Entscheidungsstichwort (Thema)
(Dentalgold als Betriebsvermögen eines Zahnarztes - Übergang einer freiberuflichen Praxis auf Vermächtnisnehmer keine Betriebsaufgabe - Verpachtung einer freiberuflichen Praxis führt nicht immer zur Betriebsaufgabe - keine rückwirkende Betriebsaufgabeerklärung - Steuerhinterziehung: objektive und subjektive Tatbestandsmerkmale - Sacheinnahmen als Betriebseinnahmen - Verfahrensmangel - ordnungsgemäße Rüge unzureichender Sachverhaltsaufklärung - Verstoß gegen den Inhalt der Akten)
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Betriebsvermögen eines Zahnarztes kann auch Dentalgold gehören, das zu Beistellungszwecken erworben wird (Anschluß an BFH-Urteil vom 12.Juli 1990 IV R 137-138/89, BFHE 162, 34, BStBl II 1991, 13).
2. Mit dem Tode eines Freiberuflers wird dessen freiberufliches Betriebsvermögen zu Betriebsvermögen des Erben oder der Miterben. Geht die freiberufliche Praxis aufgrund eines Vermächtnisses auf den Vermächtnisnehmer über, so wird das Praxisvermögen Betriebsvermögen des Vermächtnisnehmers.
3. Die vorübergehende Verpachtung einer freiberuflichen Praxis durch den Erben des verstorbenen Freiberuflers oder denjenigen, der die Praxis im Vermächtniswege erworben hat, führt mangels Betriebsaufgabeerklärung nicht zur Betriebsaufgabe, wenn der Rechtsnachfolger im Begriff ist, die für die beabsichtigte Praxisfortführung erforderliche freiberufliche Qualifikation zu erlangen.
4. Hängt die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids davon ab, daß der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung begangen hat, so müssen die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung erfüllt sein (Anschluß u.a. an BFH-Urteil vom 21.Oktober 1988 III R 194/84, BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216).
Orientierungssatz
1. Zu einer Betriebsaufgabe kommt es beim Übergang eines freiberuflichen Betriebsvermögens im Erbwege oder Vermächtniswege auch dann nicht, wenn mit dem Übergang eine Umqualifizierung des bisher freiberuflichen Betriebsvermögens in gewerbliches Betriebsvermögen und eine entsprechende Umqualifizierung der aus dem Betrieb erzielten Einkünfte verbunden ist, weil der Erbe, die Miterben oder der Vermächtnisnehmer nicht über die besondere freiberufliche Qualifikation verfügt (vgl. BFH-Urteil vom 19.5.1981 VIII R 143/78).
2. Wie Geldeingänge sind auch Sacheinnahmen in dem Zeitpunkt als Betriebseinnahme und Endgeld zu erfassen, in dem der Sachwert zufließt (vgl. BFH-Rechtsprechung).
3. Steuerrechtliche Gestaltungserklärungen, zu denen auch die Betriebsaufgabeerklärung gehört, können nicht mit rückwirkender Kraft abgegeben werden (vgl. BFH-Urteil vom 15.10.1987 IV R 66/86).
4. Bei der Steuerhinterziehung nach § 370 AO 1977 gehört zum subjektiven Tatbestand (Vorsatz), daß dem Täter die Steuerunehrlichkeit seines Verhaltens und die Verkürzung des staatlichen Steueranspruchs im Zeitpunkt der Tat bewußt sind. Fehlt es daran, liegt aus strafrechtlicher Sicht ein Tatbestandsirrtum i.S. des § 16 StGB vor (vgl. Literatur).
5. NV: Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist von der sachlich-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz auszugehen (vgl. BFH-Urteil vom 7.7.1976 I R 218/74; Literatur).
6. NV: Für die ordnungsgemäße Rüge unzureichender Sachverhaltsaufklärung ist erforderlich, daß die ermittlungsbedürftigen Punkte (Tatsachen) angegeben, die Beweisthemen und die Beweismittel genau angegeben werden und dargelegt wird, welche Beweise das FG zwar nicht erhoben hat, deren Erhebung sich aber nach Lage der Verhältnisse hätte aufdrängen müssen (vgl. Literatur).
7. NV: Ein Verstoß gegen den Inhalt der Akten liegt vor, wenn dem finanzgerichtlichen Urteil ein Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht, oder eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt geblieben ist (BFH-Beschluß vom 13.4.1976 VI B 12/76).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 3, § 18 Abs. 1 Nr. 1; EStDV § 7 Abs. 1; AO 1977 § 169; FGO § 96; AO 1977 § 170; FGO § 118; AO 1977 §§ 171, 370; EStG § 4 Abs. 3; FGO § 76 Abs. 1, § 120 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Der am 13.Mai 1970 verstorbene Zahnarzt R setzte in seinem Testament seinen Neffen, den Kläger und Revisionskläger (Kläger), als Vermächtnisnehmer ein. Aus dem Nachlaß sollte ihm vor allem die Zahnarztpraxis des Verstorbenen "mit allem Zubehör" übertragen werden. Zum Nachlaß gehörten u.a. etwa 2 kg gebrauchtes Dentalgold (Altgold), bestehend aus alten Zähnen, Brücken, Kronen und Gaumenplatten und sonstigen Abfällen, die bei der Behandlung von Patienten des R angefallen waren. Das Altgold war von R in einem Tresor in der Praxis/ Wohnung aufbewahrt worden. Nach dem Erbfall gelangte der Kläger in den Besitz des Altgoldes, da es von den Beteiligten als Praxiszubehör angesehen wurde. Anschließend veräußerte der Kläger das Altgold in den Streitjahren 1977, 1979 und 1980 an eine Scheideanstalt und erlöste dafür insgesamt 18 191,61 DM. Zum Nachlaß gehörten ferner ca. 2,2 kg Zahngold (Dentalgold), das von R in einem Schließfach bei einer Bank aufbewahrt worden war. Von diesem Dentalgold erhielt der Kläger 1 655,2 g, während die Alleinerbin den Rest behielt. Gegenüber der Alleinerbin hatte der anwaltlich vertretene Kläger auch hinsichtlich des Dentalgoldes geltend gemacht, es gehöre zum Praxisvermögen. Der Kläger veräußerte dieses Gold im Jahre 1979 gegen Zahlung von 26 919,15 DM ebenfalls an eine Scheideanstalt.
Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Todes des R sein Zahnarztstudium noch nicht beendet. Die Praxis des verstorbenen R wurde für eine Übergangszeit bis zum 31.August 1970 von der Assistenzärztin des R fortgeführt. Danach übernahm der Zahnarzt St die Praxis. Zwischen dem Kläger und St war ein Pachtvertrag geschlossen worden, aufgrund dessen St die Praxis mit Räumen, Inventar und Patientenkartei und Beibehaltung des bisherigen Personals bis zum 31.August 1973 fortführte und dafür an den Kläger einen Pachtzins zahlte. Schon damals war vorgesehen, daß danach der Kläger die Praxis übernehmen und fortführen solle. Nach Abschluß seines Studiums arbeitete der Kläger auch schon ab 1.März 1973 in der Praxis mit; ab 1.September 1973 führte der Kläger die Praxis allein weiter. Die Einkünfte aus der Überlassung der Praxis an St gab der Kläger in seinen Einkommensteuererklärungen zunächst nicht an. Nachdem dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) die Zahlungen aufgrund einer bei St durchgeführten Betriebsprüfung bekannt geworden waren, erklärte der Kläger nachträglich (1976) aus der Praxisüberlassung Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Beim Kläger wurde in den Jahren 1984 und 1985 (Beginn: 8.Februar 1984) für die Streitjahre (1977, 1979, 1980) sowie für 1981 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Dabei wurden die angeführten Goldverkäufe und die Nichterfassung der Erlöse hieraus als Entgelte bei der Umsatzsteuer und als Betriebseinnahmen bei der Gewinnermittlung festgestellt. Der Prüfer und, ihm folgend, das FA stellten sich --zunächst-- auf den Standpunkt, das Altgold wie auch das Dentalgold hätten nicht zum Nachlaß des R gehört, sondern seien vom Kläger im Rahmen seiner eigenen Praxis angefallen bzw. angeschafft worden, so daß die Veräußerungserlöse bei der Umsatz- und Einkommensbesteuerung umsatz- bzw. gewinnerhöhend zu erfassen seien. Das FA erließ daraufhin entsprechend geänderte Steuerbescheide, nämlich geänderte Bescheide über gesonderte Gewinnfeststellung 1979 und 1980 vom 17.Juli 1985, geänderte Umsatzsteuerbescheide 1979 und 1980 vom 31.Juli 1985 und den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1977 vom 28.August 1985. Ein geänderter Bescheid zur gesonderten Gewinnfeststellung 1977 erging nicht, da die Feststellungen zur Einkommensteuer 1977 bei der Einkommensteuerveranlagung für dieses Jahr durch das FA B ausgewertet werden. Gegen den Einkommensteuerbescheid 1977 ist wegen der Hinzurechnung von Erlösen aus der Goldveräußerung Einspruch eingelegt worden; das Einspruchsverfahren ruht bis zur Entscheidung im Streitverfahren.
Im Einspruchsverfahren, das dem Streitfall zugrunde liegt, machte der schon damals durch seinen jetzigen Prozeßbevollmächtigten vertretene Kläger geltend, das Altgold wie auch das Dentalgold seien Bestandteile (Zubehör) der Praxis des R gewesen und könnten deshalb nicht seinem, des Klägers, betrieblichen Bereich zugerechnet werden. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das FA blieb bei seiner Auffassung, der Kläger habe bei ihm selbst angefallenes Altgold bzw. von ihm selbst angeschafftes Dentalgold veräußert.
Im Klageverfahren machte der Kläger geltend, das Altgold habe zwar zum Betriebsvermögen des R gehört, habe die Betriebsvermögenseigenschaft jedoch mit dem Tode des R bzw. mit der Verpachtung der Praxis an St verloren, so daß in den Streitjahren nicht Betriebs-, sondern Privatvermögen veräußert worden sei. Auch hinsichtlich des Dentalgoldes trug der Kläger zunächst vor, es habe sich um Betriebsvermögen des R gehandelt, das danach, wie das Altgold, bei ihm Privatvermögen geworden sei. Mit Schriftsätzen vom 24.Januar 1989 und 14.April 1989 wurde hingegen vorgetragen, es habe sich schon bei R nicht um Betriebsvermögen, sondern um eine private Kapitalanlage gehandelt. Schließlich wurde mit Schriftsatz vom 24.Mai 1989 vorgetragen, das Dentalgold habe zu keinem Zeitpunkt dem Kläger gehört; der Veräußerungserlös sei nicht dem Kläger, sondern der zwischenzeitlich in Bulgarien verstorbenen Mutter des R in Erfüllung von deren Pflichtteilsanspruch zugeflossen.
Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, sowohl das Alt- als auch das Dentalgold seien Praxisvermögen des R gewesen und seien in dieser Eigenschaft auf den Kläger in Erfüllung seines Vermächtnisanspruchs übergegangen. Durch die Verpachtung der Praxis an St sei es mangels einer Betriebsaufgabeerklärung nicht zu einer Betriebsaufgabe, sondern lediglich zu einer Betriebsunterbrechung gekommen. Die nachträglich im Jahr 1976 erfolgte Erklärung der Einkünfte aus der Verpachtung als solche aus Vermietung und Verpachtung könne nicht als Betriebsaufgabeerklärung gewertet werden. Eine eindeutige Betriebsaufgabeerklärung sei auch bei einer freiberuflichen Praxis erforderlich. Es komme nicht automatisch zu einer Betriebsaufgabe, wenn der Rechtsnachfolger zunächst selbst noch keine Berechtigung zur Fortführung der Praxis habe und für eine Übergangszeit bis zur Erlangung der beruflichen Qualifikation die Praxis an einen Berufsangehörigen verpachte, um sie dann selbst zu betreiben. In tatsächlicher Hinsicht ging das FG aufgrund einer Beweisaufnahme, in der zu den Vorgängen im Zusammenhang mit dem Dentalgold der Kläger und als Zeuge sein Bruder, der zusammen mit der Erbin am 13.Mai 1970 den Banktresor geleert hatte, vernommen wurden, davon aus, das Dentalgold sei von R nicht als private Kapitalanlage erworben worden und sei entsprechend den früheren Sachverhaltsdarstellungen dem Kläger als Bestandteil des Praxisvermögens übertragen und von ihm in dieser Eigenschaft veräußert worden.
Dagegen richtet sich die vom Senat gemäß § 115 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassene Revision des Klägers, mit der Verletzung materiellen Rechts ++/ und Verletzung der Sachaufklärungspflicht /++ gerügt ++/ werden /++.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist hinsichtlich des Streitjahrs 1977 begründet; im übrigen ist sie unbegründet.
A. Streitjahre 1979 und 1980
Die Einnahmen aus den Altgold- und den Dentalgoldverkäufen an die Scheideanstalt sind zu Recht bei der Gewinnermittlung als Betriebseinnahmen und bei der Ermittlung der Umsätze als Entgelte erfaßt worden.
I. Zutreffend sind das FA und das FG davon ausgegangen, daß die veräußerten Goldmengen beim Erblasser zu dessen notwendigem Betriebsvermögen gehörten.
1. Hinsichtlich der Altgoldmengen ergibt sich die Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen, die zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, daraus, daß das Altgold dem R im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit als Zahnarzt als Betriebseinnahme zugegangen ist. Wie Geldeingänge sind auch Sacheinnahmen in dem Zeitpunkt als Betriebseinnahme und Entgelt zu erfassen, in dem der Sachwert zufließt (vgl. Senatsurteil vom 17.April 1986 IV R 115/84, BFHE 146, 419, BStBl II 1986, 607, und Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1.Februar 1990 V R 26/85, BFH/NV 1990, 605). Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß R die Goldabfälle zur Lieferung an eine Scheideanstalt sammelte; jedenfalls sprechen keine Anhaltspunkte für die Absicht einer anderen Verwendung. Die Goldabfälle gehörten folglich bei R nicht zum Privat-, sondern zum betrieblichen Umlaufvermögen, so daß dem Zugang eines als Betriebseinnahme zu erfassenden Sachwerts für Zwecke der Gewinnermittlung gedanklich eine gleich hohe Betriebsausgabe entgegenzustellen war. Der Vorgang wirkte sich so insgesamt ergebnisneutral aus, so daß bei einer späteren Veräußerung der Erlös als Betriebseinnahme zu erfassen war (Urteil in BFHE 146, 419, BStBl II 1986, 607, 608).
