Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlung einer GmbH auf eine gleichzeitig errichtete OHG unterliegt der Umsatzsteuer
Leitsatz (NV)
Die nach § 24 i.V. mit § 16 Umwandlungsgesetz 1956 vorgenommene Umwandlung einer GmbH unter gleichzeitiger Errichtung einer OHG unterlag als Geschäftsveräußerung im ganzen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 UStG 1951, § 85 Abs. 1 UStDB 1951 der Umsatzsteuer.
Dabei verfügt die GmbH zugunsten ihrer Gesellschafter über ihr Vermögen durch Übertragung auf die OHG mit der Maßgabe, die bisherigen Gesellschafter der GmbH gesamthänderisch an dem auf die OHG übertragenen Vermögen zu beteiligen. Gegenleistung sind die von der OHG gegenüber den Gesellschaftern erbrachten Leistungen durch Beteiligung am Gesamthandsvermögen zuzüglich der Übernahme der Schulden der GmbH (Tauschgeschäft, § 9 UStDB 1951).
Normenkette
UStG 1951 § 1 Nr. 1 S. 1, § 5 Abs. 2; UStDB 1951 §§ 9, 85; BewG § 9; UmwG 1956 §§ 16, 24
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten bzw. deren Rechtsvorgänger waren die Gesellschafter einer auf eine offene Handelsgesellschaft (OHG) umgewandelten Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH).
Die Gesellschafter hatten durch Beschluß vom . . . März 1965 die Übertragung des Vermögens der GmbH nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gesellschaften - Umwandlungsgesetz - vom 12. November 1956 (BGBl I 1956, 844, BStBl I 1957, 471) - UmwG 1956 - unter Ausschluß der Abwicklung auf die gleichzeitig errichtete OHG beschlossen. Umwandlungsstichtag sollte der 1. Januar 1965 sein; die Umwandlung wurde am . . . März 1965 in das Handelsregister eingetragen. Die OHG ist inzwischen aufgelöst worden; die Eintragung der Auflösung in das Handelsregister ist am . . . Mai 1966 erfolgt.
Die GmbH hatte Ländereien von der Bundesrepublik Deutschland gepachtet. Verhandlungen mit der Bundesvermögensverwaltung über die vorzeitige Beendigung der Pachtverträge führten im März 1966 zur Vereinbarung einer Entschädigung von . . . DM für die Aufhebung des Pachtverhältnisses.
Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hatte in der Folgezeit die Aufstellung einer Umwandlungsbilanz auf den . . . März 1965 verlangt. Nach Weigerung der Gesellschafter erstellte er die Bilanz in einer Betriebsprüfung selbst. Aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, daß durch die Umwandlung ein steuerpflichtiger Umsatz in Höhe von . . . DM bewirkt worden sei, der gemäß § 85 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz 1951 (UStDB 1951) mit dem Steuersatz von 1 v. H. zu versteuern sei. Es berechnete unter Einbeziehung anderweitiger Umsätze die Umsatzsteuer 1965 der OHG mit . . . DM. Mit Haftungsbescheiden vom 25. März 1968 nahm es die Kläger in Höhe von . . . DM gemäß § 8 Steueranpassungsgesetz, § 113 Reichsabgabenordnung, § 128 Handelsgesetzbuch als Haftungsschuldner in Anspruch.
Auf die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage, mit der die Aufhebung der Haftungsbescheide begehrt worden ist, hat das Finanzgericht (FG) die Haftsumme auf . . . DM ermäßigt und im übrigen die Klage abgewiesen. Es vertrat dabei die Auffassung, daß die Umwandlung als steuerbare Geschäftsveräußerung im ganzen im Sinne des § 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz 1951 (UStG 1951), § 85 UStDB 1951 zu beurteilen sei. Das für die Bemessung der Umsatzsteuer maßgebende Entgelt bestehe in der Übernahme der Verbindlichkeiten und im Verzicht der Gesellschafter der GmbH auf das Liquidationsergebnis.
Gegen dieses Urteil haben das FA und die Kläger Revision eingelegt.
Das Finanzamt rügt Verletzung des § 85 Abs. 3 UStDB 1951; zu Unrecht habe das FG bei der Berechnung der Besteuerungsgrundlage das Pachtrecht und den Zeitwert der Vermögensabgabe außer Ansatz gelassen.
Es beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen Zurückweisung der Revision des FA.
