Entscheidungsstichwort (Thema)
GmbH & Still: Abgrenzung von typisch und atypisch stiller Gesellschaft
Leitsatz (NV)
- Zu den Voraussetzungen der Mitunternehmerstellung eines stillen Gesellschafters.
- Das volle Mitunternehmerrisiko wird einem stillen Gesellschafter in der Regel nur dann vermittelt, wenn er im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft entsprechend seinem Gewinnanteil Anspruch auf den Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens ‐ einschließlich des Zuwachses an dem nach marktüblichen Methoden berechneten Geschäftswert ‐ hat. Eine lediglich vorübergehende Teilhabe am Geschäftswert (hier: zur Sicherung des stillen Gesellschafters) genügt hierfür nicht.
Normenkette
EStG § 15
Verfahrensgang
FG Münster (EFG 2002, 17) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1, die Y-GmbH ―im Folgenden: Klägerin oder GmbH― (Stammkapital: 100 000 DM), vertreibt Kunstwerke. Der Kläger und Revisionskläger zu 2 ―im Folgenden: Kläger oder X― ist Maler. Am 3. Juni 1996 veräußerte die bisherige Alleingesellschafterin ihre Geschäftsanteile an der Klägerin u.a. an A (60 000 DM) sowie an B (30 000 DM). A ist Geschäftsführer im Einzelunternehmen ("Kunstbetrieb") von X; Herr B ist der steuerliche Berater des Klägers und dessen Prozessbevollmächtigter.
Aufgrund des Vertrags vom 24. Januar 1997 (im Folgenden: Gesellschaftsvertrag oder GV) hatte der Kläger in das Vermögen der Klägerin eine Einlage von … DM als stiller Gesellschafter zu leisten. Nach § 2 GV war der Kläger zwar weder geschäftsführungs- noch vertretungsbefugt. Der Jahresabschluss der Klägerin bedurfte jedoch seiner Genehmigung; zudem wurden ihm ―abweichend von § 233 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB)― die Kontroll- und Einsichtsrechte gemäß § 716 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie das Recht eingeräumt, über alle Angelegenheiten der Gesellschaft mündlich oder schriftlich Auskunft zu verlangen (§ 4 GV). Sein Anteil am Gewinn und Verlust der Klägerin betrug 25 v.H.; in gleicher Höhe war er schuldrechtlich am Vermögen der Klägerin beteiligt (§ 3 GV). Bei Auflösung der stillen Gesellschaft war unter Ansatz der stillen Reserven eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen, ein Geschäftswert hierbei jedoch nicht zu berücksichtigen (§ 7 GV).
Da die Klägerin erhebliche Verluste erlitten hatte und zur Fortführung ihres Betriebs finanzielle Hilfe benötigte, traf sie ―im Zusammenhang mit der Bestellung eines neuen Geschäftsführers (Herr C)― am 26. März 1997 mit dem Kläger eine Sanierungsvereinbarung, nach der X seine (stille) Einlage bis Ende August 1997 vollständig einzuzahlen hatte. Zugleich wurden X nach Abschn. 3 der Vereinbarung mit Wirkung ab 1. April 1997 folgende weitere Rechte gewährt:
"a) Herr (X) ist monatlich über den Stand der Sanierungsmaßnahmen durch Vorlage der betriebswirtschaftlichen Auswertungen und Auflistung der Forderungen und Verbindlichkeiten … zu unterrichten.
b) Der Gesellschafter (X) erhält das Recht, bei unternehmerischen Entscheidungen, die die inhaltliche Ausrichtung der Gesellschaft betreffen, im Einzelnen im Zusammenhang mit der Geschäftsführung mitzuwirken.
c) Den Gesellschaftern ist bekannt, dass das umfängliche Warenlager … z.Z. der Kreditsicherung gegenüber der M-Bank durch Sicherungsübereignungsvertrag abgetreten wurde. Die Geschäftsführung (GmbH) verpflichtet sich, mit der Bank dahingehend zu verhandeln, dass der Sicherungsübereignungsvertrag … aufgehoben werden kann, um sodann eine zusätzliche Besicherung für den stillen Gesellschafter … aus diesem Warenlager darzustellen.
d) Bis zur Entscheidung über die mögliche Aufhebung des Sicherungsübereignungsvertrages mit der (M-Bank) über das Warenlager wird zwischen der Gesellschaft und dem atypisch stillen Gesellschafter vereinbart, dass dieser im Falle des Ausscheidens aus der Gesellschaft in vollem Umfang an sämtlichen stillen Reserven einschließl. Firmenwert der Gesellschaft partizipiert.