2. Zum Betriebsvermögen des R gehörte auch das im Banksafe aufbewahrte Dentalgold.
a) Wie der Senat im Urteil vom 12.Juli 1990 IV R 137-138/89 (BFHE 162, 34, BStBl II 1991, 13) ausgeführt hat, gehört bei Zahnärzten das zur betrieblichen Verwendung angeschaffte Zahngold zum notwendigen Betriebsvermögen. Die betriebliche Verwendung kann sich nicht nur, wie im Falle dieses Urteils, daraus ergeben, daß der Zahnarzt das Gold zur Verarbeitung im eigenen Labor verwendet, sondern auch daraus, daß er es an zahntechnische Labors zur Verwendung im Rahmen der von ihm dem Labor erteilten Aufträge weitergibt (Beistellung). So hat auch der Kläger selbst Dentalgold zu Beistellungszwecken erworben. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Zahnarzt nur von Fall zu Fall Dentalgold erwirbt oder ob er, wie im Falle des Urteils in BFHE 162, 34, BStBl II 1991, 13 und auch im Streitfall, einen gewissen Vorrat anlegt. Dazu hat der Senat im Urteil in BFHE 162, 34, BStBl II 1991, 13, 14 ausgeführt, auch für Angehörige freier Berufe i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gelte, daß es grundsätzlich Sache des Steuerpflichtigen sei, über Zeitpunkt und Umfang der Vorratsbeschaffung zu befinden. Für die Beschaffung von Dentalgoldvorräten gilt dies nach dem Urteil auch, wenn der Zahnarzt bestrebt ist, eine (vermeintlich oder wirklich) günstige Marktsituation auszunutzen und deshalb einen umfangreichen Vorratskauf tätigt. Dieser Betrachtung seien allerdings Grenzen gesetzt. Ergebe sich, daß der Zahnarzt während eines überschaubaren Zeitraums den angeschafften Goldvorrat mengenmäßig nicht verbrauchen konnte oder tatsächlich nicht verbraucht hat, sondern zur Realisierung von Wertsteigerungen oder zur Begrenzung von Wertverlusten Teile des Zahngoldvorrats an den Lieferanten zurückverkauft hat, oder auch der beschaffte Vorrat während der voraussichtlich begrenzten Dauer der freiberuflichen Tätigkeit nicht mehr verbraucht werden kann, sondern anläßlich ihrer Beendigung veräußert werden muß, könne daraus geschlossen werden, daß für die Beschaffung zumindest eines Teils des Goldvorrats allein spekulative Überlegungen, nicht aber Praxisbedürfnisse ursächlich gewesen seien.
b) Im Streitfall hat das FG es für erwiesen erachtet, daß das Dentalgold von R nicht als private Kapitalanlage, sondern für Zwecke der zahnärztlichen Praxis in Form der Beistellung bei Aufträgen an zahntechnische Labors erworben worden ist. Das FG hat sich dazu auf die besondere Legierung des Dentalgoldes, die eine Verwendung zu anderen als zu zahnmedizinischen Zwecken ausschließe, berufen. Diese Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorratshaltung war auch nicht so umfangreich, daß das FG allein wegen der Vorratsmenge (ganz oder teilweise) auf eine außerbetrieblich veranlaßte Vermögensanlage hätte schließen müssen. Im Urteil in BFHE 162, 34, BStBl II 1991, 13 sind Anschaffungen von 8,7 kg Dentalgold im Jahre 1981 und von 12 kg im Jahre 1982 als betrieblich veranlaßt angesehen worden, obwohl damit bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 2,5 kg ein Vorrat für sechs bis sieben Jahre angelegt worden war. Danach kann mangels konkreter Anhaltspunkte für eine abweichende Wertung auch einer Vorratshaltung von etwa 2,2 kg wie im Streitfall die betriebliche Veranlassung nicht abgesprochen werden. Auch vom Kläger ist zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht worden, der von R angelegte Vorrat stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zum tatsächlichen Praxisbedarf des R. Unter diesen Umständen kann auch nicht aus dem späteren Verkauf des Dentalgoldes durch den Kläger gefolgert werden, dieses sei auch bei R von vornherein Privatvermögen gewesen.
++/ c) Die in diesem Zusammenhang von der Revision vorgetragenen Verfahrensrügen schlagen nicht durch.
aa) Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, ist von der sachlich-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz auszugehen (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 1976 I R 218/74, BFHE 119, 274, BStBl II 1976, 621; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Tz. 26). Das FG war der Auffassung, Dentalgold könne auch bei der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung (notwendiges) Betriebsvermögen eines Zahnarztes sein. Bei diesem Ausgangspunkt kam es auf die Art der Gewinnermittlung des R nicht mehr an.
bb) Das FG hat seiner Entscheidung nicht Feststellungen über tatsächliche Beistellungen des R zugrunde gelegt, sondern sich mit der Feststellung begnügt, R habe das Dentalgold für Beistellungen verwenden können. Dagegen wendet die Revision ein, das FG habe nicht überprüft, ob seitens R tatsächlich Beistellungen erfolgt seien; dann hätte das FG nämlich festgestellt, daß Beistellungen tatsächlich nicht erfolgt seien. Dieser Vortrag entspricht nicht den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Verfahrensrüge. Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO müssen bei der Verfahrensrüge die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben. Bei der Rüge unzureichender Sachverhaltsaufklärung ist dazu erforderlich, daß die ermittlungsbedürftigen Punkte (Tatsachen) angegeben, die Beweisthemen und die Beweismittel genau angegeben werden und dargelegt wird, welche Beweise das FG zwar nicht erhoben hat, deren Erhebung sich aber nach Lage der Verhältnisse hätte aufdrängen müssen (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 120 FGO Tz. 63 unter Buchst. a, m.w.N.). Diesen Voraussetzungen ist im Streitfall nicht genügt. Zur Frage der Zugehörigkeit des Dentalgoldes zum Betriebsvermögen des R hat der Kläger zunächst mit Schriftsatz vom 24. Mai 1989 vorgetragen, die Goldplättchen hätten bei R mangels Unterhaltung eines Zahnlabors nicht zu dessen notwendigem Betriebsvermögen gehört, sie hätten wegen der Gewinnermittlungsart (Überschußrechnung) auch nicht gewillkürtes Betriebsvermögen werden können, im übrigen gehöre die Vorratsbildung von Feingold für Krisenzeiten nach der Rechtsprechung des FG (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 27. Januar 1984 I 203/83, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1984, 447) nicht zum Betriebsvermögen, die Goldplättchen seien "offensichtlich" als wertsichere Vermögensanlage angeschafft worden. Mit diesem Vortrag wurde jedoch keineswegs ausgeschlossen, daß es bei R tatsächlich nicht doch zu Beistellungen aus eigenen Dentalgoldvorräten gekommen ist. Unstreitig hat R Goldarbeiten in zahntechnischen Labors durchführen lassen. Der Kläger hat das selbst in seiner Anhörung zur Sachverhaltsaufklärung vor dem FG am 9. Februar 1989 dargelegt. Weder in dieser noch in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 13. September 1989 ist vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, bei R sei es tatsächlich nicht zu Beistellungen gekommen. Bei dieser Verfahrenslage brauchte sich dem FG die Notwendigkeit, insoweit den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären, auch nicht Amts wegen aufzudrängen. Denn es entspricht der Lebenserfahrung, daß Dentalgoldmengen, die von Zahnärzten im Rahmen vernünftiger Vorratshaltung angeschafft werden, auch tatsächlich zu Beistellungszwecken verwendet werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Preisentwicklung vorteilhaft erscheint.
