Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzungsmethode der (Gesamt-)Vermögenszuwachsrechnung - Abgrenzung zur Geldverkehrsrechnung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Schätzungsmethode der Vermögenszuwachsrechnung unterscheidet sich von derjenigen der Geldverkehrsrechnung lediglich dadurch, daß die Mittelverwendung für Vermögensanlagen stärker betont wird. Beide Rechnungen vollziehen die Geldflüsse nach. Sie lassen sich ineinander überführen.
2. In einer Gesamtvermögenszuwachsrechnung bleiben die Barentnahmen und -einlagen außer Ansatz. Die Betriebsvermögen können mit den Kapitalkontenwerten angesetzt werden, sofern die Rechnung um die Sachentnahmen und -einlagen berichtigt wird.
Orientierungssatz
1. Der Anspruch des FA auf rechtliches Gehör ist verletzt, wenn das FG die Beteiligten im Schätzungsverfahren damit überrascht, daß es in Ausübung eigener Schätzungsbefugnis eine neue Schätzungsmethode eingeführt hat, die den bisher erörterten Methoden (hier: Gesamtvermögenszuwachsrechnung) nicht mehr ähnlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 2.2.1982 VIII R 65/80).
2. Sowohl die Vermögenszuwachsrechnung als auch die Geldverkehrsrechnung sind Schätzungsmethoden, die --richtig angewendet-- so zuverlässig sind, daß sie das Buchführungsergebnis widerlegen und in Höhe der errechneten Fehlbeträge nicht verbuchte Betriebseinnahmen bzw. einen Saldo nicht verbuchter Betriebseinnahmen/Betriebsausgaben nachweisen können (vgl. Rechtsprechung des BFH, BVerfG).
3. Vermögenszuwachsrechnung und Geldverkehrsrechnung sind als Gesamtrechnungen und als Teilrechnungen denkbar. Die Verprobungen beruhen in allen genannten Rechnungen auf dem Grundgedanken, daß innerhalb eines Haushalts (Teilhaushalts) die Verwendung von Mitteln für den Verbrauch oder für Vermögensanlagen durch steuerpflichtige Einkünfte oder andere Vermögenseingänge belegt sein muß.
4. Soweit die Geldverkehrsrechnung Werte und Wertbewegungen enthält, die nicht in Geld und Geldflüssen bestehen, findet eine Umrechnung auf Geld statt oder muß eine solche zumindest möglich sein.
Normenkette
AO 1977 §§ 158, 162; FGO § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt seit 1956 einen Großhandel mit Werbeartikeln (Gewinnermittlung nach § 5 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Außerdem unterhielt er in den Jahren 1975 bis 1978 ein Reisebüro (Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 EStG). Er wohnt mit seiner Ehefrau seit 1977 in einer Wohnung seines neu errichteten Zweifamilienhauses; die andere Wohnung ist vermietet.
Der Kläger wurde für 1978 und 1979 entsprechend seinen Erklärungen unter Vorbehalt der Nachprüfung zur Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer veranlagt. Für 1980 hatte noch keine Veranlagung stattgefunden, als 1982 eine Betriebsprüfung begann. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte daraufhin, dem Betriebsprüfungsbericht folgend, höhere Besteuerungsgrundlagen an.
Die Erhöhung der Gewinne und Umsätze beruhte vor allem auf einer Hinzuschätzung der
1978 1979 1980
---- ---- ----
DM DM DM
Betriebseinnahmen um 30 397 31 946 53 263.
