Tochtergesellschaft nicht den Charakter einer Betriebstätte der Muttergesellschaft. Zur Zeit des Abschlusses des Vertrages arbeitete die Tochtergesellschaft mit erheblichen Verlusten. Es liegt nahe, anzunehmen, daß der Vertrag lediglich bezweckte, die Verluste der Tochtergesellschaft gewinnmindernd bei der Muttergesellschaft berücksichtigen zu können. Diese Aufgabe entspricht aber nicht den wirtschaftlichen Voraussetzungen der oben dargestellten Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs für ein Organverhältnis mit Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen. Das Organ muß die Aufgaben einer Filiale der Muttergesellschaft zu erfüllen haben. Es besteht keine Veranlassung, die besondere Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs für derartige Organverhältnisse weiter auszudehnen. Soweit Körperschaften mit Tochtergesellschaften Verträge abschließen, die diese wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, müssen die Verträge, ihre tatsächliche Durchführung vorausgesetzt, nach den allgemeinen Grundsätzen behandelt werden. Es muß geprüft werden, ob Gewinn verdeckt ausgeschüttet worden ist, bzw. ob es sich um Einlagen der Gesellschafter in ihre Körperschaft handelt. Es muß also entschieden werden, ob die jeweiligen Leistungen auf betrieblicher oder gesellschaftlicher Grundlage erfolgen. Die Steuerpflichtigen sind berechtigt, bei ihren Maßnahmen den steuerlich für sie günstigsten Weg zu wählen. Der in einem Vertrag vorgesehene Weg muß jedoch für die steuerliche Anerkennung auch tatsächlich durchgeführt werden. Die Rechtsprechung zu Organverträgen mit Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen fordert, daß die Tochtergesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in die Muttergesellschaft eingegliedert ist. Eine auf wenige Jahre aus steuerlichen Gründen vereinbarte Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung reicht keinesfalls aus, auch wenn in dieser Zeit die Gesellschaften sich in begrenztem Umfange gegenseitig unterstützen (siehe auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 128/36 vom 8. September / 3. November 1936).
Nach § 2 des Vertrages hat die Firma die gesamten Verluste, die bei der Tochtergesellschaft ab 21. Dezember 1949 entstehen, zu übernehmen. Nach Auffassung der Muttergesellschaft, die sich mit der Ansicht des Finanzgerichts deckt, ist sie verpflichtet, auch den Verlust II/1948 und 1949 zu übernehmen. Unterstellt man diesen Tatbestand als gewollt, so muß nach dem Wortlaut des Vertrages die Stpfl. den Verlust sofort übernehmen, d. h. die Organgesellschaft hat mit Abschluß des Vertrages einen bürgerlich-rechtlichen Anspruch gegen die Stpfl. in Höhe dieses Verlustes. Nach Darstellung der Stpfl., der auch das Finanzgericht gefolgt ist, sollte aber nicht der Verlust übernommen werden. Vielmehr sei der Gewinn der Organgesellschaft solange nicht an die Muttergesellschaft abzuführen, als für die Organgesellschaft die Möglichkeit des Verlustabzuges nach dem Einkommensteuerrecht bestehe.
Die zu entscheidende Frage besteht darin, wie sich diese Verpflichtungen bei der Muttergesellschaft auswirken.
Der Bundesminister der Finanzen hat zu dem Rechtsproblem wie folgt Stellung genommen:
"Es erhebt sich die Frage, ob bei der Ermittlung des steuerlichen Gewinns der Organgesellschaft die Verlustabzüge aus Veranlagungszeiträumen, für die eine Gewinnabführungsvereinbarung noch nicht bestand, zu berücksichtigen sind. Diese Frage ist zu verneinen.
