Leitsatz (amtlich)
Ist mit Ablauf des 31. Dezember 1976 ein Verfahren über den Einspruch gegen einen Aufhebungs- oder Änderungsbescheid noch nicht abgeschlossen, so hat die Finanzbehörde ihrer Einspruchsentscheidung die Vorschriften der AO 1977 über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten zugrunde zu legen. Dies setzt voraus, daß der Einspruch zulässig war.
Normenkette
AO 1977 §§ 130, 172; EGAO 1977 Art. 97 §§ 1, 9
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) eine nach § 32 des Gesetzes zur Anpassung und Gesundung des deutschen Steinkohlenbergbaus und der Steinkohlenbergbaugebiete vom 15. Mai 1968 - KoG - (BGBl I, 365, BStBl I, 939) gewährte Investitionsprämie zu Recht teilweise zurückgefordert hat.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine OHG, betrieb in X einen Brennstoffhandel sowie den Güternah- und -fernverkehr. Seit 1968 führte sie auch Abbruch- und Erdbewegungsarbeiten aus. Von April 1970 bis Mitte August 1976 hatte sie in Y eine Zweigniederlassung. Im Oktober 1971 beantragte sie für seit 1969 durchgeführte Investitionen in ihrem Fuhrpark die nach § 32 Abs. 2 KoG erforderliche Bescheinigung, die ihr erteilt wurde. Nach einer Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1969 bis 1971, die im Jahre 1972 stattfand, stellte der Prüfer im Bericht fest, daß die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Investitionsprämie für die von 1969 bis 1971 angeschafften Fahrzeuge mit Ausnahme eines (gebraucht angeschafften) Radladers gegeben seien. Das FA erließ am 9. Mai 1973 einen (endgültigen) Sammelbescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Gewinne der Klägerin für die Jahre 1969 bis 1971, in dem es unter Berufung auf den Betriebsprüfungsbericht auch die Investitionsprämie für die Streitjahre feststellte und auf die Gesellschafter verteilte. Der Sammelbescheid wurde wegen unrichtiger Aufteilung der Gewinnanteile und der Investitionsprämie auf die Gesellschafter der Klägerin am 22. November 1973 (It. Finanzgericht - FG - am 10. August 1973) gemäß § 92 der Reichsabgabenordnung (AO) berichtigt.
Bei einer erneuten Betriebsprüfung im Jahre 1975 wurde festgestellt, daß die bei der Investitionsprämie berücksichtigten Fahrzeuge - mit Ausnahme eines im Jahre 1970 erworbenen Sattelzuges - in den Jahren 1970 und 1971 auf die Niederlassung in Y umgemeldet bzw. dem Fuhrpark dieser Betriebsstätte unmittelbar zugeführt worden waren. Da die Gemeinde Y nicht zu den nach dem KoG begünstigten Gebieten gehörte, änderte das FA am 8. Oktober 1976 den Bescheid über die Feststellung der Einkünfte für die Jahre 1969 bis 1971 unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 3 Nr. 2 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) und forderte einen Teilbetrag von 28 315,85 DM der Prämie von der Klägerin zurück.
Der Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 1977). Das FG gab der Klage im wesentlichen mit folgender Begründung statt: Die Prämiengewährung nach dem KoG sei in die Festsetzung der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer einbezogen. Daher fänden die Vorschriften über die Steuerbescheide uneingeschränkt Anwendung. Weder die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO (neue Tatsachen) noch die des § 4 Abs. 3 Nr. 2 StAnpG seien erfüllt. Die Tatsachen hätten von Anfang an unverändert vorgelegen; der Prüfer hätte sie bei gehöriger Erfüllung seiner Ermittlungspflicht erkennen müssen. Die Rückforderung der Prämie könne auch nicht auf § 96 Abs. 2 AO gestützt werden.
