Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Hat der BFH über einen bei ihm unmittelbar gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung entschieden, so ist für die Festsetzung der Aufwendungen gemäß § 149 FGO der Urkundsbeamte beim BFH nicht zuständig, es sei denn, daß es sich um einen Fall des § 37 FGO handelt. FGO §§ 69, 149.
Normenkette
FGO §§ 69, 149
Tatbestand
Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Steuerpflichtige (Stpfl.) hat gegen ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Rechtsbeschwerde eingelegt. Außerdem hat sie die Aufhebung der Vollziehung der strittigen Steuerbeträge gemäß § 69 Abs. 3 Satz 4 FGO beim BFH beantragt. Der Senat hat am 18. August 1966 in der Sache selbst einen Vorbescheid erlassen, der rechtskräftig geworden ist, und am 16. Dezember 1966 beschlossen: "In dem Verfahren über die Hauptsache ist am 18. August 1966 ein Vorbescheid ergangen, der rechtskräftig geworden ist. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist deshalb gegenstandslos geworden. In der Hauptsache ist den Anträgen der Stpfl. entsprochen worden. Das FA hat daher die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Streitwert wird auf 3.911 DM festgesetzt. "
Mit Schreiben vom 17. Februar 1967 hat die Vertreterin der Stpfl. beantragt, die ihrer Mandantin zu erstattenden Aufwendungen gemäß § 149 FGO festzusetzen.
Entscheidungsgründe
Nach § 149 Satz 1 FGO werden die den Beteiligten zu erstattenden Aufwendungen auf Antrag von dem Urkundsbeamten des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt. Das Gericht des ersten Rechtszuges ist in der Regel das FG (siehe auch § 147 Satz 1 FGO; die Kommentare zur FGO vertreten keine abweichende Meinung). Gericht des ersten Rechtszuges ist der BFH nur in den Fällen des § 37 FGO. Wenn auch der VI. Senat im Beschluß VI S 2/66 vom 27. Januar 1967 (BFH 87, 602, BStBl III 1967, 256) davon spricht, daß das Aussetzungsverfahren ein selbständiges Verfahren neben dem Hauptverfahren sei, so muß daraus, wie sich aus dem Zusammenhang ergibt, nicht geschlossen werden, daß der VI. Senat damit zugleich ausdrücken will, es handele sich bei dem Aussetzungsverfahren um ein selbständiges Verfahren in dem Sinne, daß damit der BFH auch Gericht des ersten Rechtszuges sei.
Sinn und Zweck der Kostenvorschriften und der in diesem Abschnitt der FGO enthaltenen Zuständigkeitsregelung sind dahin zu verstehen, daß für Festsetzungen dieser Art generell der Urkundsbeamte des FG zuständig sein soll (Ausnahme siehe § 37 FGO). Der Gesetzgeber wählte die Formulierung "Gericht des ersten Rechtszuges", weil ursprünglich das Gerichtsverfahren dreistufig geplant war und jeweils die Geschäftsstelle der zuerst mit der Sache befaßten, untersten Instanz den technischen Teil des Verfahrens abwickeln sollte. Das Aussetzungsverfahren ist zwar im gewissen Umfang vom Hauptverfahren losgelöst, andererseits aber ohne Hauptverfahren nicht denkbar. Es liegt hier eine ähnliche Sachlage vor wie bei Zwischenurteilen und Teilurteilen (§§ 97 und 98 FGO). Auch hier werden verselbständigte Verfahren ausgelöst. Die Verfahren, die Zwischenurteile und Teilurteile nach sich ziehen können, sind zwar selbständig, bleiben aber in ihrer endgültigen Auswirkung Teile des Hauptverfahrens.
Die §§ 147 Satz 1 und 149 Satz 1 FGO sind dahin zu verstehen, daß nach Abschluß der Verfahren nur noch das zuerst mit der Sache befaßte Gericht der untersten Instanz mit der Abwicklung befaßt wird. In den Fällen des § 37 FGO ist die Sachlage insofern anders, als nur der BFH selbst mit der Sache befaßt worden ist und es daher folgerichtig erscheint, hier der Geschäftsstelle dieses Senats die Abwicklung zu übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 412592 |
BStBl III 1967, 422 |
BFHE 1967, 368 |
BFHE 88, 368 |