Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung Berufsrecht Verfahrensrecht/Abgabenordnung Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Die Frist zur Einlegung der Anschlußbeschwerde nach § 293 Satz 1 AO ist die nach § 292 Satz 2 AO vorgesehene. Diese Frist beginnt erst dann, wenn sie vom Vorsitzenden der Kammer des Finanzgerichts bestimmt und dadurch in Lauf gesetzt wurde.
Anteile an Kapitalgesellschaften, die am 21. Juni 1948 ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Saarland gehabt haben, fallen nicht unter die Vergünstigungsvorschrift des § 24 Nr. 2 LAG.
Zur Frage der Anwendung des § 24 Nr. 1 c LAG im Hinblick auf die Umstellung einer Forderung gegen einen Schuldner im Saarland von einem RM-Betrag auf einen DM-Betrag.
Normenkette
AO § 292; FGO §§ 121, 71; AO § 293; FGO § 155; ZPO § 556; FGO § 120 Abs. 1; LAG § 24/1/c, § 24 Nr. 2
Tatbestand
Der Bf. besaß am 21. Juni 1948 u. a. folgende, auf französische Franken lautende Wirtschaftsgüter:
eine Darlehnsforderung von ..................... ffrs,
Anteil an einem Gesellschafter-Konto von ....... ffrs,
Beteiligung an einer saarländischen GmbH von nominell ...................................... ffrs.
Für die unter c) genannte Beteiligung an der GmbH machte der Bf. einen vom Betriebsfinanzamt für die GmbH festgestellten gemeinen Wert der Anteile von 80 v. H. des Nennbetrages geltend. Das Finanzamt erfaßte die vorstehend unter a) bis c) aufgeführten Wirtschaftsgüter bei der Vermögensabgabeveranlagung des Bf. unter Anwendung eines Umrechnungskurses von 1,25 DM für 100 ffrs mit der Hälfte des DM-Betrages. Das Finanzamt folgte hierbei der Verwaltungsübung (vgl. den als Karte 1 zu § 13 Abs. 2 BewG-Wertpapiere saarländischer Aussteller in der Vermögensteuerkartei der Oberfinanzdirektion Koblenz veröffentlichten Erlaß des Ministeriums für Finanzen und Wiederaufbau des Landes Rheinland-Pfalz vom 12. Mai 1956 - S 3281/LA 2262 A - IV S 23.792/55, sowie das Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 3. Mai 1956 C/1 - S 3259 - 14/56, veröffentlicht in "Der Betriebs-Berater" - BB - 1956 S. 347), wonach mit Rücksicht auf die devisenrechtlichen Verhältnisse die Anteile an einer saarländischen Kapitalgesellschaft nur mit 50 v. H. des vom Betriebsfinanzamt festgestellten gemeinen Wertes bei der Vermögensabgabe zu erfassen sind.
Der Einspruch des Bf., der sich im wesentlichen gegen die Heranziehung der Saarwerte zur Vermögensabgabe richtete, blieb ohne Erfolg.
Mit der Berufung beantragte der Bf. Aufhebung des angefochtenen Bescheides und der Einspruchsentscheidung insoweit, als dort die Anteile des Bf. an der saarländischen GmbH als der Vermögensabgabe unterliegend angesehen worden sind. Zur Begründung trug er folgendes vor: Die Anteile an der GmbH müßten gemäß § 24 Nr. 2 LAG von der Vermögensabgabe freigestellt werden, weil die GmbH als Familiengesellschaft anzusehen sei. Es sei ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlich garantierten Gleichheitsgrundsatz, einen Unterschied dahin zu machen, ob eine sogenannte Familiengesellschaft am 21. Juni 1948 ihren Sitz innerhalb des ursprünglichen Geltungsbereiches des Grundgesetzes (GG) oder im Saarland gehabt habe. Hierbei müsse noch berücksichtigt werden, daß das Saarland nach 1945 ohne jede Unterbrechung staatsrechtlich Bestandteil des Deutschen Reiches geblieben sei. Zumindest seit der Einbeziehung des Saarlandes in den Geltungsbereich des GG stelle eine verschiedene Behandlung von Familiengesellschaften einen Verstoß gegen Art. 3 GG dar; denn es würden an einen gleichgelagerten Sachverhalt (Anteile an Familiengesellschaften) verschiedene Folgerungen geknüpft. Folge man der Ansicht, daß § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG nicht auf Anteile an saarländischen Familiengesellschaften zuträfe, so müsse diese rechtswidrige Diskriminierung saarländischer Familiengesellschaften und deren Anteilseigner durch eine Auslegung gegen den Wortlaut des LAG beseitigt werden. Der vom Gesetzgeber erkennbar gewollte Zweck der Befreiungsvorschrift des § 24 Nr. 2 LAG, nämlich die Vermeidung einer Doppelbelastung von Gesellschaft und Anteilseigner, gebiete eine Freistellung der Anteile an solchen Gesellschaften von der Vermögensabgabe; die saarländischen Gesellschaften seien selbst zu eigenen lastenausgleichsähnlichen Abgaben herangezogen worden. Da wirtschaftlich gesehen die Gesellschaften ihren Anteilseigners gehörten, stelle eine Erfassung der Anteile bei der Vermögensabgabe eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppelbesteuerung dar. Der Wortlaut des § 24 Nr. 2 LAG könne sehr wohl im Sinne des Bf. aufgefaßt werden. § 24 enthalte eine Aufteilung in zwei Gruppen, nämlich § 24 Nr. 2 Satz 1 und § 24 Nr. 2 Satz 2. Die hier interessierende saarländische GmbH gehöre in Gruppe II. § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG verlange im Gegensatz zu Satz 1 nicht, daß es sich um Gesellschaften mit Gesellschaftsleitung oder Sitz im Geltungsbereich des GG einschließlich Berlin (West) handele. Vielmehr stelle das LAG Anteile an Familiengesellschaften ganz allgemein von der Vermögensabgabe frei.