Mit seiner Revision rügt das FA (sinngemäß) Verletzung der Vorschriften über die Änderung der die Investitionsprämie gewährenden Verwaltungsakte. Das FA hält die Anwendbarkeit des § 222 AO selbst für "zweifelhaft". Der Verwaltungsakt, in dem die Prämie auf die einzelnen Gesellschafter verteilt werde, könne nicht als Feststellungsbescheid i. S. der AO qualifiziert werden. Es müßten daher die Vorschriften der §§ 92 ff. AO in Betracht kommen. Die Prämie sei mittels eines begünstigenden Verwaltungsakts gewährt worden, der nach § 96 Abs. 2 AO durch Täuschung der Klägerin bei der Erteilung der Bescheinigung nach § 32 Abs. 2 KoG zustande gekommen sei. - Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Änderungsbescheide ergebe sich aus der Anwendung der Vorschriften der Abgabenordnung (AO 1977). Rechtsgrundlage sei § 130 Abs. 2 AO 1977. Am 1. Januar 1977 sei das Verfahren aufgrund des eingelegten Einspruchs gegen den Änderungsbescheid noch anhängig gewesen. Auf das weitere Einspruchsverfahren seien sonach gemäß Art. 97 § 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) vom 14. Dezember 1976 (BGBl I, 3341) die Vorschriften der AO 1977 anzuwenden. Die Verteilung des abzugsfähigen Betrags geschehe nach §§ 179 Abs. 1, 157 Abs. 2 AO 1977 nicht durch den Feststellungsbescheid. Dieser beziehe sich nur auf Besteuerungsgrundlagen i. S. des § 179 Abs. 1 AO 1977. Von der Steuer abzuziehende Beträge nach dem KoG berührten weder die Steuerpflicht noch die Bemessung der Steuer. Grundlage für die Änderung sei in erster Linie § 130 Abs. 2 Nr. 2, könne aber auch § 130 Abs. 2 Nr. 3 AO 1977 sein, wonach ein rechtswidriger Verwaltungsakt auch dann zurückgenommen werden könne, wenn ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Schließlich sei auch § 130 Abs. 2 Nr. 4 AO 1977 als Rechtsgrundlage für die Rückforderung in Betracht zu ziehen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Das FG hat verkannt, daß die Befugnis des FA, den Bescheid vom 22. November 1973 zu ändern, nach den Vorschriften der AO 1977 zu prüfen ist.
a) Im Streitfall war das Einspruchsverfahren am 1. Januar 1977 noch beim FA anhängig. Für diesen Fall bestimmt Art. 97 § 1 EGAO 1977, daß die Verfahren nach den Vorschriften der AO 1977 zu Ende geführt werden, soweit in den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes bestimmt ist. Nach der Sondervorschrift des Art. 97 § 9 EGAO 1977 sind die Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten erstmals anzuwenden, wenn nach dem 31. Dezember 1976 ein Verwaltungsakt aufgehoben oder geändert wird. Der erkennende Senat hat im Urteil vom 11. März 1981 I R 158/80 (BFHE 133, 5, BStBl II 1981, 552) entschieden, daß die Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten nach der AO 1977 nicht anzuwenden sind, wenn das Finanzgericht erst nach dem 31. Dezember 1976 über die Rechtmäßigkeit eines vom FA bis zu diesem Zeitpunkt erlassenen Verwaltungsakts befindet. Denn das Recht des FG, einen angefochtenen Verwaltungsakt ggf. zu ändern, leitet sich nicht aus den Vorschriften der AO, sondern aus § 100 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ab. Der Senat hat es in seiner Entscheidung offengelassen, ob es für die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids nach dem 31. Dezember 1976 auf den Zeitpunkt ankommt, in dem das FA den Änderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) durch Bekanntgabe erläßt oder ob der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem das FA im Einspruchsverfahren über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Änderungs(Aufhebungs-)bescheids befindet. Diese Frage ist im Streitfall entscheidungserheblich.
b) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dazu bisher noch nicht Stellung genommen. Die Rechtsprechung der FG ist nicht einheitlich. Das Niedersächsische FG hat in seinem (rechtskräftigen) Urteil vom 9. November 1979 V 98/77 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1980, 214) den mit dem Einspruch angefochtenen Verwaltungsakt jedenfalls dann für maßgebend angesehen, wenn in der Einspruchsentscheidung der angefochtene Bescheid nicht geändert wird. Hätte - so das Niedersächsische FG - das Gesetz allgemein auf den Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung abstellen wollen, so hätte es der besonderen Regelung des Art. 97 § 9 EGAO 1977 gegenüber § 1 derselben Vorschrift nicht bedurft, weil schon diese Bestimmung die Anwendung der Vorschriften der AO 1977 für das weitere Einspruchsverfahren sichergestellt hätte. Diese Auffassung vertreten im Ergebnis Schwarz (Kommentar zur Abgabenordnung, Freiburg, 1976 ff., Überg. vor § 172 Rdnr. 2) und Tipke/Kruse (Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 10. Aufl., Tz. 6 vor § 172 AO 1977). Zum gegenteiligen Ergebnis gelangte das FG München in seinem (gleichfalls rechtskräftigen) Urteil vom 21. Februar 1979 III 161/77 U (EFG 1979, 314).
c) Der erkennende Senat ist - wie das FG München - der Ansicht, daß die Vorschriften der AO 1977 über die Aufhebung und Änderung dann zur Anwendung kommen, wenn die Verwaltungsbehörde die Aufhebung oder Änderung eines Bescheids nach dem 31. Dezember 1976 für ihren Bereich abschließend regelt. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob diese Regelung im Verfahren der Steuerfestsetzung (Feststellung von Besteuerungsgrundlagen) oder im Einspruchsverfahren getroffen wird. Die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheidet, hat die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 i. V. m. Art. 97 § 1 EGAO 1977). Der Verwaltungsakt kann grundsätzlich auch zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert werden. Das Einspruchsverfahren ist somit ein verlängertes Veranlagungsverfahren. Festsetzungs-(Feststellungs-) und Einspruchsverfahren sind - was die Willensbildung über den Inhalt der im Verwaltungsakt zu treffenden Regelung anbelangt - als Einheit anzusehen. Im Gegensatz zur Auffassung des Niedersächsischen FG kann die Frage, welches Recht anzuwenden ist, nicht davon abhängen, ob der Einspruch (mehr oder weniger zufällig) zurückgewiesen wird oder zur Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts führt. Dagegen verbleibt es bei der Anwendung alten Rechts, wenn der Einspruch als unzulässig verworfen werden muß, weil in diesem Fall bereits der Änderungsbescheid mit seiner Bekanntgabe bestandskräftig geworden ist (vgl. für den Fall der unzulässigen Revision BFH-Urteil vom 14. Juli 1971 I R 127, 154/70, BFHE 103, 36, BStBl II 1971, 805).
