Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der Aufwendungen bei Anschaffung eines Pkw
Leitsatz (NV)
Die Anschaffung eines serienmäßig hergestellten Personenkraftwagens selbst der oberen Preisklasse führt in der Regel nicht zu unangemessenen Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 7
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb die Herstellung und den Verkauf von Damenoberbekleidung.
In den Jahren 1975, 1977 und 1979 schaffte die Klägerin je einen und im Jahre 1978 zwei Pkw an, und zwar jeweils nach Veräußerung des zuvor genutzten Fahrzeugs. Die Anschaffungskosten betrugen im Jahre 1975 68 953 DM (Mercedes 450 SE), im Jahre 1977 69 749 DM (Mercedes 450 SE), im Jahre 1978 25 738 DM und 42 000 DM sowie im Jahre 1979 52 800 DM. Da die Klägerin keinen Führerschein hatte, wurden die Wagen von einem Angestellten, ihrem Lebensgefährten, gefahren. Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) bei der Gewinnermittlung die Absetzung für Abnutzung (AfA) auf die Anschaffungskosten für die in den Jahren 1975, 1977 und 1979 erworbenen Fahrzeuge nur mit dem Betrag an, der sich auf der Grundlage von Anschaffungskosten in Höhe von nur 40 000 DM je Pkw ergab; die überschießende AfA wurde nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht zum Abzug zugelassen. Dementsprechend wurde umsatzsteuerrechtlich eine Eigenverbrauchsbesteuerung vorgenommen. Die gegen die geänderten Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide 1977 bis 1979 erhobenen Einsprüche blieben erfolglos.
Mit der Klage machte die Klägerin geltend, daß sie die teueren Pkw`s aus Repräsentationsgründen angeschafft habe und daß die Fahrzeuge nur in sehr geringem Umfange privat genutzt worden seien.
Das Finanzgericht (FG) erklärte den Rechtsstreit zum Teil für erledigt; im übrigen wies es die Klage ab. Es entschied, daß gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG die abzugsfähigen AfA-Beträge auf die Pkw-Anschaffungskosten von einer Bemessungsgrundlage von jeweils 40 000 DM zu berechnen seien und die nicht abzugsfähigen Beträge als Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Umsatzsteuer unterlägen.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie hat die nach Erhebung der Revision ergangenen Einkommensteueränderungsbescheide 1977 und 1978 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide 1977 bis 1979 in der Weise abzuändern, daß die strittigen AfA-Beträge in den Einkommensteuerbescheiden als abzugsfähig anerkannt werden und in den Umsatzsteuerbescheiden nicht von der Eigenverbrauchsbesteuerung erfaßt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
I. Einkommensteuer
1. AfA auf die Anschaffungskosten eines betrieblich genutzten Pkw (§ 7 EStG) mindern als Betriebsausgaben den Gewinn des Gewerbebetriebs (§ 4 Abs. 4 EStG). Für die Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben kommt es im allgemeinen nicht darauf an, ob sie ,,angemessen" sind (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Oktober 1987 IV R 5/85, BFHE 150, 558, BStBl II 1987, 853); auch ist es ohne Belang, ob die Aufwendungen notwendig, üblich oder zweckmäßig sind (Beschluß des BFH vom 27. November 1978 GrS 8/77, BFHE 126, 533, BStBl II 1979, 213).
Berühren allerdings die Aufwendungen die Lebensführung des Gewerbetreibenden, so sind sie nicht als Betriebsausgaben abzuziehen, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind (§ 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG). Soweit es sich um die Anschaffung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen, handelt, ist nicht auf die Anschaffungskosten, sondern auf die jährlichen AfA-Beträge abzustellen (BFH-Urteil vom 20. August 1986 I R 29/85, BFHE 147, 525, BStBl II 1987, 108).
Aufwendungen berühren die Lebensführung eines Steuerpflichtigen, wenn sie durch dessen persönliche Motive mitveranlaßt werden, ohne daß deshalb die betriebliche Veranlassung zu verneinen wäre. Aufwendungen dieser Art können auch bei der Anschaffung eines betrieblich genutzten Kraftwagens vorliegen. Bei der Frage, ob Aufwendungen als unangemessen anzusehen sind, kommt es auf alle Umstände des Einzelfalles an (Urteil in BFHE 147, 525, BStBl II 1987, 108). Neben der Größe des Unternehmens, der Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns ist vor allem die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit zu berücksichtigen. Es ist auch der Grad der Berührung der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen oder anderer Personen zu beachten, weil betrieblich veranlaßte Aufwendungen, die nicht die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren, in voller Höhe als Betriebsausgaben absetzbar sind (BFH-Urteil vom 20. August 1986 I R 80/83, BStBl II 1986, 905).