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Die Vorinstanz vertrat unter Berufung auf Kühne-Wolff (Die Gesetzgebung über den Lastenausgleich, Anm. 12 Abs. 2 zu § 24 LAG) die Ansicht, daß § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG Anteile an Familiengesellschaften nur dann von der Vermögensabgabepflicht befreie, wenn sich am Währungsstichtag die Geschäftsleitung bzw. der Sitz dieser Gesellschaft im Geltungsbereich des GG einschließlich Berlin (West) befunden habe. § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG ziele nur darauf ab, die Befreiung von Anteilen an Familiengesellschaften nicht allein daran scheitern zu lassen, daß eine Zulassung der Anteile zum Börsenverkehr erfolgt sei. Für diese Auslegung spreche auch der Zweck der Gesetzesvorschrift, nämlich die Vermeidung einer Doppelbelastung. Da die saarländischen Familiengesellschaften nicht zur Vermögensabgabe herangezogen worden seien, liege keine Doppelbelastung vor. Wenn § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG anordne, "außer Ansatz zu lassen sind auch Anteile an Familiengesellschaften", so stehe dies in Zusammenhang mit § 24 Nr. 2 Satz 1, 2. Halbsatz 1 LAG, der besage, daß sonstige Anteilsrechte "dieser Art" - was nur bedeuten könne: der in Satz 1 erster Halbsatz des § 24 Nr. 2 LAG bezeichneten Art, nämlich an Kapitalgesellschaften, die am 21. Juni 1948 ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Geltungsbereich des GG oder in Berlin (West) gehabt hätten - außer Ansatz zu lassen seien. Der Gleichheitsgrundsatz werde durch diese Gesetzesauslegung nicht verletzt. Die saarländische Wiederaufbauabgabe und die ab 1952 an ihre Stelle getretene saarländische Gemeinschaftshilfeabgabe stellten Abgaben dar, die das Saarland für seinen Bereich erhoben haben und die in ihrer Auswirkung nicht der bundesdeutschen Vermögensabgabe gleichgestellt werden könnten. Es sei daher nicht anzuerkennen, daß § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG die Anteilseigner im Saarland einer ungleichen steuerlichen Behandlung gegenüber den Anteilseignern von Anteilen an Familiengesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung am 21. Juni 1948 im Geltungsbereich des GG unterziehe. An sich sei eine Erhöhung der Vermögensabgabe-Vierteljahrsbeträge geboten. Von einer Verböserung werde aber abgesehen, weil dieser Unterschied auf der Nichtaufklärung des Sachverhaltes durch das Finanzamt beruhe und es sich im übrigen um einen relativ geringen Betrag handele.
Zur Begründung der Rb. wurde zur Ergänzung des bisherigen Vorbringens in Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung ausgeführt:
Die Anteile an der saarländischen GmbH seien gemäß § 24 Nr. 2 LAG bei der Vermögensabgabeveranlagung außer Ansatz zu lassen. § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG begründe eine Freistellung von Anteilen an Familiengesellschaften gerade dann, wenn diese Anteile nach den Grundsätzen von § 24 Nr. 2 Satz 1 der Vermögensabgabe unterliegen würden, sei es, daß die Aktien von Familiengesellschaften an der Börse zugelassen gewesen wären, sei es, daß die Gesellschaften am 21. Juni 1948 ihren Sitz nicht im damaligen Bundesgebiet gehabt hätten. Die Worte "außer Ansatz zu lassen sind auch" in § 24 Nr. 2 LAG seien gleichbedeutend der Wendung "ferner sind außer Ansatz zu lassen". Für diese Auslegung spreche auch § 39 Abs. 4 der Zehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz vom 28. Juni 1954 - 10. AbgabenDV-LA - (BGBl 1954 I S. 161, BStBl 1954 I S. 321), wonach GmbH-Anteile schlechthin nicht als abgabepflichtige Anteile anzusehen seien, und zwar ohne Rücksicht auf den Sitz der Gesellschaft am Währungsstichtag. Eine andere Auslegung dieser Vorschrift des LAG verstoße gegen dessen Wortlaut und sei deshalb unzulässig. Wenn im zweiten Halbsatz von § 24 Nr. 2 Satz 1 LAG von "sonstigen Anteilsrechten dieser Art" gesprochen werde, so habe der Gesetzgeber damit deutlich gemacht, daß er Gesellschaftsanteile einer bestimmten Art von der Vermögensabgabe freistellen wolle, also z. B. GmbH-Anteile. Mit den Worten "Anteilsrechte dieser Art" sei aber keine Beziehung zu dem weiteren Erfordernis von § 24 Nr. 2 Satz 1 erster Halbsatz hergestellt worden, wonach die betreffenden Kapitalgesellschaften ihre Gesellschaftsleitung oder ihren Sitz am 21. Juni 1948 im Geltungsbereich des GG einschließlich Berlin (West) haben müßten.
