Leitsatz (amtlich)
Die Aufwendungen für eine Küchenspüle in einem Eigenheim können zusammen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Gebäudes nach § 54 EStG 1967 abgeschrieben werden.
Normenkette
EStG 1967 § 54
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufwendungen für eine Chromnikkelspüle in der Küche des Einfamilienhauses der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) zu den nach §§ 7 b, 54 EStG 1967 begünstigten Herstellungskosten gehören.
Die Kläger sind Eheleute. Sie errichteten im Jahre 1966 ein Einfamilienhaus (Antrag auf Baugenehmigung: 10. Juni 1964). Im Jahre 1967 ließen sie darin eine Kücheneinrichtung einbauen, die aus einer Herd-Spüle-Kombination und verschiedenen typisierten Schrankelementen besteht.
In ihrer Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1967, die sie nach erfolglosem Einspruch zur Begründung ihrer Klage gegen den nach einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen ergangenen Einkommensteuerbescheid für 1967 nachreichten, beantragten sie, die gesamten Kosten der Einbauküche als nachträgliche Herstellungskosten bei der Sonderabschreibung nach §§ 7 b, 54 EStG 1967 anzusetzen.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) erließ daraufhin einen nach § 94 AO berichtigten Einkommensteuerbescheid, in dem er die Angaben der Kläger im wesentlichen berücksichtigte. Lediglich die Kosten für die Einbauküche in Höhe von 2 085 DM und nicht belegte Plattenarbeiten von 403 DM erkannte das FA nicht als Herstellungsaufwand des Einfamilienhauses an. Die Kläger machten den Berichtigungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens (§ 68 FGO).
Das FG ließ in seiner in den EFG 1971, 478, veröffentlichten Entscheidung die Aufwendungen für die Plattenarbeiten und für die in die Küche eingebaute Spüle, nicht aber für die übrigen Teile der Einbauküche zur begünstigten Abschreibung nach §§ 7 b, 54 EStG 1967 zu.
Mit der vom FG zugelassenen Revision wendet sich das FA gegen die Anerkennung der Küchenspüle als wesentlichen Bestandteil des Einfamilienhauses. Es führt im wesentlichen aus, die Spüle sei weder zwischen Teile des Gebäudes gebracht noch durch Einpassen an eine für sie bestimmte Stelle mit den sie umschließenden Stücken vereinigt und damit erst ihrer Zweckbestimmung zugeführt worden. Die Verbindung mit Gebäudeteilen habe sie am Wasserzuflußrohr und am Wasserabflußrohr mit leicht lösbarem Anschluß erhalten. Es könne nicht überzeugen, daß Gegenstände der Wohnungseinrichtung nur deshalb, weil sie zur Zweckerfüllung mit Leitungen, die in den Wänden lägen, verbunden werden müßten, wesentliche Bestandteile eines Gebäudes würden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Dem FG ist darin zuzustimmen, daß die Aufwendungen für die Küchenspüle im Eigenheim der Kläger zu den nach §§ 7 b, 54 EStG 1967 abschreibungsfähigen Herstellungskosten gehören.
Der Bauherr eines Eigenheims kann Aufwendungen, die nach der Herstellung zur weiteren Ausgestaltung des Eigenheims anfallen, nach § 54 EStG erhöht abschreiben, wenn sie ihrer Art nach Herstellungskosten sind.
Der Begriff und der Umfang der Herstellungskosten eines Eigenheims, einer Eigensiedlung oder einer eigengenutzten Eigentumswohnung im Sinne des § 54 EStG lassen sich aus dem Gesetz selbst nicht eindeutig entnehmen. Sie müssen daher im Wege der Auslegung nach allgemeinen Grundsätzen bestimmt werden. Dabei kommt bereits dem Wortlaut der Vorschrift selbst Bedeutung zu. Wenn auch in § 83a EStDV 1967 wegen der Begriffe Eigenheim, Eigensiedlung und eigengenutzte Eigentumswohnung auf §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Satz 2 des Zweiten WoBauG verwiesen wird, so können die Herstellungskosten solcher Objekte doch nicht in jedem Falle nach § 54 EStG begünstigt abgeschrieben werden, sondern nur dann, wenn sie "zu mehr als 66 2/3 vom Hundert Wohnzwecken dienen" (§ 54 Abs. 1 EStG). Dadurch erfahren die Begriffe Eigenheim, Eigensiedlung und eigengenutzte Eigentumswohnung eine besondere Qualifizierung. Aber auch Sinn und Zweck der Abschreibungsbegünstigung verlangen es, den in §§ 7 b, 54 EStG verwendeten Begriffen eine besondere Bedeutung zuzuweisen. Wie der VI. Senat des BFH im Urteil vom 27. November 1962 VI 240/61 S (BFHE 76, 313, BStBl III 1963, 115) ausführt, wurde § 7b nach der Währungsumstellung in das Einkommensteuergesetz aufgenommen, um den Bauherren durch die Vorwegnahme künftiger Abschreibungen eine steuerliche Entlastung und damit eine Finanzierungsbeihilfe zu gewähren, durch die der aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen besonders wichtige Bau von Wohnungen gefördert werden sollte. Dieser konkrete Zweck erfordert nach Meinung des Senats, unter den in den genannten Vorschriften verwendeten Begriffen unter Berücksichtigung der jeweiligen Eigenart nur objektiv zu Wohnzwecken geeignete Bauwerke zu verstehen und dementsprechend auch nur die Aufwendungen für solche Maßnahmen zu den abschreibungsbegünstigten Herstellungskosten zu rechnen, die notwendig sind, den Bauwerken diese Eigenschaft zu vermitteln.
