Leitsatz (amtlich)
Die Übernahme von Stammeinlagen auf das Stammkapital einer Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH ist keine Zuwendung im Sinne des ZuwG. Hinsichtlich der Abschreibung der Beteiligung auf einen niedrigeren Teilwert hält der Senat an den Grundsätzen seines Urteils IV 158/65 vom 14. Juli 1966 (BFH 87, 67; BStBl III 1967, 20) fest.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2; ZuwG § 2
Tatbestand
Streitig war bei der einheitlichen Gewinnfeststellung 1962 der bis zum 31. Dezember 1965 aus H. B. und M. als atypischen stillen Gesellschafter bestehenden Mitunternehmerschaft (Gesellschaft), ob der Anteil an einer Unterstützungskasse in der Form einer GmbH in der Bilanz vom 31. Dezember 1962 auf 1 DM abgeschrieben werden durfte.
Am 18. Dezember 1962 gründeten H. B. und der Kaufmann A. B. eine Unterstützungskasse in der Form der GmbH für die Unternehmer und Arbeitnehmer der Gesellschaft (Trägerunternehmen) in der Weise, daß H. B. von dem Nennkapital von 20 000 DM 19 500 DM und A. B. 500 DM übernahmen. Diese GmbH wurde vom FA als Unterstützungskasse von der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Vermögensteuer freigestellt (§ 4 Abs. 1 Nr. 7 KStG). H. B. zahlte die übernommene, zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehörende Stammeinlage nicht ein. Diese Stammeinlageschuld und die der GmbH gemachten gewinnmindernden Zuwendungen wies die Gesellschaft als Darlehnsschulden und als Rückstellungen in ihrer Bilanz vom 31. Dezember 1962 aus und nahm auf die aktivierten Stammanteile von 19 500 DM eine Teilwertabschreibung auf 1 DM vor. Das FA ließ die Teilwertabschreibung auf die aktivierten GmbH-Anteile in der Bilanz vom 31. Dezember 1962 nicht zu.
Das FG änderte die einheitliche Gewinnfeststellung für 1962 dahin ab, daß es die erbetene Teilwertabschreibung zuließ. Es begründete diese Entscheidung im wesentlichen wie folgt. Der Senat könne sich der Auffassung des BFH im Urteil IV 158/65 vom 14. Juli 1966 (BFH 87, 67, BStBl III 1967, 20) nicht anschließen. Die Teilwertabschreibung müsse zugelassen werden, weil das eingezahlte Stammkapital tatsächlich und endgültig verloren sei.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Es trägt unter Bezugnahme auf die BFH-Entscheidung IV 158/65 vom 14. Juli 1966 vor, eine Abschreibung von Stammanteilen an einer Unterstützungskassen-GmbH sei nicht zulässig.
Die OHG beantragt die Zurückweisung der Revision. Sie weist darauf hin, daß der I. Senat des BFH im Vorbescheid I R 185/67 vom 19. August 1970 die Übernahme von Stammeinlagen auf das Stammkapital einer Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH für eine Zuwendung im Sinne des Gesetzes über die Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensionskassen und Unterstützungskassen bei den Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (BGBl I 1952, 206, BStBl I 1952, 227) - ZuwG - gehalten habe.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Gemäß § 2 ZuwG sind Zuwendungen an rechtsfähige Unterstützungskassen unter bestimmten Voraussetzungen als Betriebsausgaben abzugsfähig. Die Übernahme von Stammeinlagen einer Unterstützungskassen-GmbH ist nicht als eine solche abzugsfähige Zuwendung anzusehen, denn es handelt sich dabei um einen Vorgang, der sich vor dem Entstehen der GmbH vollzieht und der einen unmittelbaren und notwendigen Teil des Gründungsgeschäfts dieser Gesellschaft darstellt.
Eine GmbH entsteht als Rechtsperson mit ihrer Eintragung in das Handelsregister (§ 11 GmbHG). Zwar müssen vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister nur 1/4 der in Geld zu leistenden Einlagen tatsächlich eingezahlt sein (§ 7 Abs. 2 GmbHG), es müssen jedoch Stammeinlagen, deren Gesamtbetrag mit dem Stammkapital übereinstimmen muß, von den Gesellschaftern übernommen sein (§ 5 GmbHG). Ohne eine solche Übernahme ist die Gründung einer GmbH nicht möglich. Die Gründung einer juristischen Person einerseits und Zuwendungen an diese Person andererseits sind begrifflich zwei voneinander verschiedene Vorgänge, die sich gegenseitig ausschließen. Zuwenden kann man nur einem vorhandenen Rechtsträger etwas. Eine Zahlung oder die Übernahme einer Verpflichtung, die dazu dient, einen Rechtsträger erst ins Leben zu rufen, kann daher nicht gleichzeitig eine Zuwendung an diesen darstellen. Die Frage, ob für eine beabsichtigte Zuwendung schon vor Gründung der Kasse eine Rückstellung gebildet werden darf (vgl. BFH-Entscheidung I 139/52 U vom 30. Juli 1954, BFH 59, 203, BStBl III 1954, 287), ist im vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung.
Hinzu kommt, daß die Zuwendungen im Sinne des ZuwG ihrem Wesen nach Vermögensverlagerungen darstellen, die zu einer Entreicherung des Zuwendenden führen. Der Zuwendende erhält für die Zuwendung keinen unmittelbaren Gegenwert. Anders gestaltet sich die Übernahme von Stammeinlagen auf das Stammkapital einer GmbH. Hier erwirbt der Übernehmer ein Wirtschaftsgut in Form des Anteils an der Gesellschaft. Dieses Wirtschaftsgut stellt für ihn einen Wert dar, der der übernommenen Stammeinlage entspricht. Von einer Zuwendung kann daher in diesem Falle nicht gesprochen werden.