Die Betriebsprüferin stützte die Hinzuschätzung auf folgende Gesamtvermögenszuwachsrechnung:
I. 31.12. 1977 31.12. 1978 31.12. 1979 31.12. 1980
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Vermögensgegenstände und
Schulden
1. Betriebsvermögen
(Kapitalkonten)
./. 66 058 ./. 90 637 ./. 168 496 ./. 140 869
2. bisher
nicht erfaßtes Betriebsvermögen
(...bank) - ./. 25 880 ./. 27 738 ./. 22 045
3. Grundstücke des
Privatvermögens
(Einheitswerte)
92 300 92 300 92 300 92 300
4. Guthaben
und Anleihen 34 443 369 4 420 7 472
5. Bargeld 32 000 26 900 45 100 26 842
6. Schulden
bei Bausparkasse
./. 146 247 ./. 107 414 ./. 95 305 ./. 81 945
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7. Gesamtvermögen
./. 53 562 ./. 104 362 ./. 149 719 ./. 118 245
1978 1979 1980
---- ---- ----
DM DM DM
II. Vermögensmehrung
oder ./. 50 800 ./. 45 357 31 471
Vermögensminderung
III. Zurechnungen:
1. gezahlte Personensteuern
43 104 28 086 ./. 2 106
2. gezahlte Personenversicherungen
10 124 25 524 28 959
3. Mietwert der
eigenen Wohnung 7 560 7 560 7 560
4. außerbetriebliche
Baukosten 17 867 - -
5. Privatanteile Kfz 2 800 2 813 2 825
6. Spenden - - 200
7. Urlaub 3 000 - -
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8. Zwischensumme 33 655 18 626 68 909
IV. Abrechnungen:
1. Absetzung für Abnutzung
(AfA) auf Gebäude
16 355 10 355 10 355
2. Schenkungen der
Mutter 1 500 1 500 23 500
3. Gehalt der Ehefrau
4 680 4 680 4 680
4. Krankenhaustagegeld
2 400 - -
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5. Zwischensumme 8 720 2 091 30 374
V. abzüglich erklärte
Gesamteinkünfte
./. 8 478 ./. 15 755 ./. 7 889
VI. Lebenshaltungskosten
für zwei
Personen 13 200 14 100 15 000
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VII. Fehlbetrag 30 398 31 946 53 263.
Die Betriebsprüferin verwandte einen Vordruck der Oberfinanzdirektion (OFD), den sie teilweise ergänzte; der Vordruck war hinsichtlich der Positionen unter I nicht untergliedert.
Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA bei der Einkommensteuerveranlagung 1978 einen Verlustrücktrag von 2 468 DM aus 1979 berücksichtigte und bei den Veranlagungen 1980 den Hinzurechnungsbetrag um angenommene weitere verfügbare Mittel in Höhe von 2 000 DM kürzte.
Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen betreffend Einkommensteuer und Gewerbesteuermeßbetrag 1978 und 1980 und Umsatzsteuer 1978 bis 1980 insoweit auf, als "darin Mehrumsätze bzw. Mehrgewinne aufgrund der Prüfungsfeststellungen von 30 397 DM in 1978, von 31 946 DM in 1979 und 51 263 DM in 1980 zugrunde gelegt sind". Es legte dar: Die Vermutung sachlicher Richtigkeit der formell ordnungsmäßigen Buchführung (§ 158 der Abgabenordnung --AO 1977--) sei durch die Vermögenszuwachsrechnung der Betriebsprüferin nicht erschüttert worden. Diese Rechnung erfülle nicht die Voraussetzungen einer Einnahmen-Ausgaben- Deckungsrechnung (dazu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3.August 1966 IV R 75/66, 152/66, BFHE 86, 736, BStBl III 1966, 650; Mittelbach, Die steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 1982, 59). Als "gewerbliche Zuflüsse" hätten auch die Entnahmen erfaßt werden müssen. Der Ansatz von Einheitswerten besage nichts über die realen Geldflüsse. Einige Wertansätze (Postanleihe, Bausparkasse) seien nicht nachvollziehbar. Die gezahlten Personensteuern seien mit den Beträgen hinzugerechnet worden, die der Kläger als Entnahmen gebucht habe; aus den Steuerakten ergäben sich andere Zahlen. Es sei nicht Aufgabe des FG, die Rechnung nachzubessern. Das FA habe trotz der detaillierten Hinweise des Berichterstatters (Schreiben vom 30.Juni 1986) keine ausreichende Aufklärung gegeben.