Nach seinem reinen Wortlaut sei § 24 Nr. 2 LAG überhaupt nicht vollziehbar, weil es am 21. Juni 1948 kein GG und damit auch keinen Geltungsbereich des GG gegeben habe. Mangels einer genauen Definition des Begriffes "Geltungsbereich des GG" sei darauf abzustellen, ob eine Gesellschaft am 21. Juni 1948 ihren Sitz an einem Ort gehabt habe, der zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt im Geltungsbereich des GG gelegen habe. Das treffe gemäß § 1 des Gesetzes über die Eingliederung des Saarlandes vom 23. Dezember 1956 (BGBl 1956 I S. 1011) für saarländische Kapitalgesellschaften nach der Eingliederung des Saargebietes in die Bundesrepublik Deutschland zu. Nach § 14 Abs. 1 des Achten Gesetzes zur änderung des Lastenausgleichsgesetzes vom 26. Juli 1957 - 8. ändG-LAG - (BGBl 1957 I S. 809, BStBl 1957 I S. 380) gelte der abgabenrechtliche Teil des LAG nicht für das Saargebiet; das dürfe aber nicht zu einer Verschärfung der Vermögensabgabe bei Anteilseignern von saarländischen Gesellschaften führen.
Auch eine am Gesetzeszweck orientierte Auslegung von § 24 Nr. 2 LAG führe zu einer Freistellung der GmbH-Anteile von der Vermögensabgabe. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz entspreche nämlich die saarländische Gemeinschaftshilfeabgabe der deutschen Vermögensabgabe, die von den Kapitalgesellschaften ebenfalls aus dem laufenden Geschäftsertrag geleistet werde, also wirtschaftlich eine steuerliche Belastung der einzelnen Geschäftsjahre darstelle. Die saarländische Abgabe sei zwar ab dem 1. Januar 1960 weggefallen, könne aber wieder eingeführt werden und sei deshalb weiterhin als "potentielle Doppelbelastung" anzusehen (Hinweis auf § 107 des Gesetzes über die Einführung des deutschen Rechts auf dem Gebiete der Steuern, Zölle und Finanzmonopole im Saarland vom 30. Juni 1959, BGBl 1959 I S. 339, BStBl 1959 I S. 277). Der Vorteil der saarländischen Gesellschaften aus dem Wegfall der saarländischen Gemeinschaftshilfeabgabe sei mit der Begünstigung der Berliner Kapitalgesellschaften bei der Vermögensabgabe nach § 88 LAG in der Fassung nach dem 8. ändGLAG (a. a. O.) vergleichbar. Bei Berliner Familiengesellschaften werde aber die Freistellung der Anteilseigner von der Vermögensabgabe nach § 24 Nr. 2 LAG nicht in Frage gestellt. Die Tatsache der Doppelbelastung selbst sei durch die Vorinstanz anerkannt und sogar als "sachliche Härte" bezeichnet worden.
Die von der Vorinstanz vertretene Auffassung sei verfassungswidrig. "Während im Bundesgebiet ansässige Anteilseigner von Familiengesellschaften mit Sitz im Bundesgebiet steuerlich besser behandelt werden als im Bundesgebiet ansässige Anteilseigner von Publikums-Aktiengesellschaften, werden die im Bundesgebiet ansässigen Anteilseigner saarländischer Familien-Kapitalgesellschaften - wenn man die Gesamtbelastung auf Gesellschaftsvermögen und Anteile in Betracht zieht - höher belastet als die Anteilseigner bundesrepublikanischer Publikums-Aktiengesellschaften. Hierin liegt nicht nur kein Sinn, sondern eine Willkür." Da sich der Steuergesetzgeber grundsätzlich dafür entschieden habe, bei der Besteuerung der zivilrechtlichen Einteilung der Gesellschaften in juristische Personen einerseits und in Personengesellschaften andererseits zu folgen, sei es unzulässig, wenn in § 24 Nr. 2 LAG erkennbar das "Durchgriffsprinzip" angewandt, d. h. davon ausgegangen werde, daß es sich bei der Gesamtbelastung der Kapitalgesellschaft und der Anteilseigner durch die Vermögensabgabe wirtschaftlich um eine Belastung desselben Vermögens handele. Im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes sei deshalb der Bf. hinsichtlich seiner GmbH-Anteile von der Vermögensabgabe freizustellen.