Der vom Steuerpflichtigen in der mündlichen Verhandlung zitierte Vorbescheid des I. Senats in der Sache I R 185/67 ist durch Antrag auf mündliche Verhandlung gegenstandslos geworden. Der Große Senat kann deshalb nach § 11 Abs. 3 FGO nicht angerufen werden.
Eine Abschreibung der Beteiligung an der Unterstützungskasse auf einen niedrigeren Teilwert ist nicht zulässig. Der Senat sieht keine Veranlassung, von seiner im Urteil IV 158/65 begründeten Auffassung abzugehen. Ein Verstoß gegen handelsrechtliche Bilanzierungsvorschriften liegt nicht vor, weil auch handelsrechtlich jedenfalls eine Pflicht zur Teilwertabschreibung nicht anerkannt werden kann. Es ist zwar richtig, daß eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die keine Erträge bringt, die ohne den Betrieb nicht veräußert werden kann und bei der mit einer Rückzahlung des Nennkapitals nicht zu rechnen ist, in aller Regel nicht mit den dem Nennbetrag der Beteiligung entsprechenden Anschaffungskosten bewertet werden darf. Hier rechtfertigt sich aber eine Ausnahme von diesem Grundsatz deshalb, weil das Trägerunternehmen als Kaufmann diese Eigenschaft der Beteiligung beim Erwerb kannte und sie bewußt in Kauf nahm; die mit dieser Beteiligung verbundenen betrieblichen Vorteile ließen den Aufwand gerechtfertigt erscheinen.
Wenn das FG davon ausgeht, daß die GmbH-Beteiligung unmittelbar nach ihrem Erwerb wertlos und damit das aufgewendete Kapital verloren sei, so fehlt es an einer einleuchtenden Begründung dafür, warum das Trägerunternehmen als Kaufmann einen Aufwand gemacht haben sollte, der ihm weder jetzt noch auf längere Sicht gesehen einen Vorteil bringen konnte, der den aufgewendeten Betrag wert ist. Daß ein Kaufmann so etwas tut, widerspricht der Lebenserfahrung. Es muß deshalb bis zum einwandfreien Nachweis des Gegenteils davon ausgegangen werden, daß sich der Kaufmann von diesem Aufwand einen gleichwertigen Vorteil verspricht, der ihm den Aufwand für die Beteiligung wert ist und wert bleibt. Der Auffassung des FG, daß solche Vorteile nicht ersichtlich seien, kann sich der Senat also nicht anschließen.
Es ist zutreffend, daß das Vermögen der Unterstützungskasse bei Auflösung nur den in der Satzung Berechtigten zufällt, zu denen allerdings, wie das FA zutreffend hervorhebt und die OHG nicht bestritten hat, auch die Inhaber des Trägerunternehmens und die Kapitalbeteiligten gehören können. Dieser Sachverhalt ist aber für die Bewertung ohne Bedeutung, weil mit einer Auflösung nicht gerechnet wird, dem Trägerunternehmen diese rechtlichen Folgen beim Erwerb bekannt waren und es trotzdem den Nachteil wegen anderer Vorteile in Kauf nahm. Es mag sein, daß, sobald die Auflösung der Kasse wahrscheinlich wird, eine Teilwertabschreibung in Erwägung gezogen werden kann. Damit braucht sich der Senat im vorliegenden Falle nicht zu befassen. Es kann nicht anerkannt werden, daß der fiktive Erwerber des Betriebes für die GmbH-Beteiligung nichts zahlen würde. Denn bei dieser Fiktion muß, so lange keine Fehlmaßnahme des Veräußerers dargetan ist, davon ausgegangen werden, daß der Erwerber die gleichen kaufmännischen und unternehmerischen Überlegungen anstellt, von denen der Veräußerer ausgegangen ist. Wenn also dem Veräußerer die Beteiligung den Aufwand wert war, sich an dem Sachverhalt nichts geändert hat und von einer Fehlmaßnahme deshalb nicht gesprochen werden kann, so ist nicht einzusehen, warum der Betriebserwerber andere Überlegungen hinsichtlich dieses Teils betriebswirtschaftlicher und unternehmerischer Maßnahmen anstellen sollte. Dafür fehlt es an jeder Begründung.
Auch in der Beurteilung des Vorteils, der in der Darlehnsgewährung liegt, kann dem FG nicht gefolgt werden. Selbst wenn man davon ausgehen könnte, daß das Trägerunternehmen ein gleichhohes Darlehen ohne jede Sicherheit zu den gleichen Bedingungen auch von einem Dritten erhalten würde, so muß doch berücksichtigt werden, daß diese dem Trägerunternehmen verbleibenden Mittel als Kassenzuweisungen den steuerlichen Gewinn gemindert haben, also steuerlich so behandelt werden, als seien sie bereits für soziale Aufwendungen des Betriebes abgeflossen. In diesem vorverlegten Abzug späterer sozialer Zuwendungen durch die Kasse liegt ein erheblicher Vorteil, der nach Auffassung des Senats einen der Gründe für die Schaffung solcher Kassen darstellt. Diese Überlegung gestattet es auch nicht, die Gründung der GmbH selbst schon als eine soziale Zuwendung an die Belegschaft anzusehen. Auch in der Bindung der Arbeitnehmer und der Verbesserung des sozialen Betriebsklimas liegt in der Regel ein beachtlicher Vorteil. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Leistungen haben. Entscheidend ist allein, ob sie, wenn sie eine bestimmte Zeit dem Betrieb angehört haben, mit Zuweisungen tatsächlich rechnen können.
Fundstellen
Haufe-Index 69345 |
BStBl II 1971, 180 |
BFHE 1971, 95 |