Das FA rügt mit der Revision die fehlerhafte Anwendung von § 96 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 162 AO 1977 und § 162 AO 1977 i.V.m. § 158 AO 1977 sowie Verfahrensmängel. Das FG habe gemäß § 96 Abs.1 FGO i.V.m. § 162 AO 1977 eine eigene Schätzungsbefugnis und sei daher gehalten, eine für unrichtig erachtete Kontrollrechnung des FA zu berichtigen oder zu ersetzen (BFH- Urteile vom 27.Januar 1981 VIII R 71/77, nicht veröffentlicht --NV--; vom 2.Februar 1982 VIII R 65/80, BFHE 135, 158, BStBl II 1982, 409). Es habe gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze der Vermögenszuwachsrechnung verstoßen. Diese Rechnung sei von der Geldverkehrsrechnung (dazu BFH-Urteile vom 21.Februar 1974 I R 65/72, BFHE 112, 213, BStBl II 1974, 591; vom 28.Mai 1986 I R 265/83, BFHE 147, 105, BStBl II 1986, 732) zu unterscheiden (BFH-Urteil vom 28.Januar 1982 IV R 165/78, NV). Das FG habe zu Unrecht seine Kritik an der Gesamtvermögenszuwachsrechnung der Betriebsprüferin "mit Elementen der Geldverkehrsrechnung durchsetzt". Es sei infolgedessen zu unrichtigen Folgerungen gekommen. Bei der Bestandsaufnahme der Vermögenszuwachsrechnung werde nicht nach Zu- oder Abflüssen gefragt. Insbesondere sei das Betriebsvermögen entsprechend der Gewinnermittlungsformel des § 4 Abs.1 Satz 1 EStG miteinander zu vergleichen (Ersatz der Geld- durch eine Sollrechnung). Als Verfahrensmangel sei die Verletzung des rechtlichen Gehörs zu rügen. Das FA sei durch die Rechtsauffassung des FG in dem Urteil überrascht worden. Die Anfrage des Berichterstatters vom 30.Juni 1986 habe sich auf bestimmte Ansätze in der Vermögenszuwachsrechnung bezogen. Das FG habe den Sachverhalt unzulänglich aufgeklärt, als es den Ansatz für die Personensteuerzahlungen für unzutreffend gehalten und seine Kenntnis lediglich den Steuerakten entnommen habe; es wäre erforderlich gewesen, Kontoauszüge der Finanzkasse oder der Beitreibungsstelle anzufordern oder den Kläger zu befragen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Der Anspruch des FA auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt worden. Das FG darf allerdings die Beteiligten im Schätzungsverfahren nicht damit überraschen, daß es in Ausübung eigener Schätzungsbefugnis eine neue Schätzungsmethode einführt, die den bisher erörterten Methoden nicht mehr ähnlich ist (Urteil in BFHE 135, 158, BStBl II 1982, 409). Das FG hat indessen keine neue Schätzungsmethode eingeführt, sondern lediglich die vom FA angewandte Methode (Gesamtvermögenszuwachsrechnung) verworfen und von einer Schätzung überhaupt abgesehen.
Das FG konnte bei seiner Entscheidung davon ausgehen, daß die Buchführung des Klägers formell ordnungsmäßig war. Zwar hatte die Betriebsprüferin in ihrem Bericht (Tz.27) ausgeführt, sie habe auch einige nicht verbuchte Warenverkäufe festgestellt. Sie hatte jedoch diese Vorkommnisse nicht erläutert. In der Einspruchsentscheidung hatte das FA die Hinzuschätzungen ausschließlich mit den Ergebnissen der Gesamtvermögenszuwachsrechnung begründet und aus diesem Grunde die Vermutung des § 158 AO 1977 für widerlegt gehalten. Das FA mußte erwarten, daß das FG zugunsten des Klägers wieder auf die Vermutung des § 158 AO 1977 zurückgriff, sofern die Vermögenszuwachsrechnung verworfen wurde.