Die eingangs unter a) und b) genannte Forderungen seien zu Unrecht bei der Vermögensabgabeveranlagung erfaßt worden. Beide Forderungen seien reine Geldforderungen. Am 21. Juni 1948 seien die Forderungen zunächst noch gar nicht auf ffrs umgestellt gewesen. Eine solche Umstellung sei erstmals 1949 im Verhältnis 1 RM zu 12 ffrs erfolgt. Im Jahre 1953 seien diese Forderungen dann im Verhältnis 1 RM zu 20 ffrs umgestellt worden, was erst die Forderungssumme ergebe. Diese Summe sei im Verhältnis von 100 zu 0,8507 von ffrs auf DM umgestellt worden (ß 2 der Verordnung zur Einführung der Deutschen Mark im Saarland vom 29. Juni 1959, BGBl 1959 I S. 402, BStBl 1959 I S. 325). Im Ergebnis seien damit die Forderungen auf einen Betrag umgestellt worden, der ein Fünftel des ursprünglichen RM-Nennbetrages nicht übersteige. Diese Forderungen seien deshalb gemäß § 24 Nr. 1 b LAG nicht bei der Vermögensabgabeveranlagung des Bf. zu erfassen. Unabhängig hiervon hätten die Forderungen am 21. Juni 1948 nur einen Erinnerungswert von einer DM besessen; denn zu diesem Zeitpunkt habe der Bf. die Forderungen nach der damaligen Rechtslage im Saarland nicht geltend machen können. Da die Umstellung dieser RM-Forderung auf ffrs erst 1949 erfolgt sei, hätten sie am 21. Juni 1948 noch in RM bestanden und somit auf eine Währung gelautet, die es nicht mehr gegeben habe. Solche Forderungen könnten nur mit dem Erinnerungswert angesetzt werden.
Der Vorsteher des Finanzamts legte gemäß § 293 AO Anschlußbeschwerde ein und beantragte, die Vierteljahrsbeträge an Vermögensabgabe zum Nachteil des Bf. zu erhöhen. Demgegenüber beantragte der Bf., die Anschlußbeschwerde wegen Verspätung als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
Auf die Rb. und die Anschlußbeschwerde wird die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.
I. - Die Anschlußbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist zulässig.
Die Rechtsbeschwerdebegründungsschrift wurde dem Finanzamt von der Geschäftsstelle des Finanzgerichts im Oktober 1962 mit der Bitte um Stellungnahme innerhalb von vier Wochen zugesandt. Die Anschlußbeschwerde wurde am 6. August 1965 eingelegt.
Nach § 293 AO können sich einer Rb. die übrigen Beschwerdeberechtigten nur bis zum Ablauf der ihnen zur Erklärung gesetzten Frist anschließen. Die in § 293 Satz 1 AO genannte Frist ist die in § 292 Satz 2 AO vorgesehene (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 180/58 vom 10. Dezember 1959, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Reichsabgabenordnung, § 292, Rechtsspruch 1). § 292 AO verlangt eine Fristbestimmung durch den Vorsitzenden der Kammer des Finanzgerichts. Die Verfügung durch den Vorsitzenden der Kammer ist deshalb notwendig, weil die Frist erst nach einer Vorprüfung in sachlicher Hinsicht gesetzt werden kann, nämlich wenn geprüft ist, ob die Rb. nicht als unzulässig zu verwerfen oder offenbar als unbegründet zurückzuweisen ist. Fehlt es an einer Fristsetzung durch den Vorsitzenden, so fehlt es an einer Frist im Sinne von § 292 Satz 2 AO. So ist die Rechtslage im Streitfalle. Hier hat nicht der Vorsitzende der Kammer, sondern die Geschäftsstelle des Finanzgerichts dem Finanzamt die Frist zur Stellungnahme gesetzt. Damit wurde keine Frist im Sinne von § 292 AO in Lauf gesetzt mit der Folge, daß die erst 1965 eingelegte Anschlußbeschwerde noch rechtzeitig und somit zulässig ist.
II. - Die Vorinstanz hat zu Recht die Anteile des Bf. an der saarländischen GmbH bei der Vermögensabgabeveranlagung erfaßt.
Der Bf. ist unbeschränkt abgabepflichtig (ß 16 Abs. 1 Nr. 1 LAG). Die unbeschränkte Abgabepflicht erstreckt sich gemäß § 16 Abs. 2 LAG auf das Gesamtvermögen. Zum Gesamtvermögen gehören auch die Geschäftsanteile (GmbH-Anteile) des Bf. (ß 67 Abs. 1 Ziff. 3 BewG). Bemessungsgrundlage für die Vermögensabgabe ist gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 LAG das Vermögen, das sich nach den bei der Vermögensteuer (Hauptveranlagung 1949) für die Ermittlung des Gesamtvermögens maßgebenden Vorschriften errechnet, soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§ 22 bis 27 LAG etwas anderes ergibt. Da die Erfassung der GmbH-Anteile des Bf. nach den vermögensteuerlichen Vorschriften unstreitig ist, kommt es für die Entscheidung darauf an, ob die Anteile an der GmbH gemäß § 24 Nr. 2 LAG von der Vermögensabgabe freizustellen sind. Der Bf. legt die Vorschrift des § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG dahin aus, daß dort eine generelle Freistellung der Anteile an Familiengesellschaften von der Vermögensabgabe ausdrücklich angeordnet sei; demgegenüber vertritt die Vorinstanz in übereinstimmung mit dem Finanzamt die Auffassung, Anteile an Familiengesellschaften seien nur dann von der Vermögensabgabe befreit, wenn diese Gesellschaften ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung am 21. Juni 1948 im Geltungsbereich des GG einschließlich Berlin (West) gehabt hätten, wobei sich der Umfang des Geltungsbereichs des GG nach dem Stand zur Zeit des Inkrafttretens des LAG bestimme. Der Senat ist der Auffassung, daß der Wortsinn des § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG nicht so eindeutig ist, daß eine der beiden dargelegten Auffassungen zwingend wäre. Wie er bereits in dem Urteil III 99/64 U vom 9. Oktober 1964 (BStBl 1964 III S. 640, Slg. Bd. 80 S. 458) ausgeführt hat, müssen in den Fällen, in denen der Wortsinn einer Vorschrift nicht eindeutig ist, bei ihrer Auslegung auch ihre Systematik, ihr Zweck und ihre Entstehungsgeschichte herangezogen werden.