Die Vertragsparteien sind sich z.Z. darüber einig, dass stille Reserven nicht vorhanden sind.
Sollte aber z.B. durch eine Veräußerung des Warenlagers, des Kundenstammes sowie der sonstigen Rechte aus den Bilddarstellungen sich ein Firmenwert ermitteln, steht dieser in vollem Umfang dem Gesellschafter (X) zu.
e) Im Gegenzug ist der Gesellschafter (X) bereit, einen Anteil am Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag zu § 3 des Vertrages (GV) die Gewinn- bzw. Verlustbeteiligung von bisher 25 v.H. auf 20 v.H. zu reduzieren."
Dem Antrag, für 1997 (Streitjahr) einen Verlust der stillen Gesellschaft in Höhe von … DM festzustellen und diesen der Klägerin (… DM) sowie im Übrigen (… DM) dem Kläger, dessen Anteil zwischenzeitlich auf 60 v.H. erhöht worden war, zuzurechnen, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) mit negativem Feststellungsbescheid vom 30. Juli 1998 ab. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg.
Im erstinstanzlichen Verfahren haben die Kläger u.a. vorgetragen, X habe die Klägerin mit umfangreichen Finanzmitteln ausgestattet. Neben der Einlage habe er sich ―ebenso wie die Gesellschafter der Klägerin― für das im Zuge der Vereinbarung der stillen Gesellschaft bei der M-Bank aufgenommene und durch den Warenbestand gesicherte Darlehen (… DM) selbstschuldnerisch verbürgt. Erst aufgrund der Umfinanzierung im Jahre 1999 sei das Warenlager frei geworden und habe X als Sicherungseigentum übertragen werden können. Zudem sei er aufgrund der Sanierungsvereinbarung auch an den stillen Reserven der Klägerin einschließlich deren Geschäftswert beteiligt gewesen. Im Übrigen hätten ihm besondere Initiativrechte zugestanden. X habe sich nicht nur Kontrollrechte einräumen lassen, die wesentlich über diejenigen eines Kommanditisten hinausgingen. Hinzu komme, dass die "gesamten Tätigkeiten" der Geschäftsführer "in Absprache mit Herrn A. durchgeführt" worden seien. Da A sowohl als Geschäftsführer im Einzelunternehmen des Klägers angestellt als auch Vertreter der D-GmbH ―einer (weiteren) Gesellschaft zum Vertrieb der Produkte des Klägers― gewesen sei, habe X im Zusammenwirken mit A die "wesentlichen Geschicke" der Klägerin bestimmt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass A, der zwischenzeitlich zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin berufen worden sei, die Hälfte seines Geschäftsanteils (1/2 aus 60 000 DM) aufgrund der Abrede vom 10. Juli 1996 treuhänderisch für den Kläger gehalten habe.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Mangels Beteiligung am Firmenwert könne der Kläger nicht als Mitunternehmer angesehen werden. Hieran ändere auch die Sanierungsvereinbarung nichts, da es sich hierbei lediglich um eine ―bis zur Freigabe des Warenbestands durch die M-Bank― zeitlich begrenzte Sicherungsabrede gehandelt habe. Die faktische Möglichkeit, über seinen Angestellten (A) die Geschäftsführung der Klägerin zu bestimmen, könne mit der rechtlich abgesicherten Stellung eines Geschäftsführers nicht gleichgesetzt werden. Gleiches gelte für die Mitwirkungsrechte gemäß Abschn. 3 der Sanierungsvereinbarung. Im Übrigen spreche gegen eine besonders stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative, dass die Klägerin nicht nur Werke von X, sondern auch von anderen Künstlern abgesetzt habe (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2002, 17).