Mit der Rechtsnatur des Verlustabzuges bei der Körperschaftsteuer hat sich der Bundesfinanzhof mehrfach (z. B. Gutachten vom 25. 1. 1951, BStBl. III S. 68 und Urteil vom 23. 3. 1953, BStBl. III S. 130) befaßt. Nach dieser Rechtsprechung berührt der Verlustabzug nicht den gewerblichen Gewinn. Er ist vielmehr erst bei der Ermittlung des Einkommens wie eine Sonderausgabe abzusetzen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat zu der Frage, ob bei Vorliegen einer gültigen Gewinnabführungsvereinbarung von dem beherrschenden Unternehmen das Einkommen oder der steuerliche Gewinn der Organgesellschaft zu übernehmen ist, nicht eindeutig Stellung genommen. In der Regel aber spricht der Reichsfinanzhof von der Abführung des steuerlich maßgebenden Gewinns und stellt es nicht auf das Einkommen ab. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Gewinnabführungsvereinbarung wird man auch zu einem anderen Ergebnis nicht kommen können. Die handelsrechtliche Gewinnabführungsvereinbarung bezieht sich zivilrechtlich auf den Handelsbilanzgewinn, d. h. auf den Ertrag eines bestimmten Wirtschaftsjahrs. Wenn auch aus den oben angeführten Gründen eine solche zivilrechtliche Vereinbarung die Wirkung hat, daß steuerlich auf das beherrschende Unternehmen ein anderer Betrag als der Handelsbilanzgewinn übertragen werden muß, so kann es sich bei diesem Betrag nicht um das Einkommen der Organgesellschaft, sondern nur um den Gewinn handeln, denn das Einkommen bezieht sich auf einen Veranlagungszeitraum und ist ein von dem Gewinn wesensverschiedener Begriff. Wenn man schon aus zwingenden steuerlichen Gründen nicht den Handelsbilanzgewinn der Organgesellschaft dem Einkommen des beherrschenden Unternehmens hinzurechnen kann, so besteht jedenfalls aus steuerlichen Gründen kein Anlaß, zu einem vom Gewinn, d. h. dem Periodenertrag völlig abweichenden Abführungsbetrag, nämlich dem Einkommen, überzugehen. Dabei darf nicht außer Betracht gelassen werden, daß sowohl der Handels- als auch der Steuerbilanzgewinn das Ergebnis einer Zeitperiode sind, die vom Kalenderjahr abweichen kann, während das Einkommen der nach steuerlichen Vorschriften ermittelte Betrag eines Veranlagungszeitraums ist, von dem die Steuer für den Veranlagungszeitraum berechnet wird. Vgl. hierzu auch Abschn. 30 Abs. 3 KStR 1950. Man kommt somit zu dem Ergebnis, daß der Verlustabzug als eine Einkommensermittlungsvorschrift den steuerlichen Gewinn nicht mindern kann, der auf Grund der Gewinnabführungsvereinbarung an das beherrschende Unternehmen zu übertragen ist. Der Verlustabzug kann sich also nur auf das Einkommen der Organgesellschaft auswirken, das diese trotz des Vorliegens einer wirksamen Gewinnabführungsvereinbarung selbst zu versteuern hat. Diese Fälle bilden die Ausnahme.