Nach dem ersten Halbsatz von § 24 Nr. 2 Satz 1 LAG sind Aktien, Kuxe und sonstige Anteile und Genußscheine an Kapitalgesellschaften, die am 21. Juni 1948 ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Geltungsbereich des GG einschließlich Berlin (West) gehabt haben, nur mit dem halben Wert anzusetzen, soweit die Anteile oder Genußscheine vor dem 31. Dezember 1948 zum amtlichen Verkehr an der Börse zugelassen waren oder im Freiverkehr gehandelt worden sind. Für die Behandlung der Anteilseigner bei der Vermögensabgabe kommt es somit auf zwei Punkte an. Einmal muß es sich um Anteile an Kapitalgesellschaften handeln, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung am Währungsstichtag im Geltungsbereich des GG einschließlich Berlin (West) hatten. Zum anderen ist für die Behandlung der Anteilseigner bei der Vermögensabgabe entscheidend, ob die Anteile "börsenfähig" im weiteren Sinne waren. § 24 Nr. 2 Satz 1 erster Halbsatz LAG ist Grundlage für die Behandlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei der Vermögensabgabe. Die übrigen Teile der Vorschrift von § 24 Nr. 2 LAG ergänzen nur diesen ersten Halbsatz und sind ohne ihn nicht verständlich. Der Bf. übersieht, daß Ausgangspunkt für die Heranziehung von Vermögensteilen zur Vermögensabgabe § 21 Abs. 1 LAG ist. Danach unterliegt bei unbeschränkt Abgabepflichtigen der Vermögensabgabe das Vermögen zu Beginn des 21. Juni 1948, das sich nach dem bei der Vermögensteuer (Hauptveranlagung 1949) für die Ermittlung des Gesamtvermögens maßgebenden Vorschriften errechnet. Nach diesen maßgeblichen vermögensteuerlichen Vorschriften (ß 67 Abs. 1 Ziff. 3 BewG) wären daher Aktien und Anteile an Gesellschaften mbH grundsätzlich voll zu erfassen. Der LAG-Gesetzgeber hat nun in den §§ 22 bis 27 LAG im einzelnen vorgeschrieben, wann für Zwecke der Vermögensabgabeveranlagung von den für die Vermögensteuer maßgebenden Vorschriften abzuweichen ist. In § 24 LAG ist in den Fällen, in denen von § 21 LAG unmittelbar abgewichen wird, jeweils eine besondere Gliederungsnummer verwendet worden. Gilt eine Sonderregelung für eine ganze Vermögensart, z. B. im § 24 Nr. 1 LAG für das sonstige Vermögen im Sinne von § 67 BewG, so ist in einer nach Buchstaben abgegrenzten Untergliederung normiert, wie die einzelnen Wirtschaftsgüter dieser Vermögensart selbständig unmittelbar abweichend von § 21 LAG zu behandeln sind. Geht man von dieser Gesetzestechnik aus, so ergibt sich in den Fällen, in denen bei einer Gliederungsnummern mehrere Sonderfälle angesprochen werden, aus dem Fehlen einer Untergliederung, daß nur der erste in der Nummer genannte Fall eine selbständige unmittelbare Abweichung zu § 21 LAG bildet, während die übrigen in dieser Nummer angeführten Sonderfälle nur eine unmittelbare Abweichung zu dem ersten in dieser Nummer genannten Fall darstellen. In dieser Weise wurde erkennbar in § 24 Nr. 2 LAG verfahren. Aus dem Fehlen einer Untergliederung ergibt sich, daß nur der erste Halbsatz dieser Vorschrift als selbständige unmittelbare Abweichung zu § 21 LAG anzusehen ist mit der Folge, daß nur die Regelung für Aktien, Kuxe und sonstige Anteile und Genußscheine an Kapitalgesellschaften, die am 21. Juni 1948 ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Geltungsbereich des GG einschließlich Berlin (West) gehabt haben, als unmittelbare Abweichung zu § 21 LAG gilt. Der zweite Halbsatz und der Satz 2 dieser Vorschrift sind keine selbständige unmittelbare Abweichung zu § 21 LAG, sondern nur eine solche zu dem ersten Halbsatz der Nr. 2 des § 24 LAG. Auf dieser gesetzestechnischen Auslegung sind auch die auf Grund der Ermächtigung in § 24 Nr. 2 letzter Satz LAG ergangenen Bestimmungen der §§ 41, 42, insbesondere aber des § 43 der 10. AbgabenDV-LA ergangen. Die Zuständigkeitsregelung in § 43 Abs. 1 Satz 1 der 10. AbgabenDV-LA wäre gänzlich unzureichend, wenn auch Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereiches des GG einschließlich Berlin (West) für die einheitliche und gesonderte Feststellung in Betracht kommen würden. Umgekehrt wäre die Regelung in § 43 Abs. 1 Satz 2 der 10. AbgabenDV-LA viel zu weitgehend, da eine Feststellung über die Befreiung von Anteilseignern mit ihren Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs des GG einschließlich Berlin (West) hat, keinesfalls in Betracht kommen könnte. Es besteht kein Anlaß, diese Bestimmungen als nichtig anzusehen, wie sich auch aus den folgenden weiteren Ausführungen ergibt.