Für diese Ansicht spricht auch, daß das FA den angefochtenen Bescheid während des Einspruchsverfahrens aufheben oder ändern darf (§ 132 AO 1977). Welchen Weg das FA geht - ob es etwa einen ihm inzwischen bekanntgewordenen Tatsachenstoff ins Einspruchsverfahren einführt oder auf der Grundlage seiner neuen Erkenntnisse einen Änderungsbescheid erläßt, der automatisch Gegenstand des Einspruchsverfahrens werden kann (vgl. BFH-Urteile vom 4. Februar 1976 I R 203/73, BFHE 119, 168, BStBl II 1976, 551 und vom 19. Januar 1977 I R 89/74, BFHE 121, 421, BStBl II 1977, 517) -, obliegt seiner Entscheidung. Hat sich ein FA nach dem 31. Dezember 1976 zum Erlaß eines Änderungsbescheids während des Einspruchsverfahrens entschlossen, so durfte es diesen Änderungsbescheid nur auf die Vorschriften des neuen Rechts (AO 1977) stützen. Dieses Ergebnis kann nicht dadurch umgangen werden dürfen, daß das FA - um einen vor dem 1. Januar 1977 etwa nach § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO erlassenen Bescheid bestätigen zu können - inzwischen erlangte Erkenntnisse in der Einspruchsentscheidung verwertet. Der Senat verkennt nicht, daß sich eine ähnliche Lage allerdings auch dann ergeben hat, wenn das Einspruchsverfahren mit Ablauf des 31. Dezember 1976 bereits abgeschlossen war, das Verfahren über die Klage vor dem FG aber zu diesem Zeitpunkt noch schwebte. Aber abgesehen davon, daß das FG bei der Verwertung neuen Tatsachenstoffes an das Klagebegehren und das Verbot der Verböserung gebunden ist, kann es - jedenfalls solange das FA noch Herr des Verfahrens ist - nicht von seiner Willensentscheidung abhängen, ob neues oder altes Recht zur Anwendung kommt.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, es hätte bei dieser Ansicht des Art. 97 § 9 EGAO 1977 nicht bedurft, da die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens nach neuem Recht bereits durch § 1 des Art. 97 EGAO 1977 sichergestellt gewesen wäre. Die Vorschriften über Berichtigung (§ 129), Rücknahme, Widerruf (§§ 130, 131), Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten (§§ 172 ff.) nach der AO 1977 regeln nicht bloß den Ablauf des Verfahrens, den § 1 Art. 97 EGAO 1977 zum Gegenstand hat. Die Vorschriften wirken vielmehr unmittelbar auf den Inhalt von Verwaltungsakten und insoweit auf materielles Recht ein. Daß das FG diese Vorschriften unrichtig angewandt habe, muß im Revisionsverfahren nicht durch Verfahrensrüge geltend gemacht werden (BFH-Urteil vom 20. Juni 1968 V 134/65, BFHE 93, 209, BStBl II 1968, 755).
2. Der Auffassung des FA, die Kohleprämie dürfe nach § 130 Abs. 2 AO 1977 (Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte) zurückgefordert werden, kann der Senat nicht folgen.
a) Die Rücknahme und der Widerruf von Verwaltungsakten einerseits und die Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden andererseits sind in der AO 1977 nach unterschiedlichen Grundsätzen geregelt. Die Vorschriften über Rücknahme und Widerruf (§§ 130 bis 132 AO 1977) sind allgemeine Vorschriften. Sie sind Teil der Regelungen über die Verwaltungsakte (§§ 118 ff. AO 1977). Demgegenüber betreffen die Vorschriften über die Aufhebung und Änderung (§§ 172 ff. AO 1977) Bescheide u. a. über die Steuerfestsetzung (§ 155 AO 1977) und über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 181 Abs. 1 AO 1977). Die §§ 172 ff. AO 1977 sind gegenüber den §§ 130 bis 132 AO 1977 Sondervorschriften (leges speciales) und gehen diesen vor.
In welchen der beiden Systembereiche die Entscheidung über die Gewährung und Verteilung der Kohleprämie fällt, muß nach den Vorschriften der Verfahrensordnung beurteilt werden, die für die ursprüngliche Entscheidung über diese Fragen gegolten hat. Das war im vorliegenden Fall die AO. Der erkennende Senat hat zu dieser Rechtslage ausgeführt, daß die Entscheidung über Grund und Höhe der Kohleprämie Teil der Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerfestsetzung ist (Urteil vom 13. Februar 1974 I R 114/72, BFHE 111, 420, BStBl II 1974, 317). Dies folgt insbesondere daraus, daß die Höhe der Kohleprämie zum Teil von der Höhe der Einkommensteuer-(Körperschaftsteuer-)schuld abhängt (§ 32 Abs. 4 Satz 5 KoG). Die Verknüpfung der Kohleprämie mit der Steuerfestsetzung zeigt sich auch bei der Anfechtung eines Steuerbescheids (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juni 1979 VIII R 69/77, BFHE 128, 319, BStBl II 1980, 17).
