Leitsatz (amtlich)
Der Rundfunkermittler, der ermittelte Schwarzhörer auch zur Stellung eines Antrags auf Rundfunkgenehmigung veranlaßt, ist als selbständiger Unternehmer nicht Handelsvertreter im Sinne des § 4 Ziff. 17 UStG.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1, § 4 Ziff. 17
Tatbestand
Der Beschwerdegegner (Bg.) ist Ermittler des Bayerischen Rundfunks. Nach dem zwischen ihm und dem Bayerischen Rundfunk abgeschlossenen Vertrag ist er mit der Aufgabe der Hörerwerbung, vor allem aber mit der Ermittlung sogenannter Schwarzhörer beauftragt. Nach Feststellung eines Schwarzhörers hat er diesen möglichst auch zur Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Rundfunkgenehmigung und gegebenenfalls zur Gebührennachzahlung für die Zeit, in der das Rundfunkgerät ohne Genehmigung benützt wurde, zu veranlassen. Der Bg. erhält für seine Tätigkeit als Provision 4 DM für jeden Antrag auf Erteilung einer Rundfunkgenehmigung und 20 v. H. des Betrages, der sich aus einer Gebührennachzahlung des neuzugeführten Hörers ergibt. Das Finanzamt hat den Bg. zunächst mit 20 v. H. der im Jahre 1953 vereinnahmten Provisionen, im Einspruchsverfahren aber mit den gesamten Einnahmen als Rundfunkermittler zur Umsatzsteuer herangezogen. Das Finanzgericht erachtete eine Umsatzsteuerpflicht nur insoweit für gegeben, als der Bg. 20 v. H. der nachgezahlten Gebühren erhalten hat. Nur insoweit handle es sich nach Auffassung des Finanzgerichts um eine umsatzsteuerpflichtige Kontrolltätigkeit. Die anderen Vergütungen habe der Bg. dafür erhalten, daß er den Antrag des Schwarzhörers vermittelt, also die Tätigkeit eines Handelsvertreters ausgeübt habe. Diese Vergütungen seien nach § 4 Ziff. 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerfrei.
Entscheidungsgründe
Gegen diese Auffassung wendet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Ohne Rechtsirrtum hat die Vorinstanz die Stellung des Bg. als die eines selbständigen Unternehmers beurteilt. Wenn der Bg. seine Tätigkeit, worauf er besonders hinweist, auch nach gewissen vom Rundfunk herausgegebenen Richtlinien auszuüben hatte, so ergeben doch die vom Finanzgericht festgestellten Umstände insgesamt, daß er nicht in den Betrieb des Bayerischen Rundfunks wie ein Angestellter eingegliedert war. Für die Entscheidung der Frage, ob jemand als selbständiger Unternehmer oder als unselbständig im umsatzsteuerrechtlichen Sinne anzusehen ist, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung auf das Gesamtbild der Stellung des Steuerpflichtigen an, nicht auf einzelne Merkmale.
Dagegen kann der Vorinstanz in der weiteren umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der selbständig ausgeführten Tätigkeit nicht zugestimmt werden. Wie sich aus einer vom Finanzgericht erholten Auskunft des Bayerischen Rundfunks ergibt, muß davon ausgegangen werden, daß sich die Tätigkeit des Bg. im Jahre 1953 auf die Erfassung von Schwarzhörern beschränkt hat, und daß die Erfassung durch eine reine Kontrolltätigkeit erfolgt ist. Unbestreitbar geht die gesamte Tätigkeit des Bg. dadurch, daß er den Schwarzhörer nach Möglichkeit auch zur Stellung eines Antrags auf Rundfunkgenehmigung zu veranlassen hat, über eine reine Ermittlertätigkeit hinaus. Wenn die Vorinstanz die Tätigkeit des Bg. aber aufteilt in eine überwiegend nach § 4 Ziff. 17 UStG steuerfreie vermittelnde und in eine geringfügige steuerpflichtige kontrollierende, so verkennt sie die eigentliche, dem Ermittler zugewiesene Aufgabe, die das Wesen seiner Tätigkeit in der Hauptsache ausmacht.
Das Bestreben der Rundfunkanstalten geht dahin, möglichst alle Personen, die ihre Sendungen mit eigenen Geräten abhören, zu erfassen und das Abhören von Rundfunksendungen ohne Genehmigung und Gebührenentrichtung zu unterbinden. Zur Erreichung dieses Zieles bedienen sich die Rundfunkanstalten der Schwarzhörerermittler, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben Kontrollen in Haushaltungen vorzunehmen und sonstige Ermittlungen zur Auffindung von Schwarzhörern gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der bei den Postbehörden befindlichen Unterlagen durchzuführen haben. Diese Nachforschungstätigkeit ist die vordringlichste Aufgabe des Schwarzhörerermittlers und beherrscht das äußere Bild seiner Tätigkeit. Durch den Umstand, daß der Ermittler entsprechend den ihm erteilten Weisungen nach Möglichkeit die festgestellten Schwarzhörer auch zu überreden hat, einen Rundfunkantrag zu stellen, kann die Ermittlungstätigkeit in ihrer Bedeutung nicht gemindert oder gar als nebensächlich angesehen werden. Ohne die vorhergehende Ermittlungstätigkeit könnte es zu einer Mitwirkung bei der Antragstellung des Schwarzhörers nicht kommen. Diese Mitwirkung -- mag sie auch für die Rundfunkanstalten von besonderem Interesse sein -- erweist sich nur als Folge und Beigabe seiner eigentlichen Ermittlungsaufgabe. Auch der Umstand, daß sich seine Entschädigung nach der Antragstellung auf Erteilung einer Rundfunkgenehmigung und der Nachentrichtung der Gebühren richtet, vermag hieran nichts zu ändern. Diese Regelung ist als Berechnungsmodus für die dem Ermittler zustehende Provision zu werten, wie dies bei Erfolgsprovisionen der Fall ist.
Hiernach ist von der Gesamttätigkeit des Bg. die Ermittlungstätigkeit als im Vordergrund stehend und als wesentliche Aufgabe anzusehen, die deshalb auch wegen ihrer überwiegenden Bedeutung maßgebend für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Bg. sein muß, und der gegenüber auch im Einzelfalle die vermittelnde Tätigkeit bei der Antragstellung in den Hintergrund tritt. Die Ermittlungstätigkeit aber kann auch bei voller Würdigung aller Umstände nicht als eine Tätigkeit angesehen werden, die der eines Handelsvertreters entspricht.
Die Vorentscheidung, die diese Rechts- und Sachlage verkannt hat, war deshalb aufzuheben und die Berufung als unbegründet mit der Kostenfolge aus § 307 AO zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1957, 389 |
BFHE 1958, 408 |