Mit der vom FG zugelassenen Revision beantragen die Kläger sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz sowie den negativen Feststellungsbescheid vom 30. Juli 1998 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 1999 aufzuheben und das FA zu verpflichten, einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM festzustellen sowie diesen der Klägerin in Höhe von … DM sowie dem Kläger in Höhe von … DM zuzurechnen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, an die der erkennende Senat gebunden ist, ist das stille Gesellschaftsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Kläger nicht geeignet, diesen als Mitunternehmer zu qualifizieren.
1. Ein stiller Gesellschafter ist nur dann Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―), wenn er Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Beide Merkmale (Mitunternehmerrisiko und -initiative) müssen vorliegen; jedoch kann die geringere Ausprägung eines Merkmals im Rahmen der gebotenen Gesamtbeurteilung der Umstände des Einzelfalls durch eine stärkere Ausprägung des anderen Merkmals ausgeglichen werden (vgl. allgemein Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311). Dies gilt sowohl für das mit einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft begründete stille Gesellschaftsverhältnis als auch für die stille Beteiligung am Unternehmen einer GmbH (sog. GmbH & Still; BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 IV R 18/98, BFHE 187, 250, BStBl II 1999, 286, m.w.N.).
2. Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Seine Ansicht, der Kläger habe nicht die Stellung eines Mitunternehmers erlangt, weil sein Mitunternehmerrisiko nicht die erforderliche Teilhabe am Geschäftswert der Klägerin umfasse, ohne dass dies nach den Verhältnissen des Streitjahres durch eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative kompensiert worden wäre, ist auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Kläger nach dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrags vom 24. Januar 1997 vom Vorliegen einer atypischen stillen Gesellschaft ausgegangen sind, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur Unmaßgeblichkeit der rechtlichen Eigenqualifikation vgl. allgemein BFH-Urteil vom 21. Oktober 1992 X R 99/88, BFHE 170, 41, BStBl II 1993, 289, 291, m.w.N.; zur Abgrenzung von typisch und atypischer stiller Gesellschaft BFH-Entscheidungen vom 5. Juli 1978 I R 22/75, BFHE 125, 545, BStBl II 1978, 644, 646 f.; vom 22. Januar 1981 IV B 41/80, BFHE 132, 542, BStBl II 1981, 424, 426; vom 28. Januar 1982 IV R 197/79, BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389; in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, 315).
a) Das volle Mitunternehmerrisiko eines stillen Gesellschafters ist im Regelfall dadurch gekennzeichnet, dass das Unternehmen im Innenverhältnis (d.h. mit schuldrechtlicher Wirkung) auf gemeinsame Rechnung und Gefahr des Geschäftsinhabers sowie des stillen Gesellschafters geführt wird. Der Stille muss daher nicht nur am laufenden Unternehmenserfolg beteiligt sein; darüber hinaus müssen die Regelungen des Gesellschaftsvertrags die Gewähr dafür bieten, dass er (grundsätzlich) im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend seinem Gewinnanteil Anspruch auf den Zuwachs der stillen Reserven des Betriebsvermögens einschließlich des Zuwachses an dem ―nach den üblichen Methoden des Geschäftsverkehrs ermittelten― Firmenwert hat (BFH-Urteile vom 25. Juni 1981 IV R 61/78, BFHE 134, 261, BStBl II 1982, 59; vom 27. Mai 1993 IV R 1/92, BFHE 171, 510, BStBl II 1994, 700). Dieses Erfordernis entspricht zum einen der nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gebotenen Angleichung an die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten, der nach den handelsrechtlichen Bestimmungen (§§ 738 ff. BGB; §§ 155, 161 Abs. 2, 105 HGB i.V.m. § 138 HGB a.F. sowie § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 HGB n.F.) bei Ausscheiden und Beendigung der Gesellschaft (KG) an den stillen Reserven unter Einschluss des Geschäftswerts beteiligt ist (dazu BFH-Urteil in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311). Es erlangt darüber hinaus aber auch für die Abgrenzung von typischer und atypischer (d.h. mitunternehmerischer Beteiligung) stiller Gesellschaft deshalb besondere Bedeutung, weil zum einen die Mitunternehmerinitiative des Stillen in beiden Fällen nach den §§ 230 ff. HGB im Wesentlichen auf Kontrollrechte beschränkt ist (BFH-Urteil in BFHE 134, 261, BStBl II 1982, 59; vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 25. September 1963 V ZR 133/61, Betriebs-Berater ―BB― 1963, 1277) sowie zum anderen auch das Vorliegen eines typisch stillen Gesellschaftsverhältnisses zwingend an die Teilhabe am Gewinn gebunden ist (§ 231 Abs. 2, Halbsatz 2 HGB) und auch für den typisch stillen Gesellschafter die Teilhabe am Verlust des Unternehmens vereinbart werden kann (§ 231 Abs. 1 HGB; § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG; BFH-Urteil vom 18. Februar 1993 IV R 132/91, BFH/NV 1993, 647).