Die Kläger rügen mit ihrer Revision, das Finanzgericht habe rechtsfehlerhaft nicht beachtet, daß durch die Vereinbarung über die Entschädigung des Pachtrechts eine Besteuerung der Entschädigungssumme ausgeschlossen worden sei. Im übrigen sei die Entschädigungssumme nach § 71 des Landbeschaffungsgesetzes steuerfrei.
Sie beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Haftungsbescheide die Haftsumme auf 0 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt Zurückweisung der Revision der Kläger.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen des Finanzamts und der Kläger sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Das FG hat zwar die Umwandlung der GmbH auf die OHG zu Recht als der Umsatzsteuer unterliegenden Leistungsaustausch beurteilt, es ist bei der Berechnung der dabei entstandenen Umsatzsteuern jedoch von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen.
1. Der Senat folgt nicht dem Einwand der Kläger, daß der Besteuerung die Vereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland über die Entschädigung des Pachtrechtes entgegenstünde. Abgesehen davon, daß die Vereinbarung nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur den Ausgleich aller gegenseitigen Ansprüche aus dem Pacht- und Nutzungsverhältnis erfaßt hat, kann sie im Streitfall schon deshalb keine Auswirkung haben, weil nicht die umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen des Zuflusses der Entschädigung, sondern des Übergangs des Vermögens von der GmbH auf die OHG zu beurteilen ist.
Eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 9 des Umwandlungssteuergesetzes vom 11. Oktober 1957 (BGBl I 1957, 1713, BStBl I 1957, 468) kommt nicht in Betracht, weil die Umwandlung erst nach dem 31. Dezember 1959 beschlossen worden ist (§ 1 des Umwandlungssteuergesetzes 1957).
2. a) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß die nach § 24 i.V.m. § 16 UmwG 1956 vorgenommene Umwandlung der GmbH unter gleichzeitiger Errichtung der OHG als Geschäftsveräußerung im ganzen gemäß § 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1951, § 85 Abs. 1 UStDB 1951 der Umsatzsteuer unterliegt. In Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 30. November 1944 V 190/41, RStBl 1945, 45; insoweit auch Urteil des Bundesfinanzhofs vom 9. Juli 1964 V 287/61 S, BFHE 79, 633, BStBl III 1964, 464) sieht der erkennende Senat die gemäß § 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1951 maßgebende Leistung in der unmittelbaren Übertragung des Vermögens der GmbH auf die OHG. Beim Übergang von der Kapitalgesellschaft - GmbH - zur Personenhandelsgesellschaft - OHG - wechselt das Vermögen seinen Inhaber; es tritt eine Änderung der Rechtszuständigkeit des Gesellschaftsvermögens ein. Dabei handelt es sich um den letzten Akt der gewerblichen Tätigkeit der GmbH (§ 85 Abs. 1 Satz 2 UStDB 1951). Die Vermögensübertragung erfolgt mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses (§ 5 Satz 1 UmwG 1956), die GmbH ist damit aufgelöst (§ 5 Satz 2 UmwG 1956).
Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Übertragung des Vermögens von der GmbH auf die OHG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vor sich geht. Das Einrücken der OHG in die Eigentümerposition der GmbH erweist sich lediglich als rechtstechnischer Vollzug der Leistungstätigkeit der GmbH. Der Vermögensübergang mit Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister ist die rechtliche Folge der zuvor von den Organen der Übertragerin entfalteten Tätigkeit. Mit dem Beschluß über die Umwandlung (§§ 16, 17, 24 UmwG 1956) und seine Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister (§ 4 UmwG 1956) hat die GmbH durch ihre Organe alles getan, um ihr Vermögen auf die OHG zu übertragen (vgl. insoweit BFH-Urteil vom 22. April 1976 V R 54/71, BFHE 119, 112, BStBl II 1976, 518).
b) Entgegen der Auffassung des FG besteht nach der Meinung des Senats - anders noch in der Entscheidung in BFHE 79, 633, BStBl III 1964, 464 - die Gegenleistung für die Vermögensübertragung auf die OHG nicht im Verzicht der Gesellschafter der GmbH auf ihre Gesellschaftsanteile an der GmbH oder auf den Liquidationserlös (Entgelt durch Dritte, § 10 Satz 2 UStDB 1951). Die Annahme einer Gegenleistung durch die Gesellschafter als Dritte, die notwendigerweise der GmbH gegenüber zu erbringen wäre, entfällt schon deswegen, weil die GmbH infolge ihrer Auflösung nicht Empfängerin sein kann. Bei der errichtenden Umwandlung verlieren zwar die Gesellschafter als Einzelpersonen die Gesellschaftsanteile, sie erhalten dafür jedoch eine gesamthänderische Beteiligung am Vermögen der umgewandelten Kapitalgesellschaft (vgl. Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 16 Umwandlungsgesetz, Randziffer 416). Auf die Verschaffung dieser gesamthänderischen Beteiligung ist die Vermögensübertragung gerichtet; die GmbH verfügt zugunsten ihrer Gesellschafter über ihr Vermögen, indem sie es auf die OHG überträgt mit der Maßgabe, die bisherigen Gesellschafter der GmbH gesamthänderisch an dem übertragenen Vermögen zu beteiligen (ähnlich RFH in RStBl 1945, 45).
