Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug des Drittaufwandes als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung bei der Ermittlung des Auflösungsgewinns nach § 17 EStG
Leitsatz (amtlich)
Wird einer GmbH durch einen nahen Angehörigen eines wesentlich beteiligten Gesellschafters ein Darlehen gewährt und kann die GmbH das Darlehen wegen Vermögenslosigkeit nicht zurückzahlen, kann der Wertverlust der Darlehensforderung bei der Ermittlung des Auflösungsgewinns des wesentlich beteiligten Gesellschafters nicht als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1-2, 4; GmbHG § 31a
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin ihres während des Klageverfahrens verstorbenen Ehemannes D, mit dem sie für das Streitjahr 1987 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurde. Der Ehemann der Klägerin erzielte im Streitjahr als Einzelunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er war außerdem als Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Stammeinlage von 10 000 DM (50 v.H. des Stammkapitals) an der D-GmbH (GmbH) beteiligt; eine weitere Stammeinlage von 10 000 DM wurde von der Erbengemeinschaft X gehalten.
Die GmbH hatte in den Jahren 1979 bis 1985 folgende Verluste erlitten:
1979 |
1980 |
1981 |
1982 |
1983 |
1984 |
1985 |
14 720 DM |
6 136 DM |
46 185 DM |
12 564 DM |
7 249 DM |
678 DM |
7 059 DM |
Sie stellte ihren Betrieb zum 31. Dezember 1985 ein und wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1986 aufgelöst. Die Liquidation war Ende Oktober 1987 abgeschlossen. Die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Firma wurden im April 1989 im Handelsregister eingetragen. In den Bilanzen der GmbH für die Jahre 1983 bis 1985 und 1987 waren unter der Position "sonstige Verbindlichkeiten" Beträge von 48 999 DM (1983), 61 999 DM (1984), 54 031,60 DM (1985) und 69 796,79 DM (1987) mit dem Namen der Klägerin bzw. "Darlehen … (Name der Klägerin)" aufgeführt.
Die Klägerin und D machten in ihrer Einkommensteuererklärung 1987 einen Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 82 464 DM geltend. Zur Begründung führten sie aus, die Liquidation der GmbH sei zum 31. Oktober 1987 mit einem Bilanzverlust von 72 463,37 DM beendet worden. D habe sich während des Liquidationsverfahrens verpflichtet, die restlichen Verbindlichkeiten zu übernehmen, um einen Konkurs abzuwenden. Der Auflösungsverlust setze sich aus der verlorenen Stammeinlage des D und den übernommenen Verbindlichkeiten der GmbH zusammen. Ausweislich der Gewinn- und Verlustrechnung der GmbH für 1987 ergab sich der "nicht gedeckte Fehlbetrag" in Höhe von 72 463,37 DM aus folgenden Beträgen:
Rückstellung Abschlusskosten |
1 000,00 DM |
Steuern |
1 666,58 DM |
Darlehen der Klägerin |
69 796,79 DM |
Hilfsweise machten die Klägerin und D geltend, die Übernahme der Schulden der GmbH sei bei den Einkünften des D aus Gewerbebetrieb gewinnmindernd zu berücksichtigen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) berücksichtigte in dem unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 der Abgabenordnung ―AO 1977―) ergangenen Einkommensteuerbescheid 1987 den geltend gemachten Verlust bei den Einkünften nach § 17 EStG nur in Höhe der Stammeinlage. In der Anlage zum Einkommensteuerbescheid wies das FA darauf hin, dass die "Übernahme des Bilanzverlusts" der GmbH in Höhe von 72 464 DM weder bei den Einkünften nach § 17 EStG, noch bei den gewerblichen Einkünften des D aus dem Betrieb des Einzelunternehmens berücksichtigt werden könne. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Im Klageverfahren trug die Klägerin erstmals vor, das in den Bilanzen der GmbH seit 1983 ausgewiesene "Darlehen der Klägerin" habe D der GmbH zum Ausgleich der in den Vorjahren entstandenen Verluste zugeführt. Die Geldbeträge seien dem D von der Klägerin aus ihrem Einkommen überlassen worden. Die als Darlehen bezeichneten Zahlungen seien wirtschaftlich als Einlagen zu werten, da sie dem Erhalt der GmbH und der Sicherung der Beteiligung gedient hätten. Es sei weder eine Verzinsung noch eine Rückzahlung vereinbart worden. Die Bezeichnung als "Darlehen" sei gewählt worden, weil man die Schwierigkeiten einer Kapitalerhöhung habe vermeiden wollen, zu der die Mitgesellschafterin auch nicht bereit gewesen sei. Außerdem habe man die Erbengemeinschaft an den Einlagen des D nicht beteiligen wollen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das FA habe den Auflösungsverlust zu Recht im Streitjahr 1987 erfasst. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass es als Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 EStG nur die ursprünglichen Anschaffungskosten in Höhe der Stammeinlage von 10 000 DM berücksichtigt habe.