Das FA kannte die kritische Einstellung des FG zu der Schätzungsmethode der Betriebsprüferin aus dem Schreiben des Berichterstatters vom 30.Juni 1986. Der Berichterstatter äußerte darin Zweifel an der Brauchbarkeit der Ansätze von Grundstückseinheitswerten, der Einheitswerte des Betriebsvermögens (ohne Einbeziehung von Entnahmen und Einlagen), des Mietwerts der eigengenutzten Wohnung und der Gebäude-AfA. Das FA war auf diese Bedenken zwar in einem umfangreichen Schriftsatz eingegangen. Es konnte jedoch nicht sichergehen, daß seine Ausführungen die Bedenken des FG ausgeräumt hätten. Jedenfalls hat das FG nicht erkennen lassen, daß es nunmehr die Schätzungsmethode des FA dem Grunde nach für zutreffend hielt.
2. Das FG hat zu Unrecht die Schätzungsmethode des FA für ungeeignet gehalten, einen ungeklärten Vermögenszuwachs und eine Verkürzung von Betriebseinnahmen nachzuweisen.
a) Gemäß § 158 AO 1977 sind die Buchführung und die Aufzeichnungen der Steuerpflichtigen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO 1977 entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Anlaß besteht, die sachliche Richtigkeit zu beanstanden.
Das FG konnte davon ausgehen, daß die Buchführung des Klägers den Ordnungsvorschriften der §§ 140 bis 148 AO 1977 entsprach, also formell ordnungsmäßig war (s. oben zu 1.). Das erklärte Buchführungsergebnis konnte nur dann durch ein Schätzungsergebnis ersetzt werden, wenn die Schätzung die Unrichtigkeit des Buchführungsergebnisses zuverlässig nachwies (§ 162 Abs.2 Satz 2 AO 1977).
b) Sowohl die im bisherigen Verfahren erörterte Vermögenszuwachsrechnung als auch die ihr in der Revisionsbegründung gegenübergestellte Geldverkehrsrechnung sind Schätzungsmethoden, die --richtig angewendet-- so zuverlässig sind, daß sie das Buchführungsergebnis widerlegen und in Höhe der errechneten Fehlbeträge nicht verbuchte Betriebseinnahmen bzw. einen Saldo nicht verbuchter Betriebseinnahmen/-ausgaben nachweisen können (zur Vermögenszuwachsrechnung BFH-Urteile in BFHE 86, 736, BStBl III 1966, 650; vom 20.Oktober 1966 IV 142, 311/63, BFHE 87, 504, BStBl III 1967, 201; vom 13.November 1969 IV R 22/67, BFHE 97, 409, BStBl II 1970, 189; vom 27.Januar 1981 VIII R 71/77, NV; vom 25.Januar 1989 I R 289/83, insoweit NV; zur Geldverkehrsrechnung BFH-Urteile in BFHE 112, 213, BStBl II 1974, 591; vom 2.März 1982 VIII R 225/80, BFHE 136, 28, BStBl II 1984, 504; vom 21.Januar 1986 VIII R 10/84, BFH/NV 1986, 515; vom 24.November 1988 IV R 150/86, BFH/NV 1989, 416; zu beiden Rechnungen BFH-Urteile vom 28.Januar 1982 IV R 165/78, NV; in BFHE 147, 105, BStBl II 1986, 732; vom 1.Juli 1987 I R 284-286/83, BFH/NV 1988, 12; aus dem Schrifttum Mittelbach, a.a.O.; ders. StBp 1984, 1, 5 f.; Assmann, Der Betrieb --DB- 1989, 851; ferner Bundesverfassungsgericht --BVerfG--, Beschluß vom 25.April 1988 1 BvR 7/88, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1989, 443).
Die Betriebsprüferin hat eine Vermögenszuwachsrechnung erstellt, die den gesamten Vermögens- und Einkünftebereich des Klägers erfaßt. Vermögenszuwachs- und Geldverkehrsrechnung sind als Gesamtrechnungen und als Teilrechnungen denkbar. Die Verprobungen beruhen in allen genannten Rechnungen auf dem Grundgedanken, daß innerhalb eines Haushalts (Teilhaushalts) die Verwendung von Mitteln für den Verbrauch oder für Vermögensanlagen durch steuerpflichtige Einkünfte oder andere Vermögenseingänge belegt sein muß.