3. Bei dem sich mithin als Tauschgeschäft (§ 9 UStDB 1951) darstellenden Umsatz der schwindenden GmbH (Übertragerin) bemißt sich das als Besteuerungsgrundlage maßgebliche Entgelt nach dem Wert der Gegenleistung (§ 5 Abs. 2 UStG 1951). Gegenleistung sind die von der OHG gegenüber den Gesellschaftern erbrachten Leistungen durch Beteiligung am Gesamthandsvermögen zuzüglich der Übernahme der Schulden der GmbH. Der Wert dieser Gegenleistung wird bestimmt durch den Wert des auf die OHG übergegangenen Vermögens einschließlich der Schulden, das den früheren Gesellschaftern der Übertragerin nunmehr zur gesamten Hand zusteht.
4. Da das FG bei der Bestimmung der als Besteuerungsgrundlage maßgebenden Gegenleistung von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif; bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung ist für die Berechnung des Entgelts als Besteuerungsgrundlage von folgendem auszugehen:
Maßgebender Zeitpunkt für die Bewertung ist der Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses im Handelsregister; maßgebender Wert ist der gemeine Wert (§ 9 BewG) des auf die OHG übergegangenen Vermögens.
Da eine Geschäftsveräußerung i. S. des § 85 UStDB 1951 vorliegt, ist Besteuerungsgrundlage das Entgelt für die dem Erwerber gelieferten Gegenstände (Besitzposten), die übernommenen Schulden können nicht abgezogen werden (§ 85 Abs. 3 Sätze 1 und 3 UStDB 1951). Das hat im vorliegenden Fall, bei dem sich das Entgelt nach dem Wert der Gegenleistung richtet (§ 5 Abs. 2 UStG 1951), zur Folge, daß die Besteuerungsgrundlage nach dem Vermögen der Gesellschaft, wie es sich im Kapitalkonto darstellt (korrigiert durch den Ansatz der gemeinen Werte), zuzüglich der Schulden zu bestimmen wäre. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch als Berechnungsgrundlage von der Summe der auf die OHG übertragenen Aktivposten ausgegangen werden. Dabei sind stille Reserven aufzudecken. Soweit dann noch ein Firmenwert in Betracht kommt, ist auch dieser anzusetzen. Die vom Bundesfinanzhof im Urteil vom 24. Januar 1979 I R 202/75 (BFHE 128, 33, BStBl II 1979, 581) angegebenen Gründe dafür, daß ein Firmenwert nicht anzusetzen sei, treffen im Streitfall für die Umsatzsteuer nicht zu, denn dort war über die Schlußbesteuerung der schwindenden Kapitalgesellschaft nach dem Körperschaftsteuergesetz zu befinden, während es vorliegend um die Ermittlung der von der übernehmenden Gesellschaft erbrachten Leistung geht. Der Senat vermag an Hand der Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht zu entscheiden, ob es sich bei dem dort als Geschäftswert bezeichneten Posten von . . . DM um stille Reserven oder um den Firmenwert handelt und ob der gefundene Wert dem Firmenwert entspricht. Klärungsbedürftig ist auch die Bedeutung des mit . . . DM ausgewiesenen Postens.
Nicht anzusetzen ist - insoweit in Übereinstimmung mit den Ausführungen im BFH-Urteil in BFHE 128, 33, BStBl II 1979, 581 und in der Vorentscheidung - eine Entschädigung für die Aufhebung des Pachtverhältnisses (Pachtrecht). Der Senat braucht deshalb zu der Auffassung der Kläger, die Entschädigungssumme sei umsatzsteuerfrei, nicht einzugehen. Soweit aufzudeckende stille Reserven auf Besitzposten entfallen, deren Übertragung umsatzsteuerfrei ist, sind sie diesen zuzurechnen, ein darüber hinausgehender Wert (Firmenwert) ist diesen Posten anteilig zuzurechnen.
Fundstellen