Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitunternehmerschaft in einer Familien-KG
Leitsatz (NV)
1. Ein Kommanditist entfaltet Mitunternehmerinitiative, wenn er Gesellschaftsrechte ausüben kann, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die ihm nach dem Handelsgesetzbuch zustehen.
2. Ein Kommanditist trägt Mitunternehmerrisiko, wenn er einerseits am laufenden Gewinn, im Fall seines Ausscheidens und der Liquidation der Gesellschaft auch an den stillen Reserven des Betriebsvermögens, andererseits nach Maßgabe des § 167 Abs. 3 HGB am Verlust beteiligt ist.
3. Hat ein Kommanditist aufgrund von Beschränkungen seiner Gesellschaftsrechte nicht die Stellung eines Mitunternehmers erlangt, kann er unter bestimmten Voraussetzungen steuerrechtlich als typischer stiller Gesellschafter behandelt werden.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat seit dem Jahre . . . die Rechtsform einer KG. Persönlich haftender Gesellschafter war bis zum 29. Dezember 1972 der am 22. November 1977 verstorbene A. Durch die Übernahme der Kommanditeinlagen seiner Geschwister hatte sich sein Gewinnanteil auf 6/7 erhöht. Einzige Kommanditistin blieb seine Schwester B, die Beigeladene zu 1, mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 40 000 DM und einem Gewinnanteil von 1/7.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 17. Dezember 1966 wurden die Ehefrau des A, C, die Beigeladene zu 2, und deren vier gemeinsame minderjährige Kinder D, E, F, G, die Beigeladenen zu 3 bis 6, als weitere Kommanditisten aufgenommen. Die Kommanditeinlage der neu eingetretenen Kommanditisten, die A ihnen geschenkt hatte, betrug jeweils 40 000 DM.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 23. Dezember 1972 (im folgenden: Gesellschaftsvertrag) wurde die Personen-KG unter unveränderter Firma in eine GmbH & Co. KG umgewandelt. Persönlich haftende Gesellschafterin wurde die H-GmbH. Deren einziger Gesellschafter war bis zu seinem Tod A. Ihr Geschäftsführer wurde neben ihm der Kaufmann J. A wurde ferner Kommanditist mit einer Einlage von 600 000 DM. Die Einlagen der Beigeladenen zu 1 und 2 änderten sich nicht; die der Beigeladenen zu 3 bis 6 erhöhten sich auf jeweils 120 000 DM, die sie ebenfalls schenkweise erhalten hatten.
Der Gesellschaftsvertrag enthält folgende Vereinbarungen:
Das Widerspruchsrecht der Kommanditisten ist ausgeschlossen (§ 5).
Jeder Gesellschafter hat für je 1 000 DM seiner eingezahlten Einlage eine Stimme. Die Komplementärin hat stets 20 Stimmen. Abstimmungen in der Gesellschafterversammlung erfolgen mit einfacher Stimmenmehrheit (§ 6 Abs. 1 und 2).
Der Gewinn und Verlust nach Abzug der Vorabvergütungen und des Gewinnvorabanteils der Komplementärin steht A mit 52 v. H. und den übrigen Kommanditisten mit je 8 v. H. zu (§ 7).
A ist unbeschränkt zu Entnahmen berechtigt. Der Jahresgewinn der Beigeladenen zu 1 und 2 wird ihrem ,,Darlehenskonto, das nicht verzinst wird", gutgeschrieben. Ohne Zustimmung des persönlich haftenden Gesellschafters dürfen sie ,,jährlich 5 bzw. 4 v. H. der Beträge auf ihrem Darlehenskonto und ihre persönlichen Steuern entnehmen". Die Gewinnanteile der Beigeladenen zu 3 bis 6 bleiben bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres zinslos als Darlehen an die Klägerin stehen - ausgenommen sind die persönlichen Steuern -. Der nach Vollendung des 30. Lebensjahres anfallende Gewinn kann entnommen werden, soweit nicht die Gesellschafterversammlung etwas anderes beschließt (§ 8).