aa) Dem FG ist darin zu folgen, dass der Kläger nicht in dem darlegten (vollen) Umfang am Erfolg des Unternehmens der T-GmbH beteiligt war. Nach § 7 GV war bei Auflösung der Gesellschaft und damit auch bei ordentlicher Kündigung durch den Kläger oder die GmbH (vgl. hierzu sowie zur Abgrenzung von u.U. unschädlichen Abfindungsklauseln bei vorzeitiger Kündigung BFH-Urteile in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311; vom 6. Juli 1995 IV R 79/94, BFHE 178, 180, BStBl II 1996, 269, betreffend Unterbeteiligung) ein Geschäftswert nicht anzusetzen. Dies steht der Annahme des vollen Mitunternehmerrisikos ungeachtet dessen entgegen, dass die stillen Reserven des übrigen Anlagevermögens sowie des Umlaufvermögens das Auseinandersetzungsguthaben des Klägers erhöhten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 134, 261, BStBl II 1982, 59; in BFH/NV 1993, 647) und möglicherweise bei Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags (24. Januar 1997) ein Geschäftswert nicht vorhanden war (BFH-Urteil vom 13. Juni 1989 VIII R 47/85, BFHE 157, 192, BStBl II 1989, 720). Die Vorinstanz hat zu Letzterem ―für das Revisionsverfahren bindend― festgestellt, dass (auch) im Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierungsvereinbarung (26. März 1997) die wirtschaftliche Gesundung der Klägerin zu erwarten gewesen sei und der Wert des Unternehmens dann im Wesentlichen durch die den Firmenwert kennzeichnenden Faktoren (Kundenstamm, Marktkenntnisse der Mitarbeiter, Vertriebsnetz) bestimmt würden. Dies rechtfertigt jedenfalls die ―im Übrigen auch im Revisionsverfahren nicht bestrittene― Annahme, dass der Aufbau eines ―in den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen der Vertragsparteien bedachten― Firmenwerts nicht realitätsfern, d.h. nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen war. Er kann deshalb bei der Würdigung des mitunternehmerischen Risikos des Klägers auch nicht außer Betracht bleiben (BFH-Entscheidungen in BFHE 132, 542, BStBl II 1981, 424; in BFH/NV 1993, 647).
bb) Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger aufgrund der Sanierungsvereinbarung vom 26. März 1997 bis zur Entscheidung über die Aufhebung der Sicherungsübereignung des Warenlagers in vollem Umfang an sämtlichen stillen Reserven der Klägerin einschließlich des Firmenwerts (z.B. bei Veräußerung des Kundenstammes) partizipierte. Dabei hat der Senat nicht darauf einzugehen, ob ―wie von der Vorinstanz angenommen― die Abrede unter der aufschiebenden Bedingung der Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses stand, oder ob die Vereinbarung ―was angesichts ihres Wortlauts sowie des erkennbaren Zusammenhangs zur (vorübergehenden) Minderung der Beteiligung des Klägers am laufenden Ergebnis der GmbH nahe liegend erscheint― nicht vielmehr auch die Teilübertragung immaterieller Rechte der Klägerin bei Fortbestand des stillen Gesellschaftsvertrags umfasste und damit die Bestimmung eines Endtermins (Befristung) vorsah bzw. unter auflösender Bedingung vorgenommen wurde (zur Abgrenzung vgl. H.P. Westermann in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2001, § 163 Rz. 2). Auch in letzterem Falle hätte die Regelung dem Kläger jedenfalls keine Gewähr für eine dauerhafte gesicherte Teilhabe am Firmenwert vermittelt, sondern lediglich für einen (mutmaßlich) begrenzten Zeitraum die Beteiligung an Gewinn und Verlust der GmbH geändert sowie der Besicherung des hierdurch beeinflussten Anspruchs auf Auszahlung des Endguthabens gedient (§ 235 HGB; zur Sicherungsübereignung vgl. Zutt in Staub, Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 4. Aufl., § 236 Rdnr. 8; Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 30. Aufl., § 236 Rz. 1). Diese (temporäre) Rechtsstellung ist jedenfalls dann, wenn ―wovon der Senat nach den Feststellungen der Vorinstanz auszugehen hat (s. vorstehend zu Abschn. aa)― die Gesellschafter die Gesundung der GmbH und ―was im Jahre 1999 geschehen ist― somit auch die Freigabe des Warenlagers durch die kreditgewährende Bank erwarten konnten, nicht geeignet, das erforderliche Mitunternehmerrisiko, d.h. die Teilhabe am Geschäftswert bei längerer Dauer der (stillen) Gesellschaft und zunehmenden Geschäftsgewinnen, zu begründen (dazu BFH-Urteil in BFHE 134, 261, BStBl II 1982, 59).