c) Dem FA kann nicht darin gefolgt werden, daß sich die Anforderungen an eine Vermögenszuwachsrechnung wesentlich von denen der Geldverkehrsrechnung unterscheiden. Beide Rechnungen lassen sich voneinander ableiten und ineinander überführen. Die Vermögenszuwachsrechnung erweitert die Darstellung der Mittelverwendung für Vermögensanlagen zu einer Vermögensrechnung, die bei entsprechender Gestaltung sogar die Vermögensentwicklung in Vermögensteuerwerten angeben kann. Die Geldverkehrsrechnung behandelt demgegenüber die Verwendung von Mitteln für Vermögensanlagen als Verbrauch. Beide Rechnungen kommen in reiner Form kaum vor. Gebräuchlich sind vielmehr abgestufte Formen, bei denen jeweils die eine Rechnung Elemente der anderen enthält (Mathiak, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1975, 30; ders. in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 5 Anm.A 270 ff.).
Wie auch immer die Rechnungen im einzelnen aufgebaut sind, es werden in allen bisher bekannten Gestaltungen die Geldflüsse nachvollzogen. Es wird für einen Haushalt (Teilhaushalt) während eines bestimmten Zeitraums (Vergleichszeitraum) dargestellt, mit welchen Geldmitteln aus steuerpflichtigen Einkünften und anderen Quellen der Verbrauch und die Vermögensanlagen bestritten worden sind. Die Geldflüsse werden in der Geldverkehrsrechnung als solche verfolgt. Aber auch in der Vermögenszuwachsrechnung müssen sie nachweisbar sein; denn ihr liegt ebenfalls der Gedanke einer umfassenden Gegenüberstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben zugrunde (BFHE 87, 504, BStBl III 1967, 201). Soweit sie Werte und Wertbewegungen enthält, die nicht in Geld und Geldflüssen bestehen, findet eine Umrechnung auf Geld statt oder muß eine solche Umrechnung zumindest möglich sein.
Dem nicht veröffentlichten BFH-Urteil vom 28.Januar 1982 IV R 165/78 läßt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Dieses Urteil stellt zwar die Unterschiede im Aufbau von Vermögenszuwachs- und Geldverkehrsrechnung heraus, betont aber auch, daß "sämtliche Ausgaben" in die Vermögenszuwachsrechnung einbezogen werden müssen. Für die Einnahmen kann nichts anderes gelten. Es ist nicht anzunehmen, daß der IV.Senat von seiner früheren Rechtsprechung (BFHE 87, 504, BStBl III 1967, 201), die eine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben vorsah, abrücken wollte.
3. Danach ist --entgegen dem Vorbringen der Revision-- nicht zu beanstanden, daß das FG die Schlüssigkeit der ihm vorgelegten Vermögenszuwachsrechnung daraufhin überprüft hat, ob sie auch als Geldrechnung darstellbar ist. Der vom FG verwandte Begriff der "Einnahmen-Ausgaben-Deckungsrechnung" (s. Littmann, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1967, 450) besagt dasselbe wie "Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben" (BFHE 87, 504, BStBl III 1967, 201) und stimmt mit dem hier verwandten abkürzenden Begriff "Geldrechnung" überein. Die Vermögenszuwachsrechnung der Betriebsprüferin hält einer solchen Schlüssigkeitsprüfung im Ergebnis stand.
a) Die Betriebsprüferin hat eine Gesamtvermögenszuwachsrechnung erstellt. Die Barentnahmen bzw. Bareinlagen wären nur dann als verfügbare Mittel bzw. als Verbrauch anzusetzen gewesen, wenn eine auf den Privatbereich beschränkte Teilrechnung erstellt worden wäre; in diesem Fall erfassen die Barentnahmen bzw. -einlagen die Geldströme von und zum ausgegrenzten Vermögensbereich Betrieb. Ist indessen der Betrieb, wie hier, in die (Gesamt-)Rechnung eingeschlossen, sind die Barentnahmen und -einlagen ohne Bedeutung.
