Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Kosten für eine Hausgehilfin sind grundsätzlich keine Betriebsausgaben, sondern Kosten der Lebenshaltung.
Bei kleineren Familiengesellschaften geschieht die Mitarbeit von Ehegatten in der Regel nicht auf Grund eines steuerlich zu beachtenden Arbeitsvertrags.
Arbeitsverträge mit rückwirkender Kraft sind bei Ehegatten steuerlich grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1, § 19/1, § 26a/1, § 33a/3; EStR Abschn. 192/2
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine OHG, vertreibt Manufaktur- und Kurzwaren im Einzel- und Großhandel. Gesellschafter mit einer Gewinnbeteiligung von je 50 v. H. sind Vater und Sohn. Die Bfin. beschäftigte 1954 23 Angestellte und 2 Arbeiter. Sie kürzte 1954 den Gewinn um einen Betrag von 2.542 DM für die Beschäftigung von zwei Hausgehilfinnen, und zwar für die Hausgehilfin des Vaters um 1.326 DM und die des Sohnes um 1.216 DM. Sie führt an, die Hausgehilfinnen arbeiteten auch im Betrieb mit. Im übrigen würden sie im Haushalt nur beschäftigt, weil die Ehefrauen der beiden Gesellschafter im Betrieb mitarbeiteten und dort zwei leitende Angestellte ersetzten. Das Finanzamt erkannte wegen der Mitarbeit der Hausgehilfinnen im Betrieb einen Betrag von 1.000 DM als Betriebsausgabe an; einen weiteren Abzug lehnte es ab.
Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück. Es führte aus: Aufwendungen für Hausgehilfinnen seien grundsätzlich Kosten der Lebensführung. Würde eine Hausgehilfin auch im Betrieb beschäftigt, so könne ein angemessener Teil der Aufwendungen als Betriebsausgabe berücksichtigt werden. Der vom Finanzamt anerkannte Betrag von 1.000 DM sei angemessen. Der Antrag der Bfin. auf Abzug der vollen Aufwendungen sei aber nicht gerechtfertigt. Die Ausgaben für eine Hausgehilfin seien nicht Betriebsausgaben, wenn die Hausgehilfin nur deshalb beschäftigt werde, weil die Ehefrau im Betrieb des Ehemanns mitarbeite. Wollte man das anerkennen, so müßte man die Kosten für eine Hausgehilfin auch dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zulassen, wenn eine Frau in einem fremden Betrieb berufstätig sei oder einen eigenen Gewerbebetrieb unterhalte. Das Finanzgericht Düsseldorf habe im Urteil vom 28. November 1952 ("Der Betrieb" 1953 S. 35) mit Recht verneint, daß die Ausgaben für eine Hausgehilfin Werbungskosten seien, wenn eine Frau in einem Arbeitsverhältnis stehe. Das gleiche müsse gelten, wenn die Ehefrau im Betrieb des Ehemanns mitarbeite. Es könne hier dahingestellt bleiben, ob Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten steuerlich anerkannt werden könnten. Denn ein Arbeitsverhältnis liege nicht vor. Im übrigen könnten bei einem Arbeitsverhältnis zwar der an die Ehefrau gezahlte Lohn, nicht aber die Ausgaben für eine Hausgehilfin abgesetzt werden.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) werden unrichtige Auslegung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und mangelhafte Sachaufklärung gerügt. Im einzelnen trägt die Bfin. vor: Die Gesellschafter hätten zwar an ihre Ehefrauen keinen Arbeitslohn gezahlt, wohl aber statt dessen an die Hausgehilfinnen. Im wirtschaftlichen Ergebnis seien die Aufwendungen für die Hausgehilfinnen Arbeitslohn für die Mitarbeit der Ehefrauen. Die Annahme des Finanzgerichts, zwischen den Ehefrauen und der Bfin. habe kein Arbeitsverhältnis bestanden, sei unrichtig. Das Finanzgericht habe insoweit den Sachverhalt nicht aufgeklärt. Es liege zwar kein schriftlicher Arbeitsvertrag vor. Wirtschaftlich liege aber ein Arbeitsverhältnis vor, weil die Ehefrauen seit Bestehen des Betriebs und der Eheschließung mitarbeiteten. Ein Arbeitslohn sei nur deshalb nicht vereinbart worden, weil bisher nach § 26 EStG eine solche Vereinbarung steuerlich wirkungslos gewesen sein würde. Den Ehefrauen dürfe kein Rechtsnachteil daraus erwachsen, daß sie es infolge der Rechtsunsicherheit unterlassen hätten, ihnen steuerlich günstige Vereinbarungen zu treffen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Ohne Rechtsverstoß konnte das Finanzgericht die Ausgaben für die Hausgehilfinnen, weil sie auch im Betrieb mitgearbeitet hatten, teilweise als Betriebsausgaben zum Abzug zulassen. Die Schätzung auf 1.000 DM war möglich. Der Antrag der Bfin., darüber hinaus die Ausgaben für die Hausgehilfinnen voll als Betriebsausgaben anzuerkennen, weil die Ehefrauen der Gesellschafter im Geschäft mitarbeiten und sich deshalb nicht um den Haushalt kümmern können, ist nicht begründet. Ausgaben für den Haushalt gehören grundsätzlich zu den Kosten der Lebensführung, auch wenn ein gewisser Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Wird eine Hausgehilfin im Haushalt beschäftigt, so ist nicht klar und eindeutig zu trennen, inwieweit betriebliche Gründe oder das Bedürfnis nach gehobener Lebenshaltung mitspielen. Denn nach der Lebenserfahrung sind bei der Beschäftigung von Hausgehilfinnen im allgemeinen auch Gründe der gehobenen Lebensführung und der privaten Lebensgestaltung von wesentlichem Einfluß. Ist aber nicht klar festzustellen, ob eine Aufwendung aus betrieblichen oder privaten Gründen veranlaßt ist, so muß sie gemäß § 12 Ziff. 1 Satz 2 EStG als außerbetrieblicher (privater) Aufwand behandelt werden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 633/54 U vom 10. März 1955 - Slg. Bd. 60 S. 343, Bundessteuerblatt (BStBl) 1955 III S. 131 -, I 176/55 U vom 8. November 1955 - Slg. Bd. 61 S. 466, BStBl 1955 III S. 379 -, VI 39/56 U vom 5. Juli 1957 - Slg. Bd. 65 S. 246, BStBl 1957 III S. 328 0). Mit Recht hat das Finanzgericht auch darauf hingewiesen, daß die Anerkennung der Kosten für eine Hausgehilfin in Fällen der vorliegenden Art zu einer ungleichmäßigen Besteuerung führen müßte.