cc) Soweit die Kläger geltend machen, auf die Teilhabe am Geschäftswert könne im Streitfall angesichts der Höhe der Kapitaleinlage und Ergebnisbeteiligung des X verzichtet werden, kann dem nicht gefolgt werden. Der Einwand verkennt, dass die Höhe der Einlage des nicht am Geschäftswert beteiligten Stillen nach ständiger Rechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389; vom 13. Mai 1998 VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355) regelmäßig ―d.h. im Rahmen der gebotenen Gesamtbildbetrachtung― nur dann geeignet ist, diesen als Mitunternehmer anzuerkennen, wenn ihm darüber hinaus typische Unternehmensentscheidungen auch der laufenden Geschäftsführung übertragen werden (vgl. dazu nachfolgend Abschn. 2.b der Gründe). Gleiches gilt, wovon nach den tatsächlichen und mit der Revision nicht angegriffenen Feststellungen auch im Streitfall auszugehen ist, für eine der Einlage entsprechende ―angemessene― Erfolgsbeteiligung des stillen Gesellschafters (BFH-Urteile in BFH/NV 1993, 647; in BFHE 187, 250, BStBl II 1999, 286).
dd) Die Teilhabe am Geschäftswert ist ferner nicht deshalb verzichtbar, weil nach dem BFH-Urteil vom 19. Februar 1981 IV R 152/76 (BFHE 133, 180, BStBl II 1981, 602, betreffend Verwertung von Filmlizenzen) der stille Gesellschafter ―auch ohne in den Bereich der Geschäftsführung hineinreichende Mitwirkungsbefugnisse― allein aufgrund des Umstandes, dass er die Kosten des Unternehmens zur Hälfte zu tragen hat, als Mitunternehmer zu qualifizieren ist. Diese Aussage ist auf den Sachverhalt einer der Höhe nach unbegrenzten Beteiligung am Verlust beschränkt. Sie erfasst somit insbesondere nicht einen stillen Gesellschafter, der für die Verluste des Unternehmens nur mit dem Betrag seiner Einlage einzustehen hat (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 647). Demgemäß kann regelmäßig auch die in ihrer Höhe begrenzte Bürgenhaftung des Stillen für sich betrachtet ―d.h. ohne Rücksicht auf die Ausprägung seiner Initiativrechte― nicht dessen Stellung als Mitunternehmer begründen (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 1981 IV R 167/80, BFHE 133, 54, BStBl II 1981, 527, betreffend eigenkapitalersetzende Darlehen; vom 28. Mai 1997 VIII R 25/96, BFHE 183, 407, BStBl II 1997, 724, betreffend eigenkapitalersetzende typisch stille Beteiligung in Verbindung mit selbstschuldnerischer Bürgschaft; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 15 Rz. 356). Hieran ist für den Streitfall bereits deshalb festzuhalten, weil der vom Kläger verbürgte Kredit zunächst zusätzlich durch die Übereignung des Warenlagers gesichert war, das wiederum nach Freigabe durch den Darlehensgeber (im Jahre 1999) für eine unmittelbare Besicherung der Ansprüche des stillen Gesellschafters zur Verfügung stand. Demgemäß kann im anhängigen Verfahren auch offen bleiben, ob es mit Rücksicht darauf, dass nicht nur X, sondern auch die weiteren Gesellschafter der