Dieses aus der Systematik des Steuerrechts gewonnene Ergebnis ist auch wirtschaftlich gerechtfertigt. Es entspricht der feststehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, daß Verträge, die in zivilrechtlich gültiger Form mit rückwirkender Kraft geschlossen werden, erst vom Zeitpunkt ihres Abschlusses steuerliche Auswirkungen haben können. Dieser Grundsatz des Steuerrechts beruht auf der Erwägung, daß den Steuerpflichtigen nicht gestattet werden kann, über ihre dem öffentlichen Recht angehörenden Steuerverpflichtungen in beliebiger Form rückwirkend zu verfügen und damit bereits entstandene Steueransprüche der Höhe nach noch nachträglich zu manipulieren. Gegen diesen Grundsatz würde jedenfalls bei wirtschaftlicher Betrachtung verstoßen werden, wenn man sich den Ausführungen des Finanzgerichts anschließen würde. Denn dann würde sich durch die Kürzung des von der Organgesellschaft an das beherrschende Unternehmen abgeführten Betrags um den Verlustabzug der vor Abschluß der Gewinnabführungsvereinbarung erzielte Verlust der Organgesellschaft unmittelbar auf die Höhe des steuerpflichtigen Einkommens des beherrschenden Unternehmens auswirken. Das beherrschende Unternehmen würde zwar handelsrechtlich den vollen Gewinn der Organgesellschaft erhalten, würde aber steuerlich nur einen um den Verlustabzug gekürzten Gewinn ihrem Einkommen hinzurechnen müssen. Dieses Ergebnis ist wirtschaftlich nicht gerechtfertigt. Es würde in der Praxis zu einer ungerechtfertigten überzahlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften führen, die über erhebliche Verlustabzüge verfügen. Es würde mit steuerlichen Mitteln vor allen Dingen dann, wenn der Verlustabzug auf die vorangegangenen fünf Veranlagungszeiträume ausgedehnt wird, ein wirtschaftlich nicht gerechtfertigter starker Anreiz für ertragreiche Unternehmen geschaffen werden, Anteile an solchen Kapitalgesellschaften zu einem unberechtigten hohen Preis zu erwerben, weil die daraus entstehenden Steuervorteile ungewöhnlich hoch sind.
Das hier vertretene Ergebnis ist weder für die Organgesellschaft noch für das beherrschende Unternehmen unbillig. Das beherrschende Unternehmen kann von einer Gewinnabführungsvereinbarung so lange absehen, bis sich die Verlustabzüge bei der Organgesellschaft ausgewirkt haben. Das führt allerdings dazu, daß das Vermögen der in der Regel notleidenden Organgesellschaft um die tatsächlich erzielten Gewinne aufgefüllt wird und daß die Organgesellschaft nicht nur als Manipulationsinstrument in der Hand des beherrschenden Unternehmens in Erscheinung tritt. Dieses Ergebnis ist wirtschaftlich berechtigt".
Die Prüfung ergibt folgendes: Das Rechtsproblem bei der übernahme vororganschaftlicher Verluste auf die Muttergesellschaft besteht darin, ob Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen mit derartigen Verpflichtungen die Voraussetzungen erfüllen, an die die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs die steuerlichen Auswirkungen knüpft, wie sie oben dargestellt sind. Die Rechtsprechung geht davon aus, daß durch die von ihr anerkannten Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen wirtschaftlich betrachtet im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das Vermögen der Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft ähnlich wie bei einer Fusion in dem Zustande zur Verfügung gestellt wird, in dem es sich in diesem Zeitpunkt befindet und daß die Muttergesellschaft verpflichtet ist, nach Ablauf des Vertrages das Vermögen an die Tochtergesellschaft in dem gleichen Zustand zurückzugeben, wie sie es übernommen hat. Es besteht eine Art Treuhandverhältnis. Hieraus ergibt sich, daß die übernahme von Verlusten aus der Zeit vor Abschluß der Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung von der vom Reichsfinanzhof vorgesehenen Regelung abweicht.
Im vorliegenden Falle werden zwei Möglichkeiten erörtert:
Zunächst besteht die Möglichkeit, daß die Muttergesellschaft sich verpflichtet, an die Tochtergesellschaft sofort einen Betrag zu entrichten, der dem Verlust der Tochtergesellschaft in II/1948 und 1949 entspricht. Diese Vereinbarung vorausgesetzt, hätte die Tochtergesellschaft in ihrer Schlußbilanz 1950 eine entsprechende Forderung an die Muttergesellschaft zu aktivieren und die Muttergesellschaft eine gleich hohe Schuld an die Tochtergesellschaft zu passivieren.