Der zweite Halbsatz des 1. Satzes des § 24 LAG regelt die Behandlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung und Sitz im Geltungsbereich des GG, bei denen aber die Anteile nicht börsenfähig waren. Die Worte "sonstige Anteile" stehen hier in direkter Beziehung zu dem Wort "soweit" im ersten Halbsatz von § 24 Nr. 2 Satz 1 LAG. Entgegen der Ansicht des Bf. sind die Worte "sonstige Anteile dieser Art" im letzten Halbsatz von § 24 Nr. 2 Satz 1 LAG keine Befreiung von Gesellschaftsanteilen an bestimmten Gesellschaftsarten. § 24 Nr. 2 LAG bestimmt vielmehr innerhalb der Kapitalgesellschaften eine Sonderregelung bei der Vermögensabgabe nur für Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung oder Sitz am 21. Juni 1948 im Geltungsbereich des GG einschließlich Berlin (West). Damit behandelt auch der zweite Halbsatz von § 24 Nr. 2 Satz 1 LAG nur den Ansatz von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Geltungsbereich des GG. Das ergibt sich z. B. auch aus Artikel 2 Abs. 3 b des Zusatzprotokolls vom 6. Juli 1956 zum Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft, also aus einer Gesetzesvorschrift (Hinweis auf BGBl 1957 II S. 470, BStBl 1957 I S. 303). Auch dieses Zusatzprotokoll geht von der vollen Vermögensabgabepflicht aller Kapitalgesellschaftsanteile an Kapitalgesellschaften aus, die am 21. Juni 1948 ihren Sitz in der Schweiz hatten. Auch die Regelung in Satz 2 dieser Vorschrift, die mit den Worten "Außer Ansatz zu lassen sind auch ..." eingeleitet wird, stellt ganz auf deren Satz 1 ab. Satz 2 in § 24 Nr. 2 LAG setzt damit ebenso wie der Satz 1 solche Kapitalgesellschaften voraus, deren Sitz bzw. Geschäftsleitung am Währungsstichtag im Geltungsbereich des GG lagen. § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG ist also wörtlich und systematisch als eine Ausnahme von Satz 1 dieser Vorschrift dahin anzusehen, daß die Anteile an Familiengesellschaften in der Form von Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung am Währungsstichtag im Geltungsbereich des GG auch dann von der Vermögensabgabe frei sein sollten, "soweit die Anteile oder Genußscheine vor dem 31. Dezember 1948 zum amtlichen Verkehr an der Börse zugelassen waren oder im Freiverkehr gehandelt worden sind". Zu Unrecht beruft sich der Bf. auf § 39 Abs. 4 der 10. AbgabenDV-LA (a. a. O.). In der veröffentlichten Begründung dieser Bestimmung (Hinweis auf die vom Bundesminister der Finanzen in Lose-Blatt-Form herausgegebene Ausgabe des LAG mit Durchführungsverordnungen und Feststellungsgesetz, S. 48 der Begründung zur 10. AbgabenDV-LA) ist folgendes ausgeführt: "Absatz 4 dient der Klarstellung. Für den Geschäftsanteil an einer Gesellschaft mbH kann zwar ein sogenannter Anteilschein ausgestellt werden. Dieser ist aber kein Wertpapier, sondern lediglich eine Beweisurkunde und deshalb zum Börsenhandel nicht geeignet." Hieraus ergibt sich eindeutig, daß die Geschäftsanteile an einer GmbH nicht ohne Rücksicht auf den Sitz bzw. auf ihre Geschäftsleitung am 21. Juni 1948 von der Vermögensabgabe freigestellt sein sollten, ungeachtet der weiteren Frage, ob eine Freistellung solcher Anteile überhaupt durch eine Rechtsverordnung hätte herbeigeführt werden können.
Dem Bf. kann auch nicht dahin zugestimmt werden, wenn er vorträgt, für die Auslegung von § 24 Nr. 2 LAG sei darauf abzustellen, ob eine Kapitalgesellschaft zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt ihren Sitz im Geltungsbereich des GG gehabt habe, da am 21. Juni 1948 das GG noch nicht erlassen gewesen wäre. Für die Vermögensabgabe gilt das Stichtagsprinzip. Dieses Prinzip ist bei der Auslegung der einzelnen Vorschriften zu beachten und führt dazu, daß spätere änderungen im Geltungsbereich des GG nicht zu berücksichtigen sind. Für den Begriff "Geltungsbereich des GG" ist hinsichtlich des Stichtagsprinzips auf den Tag des Inkrafttretens des LAG abzustellen. Darüber hinaus ist durch § 14 des 8. ändGLAG (a. a. O.) klargestellt, daß der im LAG verwandte Begriff "Geltungsbereich des GG" nicht das Saarland umfaßt (vgl. auch § 106 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Einführung des deutschen Rechts auf dem Gebiet der Steuern, Zölle und Finanzmonopole im Saarland vom 30. Juni 1959, a. a. O.).