Im Falle der Kündigung der Klägerin durch A ist dieser berechtigt, das Unternehmen allein oder mit einzelnen der bisherigen oder mit neuen Gesellschaftern fortzuführen. Kündigt die Komplementärin oder einer der weiteren Kommanditisten, wird das Gesellschaftsverhältnis zwischen den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt. Der ausscheidende Gesellschafter wird zum Buchwert ohne Beteiligung an den stillen Reserven in 20 Jahresraten abgefunden. Die Klägerin kann eine weitergehende Hinausschiebung der Zahlungen beschließen (§ 9 Abs. 1 bis 3).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) verteilte die Gewinne in den Streitjahren 1973 bis 1975 erklärungsgemäß auf die Komplementärin und die Kommanditisten. Die Gewinnfeststellungsbescheide für 1973 und 1974 ergingen vorläufig nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO). Der Gewinnfeststellungsbescheid für 1975 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977). Im Anschluß an eine Betriebsprüfung für 1972 bis 1975 erkannte das FA die Mitunternehmereigenschaft der Beigeladenen nicht an. Für die Streitjahre 1973 bis 1975 wurden nach § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderte, für endgültig erklärte Gewinnfeststellungsbescheide erlassen. Für die Streitjahre 1976 und 1977 ergingen erstmalige, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Gewinnfeststellungsbescheide.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Während des finanzgerichtlichen Verfahrens gab das FA auf Anregung des Finanzgerichts (FG) die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide den Beigeladenen bekannt. Die Beigeladenen legten daraufhin Einsprüche ein. Die gegen die ablehnenden Einspruchsentscheidungen erhobenen Klagen nahmen sie zurück; das FG hat sie beigeladen.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Sie ist der Ansicht, daß die Beigeladenen Mitunternehmer seien. Das Gesellschaftsverhältnis aller Beteiligten sei vorrangig nach § 39 AO 1977 zu beurteilen, wonach das bürgerliche Recht für das Steuerrecht maßgeblich sei. § 39 AO 1977 werde durch § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht eingeschränkt. Die Beigeladene zu 1 empfinde es als einen Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn die Hingabe ihres Kapitals ohne Vergütung bleiben solle. Das Urteil des FG komme ihrer Enteignung gleich. Sie stelle ihr Kapital seit dem 1. April 19. . der Klägerin zur Verfügung. Sie besitze keine andere Einkunftsquelle.
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat die Beigeladenen zu Recht nicht als Mitunternehmer i. S. des § 15 Nr. 2 bzw. Abs. 1 Nr. 2 EStG i. d. F. der Streitjahre angesehen. Ihre Rechte als Kommanditisten blieben in den Streitjahren wesentlich hinter den Rechten zurück, die nach dem Regelstatut des Handelsgesetzbuches (HGB) über die KG einem Kommanditisten zustehen.
1. a) Das FA war nicht durch die Rechtsgrundsätze von Treu und Glauben gehindert, die vorläufigen Gewinnfeststellungsbescheide für 1973 und 1974 aufzuheben und einheitliche Gewinnfeststellungsbescheide zu erlassen, mit denen es die Mitunternehmerschaft der Beigeladenen ablehnte.
