Entscheidungsstichwort (Thema)
Außenprüfung nach rechtswidriger Prüfungsanordnung
Leitsatz (NV)
Zur Verwertung rechtswidrig erlangter Außenprüfungsergebnisse, wenn der Steuerpflichtige nicht erfolgreich gegen die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung vorgegangen ist (Anschluß des VI. Senats an die Rechtsprechung des I. und IV. Senats)
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Normenkette
AO 1977 § 193ff
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist selbständiger Zahnarzt. Seine Ehefrau ist aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 10. September 1968 in seiner Praxis als Angestellte tätig. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1975 war der Lohn der Ehefrau nicht angegeben, da der Kläger die Lohnsteuer mit dem Pauschsteuersatz des § 40 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erhoben hatte.
Nach einer Betriebsprüfung setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) in dem Einkommensteuerbescheid 1975 vom . . . 1977 den Arbeitslohn der Ehefrau bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit an. Die Betriebsprüfung war durch Verfügung vom . . . 1977 angeordnet worden; gegen sie hatte der Kläger keinen Rechtsbehelf eingelegt.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage, mit der sich der Kläger gegen den Ansatz des Arbeitslohns wendet, statt. Es vertrat die Auffassung, die Ergebnisse der Betriebsprüfung hätten dem Einkommensteuerbescheid 1975 nicht zugrunde gelegt werden dürfen, da sie rechtswidrig erlangt seien. Die Prüfungsanordnung, die auch im vorliegenden Verfahren noch auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden könne, sei deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Beamten der Außenprüfungsstelle erlassen worden sei. Sie enthalte ferner folgenden Passus:
,,Ich bitte, . . . für die Durchführung der Prüfung einen geeigneten Raum zur Verfügung zu stellen (§ 200 AO)." Dieser als Verwaltungsakt zu qualifizierende Passus sei rechtswidrig, weil das FA nicht darauf hingewiesen habe, daß das Gesetz nach Wahl des Steuerpflichtigen auch die Prüfung an Amts Stelle ermögliche. Das FA habe insoweit auch nicht sein Ermessen ausgeübt. Die Prüfungsanordnung sei ferner wegen Verstoßes gegen Art. 13 des Grundgesetzes (GG) rechtswidrig. Da das FA durch den rechtswidrigen Passus das Wahlrecht des Klägers bezüglich des Prüfungsortes vereitelt habe, habe dieser in die Durchführung der Außenprüfung in seinen Räumen nicht wirksam i. S. des Art. 13 GG eingewilligt. Daher hätte es einer den Erfordernissen des Art. 13 Abs. 3 GG genügenden gesetzlichen Ermächtigung bedurft. § 200 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) könne nicht herangezogen werden. Diese Vorschrift sei im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin zu interpretieren, daß in Fällen dieser Art die Prüfung zwingend an Amts Stelle durchzuführen sei.Mit seiner Revision begehrt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger tritt der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
1. Das FA war nicht gehindert, die Ergebnisse der Außenprüfung dem angefochtenen Änderungsbescheid zugrunde zu legen. Der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 27. Juli 1983 I R 210/79 (BFHE 139, 221, BStBl II 1984, 285) entschieden, daß rechtswidrig erlangte Außenprüfungsergebnisse nur dann nicht verwendet werden dürfen, wenn der Steuerpflichtige erfolgreich gegen die Rechtswidrigkeit der betreffenden Prüfungsanordnung vorgegangen ist. Diese Auffassung hat auch der IV. Senat des BFH in seinem Urteil vom 23. Februar 1984 IV R 154/82 (BFHE 140, 505, BStBl II 1984, 512) vertreten. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der vorgenannten
Urteile (vgl. im übrigen auch Senatsurteil vom 9. November 1984 VI R 157/83, BFHE 142, 402, BStBl II 1985, 191).
2. Da das FG davon ausgegangen ist, daß die Ergebnisse der Außenprüfung nicht verwertet werden durften, hat es keine tatsächlichen Feststellungen zu der Frage getroffen, ob der Ansatz des Lohnes der Ehefrau des Klägers mit der materiellen Rechtslage im Einklang steht. Die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 414596 |
BFH/NV 1987, 11 |