Nachträgliche Anschaffungskosten seien nicht gegeben, soweit die Klägerin vortrage, D habe der GmbH vor deren Auflösung als "Darlehen" gebuchte Mittel zugeführt. Auch der Wertverlust des Darlehens führe nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten des D, denn nach dem Inhalt der Bilanzen der GmbH sei davon auszugehen, dass nicht er, sondern die Klägerin der GmbH das Darlehen gewährt habe. Der Vortrag der Klägerin, sie habe dem D die als Darlehen gebuchten Mittel geschenkt, sei nicht ausreichend substantiiert und widerspreche dem Inhalt der Bilanzen. Für deren Richtigkeit spreche auch der Umstand, dass die Klägerin erstmals im Klageverfahren behauptet habe, nicht sie selbst, sondern D habe der GmbH die Geldbeträge zur Verfügung gestellt. Aufwendungen eines Dritten könnten jedoch nicht als nachträgliche Anschaffungskosten des Gesellschafters bei der Ermittlung des Auflösungsverlustes nach § 17 Abs. 2 EStG berücksichtigt werden. Die streitigen Aufwendungen seien auch nicht als Betriebsausgaben bei den Einkünften des D aus dem gewerblichen Unternehmen abziehbar. Die Klägerin habe in der Einspruchsschrift selbst eingeräumt, dass die Übernahme der Verbindlichkeiten nicht in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Einzelunternehmen gestanden habe.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das FG habe § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 EStG unzutreffend angewendet; außerdem habe es seine Aufklärungspflicht (§ 76 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) verletzt.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides vom 11. Juli 1989 die Einkommensteuer für 1987 auf … DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Verlust der Darlehensforderung bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts nach § 17 EStG nicht berücksichtigt werden kann. Dagegen erhöhen die im Streitjahr angefallenen Aufwendungen des D im Zusammenhang mit der Übernahme der übrigen Verbindlichkeiten der GmbH (Steuerschulden und Kosten des Jahresabschlusses) den Auflösungsverlust.
I. Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste (Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, m.w.N.; vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162).
Im Streitfall ist die GmbH gemäß Art. 12 § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung und anderer handelsrechtlicher Vorschriften vom 4. Juli 1980 (BGBl I 1980, 836) kraft Gesetzes mit Ablauf des 31. Dezember 1985 aufgelöst worden.
Auch die weiteren Voraussetzungen für die Entstehung eines Auflösungsgewinns oder -verlusts i.S. des § 17 EStG lagen im Streitjahr 1987 vor. Erforderlich ist hierfür, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen rechnen kann und dass feststeht, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerungs- oder Aufgabekosten anfallen werden (vgl. dazu u.a. BFH-Urteile in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 24. April 1997 VIII R 16/94, BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339, unter II. 2. der Gründe, m.w.N.; vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Diese Voraussetzungen sind, wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162 ausgeführt hat, im Fall der Auflösung mit anschließender Liquidation regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation erfüllt. Nach den Feststellungen des FG war die Liquidation der GmbH im Oktober 1987 beendet. Mit einer wesentlichen Änderung der den Auflösungsverlust bestimmenden Faktoren war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu rechnen.
II. Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten (entsprechend den Veräußerungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen. Wie der erkennende Senat wiederholt dargelegt hat, ist der Begriff der Anschaffungskosten in § 17 Abs. 2 EStG mit Rücksicht auf das die Einkommensbesteuerung bestimmende Nettoprinzip weit auszulegen (vgl. z.B. Urteile in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348; vom 12. Oktober 1999 VIII R 46/98, BFH/NV 2000, 561). Er umfasst nicht nur die zum Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Kosten, sondern auch nachträgliche Aufwendungen des Anteilseigners, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten i.S. der §§ 9, 20 EStG, noch Veräußerungskosten sind. Unter diesen Voraussetzungen können nicht nur Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung anzusetzen sein, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Nachschüsse (§§ 26 ff. des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ―GmbHG―) oder verdeckte Einlagen zu werten sind (vgl. dazu Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 17 Rz. 164), sondern auch Zahlungen, die der Gesellschafter einer GmbH nach der Auflösung der Kapitalgesellschaft ohne eine zuvor begründete Verpflichtung zur Tilgung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft beispielsweise mit dem Ziel leistet, eine konkursfreie Abwicklung der Gesellschaft zu ermöglichen (BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 561, m.w.N.).
