Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand bei Kauf bisher gemieteten Wohnhauses
Leitsatz (NV)
Läßt der Erwerber eines bisher von ihm gemieteten Zweifamilienhauses (Baujahr 1936, Kaufpreis insoweit 166 500 DM) dieses in den beiden Folgejahren mit erheblichem Aufwand (mehr als 40 000 DM) grundlegend renovieren, insbesondere durch Umstellung der wirtschaftlich veralteten Zentralheizung von Kohle auf Strom, so ist die Wertung dieser Modernisierung durch das Finanzamt als Herstellungsaufwand aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (Anschluß an BFH-Urteile v. 8. 7.1980 VIII R 189/78, BFHE 131, 312, BStBl II 1980, 744 und v. 11. 8.1989 IX R 44/86, BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, § 21; EStDV § 82b
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im November 1979 von seinem Arbeitgeber, einen Energieversorgungsunternehmen, ein von ihm bisher gemietetes, teilweise selbstgenutztes Zweifamilienhaus. Der anteilige Kaufpreis für das im Jahr 1936 errichtete Gebäude (einschließlich Garage) betrug 166 500 DM. Nachdem der Kläger noch im Jahre 1979 für die Instandsetzung und Modernisierung des Hauses (Elektroinstallation, Malerarbeiten, Versetzung einer Tür und Einbau einer Sprechanlage) 3 353 DM aufgewandt hatte, ließ er im Streitjahr 1980 u.a. das Dachgebälk instandsetzen (2 642 DM) und die bisherige Kohlezentralheizung auf eine zentrale Elektro-Block-Speicherheizung mit Isolierung der Leitungen umstellen (23 510 DM); damit hingen Elektroinstallationsaufwendungen in Höhe von 3 372 DM sowie Maler- und Teppichbodenarbeiten (3 325 DM) zusammen. Außerdem entfielen 2 014 DM auf die Renovierung des Badezimmers sowie 1 019 DM auf die Veränderung von Türen.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger 42 424 DM als Erhaltungsaufwand bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend und beantragte deren Verteilung auf fünf Jahre gemäß § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah dagegen anschaffungsnahen Herstellungsaufwand als gegeben an und gewährte für die Aufwendungen für die Elektroanlage erhöhte Absetzungen nach § 82a EStDV. Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA hinsichtlich der Instandsetzung des Dachgebälks Erhaltungsaufwand anerkannte, weil es sich um einen versteckten Mangel gehandelt habe.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte im wesentlichen aus: Die vom Kläger aufgewendeten Kosten bildeten in vollem Umfang gemäß § 82b EStDV verteilbaren Erhaltungsaufwand. Auch im Hinblick auf ihre Erbringung im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb seien keine Herstellungskosten gegeben. Denn das Gebäude sei dadurch nicht erheblich in seinem Wesen verändert, in seiner Substanz vermehrt oder - über die übliche Modernisierung hinaus - deutlich verbessert worden. Bei einer Heizungsumstellung sei nach der Verkehrsanschauung eine deutliche Verbesserung des Gebäudes nur anzunehmen, wenn erstmals eine zentrale Heizung eingerichtet werde. Die Annahme anschaffungsnahen Aufwands setze nach dem Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. August 1966 GrS 2/66 (BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672) den Erwerb eines mit erheblichen Mängeln behafteten Gebäudes voraus, dessen zweckgerichtete Nutzung vor der Instandsetzung nur eingeschränkt möglich gewesen sei. Im vorliegenden Fall jedoch sei die frühere Zentralheizung im Erwerbszeitpunkt weder schadhaft noch zwingend erneuerunsbedürftig gewesen. Auch die übrigen Renovierungs- und Verbesserungsmaßnahmen hätten nach ihrer Art und Höhe den Gebäudezustand nicht erheblich verändert. Es habe sich nicht um die Beseitigung offenkundig kaufpreisbeeinflussender Fehler des Gebäudes gehandelt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Das FG-Urteil sei von dem BFH-Urteil vom 12. Februar 1985 IX R 114/83 (BFHE 143, 431, BStBl II 1985, 690) abgewichen. Danach gehören solche Renovierungsaufwendungen zu den Anschaffungskosten des Gebäudes, die in unmittelbarem zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb durchgeführt worden seien, um das Gebäude den veränderten, zeitgemäßen Wohnbedürfnissen anzupassen. Dabei sei unerheblich, ob das Gebäude beim Erwerb objektiv nutzbar gewesen sei. Die aus dem Jahre 1936 stammende Kohleheizung sei wirtschaftlich verbraucht gewesen. Die Auffassung des FG, daß diese Tatsache bei der Kaufpreisbemessung keine erhebliche Rolle gespielt habe, verstoße gegen die Lebenserfahrung.
Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat zu Unrecht die strittigen Aufwendungen als Erhaltungsaufwand zum sofortigen Werbungskostenabzug (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugelassen. Denn es handelt sich um anschaffungsnahen Herstellungsaufwand, der nach ständiger Rechtsprechung, welcher sich der erkennende Senat im wesentlichen angeschlossen hat, nur im Rahmen der Absetzung für Abnutzung (AfA) für das Gebäude zu berücksichtigen ist. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest und verweist zunächst, um Wiederholungen zu vermeiden, auf sein zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil vom gleichen Tage IX R 44/86 (BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53).
Geht man hiervon aus, kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Der Senat läßt unerörtert, ob die Rechtsausführungen des FG mit dem Beschluß des Großen Senats in BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672 vollständig übereinstimmen. Denn jedenfalls ist das FG bei der Beurteilung der Heizungsumstellung von dem BFH-Urteil vom 8. Juli 1980 VIII R 189/78 (BFHE 131, 312, BStBl II 1980, 744) abgewichen. Nach diesem Urteil bilden erhebliche Kosten für die Auswechselung der Ofenheizung durch eine Gas-Etagenheizung in einem zwei Jahre vor der Umstellung erworbenen Mietwohnhaus keinen Erhaltungsaufwand, sondern Herstellungsaufwand, weil das Gebäude mit der Ofenheizung, da nicht mehr einem zeitgemäßen Wohnkomfort entsprechend, wirtschaftlich veraltet war. Dagegen hat hier das FG rechtsirrtümlich allein darauf abgestellt, daß die Kohle-Zentralheizung technisch noch funktioniert habe, und die Frage des wirtschaftlichen Verbrauchs dieser Heizung zu Unrecht nicht erörtert. Diese Frage bejaht der Senat übereinstimmend mit den Revisionsausführungen des FA insoweit, als eine mit Kohle betriebene Zentralheizung mindestens für ein selbsgenutzes Haus im Jahre 1979 wirtschaftlich veraltet war. Hierfür fällt vor allem ins Gewicht, daß die Bedienung einer solchen Heizung im Gegensatz zu modernen Heizungsarten nicht unerhebliche körperliche Arbeiten mit schmutzendem Material in der Regel im Keller erfordert. Der Kläger hat daher ein Haus mit einer Heizung erworben, die nicht mehr einem zeitgemäßen Wohnkomfort entsprach.
Soweit das FG das Vorliegen anschaffungsnahen Aufwands verneint hat, weil eine offenkundige Kaufpreisbeeinflussung fehle, ist es ebenfalls von der bisherigen BFH-Rechtsprechung, insbesondere dem Urteil vom 22. Februar 1973 VIII R 72/68 (BFHE 109, 36, BStBl II 1973, 483) abgewichen. Außerdem widerspricht die Sachverhaltswürdigung durch das FG, daß hier die Modernisierungsbedürftigkeit des Gebäudes bei der Kaufpreisbemessung nicht berücksichtigt worden sei, wie das FA zutreffend geltend macht, der Lebenserfahrung, zumal es sich bei dem Grundstücksverkäufer um den Arbeitgeber des Klägers und zugleich den Stromlieferanten für die neue Heizung handelt.
Dem FG kann auch nicht darin gefolgt werden, wenn es eine erhebliche, ins Gewicht fallende Modernisierung des Gebäudes durch den Kläger verneint. Denn die von diesem im Anschluß an den Grundstückserwerb veranlaßten Maßnahmen stellen sich insgesamt gesehen als eine durchgehende Modernisierung des Hausinneren dar, die über die normalen, jährlich wiederkehrenden Instandsetzungsmaßnahmen weit hinausgeht. Zwar hat sich dadurch, wie das FG zutreffend ausführt, weder das Wesen des Gebäudes verändert noch dessen Bausubstanz vermehrt; jedoch ist der Nutzungswert des Gebäudes erheblich erhöht worden.
Die insgesamt den Betrag von 40 000 DM übersteigenden Aufwendungen seit dem Erwerb sind der absoluten Höhe nach sowie im Vergleich zum Kaufpreis für das Gebäude von 166 500 DM auch so erheblich, daß ihre Wertung als Herstellungsaufwand durch das FA aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.
Die Sache ist spruchreif. Das Begehren des Klägers, die strittigen Aufwendungen als Erhaltungsaufwand gemäß § 82b EStDV zum Abzug zuzulassen, ist nicht begründet.
Soweit das FA Modernisierungsaufwand gemäß § 82a EStDV für die Elektroinstallation anerkannt hat, ist diese Frage nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Infolgedessen war die Klage als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 416588 |
BFH/NV 1990, 494 |