cc) Gerügt wird ferner, das FG habe nicht ermittelt, " ob die Goldplättchen überhaupt aus betrieblichen Mitteln angeschafft worden sind und ob die entsprechende Anschaffung über Betriebsausgaben gelaufen ist". Abgesehen davon, daß die Herkunft der Mittel für die Anschaffung für die Beurteilung der betrieblichen oder außerbetrieblichen Veranlassung der Anschaffung nicht entscheidend ist, gilt nach den Ausführungen unter bb) auch insoweit, daß sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Sachverhaltsermittlung nicht aufzudrängen brauchte.
dd) Auch die Rüge, das FG habe gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, wenn es "eine private Verwertungsmöglichkeit praktisch ausscheide", kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen. Ein Verstoß gegen den Inhalt der Akten liegt vor, wenn dem finanzgerichtlichen Urteil ein Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht, oder eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt geblieben ist (BFH-Beschluß vom 13. April 1976 VI B 12/76, BFHE 118, 546, BStBl II 1976, 503). Im Streitfall ist dies nicht geschehen. Das FG hat keineswegs verkannt, daß die Scheideanstalt bei ihr erworbene Dentalgoldlegierungen im Regelfall zum Tagespreis zurückkauft, sondern im Zusammenhang mit seiner Wertung, bei der Vorratshaltung handele es sich um einen betrieblichen Vorgang, auf das Fehlen anderer Verwendungsmöglichkeiten und das Fehlen einer Rückgabegarantie der Scheideanstalt verwiesen. Das FG hat seinem Urteil also den zutreffenden und so sich auch aus den Akten ergebenden Sachverhalt zugrunde gelegt.
ee) Unbegründet ist schließlich die Rüge, das FG habe es unterlassen, die Ehefrau des Zeugen X als Zeugin zu vernehmen. Diese Rüge steht im Zusammenhang mit dem Vorbringen des Klägers, er habe --abweichend von seinem früheren Vortrag-- das Dentalgold nicht zu Eigentum erworben, sondern es lediglich gleichsam als Bote seines Bruders, der es bis dahin verwahrt habe, zur Scheideanstalt gebracht, um es dort für Rechnung der in Bulgarien lebenden und im Zeitpunkt dieses geänderten Vorbringens bereits verstorbenen Mutter des R in Geld umzutauschen. Das FG ist aufgrund einer eingehenden Beweisaufnahme und deren ausführlicher Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, daß diese Darstellung unzutreffend war, vielmehr entsprechend dem langjährigen tatsächlichen Vorbringen des Klägers sowohl im Einspruchs- als auch im Klageverfahren der Kläger Eigentümer (des größeren Teils) des Dentalgoldes geworden war und es für eigene Rechnung veräußert hat. Diese Beweiswürdigung ist zumindest möglich und beruht auch nicht auf einem Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze und ist deshalb für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend. Die nicht näher präzisierter Aussage des Zeugen, seine Ehefrau habe das Gold bei ihm in der Wohnung gesehen, steht dem nicht entgegen. Denn auch das FG ist in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß es der Zeuge war, der die später an den Kläger weitergegebene Dentalgoldmenge zunächst zusammen mit der Erbin dem Banktresor entnommen und erst später dem bei der Tresoröffnung nicht anwesenden Kläger, seinem Bruder, weitergegeben hat. Damit ist durchaus vereinbar, daß die Ehefrau des Zeugen das Gold bei diesem in der Wohnung "gesehen" hat. Der Kläger und sein Prozeßbevollmächtigter haben in der mündlichen Verhandlung eine Vernehmung der Ehefrau des Zeugen auch nicht beantragt; nach dem Vorgesagten brauchte sich dem FG die Notwendigkeit einer solchen Vernehmung auch nicht ohne Beweisantrag von Amts wegen aufzudrängen. /++
II. Die Altgold- und Dentalgoldvorräte haben ihre Betriebsvermögenseigenschaft auch nicht vor der Veräußerung durch den Kläger verloren.