Die Vorentscheidung entspricht auch dem Zweck des § 24 Nr. 2 LAG. Der Entwurf des Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich vom Januar 1951 (Bundestags-Drucksache Nr. 1800) sah eine Freistellung sämtlicher Aktien von der Vermögensabgabe vor (vgl. dort § 16 Abs. 2 Nr. 2). Demgegenüber vertrat der Bundesrat die Meinung, eine Heranziehung der Anteilseigner mit ihren Anteilen an Kapitalgesellschaften neben der Heranziehung der Kapitalgesellschaften selbst zur Vermögensabgabe erscheine grundsätzlich zumutbar (vgl. berichtigte Stellungnahme vom 9. Februar 1951 des Sonderausschusses Lastenausgleich beim Bundesrat zu dem Entwurf eines Gesetzes über einen Allgemeinen Lastenausgleich, Bundesrats-Drucksache Nr. 1080/50 dort Zweiter Teil, 1. Abschnitt unter Nr. 4). Auch ein in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfes eingebrachter Initiativantrag sah die Erfassung sowohl der Kapitalgesellschaften wie auch deren Anteilseigner vor (vgl. S. 9050 ff. der amtlichen Niederschrift über die 208. Bundestagssitzung vom 7. Mai 1952). Die vorgenannte Stellungnahme des Bundesrates wie auch der Initiativantrag gehen dabei von einer Belastung durch Vermögensabgabe aus. In Abwägung dieser Doppelbelastung durch die gleiche Abgabe, nämlich die Vermögensabgabe nach dem LAG (vgl. S. 9050 bis 9052 der Niederschrift über die 208. Bundestagssitzung vom 7. Mai 1952), wurde die jetzige Fassung von § 24 Nr. 2 LAG gewählt. Der Gesetzgeber wollte demnach diese doppelte volle Erfassung zur Vermögensabgabe für Zwecke des Lastenausgleichs vermeiden. Im Streitfall wird die saarländische GmbH nicht zur Vermögensabgabe herangezogen. Die Gemeinschaftshilfeabgabe nach dem saarländischen Gesetz (vgl. Amtsblatt des Saarlandes 1952 S. 237) ist nicht als Doppelbelastung durch die Vermögensabgabe anzusehen. Hinzu kommt, daß die Gemeinschaftshilfeabgabe des Saarlandes nach § 107 Abs. 2 des Gesetzes über die Einführung des deutschen Rechts auf dem Gebiete der Steuern, Zölle und Finanzmonopole im Saarland vom 30. Juni 1959 (a. a. O.) ab 1960 nicht mehr erhoben wird. Es war eine Ermessensfrage für den Lastenausgleichsgesetzgeber, ob er jede Art von Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften und Anteilseignern für die Vermögensabgabe berücksichtigen wollte. Da die Gemeinschaftshilfeabgabe des Saarlandes keine der Vermögensabgabe voll vergleichbare Belastung darstellt, die Gemeinschaftshilfeabgabe weiterhin anders gestaltet ist und schon wegen der tatsächlich erheblich kürzeren Laufzeit für die Abgabepflichtigen nicht das Gewicht der Vermögensabgabe hatte, stellt es keine willkürliche Ausübung des Ermessens durch den Lastenausgleichsgesetzgeber dar, wenn er nur die Doppelbelastung durch Vermögensabgabe bei Familiengesellschaften beseitigt wissen wollte.
Schließlich hat die Vorinstanz § 24 Nr. 2 LAG nicht gegen seinen Wortlaut ausgelegt. Es ist richtig, daß eine Auslegung von Gesetzen gegen ihren Wortlaut nur ausnahmsweise möglich ist. Dies muß nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs besonders für Steuergesetze gelten (Hinweis auf die Urteile VI 162/55 U vom 14. Februar 1958, BStBl 1958 III S. 207, Slg. Bd. 66 S. 539; II 196/61 U vom 26. Juni 1963, BStBl 1963 III S. 402, Slg. Bd. 77 S. 227). Eine Auslegung gegen den Wortlaut des Gesetzes liegt vor, wenn die Grenzen, die der mögliche Wortsinn der Auslegung zieht, überschritten werden (Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats III 193/60 S vom 11. Dezember 1964, BStBl 1965 III S. 82, Slg. Bd. 81 S. 222). Im Streitfall handelt es sich um die Auslegung, ob unter dem Begriff der Familiengesellschaft im Sinne von § 24 Nr. 2 Satz 2 LAG eine Kapitalgesellschaft im Sinne von § 24 Nr. 2 Satz 1 erster Halbsatz LAG zu verstehen ist oder nicht. Wie oben unter 1. und 2. dargetan, hat die Vorinstanz eine nach Auffassung des erkennenden Senats mögliche Auslegung des Wortsinnes der Vorschrift vorgenommen. Die Vorentscheidung nahm daher keine Auslegung gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes vor und ist insoweit nicht zu beanstanden. Daß der Gesetzgeber für Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz bzw. Geschäftsleitung außerhalb des GG zur Zeit des Inkrafttretens des LAG keine Sonderregelung getroffen, sondern es bei der allgemeinen Regel des Vermögensteuerrechts belassen hat und diese - wie im Streitfalle - zur vollen Erfassung des gemeinen Wertes dieser Anteile zur Vermögensabgabe bei den Anteilseignern führt, ist keine Willkür, sondern sachlich hinreichend gerechtfertigt. Damit entfällt auch der Einwand, § 24 Nr. 2 Satz 2 verstoße in der Auslegung durch das Finanzgericht gegen Art. 3 GG.
