Leitsatz (amtlich)
Ein gegen Zahlung eines Entgelts vereinbartes befristetes Wettbewerbsverbot stellt für denjenigen, zu dessen Gunsten es wirkt, ein abschreibungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut dar.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte, der bis zum 2. Januar 1963 mit seinen Eltern gemeinsam einen Damenfriseursalon in der Rechtsform einer GdbR betrieben hatte, übernahm von dem genannten Zeitpunkt ab das Unternehmen der Gesellschaft mit allen Aktiven und Passiven. Dafür hatte er seinen Eltern 121 000 DM zu zahlen (im Vertrag als Auseinandersetzungsguthaben bezeichnet). Davon entfielen 10 000 DM auf die Übernahme des Kundenstammes und 43 500,96 DM auf ein Wettbewerbsverbot, das es den Eltern des Klägers untersagte, während der Dauer von 10 Jahren im Raume S (Stadtgebiet) bei Vermeidung einer Vertragsstrafe von 80 000 DM einen Friseursalon zu betreiben oder sich an einem solchen direkt oder indirekt zu beteiligen.
In seiner Bilanz zum 31. Dezember 1963 machte der Kläger auf den Bilanzansatz Kundenstamm 2 000 DM AfA und auf den Bilanzansatz Konkurrenzverbot 4 350,96 DM AfA geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) erkannte die Abzugsfähigkeit dieser Beträge nicht an, weil die betroffenen Bilanzansätze einen nicht abschreibungsfähigen Firmenwert zum Ausdruck brächten. Die auf den Bescheid vom 3. Februar 1966 gemäß § 45 FGO unmittelbar zum FG erhobene Klage hatte in beiden Streitpunkten Erfolg.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des FA mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen. Im Gegensatz zu den Ausführungen des FG stehe das FA nach wie vor auf dem Standpunkt, daß das Wettbewerbsverbot nur ein unselbständiger Teil des erworbenen Geschäftswerts sei. Eine wie auch immer begründete Abschreibung auf den Geschäftswert sei nach der Rechtsprechung des BFH jedoch nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Festsetzung der Steuer.
1. Der BFH hat wiederholt ausgeführt, daß der Ansatz eines Geschäftswerts nur insoweit in Betracht kommt, als der vom Erwerber des Unternehmens gezahlte Kaufpreis nicht nachweislich für bestimmte materielle oder immaterielle Einzelwirtschaftsgüter bezahlt worden ist (BFH-Urteil vom 18. Juli 1972 VIII R 16/68, BFHE 106, 432, BStBl II 1972, 884 mit weiterer Rechtsprechung). Ob im Einzelfalle ein abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut oder ein nur der Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert zugängliches firmenwertähnliches Wirtschaftsgut erworben wurde, beantwortet sich danach, ob sich sein Wert für das Unternehmen innerhalb einer bestimmten oder doch annähernd bestimmbaren Zeit erschöpft oder nicht (BFH-Urteil vom 1. August 1968 I 206/65, BFHE 94, 52, BStBl II 1969, 66).
2. a) Auch ein gegen Zahlung eines Entgelts vereinbartes befristetes Wettbewerbsverbot stellt für denjenigen, zu dessen Gunsten es wirkt, ein abschreibungsfähiges immaterielles Wirtschaftsgut dar (vgl. auch BFH-Urteile vom 27. März 1968 I 224/64, BFHE 92, 211, BStBl II 1968, 520 und vom 26. Juli 1972 I R 146/70, BFHE 107, 118, BStBl II 1972, 937), sofern es nicht - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - in einem erworbenen (abgeleiteten, derivativen) Geschäftswert aufgeht. Letzteres kann indes nur in denjenigen Fällen angenommen werden, in denen das Wettbewerbsverbot sich nicht als eine der wesentlichen Grundlagen der Geschäftsübernahme, sondern nur als eine Nebenabrede erweist. Daß es im hier vorliegenden Streitfalle eine der wesentlichen Grundlagen der Übernahme des Unternehmens der GdbR durch den Kläger war, hat das FG nach eingehender Ermittlung der Erwägungen, die die Vertragschließenden zu der Vereinbarung des Wettbewerbsverbots bestimmten, und mit ausführlicher Begründung seiner die Entscheidung tragenden Überlegungen dargelegt.
b) Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß der Kläger einen Kundenstamm im eigentlichen Sinne nicht übernommen hat. Es hat die Zahlung der 10 000 DM als für den allgemeinen Geschäftswert geleistet angesehen und nichts dafür festgestellt, was die Auffassung des Klägers stützen könnte. Der Senat hat - da der Kläger keine Revision eingelegt und keine Gegenrüge erhoben hat - von dieser Feststellung auszugehen. Auch wäre, wie der erkennende Senat im Urteil vom 16. September 1970 I R 196/67 (BFHE 101, 76, BStBl II 1971, 175) ausgeführt hat, ein immaterielles Wirtschaftsgut "Kundenstamm" bei selbständiger Betrachtung und Bewertung in der Regel ein geschäftswertähnliches Wirtschaftsgut, für dessen steuerrechtliche Behandlung die gleichen Grundsätze Anwendung zu finden haben, die für die Abschreibung eines allgemeinen Geschäftswerts gelten (vgl. BFH-Urteile vom 18. Januar 1967 I 77/64, BFHE 88, 198, BStBl III 1967, 334; vom 5. August 1970 I R 180/66, BFHE 100, 89, BStBl II 1970, 804).
Der Senat kann dem FG jedoch nicht darin folgen, daß dieses Wirtschaftsgut schon nach einem Jahr einen Teil seines ursprünglichen Wertes verloren habe und daß an die Stelle des seinerzeit erworbenen allgemeinen Geschäftswerts in zunehmendem Maße ein selbst geschaffener (originärer) Geschäftswert getreten sei. Der Auffassung, daß mit dieser Begründung eine Abschreibung auf den Geschäftswert zu rechtfertigen sei, ist der erkennende Senat im Urteil vom 2. Februar 1972 I R 96/70 (BFHE 104, 442, BStBl II 1972, 381) entgegengetreten. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Entscheidung Bezug.
Dafür, daß der allgemeine Geschäftswert des Unternehmens des Klägers während des Streitjahres unter den Wert vom Ende des Jahres 1972 abgesunken sei, hat das FG nichts festgestellt und der Kläger vor dem FG nichts vorgetragen.
Fundstellen
Haufe-Index 70464 |
BStBl II 1973, 580 |
BFHE 1973, 222 |