1. Der Tod des R führte nicht dazu, daß sein freiberufliches Betriebsvermögen zu Privatvermögen wurde. Nach der Rechtsprechung des BFH führt die Beendigung der freiberuflichen Tätigkeit mit dem Tode des Freiberuflers nicht dazu, daß das der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit dienende Betriebsvermögen in das Privatvermögen des oder der Erben übergeht (BFH-Urteile vom 7.Oktober 1965 IV 346/61 U, BFHE 83, 462, BStBl III 1965, 666; vom 19.Mai 1981 VIII R 143/78, BFHE 133, 396, BStBl II 1981, 665). Diese rechtliche Wertung entspricht auch den Rechtsgrundsätzen im Beschluß des Großen Senats zur Erbauseinandersetzung vom 5.Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837). Danach ist davon auszugehen, daß mit dem Tode des Erblassers der oder die Erben Inhaber oder Mitinhaber (Mitunternehmer) des Betriebs werden. Dies gilt nicht nur für gewerbliche Betriebe, sondern auch für land- und forstwirtschaftliche sowie für freiberufliche Betriebe (vgl. die Ausführungen unter C. I. 1. vor Buchst.a des Beschlusses). Erfolgt die Erbauseinandersetzung in der Weise, daß (ohne Leistung einer Ausgleichszahlung) einem Erben in Erfüllung seines Auseinandersetzungsanspruchs das wesentliche Vermögen eines zum Nachlaß gehörenden Betriebs übertragen wird, so ist von einem unentgeltlichen Erwerb des Betriebs i.S. des § 7 Abs.1 der Einkommensteuer- Durchführungsverordnung (EStDV) zunächst durch die Erbengemeinschaft vom Erblasser und sodann durch den betreffenden Miterben von der Erbengemeinschaft auszugehen. Das übergehende Vermögen behält auch in diesem Falle die Betriebsvermögenseigenschaft. Entsprechendes gilt, wenn, wie im Streitfall, der Nachlaß auf einen (oder mehrere) Erben übergeht und der Erbe (die Erben) in Erfüllung eines Vermächtnisses einen zum Nachlaß gehörenden Betrieb unentgeltlich auf den Vermächtnisnehmer übertragen.
2. Zu einer Betriebsaufgabe kommt es beim Übergang eines freiberuflichen Betriebsvermögens im Erb- oder Vermächtniswege auch dann nicht, wenn mit dem Übergang eine Umqualifizierung des bisher freiberuflichen Betriebsvermögens in gewerbliches Betriebsvermögen und eine entsprechende Umqualifizierung der aus dem Betrieb erzielten Einkünfte verbunden ist, weil der Erbe, die Miterben oder der Vermächtnisnehmer nicht über die besondere freiberufliche Qualifikation verfügt (vgl. Urteil in BFHE 133, 396, BStBl II 1981, 665).
3. Auch die Verpachtung der Praxis an St führte nicht zur Betriebsaufgabe.
a) Für die Verpachtung gewerblicher und land- und forstwirtschaftlicher Betriebe ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, daß die Betriebsverpachtung als solche mangels eindeutiger Erklärung nicht zu einer Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs.3 EStG führt (vgl. BFH-Urteile vom 13.November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124, und vom 18.März 1964 IV 114/61 S, BFHE 79, 195, BStBl III 1964, 303). Geht ein Betrieb unentgeltlich, insbesondere im Erbwege, über, so steht das Wahlrecht, bei einer Betriebsverpachtung die Betriebsaufgabe zu erklären oder den Betrieb als Verpachtungsbetrieb fortzuführen, dem Rechtsnachfolger zu. Dazu ist nicht erforderlich, daß der Rechtsnachfolger den Betrieb zunächst in eigener Person fortführt und erst später verpachtet. Vielmehr besteht das Wahlrecht auch, wenn der Rechtsnachfolger alsbald den Betrieb verpachtet, ohne ihn zuvor selbst geführt zu haben (vgl. auch Abschn.139 Abs.5 Satz 20 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--). Durch das BFH-Urteil vom 20.April 1989 IV R 95/87 (BFHE 157, 365, BStBl II 1989, 863) wird das Verpächterwahlrecht nur für den Fall des entgeltlichen Erwerbs eines zuvor nicht selbst bewirtschafteten Betriebs, nicht hingegen, wovon auch Abschn.139 Abs.5 Satz 20 EStR zutreffend ausgeht, für den Fall des unentgeltlichen Erwerbs eines zuvor vom Rechtsvorgänger bewirtschafteten Betriebs ausgeschlossen.