III. Im Streitfall hat die Klägerin unwidersprochen vorgetragen, D habe sich zur Übernahme der durch das Aktivvermögen der GmbH nicht gedeckten Steuerschulden und Kosten des Jahresabschlusses verpflichtet, um die GmbH konkursfrei abzuwickeln und damit zugleich geschäftliche Nachteile für sein Einzelunternehmen zu vermeiden. Die Aufwendungen des D sind deshalb nach den vorgenannten Grundsätzen in Höhe von 2 666,58 DM als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung zu berücksichtigen. Die dagegen vorgebrachten Einwendungen des FA, denen sich die Vorinstanz angeschlossen hat, greifen nicht durch.
Entgegen der Ansicht des FA können Zahlungen eines Gesellschafters auf Verbindlichkeiten der GmbH nach Auflösung der Gesellschaft auch dann nachträgliche Anschaffungskosten sein, wenn zum Zeitpunkt der Aufwendung keine Aussicht besteht, einen Liquidationserlös zu erhalten (§ 72 GmbHG). Der erkennende Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 29. Juni 1995 VIII R 68/93 (BFHE 178, 160, BStBl II 1995, 722) im Einzelnen dargelegt, dass die Grundaussage des § 2 EStG zur Steuerbarkeit des Einkommens und damit die Frage nach der Einkunftserzielungsabsicht auch den Umfang der durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Aufwendungen des Gesellschafters bestimmt. Da der Steuerpflichtige aber im Bereich der betrieblichen Einkünfte auch dann noch mit der Absicht der Erzielung eines Totalgewinns handelt, wenn er nach einer betriebsbedingten Anlaufphase erkennt, dass ein Gewinn nicht zu erzielen ist, und er daraufhin sein verlustbringendes Engagement beendet, sind ―bei Vorliegen vergleichbarer Verhältnisse― auch solche Aufwendungen den gewerblichen Einkünften nach § 17 EStG zuzuordnen, die der wesentlich Beteiligte zum Zweck der Liquidation der Kapitalgesellschaft tätigt. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen ist es unschädlich, dass die Mittel zur Begleichung der Verbindlichkeiten der GmbH dem D von der Klägerin geschenkt worden waren.
IV. Das FG hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, den Wertverlust der in den Bilanzen der GmbH als "Darlehen" ausgewiesenen Verbindlichkeit als nachträgliche Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung zu berücksichtigen.
1. Nach den Feststellungen des FG handelte es sich bei dieser Verbindlichkeit um ein unverzinsliches Darlehen, das die Klägerin der GmbH seit dem 1. September 1983 in unterschiedlicher Höhe zur Verfügung gestellt hatte. Das FG hat sich dabei insbesondere auf die Angaben in den Bilanzen gestützt, in denen das Darlehen mit dem Zusatz "…" (Name der Klägerin) unter den "sonstigen Verbindlichkeiten" passiviert war. Die erstmals im Klageverfahren aufgestellte Behauptung, D habe als Gesellschafter der GmbH die benötigten Mittel zugeführt, die ihm zuvor von der Klägerin aus ihrem Vermögen zugewendet worden seien, stehe in Widerspruch zu den Angaben in den Bilanzen. Im Übrigen spreche gegen ihre Richtigkeit, dass die Klägerin und D noch im Einspruchsverfahren vorgetragen hätten, D habe im Liquidationsverfahren die in der Bilanz ausgewiesene Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Klägerin übernommen. Diese Sachverhaltswürdigung ist denkgesetzlich möglich und widerspricht nicht allgemeinen Erfahrungssätzen; sie ist deshalb für den Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Die gegen die Feststellung der Vorinstanz gerichtete Rüge der Klägerin, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) verletzt, weil es keinen Beweis über den tatsächlichen Zahlungsweg der in der Bilanz unzutreffend als "Darlehen …" ausgewiesenen Beträge erhoben habe, ist nicht in zulässiger Form (§ 120 Abs. 2 FGO) erhoben. Dies bedarf nach Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) keiner Begründung.
2. Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG kommen auch Verluste in Betracht, die der Gesellschafter aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen erleidet, wenn die Hingabe des Darlehens durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (ständige Rechtsprechung, vgl. die Nachweise im BFH-Urteil in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340, und in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Darlehen des Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft sind durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn und insoweit sie eigenkapitalersetzenden Charakter haben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1997 VIII R 23/93, BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342, m.w.N.; vgl. dazu Gschwendtner, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1999, Beihefter zu Heft 32, Tz. 3.2.3.3.). Das damit verbundene Haftungsrisiko rechtfertigt es, derartige Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters in der Frage der Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG den gesellschaftsrechtlichen Einlagen gleichzustellen (Urteile vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, und vom 6. Juli 1999 VIII R 9/98, BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817). Ein Darlehen ist u.a. dann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn sich die GmbH im Zeitpunkt seiner Gewährung in der Krise befand, weil sie entweder konkursreif war oder wenn die Konkursreife zwar noch nicht eingetreten war, die Rückzahlung des Darlehens aber angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in dem Maße gefährdet erschien, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko einer Kreditgewährung zu denselben Bedingungen wie der Gesellschafter nicht mehr eingegangen wäre (BFH-Urteil in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Ein vor Eintritt der Krise gewährtes Darlehen des Gesellschafters wird eigenkapitalersetzend, wenn der Gesellschafter es nach Eintritt der Krise stehen lässt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar ist, dass die Rückzahlung gefährdet sein wird (Urteil in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348, m.w.N.). Die Krise wird in § 32a GmbHG als der Zeitpunkt definiert, in dem die Gesellschafter der Gesellschaft "als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten". Ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, insbesondere ob sie noch als kreditwürdig anzusehen ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Urteil in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817, unter II. 2. b der Gründe, m.w.N.).
3. Im Streitfall kann offen bleiben, ob die allgemeinen Voraussetzungen eines kapitalersetzenden Darlehens erfüllt waren. Denn der Verlust der Darlehensforderung der Klägerin erhöht als sog. Drittaufwand nicht die nachträglichen Anschaffungskosten des D auf seine Beteiligung an der GmbH.
a) Für die Einkommensteuer gilt der Grundsatz der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Aus diesem Grundsatz folgt u.a., dass ein Steuerpflichtiger nur solche Aufwendungen bei der Einkünfteermittlung abziehen kann, die er persönlich getragen hat (BFH-Beschluss vom 23. August 1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782). Auch in den Fällen der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) sind die Einkünfte und ihre Komponenten für jeden der Ehegatten gesondert ("subjektbezogen") zu ermitteln. Aufwendungen des Nichtgesellschafter-Ehegatten auf die wesentliche Beteiligung des anderen Ehegatten können den Veräußerungsgewinn i.S. des § 17 EStG grundsätzlich nicht mindern. Auch das objektive Nettoprinzip gebietet nicht den Abzug von Aufwendungen eines Dritten, die durch die Einkünfteerzielung des Steuerpflichtigen veranlasst sind (sog. Drittaufwand; vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281; in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782).
b) Die Aufwendungen eines Dritten sind allerdings dem Steuerpflichtigen als eigene zuzurechnen, wenn es sich dabei nur um eine Abkürzung des Zahlungsweges handelt. Unter Abkürzung des Zahlungsweges versteht die Rechtsprechung die Zuwendung eines Geldbetrages an den Steuerpflichtigen in der Weise, dass ein Dritter im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilgt (§ 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―), anstatt ihm den Geldbetrag unmittelbar zuzuwenden (BFH-Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782; Urteile vom 2. Dezember 1999 IX R 45/95, BFHE 191, 24, BStBl II 2000, 310; vom 2. Dezember 1999 IX R 21/96, BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312). Ein Fall der Abkürzung des Zahlungswegs liegt im Streitfall nach den tatsächlichen Feststellungen des FG nicht vor, da die Klägerin mit der Hingabe der Darlehensvaluta nicht eine Verpflichtung des D, sondern eine eigene Schuld erfüllt hat.