Daß in derartigen Vereinbarungen keine gesetzlich unzulässige Rückwirkung zu erblicken ist, wird in der Literatur, wie auch von seiten der am Rechtsstreit Beteiligten angenommen. Der Senat tritt dieser Auffassung bei. Der Gewinn- und Verlustausschlußvertrag wird nicht auf II/1948 und 1949 ausgedehnt, sondern die Muttergesellschaft übernimmt eine zusätzliche besondere Verpflichtung zur Zahlung bestimmter Beträge, für die der Verlust der Tochtergesellschaft II/1948 und 1949 das Motiv bildet. Es ist nicht die gleiche Rechtslage wie dort gegeben, wo bei Abschluß eines Gesellschaftsvertrages der Zeitpunkt für den Beginn der Gesellschaft zurückbezogen wird.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß die zusätzliche Verpflichtung der Muttergesellschaft nicht unter die allgemeinen Grundsätze der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hinsichtlich der Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen fallen kann. Sie muß nach den allgemeinen, das Körperschaftsteuerrecht beherrschenden Grundsätzen behandelt werden. Im allgemeinen wird man in der übernahme einer derartigen Verpflichtung gegenüber der Tochtergesellschaft keinen Vorgang auf betrieblicher, sondern auf gesellschaftlicher Grundlage sehen müssen. Es handelt sich um eine Einlage in die Tochtergesellschaft und damit um einen zusätzlichen Aufwand für die Anteile an der Körperschaft.
Rechtsirrig wäre die Auffassung, daß derartige Verträge im Ergebnis als steuerrechtlich nicht vorhanden anzusehen seien. Der von den Parteien geschaffene Tatbestand berührt das Vermögen der Muttergesellschaft und muß bei Aufstellung ihrer Steuerbilanz berücksichtigt werden. Es muß entschieden werden, ob es sich um einen Vorgang auf gesellschaftlicher oder betrieblicher Ebene handelt und ob die Leistungen der Muttergesellschaft den laufenden Unkosten zuzurechnen oder zu aktivieren sind. Während bei den Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarungen von Organgesellschaften im Sinne der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs im wesentlichen die Ergebnisse der Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft ohne Berücksichtigung des Vertrages gesondert errechnet und dann nach Art einer konsolidierten Bilanz (siehe die Druckschrift von Fuchs-Gerloff, Verlag Schmid KG, Köln) bei der Muttergesellschaft zusammengerechnet werden (Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 439/32 vom 18. Februar 1933), handelt es sich hier um einen betrieblichen Vorgang sowohl bei der Muttergesellschaft wie bei der Tochtergesellschaft, der bereits bei Ermittlung der Einzelergebnisse zu berücksichtigen ist.
Erwirbt eine Gesellschaft den Mantel einer Kapitalgesellschaft und verpflichtet sie sich dieser gegenüber, ihre Verluste vor Erwerb des Mantels zu tragen, so handelt es sich um Einlagen, die, wie bereits oben dargestellt, zusätzliche Anschaffungskosten der Geschäftsanteile bilden. Es bleibt der Muttergesellschaft unbenommen, gegebenenfalls den Anschaffungswert für die Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert abzuschreiben. Mit einer Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung hat der Vorgang nichts zu tun.