Ein naheliegendes weiteres Bedenken könnte in diesem Zusammenhang daraus hergeleitet werden, daß als Betriebsvermögen die gemäß §§ 5 ff. EStG ermittelten Kapitalkonten (in Sollrechnung) angesetzt worden sind. Die Umstellung auf Geldrechnung ergibt sich dadurch, daß die Sachentnahmen bzw. Sacheinlagen gegengerechnet werden und der Gewinn in Sollrechnung als "verfügbare Mittel" behandelt wird. § 4 Abs.1 Satz 1 EStG läßt sich auch in die Gleichung fassen: Gewinn abzüglich Kapitalkontenveränderung abzüglich Sachentnahmen zuzüglich Sacheinlagen = Barentnahmen abzüglich Bareinlagen. Die in der ersten Hälfte der Gleichung benannten vier Positionen erscheinen in der Rechnung der Betriebsprüferin: Gewinn (V), Kapitalkontenveränderung (I 1), Sachentnahmen als Privatanteile Kfz (III 5); Sacheinlagen scheinen nicht vorgekommen zu sein. Diese vier Positionen sind nach der Gleichung mit dem Saldo der Barentnahmen/-einlagen identisch und lassen sich sonach als die Barmittel verstehen, die aus dem Betrieb in die Lebenshaltung geflossen sind. Es besteht Übereinstimmung mit einer auf den Privatbereich beschränkten Teilvermögenszuwachsrechnung, in der einerseits die o.a. vier Positionen entfallen und andererseits die Barentnahmen als zusätzliche verfügbare Mittel und die Bareinlagen als zusätzliche Aufwendungen für die Vermögensanlage erfaßt werden.
b) Die Ansätze des Grundbesitzes mit Einheitswerten (I 3) verstoßen deshalb nicht gegen die Grundsätze der Geldrechnung, weil sie während des gesamten Vergleichszeitraums mit denselben Zahlen erscheinen und in die für die Ermittlung eines Fehlbetrages maßgebliche Spalte Vermögensmehrung bzw. -minderung (II) mit jeweils null DM eingehen. Die Ansätze der Einheitswerte sind sonach ein bloßer Merkposten. Soweit im Streitjahr 1978 noch Baukosten für das Zweifamilienhaus angefallen sind, hat die Betriebsprüferin diese zulässigerweise als Aufwand behandelt (III 4). Daß sie damit ein Element der Geldverkehrsrechnung in ihre Vermögenszuwachsrechnung einbrachte, ist unschädlich, da nach den Ausführungen zu 2. die Elemente beider Rechnungen ausgetauscht werden können.
c) Auch die Ansätze Mietwert der eigenen Wohnung (III 3) und AfA auf Gebäude (IV 1) widerstreiten nicht der Geldrechnung. Sie stehen im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, die in der Position V erfaßt sind. Diese Einkünfte wurden in der Weise ermittelt, daß der Mietwert Einnahme und die AfA Werbungskosten sind. Die Positionen III 3 und IV 1 eliminieren die nicht in Geld bestehenden Einkünfteteile.
d) Die sonstigen Beanstandungen des FG berühren nicht die Systematik der Vermögenszuwachsrechnung. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die Vermögenszuwachsrechnung auf ihre tatsächliche Richtigkeit überprüfen (vgl. zu 5.).
4. Der Senat weist auf folgendes hin: Obwohl die hier zu beurteilende Vermögenszuwachsrechnung systematisch nicht zu beanstanden ist, ist sie schwer durchschaubar. Steuerpflichtige und Berater könnten überfordert sein, eine solche Rechnung zu verstehen. Die Finanzverwaltung wird sich, will sie ihrer Begründungspflicht für Schätzungsbescheide gemäß § 121 Abs.1 AO 1977 genügen, bemühen müssen, Vermögenszuwachsrechnungen so zu gestalten, daß der Grundgedanke dieser Schätzungsmethode erkennbar bleibt. Dazu gehört die Entwicklung geeigneter Vordrucke durch die vorgesetzten Behörden.
