Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Objektgrenze bei gewerblichem Grundstückshandel
Leitsatz (NV)
Der Verkauf mehrerer Eigentumswohnungen eines Mehrfamilienhauses zum gleichen Zeitpunkt bedeutet im Rahmen der sog. Objektgrenze die Veräußerung mehrerer Objekte.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger ist freischaffender Architekt. Zwischen 1975 und 1980 tätigte er folgende Grundstücksgeschäfte:
1. Am 16. September 1975 erwarb er in O ein Mehrfamilienhaus. 1976 begann der Kläger mit der Renovierung des Gebäudes, wobei sich umfangreiche statische und andere, nach Angaben des Klägers teilweise versteckte Mängel ergaben. Aus diesem Grunde wurden die bisher bestehenden Mietverträge gelöst und eine Sanierung des Gebäudes durchgeführt. Wegen auftretender Finanzierungsschwierigkeiten entschloß sich der Kläger, das Gebäude teilweise zu veräußern. Durch notarielle Teilungserklärung vom 14. April 1978 teilte er das Grundstück in vier Eigentumswohnungen auf, von denen er drei ebenfalls am 14. April 1978 an verschiedene Erwerber veräußerte. Zu diesem Zeitpunkt war die Renovierung noch nicht abgeschlossen. Die weiteren noch erforderlichen Maßnahmen wurden teilweise auf Kosten der Erwerber, aber unter Leitung des Klägers abgeschlossen. Die Gebrauchsabnahme durch das Bauamt erfolgte am 24. Oktober 1978, die Übergabe der Wohnungen an die Erwerber Ende 1978. Die vierte Wohnung nutzt der Kläger als Büro und Wohnobjekt. Die Käufer waren von sich aus an den Kläger herangetreten.
2. Im Jahre 1979 erwarb der Kläger zusammen mit einem anderen Architekten zu jeweils 50 v. H. Miteigentumsanteil ein unbebautes Grundstück in P. Auf dem Grundstück wurde ein Gebäude mit vier Eigentumswohnungen errichtet, die anschließend veräußert wurden.
3. Am 27. April 1979 erwarb der Kläger in Q ein bebautes Grundstück, das er zum 15. Februar 1980 mit einen Spekulationsgewinn von . . . DM wieder verkaufte.
Für die Jahre 1976 bis 1980 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt. Daraufhin vertrat das Finanzamt (FA) die Auffassung, der Kläger habe sich mit dem Kauf, der Sanierung und der Teilung des Grundstücks in O und dem Verkauf der drei Eigentumswohnungen gewerblich betätigt. Dementsprechend wurden frühere Einkommensteuerbescheide für 1976 bis 1978 dahingehend geändert, daß die Sanierungskosten nicht mehr, wie bisher, teilweise als sofort abzugsfähige Aufwendungen und teilweise als nachträgliche Herstellungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angesehen wurden. Vielmehr ging das FA davon aus, daß der Kläger mit der Teilung und Veräußerung einen Gewerbebetrieb eröffnet habe. Den Einlagewert der veräußerten Grundstücksteile ermittelte es in der Weise, daß die Anschaffungskosten um die nachträglichen Herstellungskosten, Modernisierungsaufwendungen und Erhaltungsaufwendungen, Zahlungen an die weichenden Mieter, Veräußerungskosten hinsichtlich der Wohnungen und anteilige Architektenhonorare erhöht und um Absetzungen für Abnutzung (AfA) bis zur Veräußerung verringert wurden.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren machte der Kläger im gerichtlichen Verfahren geltend, er sei nicht gewerblich tätig geworden, weil er das Grundstück in Vermietungsabsicht erworben habe. Nach Aufdeckung der versteckten Mängel seien die Mieter zum Auszug veranlaßt worden. Aufgrund der Höhe der Sanierungskosten habe er sich dazu entschließen müssen, die Aufteilung in Eigentumswohnungen vorzunehmen und drei von ihnen zu veräußern. Er habe weder in Gewinnerzielungsabsicht gehandelt, noch sich nachhaltig am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Die von ihm geltend gemachten Aufwendungen müßten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Das FA vertrat die Auffassung, der Kläger habe sich durch Erwerb, Sanierung, Teilung und Veräußerung von drei Eigentumswohnungen an drei verschiedene Käufer am wirtschaftlichen Verkehr nachhaltig beteiligt. Die ursprüngliche Vermietungsabsicht habe der Kläger nicht nachgewiesen. Im übrigen habe er ein derartiges Geschäft später wiederholt.