III. - Die Sache ist noch nicht spruchreif. Der Bf. trägt vor, seine eingangs unter a) und b) genannten Forderungen seien als ursprüngliche RM-Forderungen am 21. Juni 1948 noch nicht auf ffrs umgestellt gewesen und endgültig erst 1959 auf DM umgestellt worden. Die Prüfung des Umstellungsverhältnisses kann nur durch einen Vergleich zwischen der Höhe der Forderung in RM und ihrer Höhe in DM erfolgen. Hierzu hat das Finanzgericht noch den genauen Betrag zu ermitteln, auf den diese Forderungen in RM gelautet haben. Wenn § 24 Nr. 1 c LAG von der gesetzlichen Umstellung oder einer Umstellung durch Parteivereinbarung spricht, so ist damit die Umstellung von RM-Forderungen auf DM gemeint. Diese Umstellung ist bei den Forderungen des Bf. nicht am 21. Juni 1948, sondern erst mit der Einführung der DM im Saarland im Jahre 1959 erfolgt; für die Annahme einer Umstellung der Forderung durch Parteivereinbarung von diesem Zeitpunkt ergibt sich aus den Akten nichts und wurde auch bisher nichts vorgetragen. Die Forderungen des Bf. sind nach Aktenlage sowohl am 21. Juni 1948 wie auch zur Zeit der Einführung der DM im Saarland im Jahre 1959 dem Grunde nach identisch. Da aber der Zeitpunkt der Feststellung des RM-Nennbetrages und der Zeitpunkt der Umstellung auf DM auseinanderfallen und der auf ffrs umgestellte RM-Nennbetrag in der Zwischenzeit Veränderungen nach oben wie nach unter erfahren haben kann, darf ein den Nennbetrag vom 21. Juni 1948 übersteigender Mehrbetrag in den Umstellungsvergleich nach § 24 Nr. 1 c LAG nicht einbezogen werden. Ergibt sich ein Minderbetrag, ist der RM-Nennbetrag um diesen zu kürzen. Für die Anwendung der Befreiungsvorschrift von § 24 Nr. 1 c LAG ist daher der letzte RM-Nennbetrag dieser Forderungen mit dem DM-Betrag zu vergleichen, der sich nach den für die Kapitalforderungen dieser Art maßgeblichen Vorschriften ergibt (Hinweis auf § 2 der Verordnung über die Einführung der Deutschen Mark im Saarland vom 29. Juni 1959, a. a. O.). Nur wenn die Kapitalforderungen des Bf. sonach im Ergebnis auf einen Betrag in DM umgestellt wurden, der ein Fünftel ihres RM-Nennbetrages nicht übersteigt, so ist § 24 Nr. 1 c LAG anzuwenden, vorausgesetzt, daß auch die übrigen Erfordernisse der Vorschrift von § 24 Nr. 1 LAG vorliegen. Da aber nur das Zusammenschmelzen von RM-Forderungen durch die Währungsumstellung von RM auf DM zu einer Vergünstigung nach § 24 Nr. 1 c LAG führt, scheidet bei der Berechnung des umgestellten DM-Betrages jeder Bewertungsabschlag im Sinne von § 14 BewG für die Berechnung des endgültigen umgestellten DM-Betrages für diese Forderungen aus. Ergibt die Prüfung des Finanzgerichts, daß die früheren RM-Forderungen im Ergebnis auf einen DM-Betrag umgestellt wurden, der ein Fünftel des RM-Nennbetrages dieser Forderungen übersteigt, so ist die Vergünstigung von § 24 Nr. 1 c LAG auch dann zu versagen, wenn die Forderungen des Bf. wegen besonderer Umstände nach § 14 BewG niedriger als mit dem DM-Nennbetrag angesetzt werden könnten. Solche Umstände im Sinne von § 14 Abs. 1 BewG scheiden bei der Berechnung des Umstellungsverhältnisses nach § 24 Nr. 1 c LAG aus.
Sind die Forderungen des Bf. bei der Vermögensabgabeveranlagung nicht schon nach § 24 Nr. 1 c LAG außer Ansatz zu lassen, sei es, daß die notwendige Abwertung von einem Fünftel nicht erreicht wird, sei es, daß die übrigen Voraussetzungen von § 24 Nr. 1 erster Halbsatz LAG nicht vorliegen, so hat die Vorinstanz weiterhin zu prüfen, mit welchem Wert die Forderungen bei der Vermögensabgabeveranlagung anzusetzen sind. Hierbei handelt es sich im wesentlichen um die Prüfung tatsächlicher Verhältnisse. Eine solche Prüfung ist bisher noch nicht erfolgt. Sie ist deshalb noch nachzuholen. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 411797 |
BStBl III 1965, 723 |
BFHE 1966, 618 |
BFHE 83, 618 |