c) Den Verlust der Darlehensforderung der Klägerin wegen Vermögenslosigkeit der GmbH kann D auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Abkürzung des Vertragswegs als eigenen Aufwand bei der Ermittlung des Liquidationsverlusts geltend machen. Ein abgekürzter Vertragsweg liegt vor, wenn der Dritte im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag abschließt und auch selbst die geschuldete Leistung erbringt, um dem Steuerpflichtigen etwas zuzuwenden (BFH-Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782; Urteil vom 24. Februar 2000 IV R 75/98, BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314). Der IV. Senat des BFH hat hierzu die Auffassung vertreten, abziehbarer Drittaufwand komme in den Fällen des abgekürzten Vertragsweges nur bei Bargeschäften des täglichen Lebens in Betracht. Der Senat kann offen lassen, ob er dieser Auffassung folgen könnte. Denn im Streitfall lassen die Feststellungen des FG nicht den Schluss zu, dass die Klägerin mit der Gewährung des Darlehens an die GmbH dem D etwas zuwenden wollte. Eine Zuwendung wäre nur dann zu bejahen, wenn die Klägerin im Interesse des D von vornherein auf eine Rückzahlung des Darlehens verzichtet hätte (vgl. dazu auch den BFH-Beschluss zum Forderungsverzicht vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307, unter C. III.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des finanzgerichtlichen Urteils ist ein solcher Verzicht nicht ausgesprochen worden.
d) Eine Berücksichtigung des Wertverlusts der Darlehensforderung der Klägerin als nachträgliche Anschaffungskosten der wesentlichen Beteiligung des D ist auch deshalb ausgeschlossen, weil das Darlehen der Klägerin nicht den gesellschaftsrechtlichen Bindungen des Eigenkapitalersatzrechts unterlag und deshalb nicht durch das Gesellschaftsverhältnis des D bei der GmbH veranlasst war.
aa) Normadressaten des Eigenkapitalersatzrechts sind grundsätzlich nur die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Die Umqualifizierung eines Gesellschafterdarlehens in funktionelles Eigenkapital beruht auf der sog. Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter. Die Gesellschafter sollen veranlasst werden, in einer wirtschaftlichen Krise der GmbH weiteres Eigenkapital einzusetzen und nicht durch Kapitalhilfen anderer Art (Darlehen, Bürgschaften etc.) Dritte über die Kapitalausstattung der GmbH zu täuschen (Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 16. Oktober 1989 II ZR 307/88, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ―ZIP― 1989, 1542). Entscheiden sich die Gesellschafter in der Krise der Kapitalgesellschaft, diese nicht zu liquidieren, sondern ihr über die vereinbarte Stammeinlage hinaus weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, können sie sich ihrer daraus folgenden Verantwortung gegenüber den außenstehenden Gläubigern nicht entziehen, indem sie anstelle der objektiv gebotenen Zuführung weiteren Eigenkapitals der Gesellschaft lediglich Darlehen oder eine gleichgestellte Kredithilfe gewähren (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z.B. BGH-Urteile vom 11. September 1981 II ZR 104/80, BGHZ 81, 311, 317; vom 26. März 1984 II ZR 171/83, BGHZ 90, 381; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., § 32a Rz. 3, m.w.N.; v. Gerkan/Hommelhoff, Hrsg., Handbuch des Kapitalersatzrechts, 2000, Rz. 2.20 f.). Dritte, zu denen auch nahe Angehörige des Gesellschafters gehören, tragen grundsätzlich keine Verantwortung für die Finanzierung der Kapitalgesellschaft (BGH-Urteile vom 18. Februar 1991 II ZR 259/89, Betriebs-Berater ―BB― 1991, 641, ZIP 1991, 366; vom 6. Juni 1994 II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, BB 1994, 1657; vom 8. Februar 1999 II ZR 261/97, DStR 1999, 810 a.E., mit Anm. Goette; Oberlandesgericht ―OLG― München, Urteil vom 20. Januar 1992 17 U 4066/91, DStR 1993, 614, mit Anm. Goette; OLG Stuttgart, Urteil vom 14. August 1998 19 U 268/96, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht ―NZG― 1998, 997; Scholz/K. Schmidt, GmbH-Gesetz, Kommentar, 9. Aufl., §§ 32a, 32b Rz. 134). Sie können die Rückzahlung eines der Kapitalgesellschaft gewährten Darlehens auch im Insolvenzfall fordern. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos.