In dem angegriffenen Urteil hob das Finanzgericht (FG) die geänderten Einkommensteuerbescheide und die Einspruchsentscheidung teilweise auf und gab dem FA auf, für das Jahr 1978 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht mehr zu berücksichtigen und für alle Streitjahre Verluste aus Vermietung und Verpachtung zu ermitteln.
Das FG vertrat die Auffassung, der Kläger habe auch unter Berücksichtigung der späteren Veräußerungen die sog. Drei-Objekt-Grenze als Voraussetzung gewerblichen Grundstückshandels nicht überschritten. Handele es sich um ein Gebäude mit mehreren Eigentumswohnungen, würden diese zu verschiedenen Objekten, wenn sie zwar einheitlich geplant und errichtet worden seien, der Veräußerer aber beim Verkauf individuelle Tätigkeiten entfaltet habe. Mehrere grundbuchmäßige Einheiten bildeten jedoch ein Objekt, wenn der Veräußerer sie als Einheit plane, errichte und im Idealfall an einen einzigen Veräußerer verkaufe. Entscheidend sei es, wie intensiv der Grundstücksveräußerer durch die Behandlung der Maßnahme tätig werde und ob er beispielsweise durch häufiges und eindringliches Werben gegenüber der Allgemeinheit zeige, daß es ihm darauf ankomme, alle möglichen Marktchancen zu nutzen und durch Teilung und Streuung eines teilbaren Angebots die günstigsten Kontrakte zu erzielen. Im Streitfall seien die drei veräußerten Eigentumswohnungen wie ein Objekt anzusehen, obwohl sie an drei verschiedene Erwerber veräußert worden seien. Die Intensität des Handelns des Klägers habe nicht das Maß überstiegen, das bei Ankauf und Veräußerung nur eines Hauses oder einer Wohnung angewendet werde. Seine Planungen seien auf den Erwerb eines Hauses gerichtet gewesen mit der Absicht, dieses zu sanieren und später selbst zu nutzen und teils zu vermieten, jedenfalls aber als ganzes zu behalten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
1. Nach § 15 Abs. 1 EStG i. V. m. § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung a. F. (GewStDV) - seit 1983 § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) - ist ein Gewerbebetrieb gegeben, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und es sich dabei weder um Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch eines freien Berufs oder einer anderen selbständigen Tätigkeit handelt, sofern die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten sind (Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (zuletzt Urteil vom 18. Januar 1989 X R 108/88, BFHE 156, 115, BStBl II 1990, 1051) sind Errichtung und Verkauf von bis zu drei Wohnungen oder Eigenheimen als private Vermögensverwaltung, nicht aber als gewerblicher Grundstückshandel anzusehen. Werden hingegen innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Bau und Verkauf (grundsätzlich fünf Jahre) mindestens vier Objekte veräußert, ist ohne Vorliegen besonderer Umstände von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen, weil die äußeren Umstände den Schluß zulassen, daß es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt (BFH-Urteile vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82, BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244).
2. Im Streitfall ist von dem Verkauf von vier Objekten durch den Kläger auszugehen. Unter einem Objekt im Sinne des Grundstückshandels ist jedes einzelne Immobilienobjekt zu verstehen, das selbständig veräußert und genutzt werden kann, z. B. ein Einfamilienhaus, ein Zweifamilienhaus oder eine Eigentumswohnung (Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., Anm. 12 c zu § 15). Wird ein Grundstück parzellenweise zum Verkauf angeboten, ist jede Parzelle als Objekt anzusehen (Söffing in Lademann / Söffing / Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Anm. 126 zu § 15).