2. Diese Grundsätze hat das FG bei seiner Entscheidung, daß die jährlichen AfA-Beträge, soweit sie auf einer Bemessungsgrundlage von mehr als 40 000 DM je Pkw beruhen, nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht abzugsfähige Betriebsausgaben sind, nicht beachtet. Der IV. Senat des BFH hat im Urteil IV R 5/85 vom 8. Oktober 1987 entschieden, daß bei der Anschaffung eines Pkw die Unangemessenheit des Anschaffungsaufwands nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht allein dadurch begründet wird, daß bestimmte Höchstbetragsgrenzen überschritten werden. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Soweit er bei der Bemessung der Investitionszulage nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) in den Urteilen vom 2. Februar 1979 III R 50-51/78 (BFHE 127, 297, BStBl II 1979, 387) und vom 2. Februar 1979 III R 89/78 (BFHE 130, 100, BStBl II 1980, 340) von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, beruht dies auf den Besonderheiten des Investitionszulagenrechts.
Bei der Frage, welche Aufwendungen unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG sind, kann es nicht allein auf die absolute Höhe der Anschaffungskosten ankommen. Die Unangemessenheit von Aufwendungen für einen Pkw kann sich nicht schon aus dem Umstand ergeben, daß es sich um einen besonders teueren repräsentativen Wagen handelt. Ein Unternehmer, der in seinem Betrieb hohe Umsätze und Gewinne erzielt und häufig betrieblich veranlaßte Fahrten über größere Strecken unternehmen muß, braucht sich bei der Anschaffung eines teueren Wagens im allgemeinen nicht entgegenhalten zu lassen, die Aufwendungen für diesen Wagen seien unangemessen (Urteil IV R 5/85 vom 8. Oktober 1987). Demnach wird in der Regel die Benutzung eines serienmäßig hergestellten Fahrzeugs selbst der oberen Preisklasse nicht als unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG anzusehen sein (vgl. Bordewin in Hartmann / Böttcher / Nissen / Bordewin; Kommentar zum Einkommensteuergesetz, §§ 4 bis 5 Anm. 222 d); etwas anderes wird nur angenommen werden können, wenn dem im Einzelfall besondere Umstände entgegenstehen.
3. Nach diesen Grundsätzen sind im Streitfall die AfA von den vollen Anschaffungskosten der in den Streitjahren angeschafften Pkw vorzunehmen. Nach den betrieblichen Verhältnissen der Klägerin kann nicht angenommen werden, daß ein krasses Mißverhältnis zwischen den von ihr erzielten Gewinnen und Umsätzen einerseits und den Anschaffungskosten der von ihr in den Streitjahren erworbenen Pkw`s besteht. Aus den Feststellungen des FG ist zu entnehmen, daß die Gewinne der Klägerin so hoch waren, daß mit der Anschaffung der Pkw`s in den Streitjahren die Grenze des Angemessenen nicht überschritten hat. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Klägerin nach dem Sinken der Gewinne in den Jahren 1978 und 1979 wesentlich billigere Fahrzeuge als in den Vorjahren gekauft hat. Weiter ist davon auszugehen, daß die Klägerin die Pkw`s in nicht unwesentlichem Umfang betrieblich genutzt hat und daß die Benutzung eines repräsentativen Wagens im betrieblichen Interesse lag. Auch kann im Streitfall der Wechsel der Fahrzeuge nicht als so häufig angesehen werden, daß aus ihm auf die Unangemessenheit der Aufwendungen geschlossen werden kann.
II. Umsatzsteuer
Aus der unter I. dargelegten Rechtslage folgt, daß die strittigen Beträge auch nicht der Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 c UStG unterliegen.
III.
Nach den vorstehenden Ausführungen war das FG-Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben. Dem FA wird gemäß Art. 3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I, 446) aufgegeben, die Steuerbeträge auf der Grundlage dieser Entscheidung zu errechnen.
Fundstellen
Haufe-Index 415445 |
BFH/NV 1988, 356 |