b) Zur Systemgruppe der Aufhebung und Änderung von Bescheiden zählt auch die Aufhebung und Änderung von Bescheiden über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 179, § 181 Abs. 1, §§ 172 ff. AO 1977). Ob eine Entscheidung im Feststellungsverfahren gesondert zu treffen ist, richtet sich sowohl nach der AO als auch nach der AO 1977 in weiten Teilen - und jedenfalls für die im Streitfall zu entscheidende Frage - nach übereinstimmenden Grundsätzen. Soweit eine einheitliche (gesonderte) Feststellung nach altem Recht stattfand, war die Kohleprämie im Feststellungsverfahren zu ermitteln und zu verteilen (§ 32 Abs. 5 KoG; BFH-Entscheidungen in BFHE 111, 420, BStBl II 1974, 317; vom 21. August 1974 I R 251/73, BFHE 114, 140, BStBl II 1975, 219; vom 18. Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750 und vom 13. Dezember 1979 IV B 79/79, BFHE 130, 5, BStBl II 1980, 329). Zwar setzt die einheitliche (gesonderte) Feststellung von Besteuerungsgrundlagen voraus, daß "an Einkünften mehrere beteiligt sind" (§ 215 Abs. 2 AO, § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO 1977). Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter - also mehrere - an der Kohleprämie beteiligt, die Prämie selbst gehört aber nicht zu den Einkünften i. S. des § 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dies schließt es indessen nicht aus, im Feststellungsverfahren auch über andere, die Gesellschafter einer Personengesellschaft einheitlich betreffenden Fragen zu entscheiden. Dem Verfahren über die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen liegt der Gedanke zugrunde, daß Fragen, die mehrere, in Rechtsgemeinschaft stehende Personen betreffen, möglichst in einem Verfahren beurteilt werden sollen, um abweichende Entscheidungen zu vermeiden. Dieser Grundgedanke trifft auch auf Entscheidungen nach § 32 Abs. 5 KoG zu. Würde über die Höhe der Kohleprämie und den Anteil des einzelnen Gesellschafters an dieser jeweils im Veranlagungsverfahren des Gesellschafters entschieden, so wäre nicht sichergestellt, daß auf der Grundlage eines einheitlich bestimmten Betrags nach übereinstimmenden Regeln die Prämie auf die Gesellschafter verteilt würde.
3. Der erkennende Senat ist nicht in der Lage, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen, vom FA zu Unrecht auf § 4 Abs. 1 Nr. 2 StAnpG gestützten Änderungsbescheids abschließend zu beurteilen.
Als allein mögliche Rechtsgrundlage für die Änderung kommt § 173 AO 1977 in Betracht. Danach sind Steuerbescheide (Feststellungsbescheide) u. a. aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977). Abweichend hiervon können Steuerbescheide, soweit sie aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt (§ 173 Abs. 2 AO 1977). Dabei trägt der Senat keine Bedenken, den Begriff der Außenprüfung bei vor dem 1. Januar 1977 ergangenen Berichtigungsbescheiden mit dem damals üblichen, im Kern übereinstimmenden Begriff der Betriebsprüfung gleichzustellen.
Den im Streitfall angefochtenen Änderungsbescheiden waren zunächst (endgültige) Feststellungsbescheide vorausgegangen, die auf einer Betriebsprüfung beruhten. Dabei hatte der Prüfer - mit einer Ausnahme - die Voraussetzungen des § 32 KoG ausdrücklich bejaht. Das FG hatte - von seinem Standpunkt aus zu Recht - keine Veranlassung, für die Änderungsbescheide die Merkmale des § 173 Abs. 2 AO 1977 im einzelnen zu prüfen. Dies muß nachgeholt werden. Der BFH ist als Revisionsgericht nicht befugt, die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen selbst zu treffen. Die Sache ist daher nicht spruchreif. Darauf beruht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das FG zu erneuter Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 74364 |
BStBl II 1982, 682 |
BFHE 1982, 396 |