Im Streitfall kann dahinstehen, ob der Miteigentumsanteil des Klägers an dem Grundstück in P bei der Berechnung der Drei-Objekt-Grenze einzubeziehen ist. Die Grundstücksgeschäfte des Klägers hinsichtlich der Grundstücke in O und Q reichen nämlich aus, um die Grundstücksgeschäfte des Klägers in dem Fünfjahreszeitraum zwischen dem 16. September 1975 (Erwerb O) und 15. Februar 1980 (Veräußerung Q) als gewerbliche Tätigkeit zu werten. Das ergibt sich daraus, daß der Verkauf der drei Eigentumswohnungen des Hauses in O drei selbständige Geschäfte umfaßt.
Durch seine Teilungserklärung vom 14. April 1978 hat der Kläger die zivilrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung von vier selbständigen Wirtschaftsgütern geschaffen und anschließend drei Wohnungen durch selbständige Rechtsgeschäfte substantiell verwertet. Dies kann nicht, wie das FG annimmt, deshalb außer Betracht bleiben, weil der Kläger keine größere Handlungsintensität habe entwickeln müssen, als sie für die Verwertung nur eines Objekts erforderlich sei. Mit dem Erfordernis einer gewissen Zahl von Verkaufsfällen soll gewährleistet sein, daß sich die auf Gewinnerzielung einer Vermögensumschichtung gerichtete Tätigkeit als nachhaltig und damit als gewerblich darstellt. Unter Nachhaltigkeit ist eine auf Wiederholung angelegte Betätigung zu verstehen. Sie ist abzugrenzen von einer nur gelegentlichen Tätigkeit, deren Wiederholung entweder gar nicht oder jedenfalls noch nicht mit Sicherheit vorgesehen ist (BFH-Urteil vom 28. April 1977 IV R 98/73, BFHE 122, 462, BStBl II 1977, 728). Bei einem einmaligen Entschluß, dessen Umsetzung mehrere Veräußerungshandlungen erfordert, ist wegen der notwendigen Wiederholung des Veräußerungsgeschäfts von einer Nachhaltigkeit der Betätigung auszugehen (BFH-Urteil vom 23. Oktober 1987 III R 275/83, BFHE 151, 399, BStBl II 1988, 293, m. w. N.). Aus diesem Grunde hat der BFH in ständiger Rechtsprechung die Veräußerung mehrerer Eigentumswohnungen eines Gebäudes als Veräußerung mehrerer Objekte angesehen.
Hingegen kommt es auf die Intensität des geschäftlichen Handelns eines Steuerpflichtigen nicht entscheidend an. Welche, wie umfangreiche und wie intensive Maßnahmen erforderlich sind, um Wirtschaftsgüter zu veräußern, hängt von den Bedingungen und Gegebenheiten des Marktes und der Art der Wirtschaftsgüter ab. Lassen sich Wirtschaftsgüter wegen großer Nachfrage ohne irgendwelche werbenden Maßnahmen des Veräußerers dem Markte zuführen, nimmt dies der Tätigkeit des Veräußerers, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen, nicht den Charakter der Gewerblichkeit. Umgekehrt kann es etwa bei mangelnder Nachfrage einer umfangreichen wirtschaftlichen Tätigkeit bedürfen, um ein einziges Wirtschaftsgut zu veräußern; allein deshalb handelt es sich bei der Veräußerung aber noch nicht um eine gewerbliche Betätigung. Derart intensive Bemühungen können auch im Zusammenhang mit der Vermietung eines Grundstücks erforderlich werden.
3. Im Streitfall hat der Kläger zwar einen einmaligen Veräußerungsentschluß hinsichtlich dreier Eigentumswohnungen gefaßt, diesen aber durch die Teilungserklärung und den Abschluß der drei, wenn auch zeitlich zusammenfallender Veräußerungsgeschäfte an drei Erwerber umgesetzt. Trotz der Einheitlichkeit der Bauplanung und des Veräußerungsentschlusses ist deshalb von drei Grundstücksgeschäften hinsichtlich des Grundstücks in O auszugehen. Ohne Bedeutung ist es, daß sowohl die Teilungserklärung als auch die drei Kaufverträge am gleichen Tage abgegeben bzw. abgeschlossen wurden. Die lediglich zeitliche Zusammenlegung mehrerer Rechtshandlungen ist für die Frage einer Wiederholungsabsicht ohne Bedeutung. Sie hatte praktische Gründe und war rein zufällig. Da innerhalb des Fünfjahreszeitraums auch der Ankauf und die Veräußerung des Grundstücks in Q erfolgte, hat der Kläger schon mit diesen Geschäften die Objektgrenze überschritten mit der Folge, daß seine Tätigkeit als gewerblich zu bewerten ist.