GmbH ―die mit dieser nicht durch ein Innengesellschaftsverhältnis verbunden waren― für das Bankdarlehen als Bürgen einzustehen hatten, geboten sein könnte, bei der Qualifikation des Klägers als typischer oder atypischer stiller Gesellschafter dessen Bürgschaftsverpflichtung außer Betracht zu lassen (zur Bürgenhaftung als Beitragsleistung des Stillen vgl. Karsten Schmidt in Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2002, § 230 Rz. 144 a.E.; zur Abgrenzung der Rechtssphären betreffend Mitunternehmerrisiko vgl. BFH-Urteile vom 9. Dezember 1976 IV R 47/72, BFHE 120, 534, BStBl II 1977, 155; in BFHE 133, 54, BStBl II 1981, 527; einschränkend bezüglich Feststellungslast BFH-Urteil vom 10. Februar 1978 III R 115/76, BFHE 124, 374, BStBl II 1978, 256; zur Vermögenseinlage des Stillen BFH-Urteil vom 25. Mai 1988 I R 92/84, BFH/NV 1989, 258; zur Mitunternehmerinitiative vgl. demgegenüber BFH-Urteil vom 31. August 1999 VIII R 21/98, BFH/NV 2000, 555, m.w.N.).
ee) Schließlich ist auch kein Rechtsfehler darin zu sehen, dass die Vorinstanz keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob der Kläger aufgrund seiner durch den Treuhandvertrag vom 10. Juli 1996 mit A begründeten (Unter-)Beteiligung (zur Abgrenzung von Treuhand und Unterbeteiligung vgl. BGH-Urteil vom 13. Juni 1994 II ZR 259/92, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1994, 2886; BFH-Urteil vom 29. Oktober 1991 VIII R 51/84, BFHE 166, 431, BStBl II 1992, 512, 516 f.; Schaub, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1995, 1634, 1635, jeweils m.w.N.) am Geschäftswert der Klägerin teil hatte. Da diese Stärkung der vermögensrechtlichen Stellung des Klägers nicht auf dem stillen Gesellschaftsverhältnis mit der GmbH, sondern auf einem zivilrechtlich eigenständigen Beteiligungsrecht des Klägers am Geschäftsanteil des A beruhte, sind die Rechtsverhältnisse auch bei der steuerrechtlichen Beurteilung der Stellung des X zu trennen. Insbesondere ist es ausgeschlossen, beide Rechtspositionen im Wege des Durchgriffs durch die GmbH miteinander zu vermischen (BFH-Entscheidungen vom 21. Juni 1983 VIII R 237/80, BFHE 138, 458, BStBl II 1983, 563; vom 20. Januar 1984 IV B 41/83, juris; vom 8. Juli 1992 XI R 61, 62/89, BFH/NV 1993, 14; vom 28. Oktober 1999 VIII R 66-70/97, BFHE 190, 204, BStBl II 2000, 183, m.w.N.; zur Mitunternehmerinitiative s. nachfolgend Abschn. II.2.b der Gründe).
b) Bleibt mithin das Mitunternehmerrisiko des Klägers ―mangels einer in die steuerrechtliche Beurteilung einzubeziehenden Beteiligung am Firmenwert der Klägerin― hinter der Rechtsstellung zurück, die das HGB dem Kommanditisten zuweist, so kann ―wie ausgeführt― nur dann von einem atypisch stillen Gesellschaftsverhältnis ausgegangen werden, wenn bei Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls seine Möglichkeit zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative besonders stark ausgeprägt gewesen wäre.