Dem Schätzungsverfahren der Gesamtvermögenszuwachsrechnung ist allerdings eine gewisse Kompliziertheit eigen. So erscheint es bei Gewinnermittlung nach § 5 oder § 4 Abs.1 EStG sachgerecht, die Kapitalkonten einander gegenüberzustellen, die ausgewiesenen Gewinne als verfügbare Mittel anzusetzen und die Verbindung zur Geldrechnung über eine Berichtigung um die Sachentnahmen/-einlagen zu erreichen (zu 3. a). Jedoch könnte überlegt werden, ob die Berichtigung um die Sachentnahmen/-einlagen nicht der besseren Übersicht wegen bei den Gewinnen stattfinden sollte. Überhaupt stellt sich für den Regelfall die Frage, ob eine auf den Privatbereich beschränkte Teilvermögensrechnung leichter zu verstehen ist und dennoch zu demselben Schätzungsziel führt.
Es würde überdies das Verständnis fördern, wenn die Zurechnungen (hier III) auf Geldaufwendungen --insbesondere für Verbrauchszwecke-- beschränkt und um die aufgewandten Lebenshaltungskosten (VI) ergänzt würden. Es ist mißverständlich, daß in dem Vordruck der OFD, den die Betriebsprüferin benutzte, die Positionen Mietwerte und Mietzahlungen in einer Spalte erscheinen. Die Mietzahlungen sind Verbrauchsaufwendungen, der Mietwert ist hingegen ein Berichtigungsposten zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (zu 3.b).
Verwirrend ist auch, daß der Grundbesitz mit den Einheitswerten erscheint, obwohl das Gesamtvermögen (I 7) ersichtlich nicht den Vermögensteuerwert angibt (so hinsichtlich des Betriebsvermögens). Es wäre zu überlegen, ob die Gebäude des Privatvermögens statt dessen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich AfA angesetzt werden; damit könnten der Aufwandsposten außerbetriebliche Baukosten (III 4) und der Abrechnungsposten AfA (IV 1) entfallen.
5. Das FG wird im zweiten Rechtsgang noch folgendes zu beachten haben: Falls es die Positionen Postanleihe (I 4) und Schulden an Bausparkasse (I 6) nicht nachvollziehen kann, wird es das FA zur Erläuterung auffordern. Begründet ist die Verfahrensrüge des FA, daß das FG die von den Beteiligten übereinstimmend angenommenen Personensteuerzahlungen (III 1) ohne Rückfrage für unzutreffend gehalten hat. Den Einkommensteuerakten lassen sich allenfalls die Zahlungsverpflichtungen, nicht aber die tatsächlichen Zahlungen entnehmen. Vor allem wird das FG der bisher nicht geprüften Behauptung der Kläger nachgehen, daß der Bargeldbestand zu Beginn des Vergleichszeitraums nicht 32 000 DM (I 5), sondern 62 000 DM betrug. Sollte sich diese Behauptung bestätigen, würde sich der Fehlbetrag verringern. In diesem Zusammenhang wird das FG berücksichtigen, daß ursprünglich auch die Jahre 1976 und 1977 streitbefangen waren und der Hauptsacheerledigung dieser Jahre eine bestimmte Vorstellung der Beteiligten vom Bargeldbestand 31.Dezember 1977 zugrunde gelegen haben könnte. Es wird auch zu würdigen haben, daß in der Vermögensteuererklärung zum 1.Januar 1977 lediglich ein Barbestand von 10 000 DM ausgewiesen war. Nicht erkennbar ist, ob das Ergebnis des 1978 noch betriebenen Reisebüros in der Vermögenszuwachsrechnung enthalten ist. Auch läßt sich nicht erkennen, aus welchen Gründen ein negatives Bankkonto zusätzlich als Betriebsvermögen berücksichtigt wurde (I 2).
Fundstellen
Haufe-Index 62944 |
BFH/NV 1990, 17 |
BStBl II 1990, 268 |
BFHE 159, 20 |
BFHE 1990, 20 |
BB 1990, 459 |
BB 1990, 459-461 (LT) |
DB 1990, 720 (L) |
HFR 1990, 229 (LT) |
StE 1990, 89 (K) |