Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an der Rechtsprechung fest, daß Aufwendungen eines Lehrers für die Anschaffung eines Tonbandgeräts und von Tonbändern auch dann, wenn das Tonbandgerät und die Tonbänder für Lehrzwecke verwendet werden, grundsätzlich zu den Kosten der Lebenshaltung gehören.
Normenkette
EStG § 9/5, § 9/1/6, § 12 Nr. 1; LStDV § 20/2
Tatbestand
In dem Streitfall geht es um die Frage, ob die Aufwendungen für die Anschaffung eines Tonbandgeräts und von Tonbändern als Werbungskosten anzuerkennen sind. Der Bg. ist Lehrer an einer Handelsschule, die der Kreis- und Berufsschule angegliedert ist. Er hat im Jahr 1957 ein Tonbandgerät nebst Zubehör und zehn Tonbänder angeschafft und hat dieses Gerät, wie ihm der Direktor der Berufsschule bescheinigt hat, außerordentlich "fruchtbringend für den Schulunterricht eingesetzt".
Das Finanzamt lehnte den Antrag des Bg., die von ihm aufgewendeten Anschaffungskosten durch Eintragung eines entsprechenden Freibetrags auf seiner Lohnsteuerkarte 1957 als Werbungskosten anzuerkennen, im wesentlichen ab. Es erkannte lediglich die Anschaffung von vier Tonbändern als Werbungskosten an. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht gab der Berufung im vollen Umfange statt. Es erkannte die gesamten Anschaffungskosten als Werbungskosten an, wobei es als entscheidend ansah, daß der Bg. glaubhaft dargelegt habe, daß er das Gerät nur aus Gründen seines Berufs angeschafft und es auch im wesentlichen nur für den Beruf benutzt habe.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Wie der erkennende Senat bereits in dem Urteil VI 183/57 U vom 6. Mai 1959 (BStBl 1959 III S. 292, Slg. Bd. 69 S. 81) ausgeführt hat, gehören die Kosten für die Anschaffung eines Tonbandgeräts auch bei einem Lehrer grundsätzlich zu den Kosten der Lebenshaltung. Die Gründe, die das Finanzgericht für seine gegenteilige Auffassung vorbringt, geben dem Senat keine Veranlassung, von der in dem vorerwähnten Urteil vertretenen Auffassung abzugehen.
Dem Finanzgericht ist zwar zuzugeben, daß es für die Anerkennung von Werbungskosten rein begrifflich nicht darauf ankommt, ob der von dem Steuerpflichtigen geltend gemachte Aufwand, sofern er dem Erwerb, der Erhaltung oder der Sicherung des Arbeitslohns dient, notwendig ist. Liegen einwandfrei Werbungskosten vor, so kann deren Anerkennung, wie das Finanzgericht zutreffend ausführt, auch nicht dadurch in Frage gestellt werden, daß der Arbeitgeber sie nur teilweise oder gar nicht ersetzt. Wie der erkennende Senat bereits in dem Urteil VI 39/56 U vom 5. Juli 1957 (BStBl 1957 III S. 328, Slg. Bd. 65 S. 246) ausgeführt hat, gilt das aber - von dem Sonderfall der Liebhaberei abgesehen - uneingeschränkt nur für die Fälle, in denen die nach § 9 EStG erforderliche Beziehung zu den Einnahmen außer Frage steht und eine Beziehung zu der Sphäre der Lebenshaltung von vornherein ausscheidet. Schafft ein Lehrer z. B. Fachbücher an, so sind die Aufwendungen hierfür als Werbungskosten grundsätzlich anzuerkennen, ohne daß es darauf ankommt, ob solche Anschaffungen üblich sind oder von der Schulbehörde ersetzt werden.
Anders liegt es aber, wenn es sich, wie in dem vorliegenden Fall, um Aufwendungen für Gegenstände handelt, die nicht bloß der beruflichen, sondern auch der privaten Sphäre dienen können. Hier muß, wenn nicht eine einwandfreie Trennung möglich ist, um der Gleichmäßigkeit der Besteuerung willen, der Regel des § 12 Ziff. 1 EStG entsprechend, der gesamte Aufwand der privaten Lebenshaltung zugerechnet werden. In diesem Zusammenhang - und nur hier! - spielt auch die Frage des Ersatzes durch den Arbeitgeber eine Rolle, weil nämlich dann die Vermutung begründet ist, daß der Arbeitnehmer - man denke etwa an Reisekosten - den zugebilligten Satz aus Gründen der Lebenshaltung überschritten hat. Wo es, weil die private Lebenshaltung nicht Gegenstand der überwachung sein kann, praktisch an jeder Nachprüfungsmöglichkeit fehlt (vgl. dazu auch das Urteil des erkennenden Senats VI 91/57 U vom 14. November 1958, BStBl 1959 III S. 47, Slg. Bd. 68 S. 122), kann auch die Darlegung, daß der angeschaffte Gegenstand, wenn auch seine Benutzung für private Zwecke möglich wäre, tatsächlich nur für berufliche Zwecke genutzt worden sei, nicht zur Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten führen. So kann z. B. ein Lehrer den Aufwand für die von ihm gehaltene Tageszeitung und das von ihm angeschaffte Fernsehgerät auch dann nicht als Werbungskosten geltend machen, wenn er beide in vollem Umfange für seinen Unterricht auswertet. Auch wenn er sich zum Nachweis erböte, daß ihn die Zeitung oder das im Fernsehgerät Dargebotene persönlich überhaupt nicht interessierte, müßte er die Lebenserfahrung gegen sich gelten lassen, daß Zeitung und Fernsehgerät auch der persönlichen Lebenshaltung dienen. Eine Aufteilung zwischen privater und beruflicher Sphäre - auch nur schätzungsweise - ist in einem solchen Falle nicht möglich.
Bei einem Tonbandgerät ist sowohl eine private als auch eine berufliche Nutzung möglich. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen kann es entgegen der Auffassung des Finanzgerichts nicht darauf ankommen, ob der Bg. das Tonbandgerät auch oder in erster Linie für seinen Beruf benutzt hat. Entscheidend ist vielmehr, daß er es auch für private Zwecke benutzen kann und eine solche Benutzung nach der Lebenserfahrung nicht ausgeschlossen ist.
Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Wie aus den vorstehenden Ausführungen hervorgeht, hat das Finanzamt die Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten zu Recht versagt. Richtig wären auch die Aufwendungen für die vier Tonbänder, bei denen das Finanzamt Werbungskosten angenommen hat, nicht anzuerkennen gewesen. Der Senat sieht aber von einer Verböserung ab. Die Berufung gegen die angefochtene Einspruchsentscheidung war danach als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409684 |
BStBl III 1960, 274 |
BFHE 1961, 70 |
BFHE 71, 70 |