Leitsatz (amtlich)
Die Grundsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 GrStG steht dem Grundstückseigentümer nur dann zu, wenn die Krankenanstalt oder Bewahrungsanstalt von ihm selbst betrieben wird, nicht aber, wenn sie sein Ehegatte betreibt.
Normenkette
GrStG § 4 Nr. 8; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 24 Nr. 1; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 75 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, das ihm durch den unanfechtbar gewordenen Einheitswertbescheid vom 18. März 1965 zum 1. Januar 1962 zugerechnet und für das durch denselben Bescheid der Grundsteuermeßbetrag ab dem 1. Januar 1962 festgesetzt wurde. Auf diesem Grundstück betreibt die Ehefrau des Klägers eine konzessionierte Privatkrankenanstalt. Die Ehefrau des Klägers hat das Grundstück zu diesem Zweck von dem Kläger gepachtet. Im Pachtvertrag hat sie sich verpflichtet, die Grundsteuerzahlungen zu leisten. Mit Schreiben vom 15. März 1963 beantragte der Kläger, ihm für das Grundstück Grundsteuerfreiheit zu gewähren. Diesen Antrag lehnte das FA durch Verfügung vom 9. Mai 1966 mit der Begründung ab, daß weder nach § 4 Nr. 3b GrStG noch nach § 4 Nr. 8 GrStG Grundsteuerbefreiung gewährt werden könne, weil das Grundstück nicht vom Eigentümer selbst zu dem steuerbegünstigten Zweck benutzt werde. Das FA blieb auch auf die Vorstellungen des Klägers hin bei seiner Auffassung und lehnte die beantragte Grundsteuerbefreiung erneut durch Verfügung vom 27. Juli 1966 ab. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Auch die Klage blieb erfolglos. Das FG führte im wesentlichen aus: Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 GrStG könne dem Kläger nicht gewährt werden, weil er als Grundstückseigentümer nicht selbst die Krankenanstalt betreibe. Das Gericht könne sich auch der Auffassung des Klägers nicht anschließen, daß die Grundsteuerfreiheit entsprechend dem Gedanken des § 24 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes in der vor dem Bewertungsgesetz 1965 geltenden Fassung (im folgenden: BewG) auch dann zu gewähren sei, wenn die Krankenanstalt von dem Ehegatten des Grundstückseigentümers betrieben werde. Würden die Vermögenswerte beider Ehegatten im Rahmen des § 4 Nr. 8 GrStG zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt, so würde der Grundstückseigentümer dadurch unmittelbar steuerlich begünstigt. Damit würde aber ein Ergebnis erzielt, das mit dem Sinn und Zweck des § 24 Nr. 1 BewG nicht übereinstimmen könne. Denn dessen Zweck sei eine Vereinfachung, die - abgesehen von unwesentlichen Ausnahmen - weder zu Vor- noch zu Nachteilen für den Steuerpflichtigen führe. Im übrigen sei auch kein Grund ersichtlich, daß der Gesetzgeber Ehegatten bei der Befreiung von Grundsteuer bei Krankenanstalten besonders habe begünstigen wollen.
Mit der Revision wird beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung Grundsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 GrStG auszusprechen. Die Revision wird damit begründet, daß das FG den besonderen Klagegrund der vertraglichen Regelung zur Übernahme der Grundsteuer durch die Konzessionsinhaberin nicht erwähnt und nicht gewürdigt habe. Die bisher veröffentlichten Entscheidungen des BFH träfen auf den besonderen Tatbestand des vorliegenden Entscheidungsfalles nicht zu.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Grundsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 GrStG privaten Personen nur dann gewährt werden kann, wenn sie den ihnen gehörenden Grundbesitz selbst für die Zwecke einer konzessionierten Krankenanstalt benutzen. Dem FG ist auch darin zuzustimmen, daß sich hieran nichts ändert, wenn Grundstückseigentümer und konzessionierter Inhaber der Privatkrankenanstalt Eheleute sind. Es ist zwar richtig, daß in diesen Fällen das Grundstück nach § 24 Nr. 1 BewG, wenn das Vermögen der Eheleute nach § 75 Abs. 1 BewG zusammenzurechnen ist, als Betriebsgrundstück zur wirtschaftlichen Einheit der Privatkrankenanstalt gehört. Diese Vorschrift hat jedoch auf die Grundsteuerbefreiung keinen Einfluß. Auch der in ihr zum Ausdruck kommende Gedanke läßt sich, wie das FG richtig erkannt hat, auf diese Frage nicht anwenden. Die Vorschrift könnte für die Grundsteuerbefreiung nur dann von Bedeutung sein, wenn etwa der Inhaber der Krankenanstalt als wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks angesehen werden könnte und ihm deshalb der Einheitswert nach § 11 Nr. 4 des Steueranpassungsgesetzes zuzurechnen wäre. Die Frage der steuerlichen Zurechnung muß jedoch im Einheitswertverfahren für das Grundstück und nicht im Einheitswertverfahren für das Betriebsvermögen entschieden werden (vgl. § 7 Abs. 3 GrStG, § 216 Abs. 1 Nr. 2 AO). Das Grundstück wurde im Einheitswertbescheid allein dem Kläger zugerechnet. Einwendungen dagegen hätten im Rechtsmittelverfahren gegen diesen Einheitswertbescheid erhoben werden müssen. Im vorliegenden Verfahren, das die Grundsteuerveranlagung ab dem 1. Januar 1962 betrifft, sind sie nach § 232 Abs. 2 AO unzulässig.
Der Senat hat bereits in dem nicht veröffentlichten Urteil III 6/62 vom 31. Juli 1964, durch das er das Urteil des FG Stuttgart III 378/61 vom 3. Oktober 1961 (EFG 1962, 120) bestätigt hat, entschieden, daß diese Sachbehandlung auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland verstößt. Die Steuerbefreiung sei dem Kläger nicht deshalb versagt worden, weil er verheiratet ist, sondern weil er in seiner Person nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfülle. Sie wäre ihm bei gleichem Tatbestand auch dann versagt worden, wenn er nicht verheiratet gewesen wäre, sondern das Grundstück an einen Dritten zum Betrieb einer Krankenanstalt verpachtet hätte, ohne sich dabei selbst als Unternehmer zu betätigen.
Schließlich kann der Kläger auch nicht mit seinem Einwand durchdringen, daß der Streitfall deswegen anders zu beurteilen sei, weil die Ehefrau des Klägers im Pachtvertrag die Zahlung der Grundsteuer übernommen habe. Diese im Innenverhältnis zwischen den Eheleuten wirkende Vereinbarung berührt nicht das öffentlich-rechtliche Schuldverhältnis bezüglich der Grundsteuer und hat deshalb keinen Einfluß auf die Gewährung der Grundsteuerbefreiung.
Fundstellen
Haufe-Index 69286 |
BStBl II 1971, 63 |
BFHE 1971, 415 |