Anders ist die Rechtslage dort, wo die Verlust- und Gewinnübernahme davon abhängig gemacht wird, daß zunächst die Verluste vor Abschluß des Vertrages durch Gewinne der Tochtergesellschaft in den späteren Wirtschaftsjahren ausgeglichen werden (handelsrechtlicher Verlustvortrag: § 131 Abs. 3, § 132 Abs. 2 des Aktiengesetzes (AktG). Die vom Bundesminister der Finanzen in diesem Zusammenhang angeschnittene Frage, ob der Verlustabzug des § 10 Abs. 1 Ziff. 4 eine Gewinnermittlungs- oder eine Einkommensermittlungsvorschrift ist, ist für die Entscheidung nicht bedeutsam. Sie gehört dem Steuerrecht an. Es ist jedoch der Tatbestand nach seiner handelsrechtlichen Grundlage festzustellen. Das bürgerliche Recht kennt die Unterscheidung nicht. Es verlangt für den abzuführenden Gewinn weder eine dem Steuerrecht entsprechende Berechnung noch verbietet es sie. Es überläßt dies dem Willen der Parteien, der im Vertrag zum Ausdruck kommen muß. Die Parteien können vereinbaren, daß die Gewinne der Tochtergesellschaft sofort im vollen Umfange an die Muttergesellschaft abgeführt werden. Sie können aber auch vereinbaren, daß sie für eine Reihe von Jahren erst mit den Verlusten der Vorjahre verrechnet werden. Sie können diese Verlustanrechnung auf eine beliebige Zeit ausdehnen und sie auch auf die für den Verlustabzug des Steuerrechts vorgesehenen Jahre begrenzen. Derartige Vereinbarungen müssen, sofern sie ernsthaft gewollt sind und durchgeführt werden, bei der Besteuerung beachtet werden. Durch sie wird der Beginn des Organverhältnisses mit Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung im Sinne der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs von einer Bedingung abhängig gemacht, nämlich von dem vorherigen Ausgleich der Verluste der Tochtergesellschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die allgemeinen Grundsätze des Körperschaftsteuerrechts über das Verhältnis der Gesellschafter zu ihrer Kapitalgesellschaft uneingeschränkt angewandt werden, d. h. es muß nach den allgemeinen, das Körperschaftsteuerrecht beherrschenden Grundsätzen geprüft werden, ob Leistungen der Muttergesellschaft während dieser Zeit entsprechende Gegenleistungen der Tochtergesellschaft gegenüberstehen. Es erfolgt somit auch hier bis zu diesem Zeitpunkt keine Zusammenrechnung der Ergebnisse der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft, sondern die einzelnen Leistungen werden bei den Ergebnisberechnungen der Muttergesellschaft und der Tochtergesellschaft nach den allgemeinen Grundsätzen gewürdigt. Der Gewinn- und Verlustausschlußvertrag mit der oben dargestellten Wirkung der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ist bis zur Erfüllung dieser Bedingungen hinausgeschoben. Im Ergebnis ist somit der Ansicht des Bundesministers der Finanzen beizupflichten, daß bei der Tochtergesellschaft anrechnungsfähige Verlustvorträge aus der Zeit vor Begründung dieses besonders gearteten Organverhältnisses steuerlich nicht als Aufwand der Zeit des Organverhältnisses angesehen werden können und eine gesonderte rechtliche Würdigung verlangen. Anders könnte die Rechtslage dort sein, wo gesetzliche Bestimmungen - ähnlich dem Kapitalentwertungskonto des D-Markbilanzgesetzes - zur Verrechnung des vorgetragenen Verlustes mit den späteren Gewinnen zwingen.
Im vorliegenden Falle liegt somit bei dieser tatbestandsmäßigen Würdigung für die Streitjahre eine Gewinn- und Verlustausschlußvereinbarung mit den Wirkungen der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs noch nicht vor. Die Vorgänge müssen nach den allgemeinen Grundsätzen gewürdigt werden. Dies kann auch für den Verlust der Tochtergesellschaft im Jahre 1950 von Bedeutung sein. Die Begrenzung der übernahme der Ergebnisse auf die Verluste einer Tochtergesellschaft kann nicht als betrieblicher Vorgang angesehen werden (siehe auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 207/37 vom 17. September 1937, Slg. Bd. 42 S. 117, RStBl. S. 1303). Dies gilt auch dort, wo nach Lage der Verhältnisse wohl nicht formal nur Verluste übernommen werden, aber tatsächlich dieses Ergebnis erstrebt wird.
Die Vorentscheidung wird aufgehoben und die Sache zur nochmaligen Würdigung unter Berücksichtigung der oben dargestellten Grundsätze an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 408145 |
BStBl III 1955, 187 |
BFHE 1955, 489 |
BFHE 60, 489 |
DB 1955, 928 |