b) aa) Für freiberufliche Betriebe wird angenommen, daß bei ihrer Verpachtung in der Regel eine Betriebsaufgabe mit der Folge vorliegt, daß etwa vorhandene stille Reserven aufzulösen sind (vgl. Abschn.147 Abs.2 Satz 2 EStR; vgl. auch Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 18 EStG Anm.167; Stuhrmann in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 18 Rdnr.D 32; Sommer in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 18 Rz.230). Der Senat läßt offen, ob er sich dem im Grundsatz anschließen könnte. Eine besondere Beurteilung ist nach Auffassung des Senats jedenfalls geboten und gerechtfertigt, wenn der Rechtsnachfolger im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbs zwar die freiberufliche Qualifikation noch nicht besitzt, jedoch im Begriffe ist, sie zu erwerben, mit einer entsprechenden berufsbezogenen Ausbildung bereits begonnen und die Absicht bekundet hat, die Ausbildung abzuschließen und danach die Praxis fortzuführen (vgl. so auch Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl., § 18 Anm.37). Die vorübergehende "Verpachtung" der Praxis, aus der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, soll dann im wesentlichen bewirken, daß die Praxis während eines Übergangszeitraums bis zur Übernahme durch den Rechtsnachfolger als wirtschaftlicher Organismus bestehen bleibt. Nach Auffassung des Senats wäre es nicht vertretbar, einerseits bei Verpachtung gewerblicher oder landwirtschaftlicher Betriebe von einer Realisierung der stillen Reserven --mitunter über Jahrzehnte-- abzusehen, obwohl im Einzelfall eine Fortführung des Betriebs durch den früheren Unternehmer oder seine Erben tatsächlich nicht in Betracht kommt, andererseits bei einem freiberuflichen Betrieb auf der sofortigen Auflösung der stillen Reserven auch zu bestehen, wenn nach den objektiven und subjektiven Gegebenheiten mit einer baldigen Praxisfortführung durch den Rechtsnachfolger nach Erlangung der besonderen freiberuflichen Qualifikation zu rechnen ist. Wird die Berufsausbildung nicht abgeschlossen oder wird nach erfolgreichem Abschluß der Ausbildung die bisherige Praxis nicht fortgeführt, ist eine Betriebsaufgabe in dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem die Berufsausbildung abgebrochen oder beendet wird.
bb) Für den Streitfall ergibt sich hieraus, daß die Verpachtung der Praxis an St keine Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs.3 i.V.m. § 18 Abs.3 EStG bewirkt hat. Der Kläger hatte im Zeitpunkt der Verpachtung sein zahnmedizinisches Studium bereits begonnen und beabsichtigte, die ihm vermächtnisweise übertragene Praxis später selbst zu führen; diese Absicht hat der Kläger nach Abschluß seines Studiums im Jahre 1973 auch verwirklicht. Die Revision wendet vergeblich ein, der Patientenstamm könne nicht übertragen und deshalb auch nicht verpachtet werden. Auch bei gewerblichen Betrieben kann der Kundenstamm als solcher nicht übertragen und demzufolge auch nicht verpachtet werden. Die Betriebsverpachtung setzt demnach in bezug auf den Kundenstamm nur voraus, daß mit den sachlichen und personellen Betriebsgrundlagen die Möglichkeit übergeht, die geschäftlichen Beziehungen zu den bisherigen Kunden auch weiterhin fortzuführen; zur zivilrechtlichen Gültigkeit entsprechender Vereinbarungen nach der für die Streitjahre maßgebenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) vgl. BGH-Urteile vom 7.November 1973 VIII ZR 228/72 (Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1974, 602) und vom 11.Dezember 1991 VIII ZR 4/91 (Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 1992, 226). Der Senat verkennt nicht, daß bei freiberuflichen Betrieben zwischen Praxisinhaber und Kunden (Mandanten, Patienten) ein besonderes Vertrauensverhältnis besteht, das bei gewerblichen Betrieben nicht in demselben Maße ausgeprägt sein muß und jedenfalls regelmäßig auch nicht dieselbe Bedeutung für den Fortbestand der Kundenbeziehung hat. Gleichwohl hat nach der Lebenserfahrung auch die freiberufliche Praxis wirtschaftliches Gewicht auch wegen der mit ihr verbundenen Kundenbeziehungen und wird häufig bei Praxisveräußerungen für einen Praxiswert ein regelmäßig nach dem Umsatz bemessenes besonderes Entgelt bezahlt (vgl. Wollny, Unternehmens- und Praxisübertragung, 2.Aufl. 1990, Rdnr.2261 ff.). Die Möglichkeit und die Chance, den bisherigen Kundenstamm zu behalten, wird dem Pächter einer Praxis aber in gleicher Weise wie einem Praxiserwerber eröffnet.
4. Schließlich hat auch der Umstand, daß der Kläger im Jahre 1976 die Einkünfte aus der Praxisverpachtung steuerlich als solche aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 EStG nacherklärt hat, keine Betriebsaufgabe bewirkt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH muß die Betriebsaufgabe, um als solche zu wirken, vom Verpächter dem FA gegenüber eindeutig und klar erklärt werden. Hierzu genügt es nicht, daß der Verpächter in seiner Steuererklärung die Pachteinnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezeichnet; aus diesem Grunde ist zu verlangen, daß zu der Erklärung einer bestimmten Einkunftsart noch besondere Umstände hinzutreten, die auf einen Betriebsaufgabewillen schließen lassen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.Dezember 1985 I R 169/82, BFH/NV 1986, 726; vom 15.Oktober 1987 IV R 91/85, BFHE 151, 392, BStBl II 1988, 257; vom 23.Februar 1989 IV R 63/87, BFH/NV 1990, 219).