Der weitere Antrag der Bfin. geht dahin, in Höhe der nicht als Betriebsausgaben berücksichtigten Ausgaben für die Hausgehilfinnen einen Arbeitslohn für die beiden Ehefrauen als Betriebsausgaben zuzulassen und zu unterstellen, daß die Ehefrauen den ihnen zugeflossenen Arbeitslohn zur Entlohnung der Hausgehilfinnen verwendet hätten.
In der Entscheidung I 231/56 S vom 3. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 27) hat der Senat ausgesprochen, daß ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten auch steuerlich zu beachten ist. Ob die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, ist nach den Umständen des einzelnen Falles zu entscheiden. Bei einem ernsthaften Arbeitsverhältnis besteht ein Verhältnis der über- und Unterordnung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das ist im allgemeinen zwischen Ehegatten nicht der Fall. Der mitarbeitende Ehegatte hat gewöhnlich im Betrieb eine wesentlich andere Stellung als ein fremder Arbeitnehmer. Das gilt insbesondere bei kleineren Betrieben. Hier arbeitet der Ehegatte im Betrieb des anderen Ehegatten gewöhnlich auf Grund des ehelichen Verhältnisses mit; die Ehegatten schaffen in gemeinsamer Arbeit die wirtschaftliche Grundlage für den Haushalt und die eheliche Lebensführung.
Ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis setzt ferner einen klar geschlossenen und durchgeführten Arbeitsvertrag voraus. Arbeitsverträge zwischen Ehegatten können nicht mir rückwirkender Kraft geschlossen werden; ebensowenig kann ein vertraglich vereinbartes Entgelt mit rückwirkender Kraft erhöht werden. Die Grundsätze, die der Senat für die steuerliche Behandlung von Arbeitsverhältnissen zwischen Eltern und Kindern entwickelt hat, sind insoweit auf Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten sinngemäß anzuwenden (vgl. Urteil des Senats I 193/55 U vom 6. Dezember 1955, Slg. Bd. 62 S. 43, BStBl 1956 III S. 17).
Nach diesen Rechtsgrundsätzen kann nicht anerkannt werden, daß im Streitfall die beiden Ehefrauen in einem ernsthaften Arbeitsverhältnis zu der Bfin. standen. Es handelt sich um einen verhältnismäßig kleinen Betrieb in der Hand von Familienangehörigen. In solchen Fällen haben erfahrungsgemäß die Inhaber und ihre Ehegatten im Betrieb nicht die gleiche Stellung wie fremde Arbeitnehmer, sondern sie sind "Chef" und "Chefin". Es liegt kein Anhalt vor, daß es im Streitfall anders war. Die Bfin. hat auch nicht dargetan, daß für das Streitjahr ein ernsthafter Arbeitsvertrag geschlossen und durchgeführt worden ist. Der Einwand, daß man keinen Arbeitsvertrag geschlossen habe, weil nach der damaligen allgemeinen Rechtsübung Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten keine steuerlichen Auswirkungen hatten, greift nicht durch. Fehlt die bürgerlich-rechtliche Vertragsgrundlage für ein Arbeitsverhältnis, so kann die Rechtsprechung nicht zulassen, daß sie entgegen den allgemeinen Grundsätzen für steuerliche Zwecke nachträglich geschaffen wird. Hätte der Gesetzgeber das unter Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen zulassen wollen, so hätte er es ausdrücklich bestimmen müssen. Er hat aber sogar in § 26 a Abs. 1 Satz 2 EStG 1957 bestimmt, daß die rein tatsächliche Mitwirkung eines Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten nicht zur Aufspaltung der Einkünfte führen kann. Diese Bestimmung würde ausgehöhlt, wenn man entgegen den allgemeinen Grundsätzen rückwirkend Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten anerkennen wollte. Im übrigen spricht die eigene Einlassung der Bfin. gegen die Ernsthaftigkeit eines Arbeitsverhältnisses. Hätten die Beteiligten aus allgemeinen wirtschaftlichen Gründen ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis gewollt, so hätten sie ohne Rücksicht auf die steuerlichen Folgen einen Arbeitsvertrag geschlossen und durchgeführt. So sind z. B. nicht selten ernsthafte Gesellschaftsverhältnisse zwischen Ehegatten vereinbart und durchgeführt worden, wenngleich sie steuerlich keine Auswirkungen hatten.
Fundstellen
Haufe-Index 408949 |
BStBl III 1958, 70 |
BFHE 1958, 178 |
BFHE 66, 178 |