Der Kläger hat sich auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Wird ohne besondere Werbung die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen, unter Umständen nur einer Person, bekannt und rechnet der Veräußerer damit, seine Verkaufsabsicht werde sich wegen starken Interesses an seinen Objekten herumsprechen, ist dies für eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausreichend (BFH-Urteile vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BFHE 150, 418, BStBl II 1988, 277; vom 22. Mai 1987 III R 212/83, BFH/NV 1987, 717). Der Kläger hat sich mit an ihn herantretenden Kaufinteressenten auf Verhandlungen eingelassen, mit ihnen verhandelt und schließlich mit drei Käufern Verträge abgeschlossen. Dies zeigt, daß er einem unbestimmten Personenkreis gegenüber zur Veräußerung bereit war. Bereits damit hat er sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt (BFH-Urteil vom 11. April 1989 VIII R 266/84, BFHE 156, 476, BStBl II 1989, 621). Auch an einer Gewinnerzielungsabsicht des Klägers können keine Zweifel bestehen, da nach Sachlage davon ausgegangen werden kann, daß der Kläger die drei Eigentumswohnungen und das Grundstück in Q möglichst günstig veräußern wollte und hinsichtlich sämtlicher Objekte auch Gewinn erzielt hat.
Da das Urteil des FG von einem anderen Rechtsstandpunkt ausgeht, war es aufzuheben. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif. Das Urteil der Vorinstanz enthält - als Konsequenz seiner Rechtsauffassung - keine ausreichenden Feststellungen hinsichtlich des Beginns der gewerblichen Tätigkeit des Klägers. Das FG hat vielmehr festgestellt, daß der Kläger im Erwerbszeitpunkt des Grundstücks in O die bestehenden Mietverhältnisse zunächst fortsetzen und das Haus lediglich renovieren wollte. Den Entschluß, das erworbene Grundstück nicht durch Fruchtziehung in Form von Vermietung zu nutzen, also in Form privater Vermögensverwaltung, sondern es vielmehr in seiner Substanz durch teilweise Veräußerung zu verwerten, hat der Kläger nach den Feststellungen des Urteils erst nach Kenntnis der baulichen Mängel und Eintritt von Finanzierungsschwierigkeiten gefaßt. Den Gründen läßt sich entnehmen, daß der Kläger seit Mitte 1977 über das Ausmaß der verdeckten Mängel unterrichtet war und im Februar 1978 einen Veräußerungswillen Käufern gegenüber erkennbar gezeigt hat. Ein sicherer Schluß auf den Beginn der gewerblichen Tätigkeit läßt sich daraus nicht ziehen. Diese Feststellungen wird das FG nachzuholen haben und dabei auf den Zeitpunkt für den Beginn der gewerblichen Tätigkeit abzustellen haben, in dem der Kläger nach dem Veräußerungsentschluß mit den ersten Vorbereitungshandlungen begonnen hat, die auf die Verwertung der drei Eigentumswohnungen abzielten (BFH-Urteil vom 17. März 1981 VIII R 149/78, BFHE 133, 44, BStBl 1981, 522).
Anhaltspunkte für den Veräußerungsentschluß werden sich aus dem Zeitpunkt der bauamtlichen Auflagen, der Kündigung der Mieter und der auftretenden Finanzierungsschwierigkeiten sowie der Art und dem Umfang der in Auftrag gegebenen Arbeiten ergeben. Vom Zeitpunkt des Beginns der gewerblichen Tätigkeit hängt es ab, welcher Teil der Gesamtaufwendungen auf den Zeitraum der Vermietung in Form von Werbungskosten und auf den Zeitraum der gewerblichen Tätigkeit als Betriebsausgaben entfällt.
Fundstellen
Haufe-Index 418053 |
BFH/NV 1992, 238 |