Danach kann im Streitfall nicht angenommen werden, daß der Kläger im Jahre 1976 die Aufgabe des Betriebs erklären wollte. Der Kläger hatte im Zeitraum der Verpachtung die Absicht, den Betrieb nach vorübergehender Verpachtung an St selbst fortzuführen. Eine rückwirkende Betriebsaufgabe konnte nicht erklärt werden, da steuerrechtliche Gestaltungserklärungen, zu denen die Betriebsaufgabeerklärung gehört, nicht mit rückwirkender Kraft abgegeben werden können (vgl. z.B. Senatsurteil vom 15.Oktober 1987 IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, 263). Zum Zeitpunkt des Eingangs der Steuererklärungen beim FA (1976) konnte eine Betriebsaufgabe nicht erklärt werden, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt die Praxis bereits selbst betrieb. Zu Unrecht beruft der Kläger sich für seine gegenteilige Auffassung auf das Senatsurteil vom 15.Dezember 1988 IV R 36/84 (BFHE 155, 538, BStBl II 1989, 363). Nach diesem Urteil liegt eine Betriebsaufgabe beim Besitzunternehmen vor, wenn die personellen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung entfallen. Für den Streitfall ergibt sich hieraus nichts.
B. Streitjahr 1977
Hinsichtlich des Streitjahres 1977 ist die Revision begründet, da der Umsatzsteueranspruch für den Veranlagungszeitraum 1977 im Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Bescheids (18.August 1985) bereits durch Verjährung erloschen war.
1. Nach § 169 Abs.1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977), der im Streitfall gemäß Art.97 § 10 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) anzuwenden ist, ist eine Steuerfestsetzung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt grundsätzlich vier Jahre (§ 169 Abs.2 Satz 1 Nr.2 AO 1977). Nach Abgabe der Umsatzsteuererklärung 1977 im Jahre 1978 hatte der Lauf der Festsetzungsfrist am 1.Januar 1979 begonnen (§ 170 Abs.2 Nr.1 AO 1977). Die Frist endete am 31.Dezember 1982. Zu einer Ablaufhemmung nach § 171 Abs.4 AO 1977 konnte es nicht kommen, da mit der Außenprüfung beim Kläger erst 1984 begonnen wurde. Verjährung wäre auch eingetreten, wenn man von einer leichtfertigen Steuerverkürzung ausgeht. Die Verjährung wäre dann nach Ablauf der in diesem Falle geltenden Frist von fünf Jahren (§ 169 Abs.2 Satz 2 AO 1977) mit Ablauf des 31.Dezember 1983 eingetreten.
2. Nach Auffassung des Senats kann im Streitfall im Veranlagungsverfahren nicht davon ausgegangen werden, der Kläger habe die Umsatzsteuer 1977 hinterzogen mit der Folge, daß die Festsetzungsfrist zehn Jahre betrüge (§ 169 Abs.2 Satz 2 AO 1977).
Hängt die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids davon ab, daß der Steuerpflichtige eine Steuerhinterziehung begangen hat, so ist der Bescheid nur rechtmäßig, wenn die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO 1977) erfüllt sind (BFH-Urteile vom 16.Januar 1973 VIII R 52/69, BFHE 108, 286, BStBl II 1973, 273; vom 21.Oktober 1988 III R 194/84, BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216). Das Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale ist nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften der AO 1977 und der FGO, nicht nach der Strafprozeßordnung zu beurteilen (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 5.März 1979 GrS 5/77, BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570; Urteil in BFHE 155, 232, BStBl II 1989, 216), so daß für die Feststellung einer Steuerhinterziehung, die nach § 76 Abs.1 Sätze 1 und 5 FGO von Amts wegen zu treffen ist, kein höherer Grad von Gewißheit erforderlich ist, als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das FA die Feststellungslast trägt. Die objektive Feststellungslast für das Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale einer strafbaren Handlung liegt nach dem Beschluß in BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570 bei der Finanzbehörde.
Bei der Steuerhinterziehung nach § 370 AO 1977 gehört zum subjektiven Tatbestand (Vorsatz), daß dem Täter die Steuerunehrlichkeit seines Verhaltens und die Verkürzung des staatlichen Steueranspruchs im Zeitpunkt der Tat bewußt sind. Fehlt es daran, liegt aus strafrechtlicher Sicht ein Tatbestandsirrtum i.S. des § 16 Strafgesetzbuches (StGB) vor (Klein/Orlopp, Abgabenordnung, Kommentar, 4.Aufl. 1989 § 370 Anm.21). Im Streitfall ist von Bedeutung, daß der Kläger seit Beginn des Verfahrens geltend gemacht hat, er sei der Auffassung gewesen, das Betriebsvermögen des R einschließlich der Goldvorräte sei bei ihm, dem Kläger, von Anfang an Privatvermögen gewesen oder durch die Verpachtung an St Privatvermögen geworden. Dazu konnte der Kläger sich darauf berufen, daß nach der Verwaltungspraxis (Abschn.147 EStR) im Regelfall die Verpachtung einer freiberuflichen Praxis zur Betriebsaufgabe führt. Danach ist nach Auffassung des Senats nicht feststellbar, daß der Kläger vorsätzlich oder bedingt vorsätzlich Steuern hinterzogen hat.
Somit ist die Revision für das Streitjahr 1977 begründet.
Die Sache ist spruchreif. Das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung des FA werden aufgehoben, soweit sie das Streitjahr 1977 betreffen. Der Umsatzsteueränderungsbescheid 1977 vom 28.August 1985 wird aufgehoben. Im übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 64171 |
BStBl II 1994, 36 |
BFHE 168, 405 |
BFHE 1993, 405 |
BB 1992, 1924-1925 (L) |
DB 1993, 361 (L) |
DStR 1992, 1470 (KT) |
HFR 1992, 703 (LT) |
StE 1992, 550 (K) |