Das FA kann ausnahmsweise nach den Grundsätzen von Treu und Glauben an die einer vorläufigen Veranlagung zugrunde liegende rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts nicht nur dann gebunden sein, wenn es eine bestimmte rechtliche Beurteilung in verbindlicher Form zugesagt hat, sondern auch, wenn es klar zu erkennen gegeben hat, daß der Steuerpflichtige mit einer Nachforderung nicht mehr zu rechnen brauche. Im Streitfall ist den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG im angefochtenen Urteil (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) nicht zu entnehmen, daß das FA zu erkennen gegeben hat, es werde den Beigeladenen bei den endgültigen Veranlagungen jedenfalls dem Grunde nach entsprechende Gewinnanteile zurechnen. Allein aus der Tatsache der bei der Abgabe der Gewinnfeststellungserklärungen für 1973 und 1974 eingereichten Gesellschaftsverträge vom 17. Dezember 1966 und 23. Dezember 1972 lassen sich die vorläufigen Veranlagungen für 1973 und 1974 nicht dahin verstehen, das FA werde den Beigeladenen bei den endgültigen Veranlagungen mindestens dem Grunde nach entsprechende Gewinnanteile zurechnen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Februar 1980 I R 14/77, BFHE 130, 384, BStBl II 1980, 498; vom 8. Februar 1979 IV R 163/76, BFHE 127, 188, BStBl II 1979, 405).
b) Ebensowenig war das FA gehindert, den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheid für 1975 aufzuheben und einen Gewinnfeststellungsbescheid zu erlassen, mit dem es die Mitunternehmerschaft der Beigeladenen ablehnte.
Nach § 164 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 können Steuern unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist. Letzteres war nach den Feststellungen des FG zunächst nicht der Fall. Eine vorläufige Nachprüfung des steuererheblichen Sachverhalts steht einer Vorbehaltsfestsetzung nicht im Wege. Das entspricht auch dem Sinn der Vorschrift. Sie soll es dem FA ermöglichen, unter Zurückstellung seiner Pflicht zur umfassenden Ermittlung des Sachverhalts (§ 88 AO 1977), die Steuer alsbald festzusetzen; es kann sich dabei allein an die Angaben des Steuerpflichtigen halten (BFH-Urteil vom 4. August 1983 IV R 79/83, BFHE 139, 137, BStBl II 1984, 6). Nach diesen Grundsätzen war es dem FA nicht verwehrt, die abschließende Sachprüfung der eingereichten Gesellschaftsverträge vom 17. Dezember 1966 und 23. Dezember 1972 einer Betriebsprüfung vorzubehalten.
2. Das FG hat zu Recht die Mitunternehmereigenschaft der Beigeladenen verneint.
Es kann offenbleiben, ob die Kommanditanteile den Beigeladenen zugerechnet werden können (§ 39 AO 1977, § 11 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -). Selbst wenn das zu verneinen wäre, liefe dies nicht auf eine Enteignung der Beigeladenen - insbesondere der Beigeladenen zu 1 - hinaus. Denn mit der Verneinung ihrer Gesellschaftereigenschaft für den Bereich des EStG bliebe ihre zivilrechtliche Stellung unangetastet.
Andererseits wären die Beigeladenen mit der steuerrechtlichen Zurechnung der Kommanditanteile allein noch nicht Mitunternehmer i. S. des § 15 Nr. 2 bzw. Abs. 1 Nr. 2 EStG. Dessen Voraussetzungen waren im Streitfall nur bei A und der Komplementär-GmbH, nicht aber bei den Beigeladenen gegeben.
Mitunternehmer i. S. des § 15 Nr. 2 bzw. Abs. 1 Nr. 2 EStG ist der Gesellschafter einer Personengesellschaft - in Ausnahmefällen auch der Teilhaber einer einer Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaft -, der zusammen mit anderen Personen Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Mitunternehmerinitiative bedeutet vor allem Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Ausreichend ist schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten, die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen. Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder ihr wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg oder Mißerfolg eines gewerblichen Unternehmens. Ein Kommanditist trägt ein solches Risiko, indem er einerseits am laufenden Gewinn, im Falle seines Ausscheidens und der Liquidation auch an den stillen Reserven (§§ 168, 161 Abs. 2, 138, 155 HGB, §§ 738 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -), andererseits nach Maßgabe des § 167 Abs. 3 HGB am Verlust beteiligt ist.