Wenn auch seit dem Gesetz zur Neuregelung der Absetzungen für Abnutzung bei Gebäuden vom 16. Juni 1964 (BGBl I 1964, 353, BStBl I 1964, 384) der wohnungspolitische Zweck der Abschreibungsbegünstigung nicht mehr im Vordergrund steht, sondern von der Absicht, die Eigentumsbildung zu fördern, ergänzt wurde (vgl. Bundestags-Drucksache IV/738), besteht weder Anlaß, von dieser Auslegung der Begriffe in den früheren Fassungen des § 7b EStG abzugehen, noch die Notwendigkeit, die nunmehr verwendeten Begriffe in einem weiteren Sinne zu verstehen.
Welche Aufwendungen im einzelnen zu den nach § 54 EStG abschreibungsbegünstigten Herstellungskosten gehören, richtet sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung. Aufwendungen für Einbauten und sonstige Ausstattungen eines Gebäudes rechnen dazu nur insoweit, als diese Einrichtungen bie vernünftiger Auffassung über die Beschaffenheit eines zeitgemäßen Wohnansprüchen genügenden Bauwerks das Gebäude als objektiv zu Wohnzwecken geeignet erscheinen lassen und wirtschaftlich weder zur Wohnungseinrichtung oder zum Hausrat gehören noch Ausdruck des individuellen Wohnbedürfnisses oder der persönlichen Interessen der Bewohner sind. Nach den heutigen Vorstellungen, die insoweit auch denen des Jahres 1967 entsprechen, gehört in die Küche eines Einfamilienhauses ebenso wie in die einer jeden Wohnung ein Wasserabfluß in Form einer Spüle als unverzichtbare Einrichtung eines zeitgemäßen Wohnansprüchen genügenden Bauwerks. Die für sie gemachten Aufwendungen können daher ebenso wie etwa die für Türen und Fenster, für im Badezimmer oder in der Toilette installierte sanitäre Einrichtungen, für die Heizungsanlage oder die Fußböden als Herstellungskosten des Gebäudes angesehen werden.
Dieses Ergebnis stimmt mit den Grundsätzen des Großen Senats des BFH im Beschluß vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) überein. Das Fehlen einer Spüle in der Küche würde dem Einfamilienhaus ein "negatives Gepräge" geben.
Bei der Abgrenzung der abschreibungsbegünstigten von den nicht abschreibungsbegünstigten Einbauten nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts über wesentliche Bestandteile, wie sie der VI. Senat des BFH im Urteil vom 30. Oktober 1970 VI R 88/68 (BFHE 100, 394, BStBl II 1971, 95) für zutreffend erachtet, käme der Senat zu dem gleichen Ergebnis. Er würde die Spüle als den für eine Küche zweckmäßigen Wasserabfluß als wesentlichen Gebäudebestandteil nach § 94 Abs. 2 BGB ansehen, weil ein objektiv zu Wohnzwecken geeignetes Bauwerk ohne einen solchen Wasserabfluß in der Küche als unvollendet erscheinen müßte (vgl. Urteil des BGH vom 8. April 1954 IV ZR 22, 23/54, Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, Nr. 2 zu § 93 BGB, und Enneccerus-Nipperdey, Allgememer Teil des bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., 1. Halbband, § 125 II 2 b). Eine Abweichung von der Entscheidung VI R 88/68, die nach § 11 Abs. 3 FGO eine Anrufung des Großen Senats des BFH erforderlich machte, liegt daher nicht vor (vgl. BFH-Beschluß vom 30. Juni 1967 III B 21/66, BFHE 89, 92, BStBl III 1967, 533 [535]).
Wenn der Senat die notwendige Abgrenzung auch nicht wie der VI. Senat des BFH im Urteil VI 240/61 S nach dem Kriterium der Üblichkeit, sondern nach anderen Merkmalen vornimmt, ist darin ebenfalls keine Abweichung im Sinne des § 11 Abs. 3 FGO zu sehen. Die Frage, unter welchen Umständen Einbauten in ein Gebäude begünstigt abgeschrieben werden können, war in dem dortigen Falle nicht entscheidungserheblich (vgl. BFH-Beschluß vom 23. Februar 1966 II S 2/66, BFHE 86, 248, BStBl III 1966, 402).
Fundstellen
Haufe-Index 70905 |
BStBl II 1974, 474 |
BFHE 1974, 241 |