aa) Hierfür genügt es nach ständiger Rechtsprechung nicht, dass die Kontrollbefugnisse des § 233 HGB beispielsweise im Sinne der Rechte nach § 716 BGB ausgedehnt werden. Erforderlich ist vielmehr, dass dem Stillen ―sei es als Geschäftsführer, sei es als Prokurist oder leitender Angestellter― Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch Einfluss auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbständigen Ausübung übertragen werden; der stille Gesellschafter muss mit anderen Worten wie ein Unternehmer auf das Schicksal des Unternehmens Einfluss nehmen können (BFH-Urteile vom 13. Mai 1998 VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355, 358; in BFH/NV 1993, 647, 649; in BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389; vom 23. Januar 1974 I R 206/69, BFHE 112, 254, BStBl II 1974, 480, betreffend Unterbeteiligung). Dies kann zwar auch bei Einräumung umfassender Weisungsrechte zu bejahen sein (BFH-Urteil in BFHE 187, 250, BStBl II 1999, 286, 288). Nicht ausreichend sind hingegen bloße Zustimmungsvorbehalte (BFH-Urteil in BFHE 171, 510, BStBl II 1994, 700, 702) oder nur faktische ―d.h. rechtlich nicht abgesicherte― Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Unternehmensführung (BFH-Entscheidungen vom 2. September 1985 IV B 51/85, BFHE 144, 432, BStBl II 1986, 10; in BFH/NV 1993, 647, 650).
bb) Von Letzterem ist die Vorinstanz im Streitfall zu Recht ausgegangen. Der Kläger war weder Geschäftsführer der GmbH noch stand ihm ein umfassendes Weisungsrecht zu. Hierfür kann insbesondere dem Sanierungsvertrag vom 26. März 1997 kein hinreichender Anhalt entnommen werden, nach dem (vgl. Abschn. 3 Buchst. b des Sanierungsvertrags) der Kläger das Recht hatte, "bei unternehmerischen Entscheidungen, die die inhaltliche Ausrichtung der (GmbH) betreffen, im Einzelnen im Zusammenhang mit der Geschäftsführung mitzuwirken". Abgesehen davon, dass selbst die Einräumung eines Widerspruchsrechts (entsprechend § 164 HGB) nach herrschender Meinung im Schrifttum (vgl. Karsten Schmidt, a.a.O., 2002, § 230 Rz. 115; Blaurock, Handbuch der Stillen Gesellschaft, 5. Aufl., Rz. 355, jeweils m.w.N.) entweder der Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag der GmbH oder der Zustimmung der Gesellschafter mit zumindest satzungsändernder Mehrheit bedarf (vgl. § 53 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ―GmbHG―) und die Kläger hierzu nichts vorgetragen haben, gewährte die wiedergegebene Abrede nach ihrem Wortlaut dem Kläger nicht mehr als die Befugnis, über die Geschäftsführung im Unternehmen der Klägerin unterrichtet zu werden und hierüber mitzuberaten. Ein (qualifiziertes) Stimmrecht des Klägers oder gar ein ―die besondere Ausprägung des Merkmals der Mitunternehmerinitiative kennzeichnendes― umfassendes Direktionsrecht kann ihr jedenfalls nicht entnommen werden und ist von den Klägern selbst auch nicht behauptet worden (zur umstrittenen Einordnung der stillen Beteiligung an einer GmbH als (Teil-)Gewinnabführungs- und/oder Beherrschungsvertrag i.S. der §§ 291, 292 Abs. 1 Nr. 2 des Aktiengesetzes vgl. Priester in Scholz, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 9. Aufl., 2002, § 53 Rz. 164 ff., m.w.N.). Nicht anderes gilt im Ergebnis für die Ausführungen der Revision, X habe "durch seinen Geschäftsführer (A) … die Geschäfte (der Klägerin) … betreiben lassen". Dies lässt zum einen die Rechtsstellung des A innerhalb der Geschäftsführung der Klägerin unbestimmt und beschränkt sich zum anderen ―d.h. mit Rücksicht auf die Einflussmöglichkeiten des Klägers― auf die Behauptung, dass A ―obgleich auch selbst an der GmbH beteiligt― bei der Leitung der GmbH die Interessen des X wahrgenommen und hierbei entweder faktischen Abhängigkeiten unterlegen oder sich aus sonstigen Erwägungen mit X abgestimmt habe. Wie dargelegt, rechtfertigen jedoch auch Umstände dieser Art ―mangels rechtlicher Absicherung des Klägers― nicht die Annahme einer besonders stark ausgeprägten Mitunternehmerinitiative.
Fundstellen
Haufe-Index 921382 |
BFH/NV 2003, 601 |
HFR 2003, 780 |