bb) Kreditgeber, die nicht Gesellschafter sind, unterliegen den Normen des Eigenkapitalersatzrechts dann, wenn ihre Finanzierungshilfe an die Gesellschaft wirtschaftlich derjenigen durch den Gesellschafter selbst entspricht (§ 32a Abs. 3 GmbHG). Die Gleichstellung kann auf Beziehungen zu einem der Gesellschafter oder auf dem Verhältnis zur Gesellschaft als solcher beruhen (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz. 20). Von diesem Ausnahmetatbestand werden zum einen Finanzierungshilfen von Personen erfasst, die zwar nicht zivilrechtlich, aber wirtschaftlich einem Gesellschafter gleichstehen; hierzu gehören insbesondere Darlehen und gleichgestellte Finanzierungshilfen eines mit der GmbH verbundenen Unternehmens i.S. der §§ 15 bis 19, 291, 292 des Aktiengesetzes (vgl. dazu im Einzelnen v. Gerkan/Hommelhoff, a.a.O., Rz. 5.38 und 12.1 ff.). Darüber hinaus gelten die Regeln des Eigenkapitalersatzrechts für solche Finanzierungshilfen Dritter, die zwar nicht rechtlich, aber im wirtschaftlichen Ergebnis aus dem Vermögen eines Gesellschafters aufgebracht werden sollen (BGH-Urteile in BB 1991, 641, ZIP 1991, 366; vom 14. Juni 1993 II ZR 252/92, ZIP 1993, 1072; vom 7. November 1994 II ZR 8/93, ZIP 1995, 125; vom 7. November 1994 II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, BB 1995, 58, ZIP 1994, 1934, mit zustimmender Anm. von Altmeppen; vom 18. November 1996 II ZR 207/95, BB 1997, 220, DStR 1997, 172; vom 26. Juni 2000 II ZR 21/99, BB 2000, 1750; OLG München in DStR 1993, 614, mit Anm. Goette; OLG Stuttgart in NZG 1998, 997; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz. 25; v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz im Gesellschafts- und Insolvenzrecht, 5. Aufl., Rz. 4.12; Kamprad, GmbH-Rundschau ―GmbHR― 1984, 339; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 15. Aufl., 2000, § 32a/b Rz. 61; Noack, GmbHR 1996, 153; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., §§ 32a, 32b Rz. 134; K. Weber, GmbHR 1992, 354, 356). Diese Voraussetzung ist nicht nur in Umgehungsfällen, sondern immer dann erfüllt, wenn die Finanzierungshilfe des Dritten wirtschaftlich für Rechnung des Gesellschafters gewährt wird, z.B. weil dieser dem Dritten im Innenverhältnis zum Ausgleich verpflichtet ist (BGH-Urteile in BB 1997, 220, DStR 1997, 172, mit Anm. Goette; in BGHZ 127, 336, ZIP 1994, 1934, BB 1995, 58; in BB 2000, 1750).
cc) Handelt der Dritte bei der Kreditgewährung auf eigene Rechnung, d.h. bringt er die Finanzierungshilfe auch wirtschaftlich gesehen aus seinem eigenen Vermögen auf, unterliegt seine Finanzierung nicht den Bindungen des Eigenkapitalersatzrechts (vgl. BGH-Urteile in BB 1991, 641, ZIP 1991, 366, betreffend Bürgschaft der Eltern eines der GmbH-Gesellschafter für Bankschulden der GmbH; in DStR 1999, 810, betreffend Verpachtung des Anlagevermögens eines Einzelunternehmens an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin die Ehefrau des Verpächters ist; OLG München in DStR 1993, 614, betreffend Grundschuldbestellung am Grundstück der Ehefrau des GmbH-Gesellschafters zur Sicherung eines Bankdarlehens an die GmbH; OLG Stuttgart, Urteil in NZG 1998, 997, betreffend Darlehensgewährung durch die Ehefrau des Gesellschafters).
dd) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall eine eigenkapitalersetzende Leistung der Klägerin zu verneinen. Die Klägerin hat die der GmbH zur Verfügung gestellten Darlehensmittel unstreitig aus ihrem eigenen Vermögen aufgebracht.
V. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage führt unter Berücksichtigung des erhöhten Kinderfreibetrages für ein Kind gemäß § 53 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Familienförderung vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2552; vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. März 2000, BStBl I 2000, 413) zur Abänderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides wie folgt: …
Fundstellen
Haufe-Index 519547 |
BFH/NV 2001, 533 |
BStBl II 2001, 286 |
BFHE 194, 120 |
BFHE 2002, 120 |
BB 2001, 506 |
DB 2001, 570 |
DStRE 2001, 297 |
HFR 2001, 853 |
StE 2001, 120 |
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