Beide Merkmale, nämlich Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko, können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein. Sie müssen jedoch beide vorhanden sein. Ob das zutrifft, ist unter Berücksichtigung aller, die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen. Ob ein Gesellschafter Mitunternehmer durch Erfüllung beider, die Mitunternehmerstellung begründenden, Merkmale ist, kann in besonders gelagerten Fällen in den einzelnen Jahren der Beteiligung unterschiedlich zu beurteilen sein (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 10. November 1987 VIII R 166/84, BFHE 152, 325; Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
Nach diesen Grundsätzen hatten die Beigeladenen im Streitfall keine hinreichenden Möglichkeiten, Mitunternehmerinitiative zu entfalten und Mitunternehmerrisiko zu tragen.
a) Dabei mißt der Senat dem Umstand, daß A nach § 9 Abs. 1 und 3 des Gesellschaftsvertrages die Beigeladenen gegen ihren Willen durch Kündigung zum Buchwert aus der Klägerin hinausdrängen konnte, besondere Bedeutung zu. A hatte im Gegensatz zu den anderen Gesellschaftern die Möglichkeit, im Anschluß an die Kündigung das Geschäft allein oder mit Gesellschaftern seiner Wahl weiterzuführen. Das besagt auch, daß er durch eine Kündigung mittelbar einzelne Gesellschafter für die Zukunft aus der weitergeführten Gesellschaft ausschließen konnte. Einer besonderen Begründung für diese Kündigung bedurfte es seitens des A nicht. Dadurch kommt zum Ausdruck, daß mit der Aufnahme der Beigeladenen gerade kein endgültiger Zustand geschaffen werden sollte. Ein Kommanditist, der unter der ständigen Drohung der Hinausdrängung zum Buchwert steht, kann keine hinreichende Mitunternehmerinitiative entfalten und trägt kein Mitunternehmerrisiko (Urteile in BFHE 152, 325; vom 9. Oktober 1986 IV R 259/84, BFH / NV 1987, 567; vom 5. Juni 1986 IV R 53/82, BFHE 147, 139, BStBl II 1986, 798; vom 15. Oktober 1981 IV R 52/79, BFHE 135, 179, BStBl II 1982, 342; vom 29. April 1981 IV R 131/78, BFHE 133, 392, BStBl II 1981, 663; vom 6. April 1979 I R 116/77, BFHE 128, 202, BStBl II 1979, 620).
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - BGH - (Urteile vom 13. Juli 1981 II ZR 56/80, BGHZ 81, 263; vom 20. Januar 1977 II ZR 217/75, BGHZ 68, 212) wird allerdings eine Hinauskündigungsklausel als unwirksam angesehen. Damit kann jedoch nicht die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung des Gesellschaftsverhältnisses und die Anerkennung der Mitunternehmerschaft erreicht werden. Die Unwirksamkeit der genannten Bestimmung ließe sich wirksam nur dadurch feststellen, daß der Betroffene ihre Rechtswirksamkeit anzweifelt und seine Rechtsposition im Prozeßwege durchsetzt. Dies ist vom Beschenkten aber durchweg nicht zu erwarten (Urteile in BFH / NV 1987, 567; in BFHE 133, 392, BStBl II 1981, 663). Dafür gibt es auch im Streitfall keine Anzeichen.
b) Den Beigeladenen fehlt aus einem weiteren Grund die Möglichkeit der Mitunternehmerinitiative.
Die Beigeladenen hatten in der Gesellschafterversammlung zwar ein Stimmrecht (§§ 161 Abs. 2 i. V. m. § 119 HGB). Solange A Gesellschafter war, lief ihr Stimmrecht aber ins Leere. Auch mit allen 560 Stimmen der Beigeladenen (§ 3 Abs. 3 i. V. m. § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags) konnte A in keinem Fall an einer seine Interessen wahrenden Beschlußfassung gehindert werden. Statt der Einstimmigkeit (§ 119 Abs. 1 HGB) reichte nämlich für alle Beschlüsse grundsätzlich die einfache Mehrheit aus (§ 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags). Darüber verfügte aber A, dem als Mehrheitskommanditist und Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementärin 620 Stimmen zustanden (§ 3 Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags).
Die Einschränkung war zivilrechtlich grundsätzlich möglich und wirksam (BGH-Urteil vom 14. Mai 1956 II ZR 229/54, BGHZ 20, 363). Es kann dahinstehen, ob A über die Stimmrechtsregelung in die Rechtsstellung der Beigeladenen hätte eingreifen können (Martens in Schlegelberger, Handelsgesetzbuch, 5. Aufl., 1986, § 161 Anm. 70 f.); denn darauf kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Möglichkeit, Eingriffe in diesem Bereich abzuwehren, hat nichts mit der Möglichkeit zu tun, im Rahmen der Betriebsführung initiativ zu werden.
Das Widerspruchsrecht (§ 164 HGB) der Beigeladenen war durch den Gesellschaftsvertrag zugunsten der Komplementärin abbedungen (§ 5 des Gesellschaftsvertrags). Der Ausschluß des Widerspruchsrechts ist zwar zivilrechtlich möglich und mag auch für sich gesehen die Mitunternehmerinitiative nicht ausschließen (Urteile in BFHE 152, 325; vom 5. November 1985 VIII R 275/81, BFH /NV 1986, 327). In Verbindung mit der Einschränkung des Stimmrechts ist der Ausschluß des Widerspruchsrechts aber eine entscheidende Einschränkung der Rechte der Beigeladenen, die ihre Mitunternehmereigenschaft ausschließt (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1988 VIII R 328 /83, BFHE 155, 514).
c) Der Umstand, daß die Kontrollrechte (§ 166 HGB) der Beigeladenen unangetastet blieben, ändert daran nichts. Angesichts dessen, daß A die Beigeladenen gegen ihren Willen durch Kündigung auf den Schluß eines jeden Geschäftsjahres zum Buchwert aus der Klägerin hinausdrängen konnte (§ 4 Abs. 2, § 9 Abs. 1 und 3 des Gesellschaftsvertrags), fallen sie nicht entscheidend ins Gewicht (vgl. Urteil in BFHE 127, 188, BStBl II 1979, 405).
d) Bei dieser Sach- und Rechtslage mag es dahingestellt bleiben, ob insbesondere in den weitreichenden Entnahmebeschränkungen der Beigeladenen zu 3 bis 6 (§ 8 Abs. 5 bis 7 des Gesellschaftsvertrags) und der sich mindestens über 20 Jahre erstreckenden Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben der Beigeladenen im Falle ihrer Kündigung (§ 9 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags) weitere Umstände zu sehen sind, die das Mitunternehmerrisiko der Beigeladenen ausschließen (vgl. dazu Urteil in BFHE 152, 325). 3. Die Gewinnanteile der Beigeladenen können auch nicht als Betriebsausgaben der Klägerin im Zusammenhang mit stillen Beteiligungen der Beigeladenen angesehen werden. Zwar kann ein Gesellschaftsvertrag, der für einen Kommanditisten ungewöhnliche Beschränkungen enthält, von einem typisch stillen Gesellschafter aber hingenommen würde, steuerrechtlich als Grundlage einer so zu wertenden Geschäftsbeziehung angesehen werden. Dann müssen dem Gesellschafter aber wenigstens annäherungsweise noch die Rechte zustehen, die einem stillen Gesellschafter nach den §§ 335 ff. HGB zukommen. Der stille Gesellschafter muß die Auszahlung seines Gewinnanteils beanspruchen können (Urteile in BFH / NV 1987, 567; in BFHE 133, 392, BStBl II 1981, 663). Dies ist im Streitfall nicht gewährleistet, da das Entnahmerecht der Beigeladenen weitgehend ausgeschlossen oder sehr beschränkt war (§ 8 Abs. 3 bis 7 des Gesellschaftsvertrags). Im übrigen mangelt es an der eindeutigen Vereinbarung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses.
Fundstellen
Haufe-Index 416527 |
BFH/NV 1990, 92 |