Leitsatz (amtlich)
Eine Eigentumswohnung, die der Steuerpflichtige im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung am Arbeitsort nutzt, ist kein nach § 34f EStG begünstigtes Objekt.
Orientierungssatz
Tatsächliche Feststellungen zu Sachentscheidungsvoraussetzungen des finanzgerichtlichen Verfahrens kann und muß der BFH als Revisionsinstanz selbst treffen (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.1985 I R 31/84).
Normenkette
EStG §§ 34f, 7b; FGO § 118 Abs. 2
Verfahrensgang
Hessisches FG (Entscheidung vom 25.01.1988; Aktenzeichen 3 K 263/87) |
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute, hatten ihren Hauptwohnsitz in W. Ihre beiden ledigen Töchter befanden sich im Streitjahr 1985 in Berufsausbildung. Der Kläger hatte im Jahre 1983 eine Eigentumswohnung in S erworben, die er allein zur Ausübung seiner Berufstätigkeit nutzte. Er veräußerte die Wohnung, für die er die erhöhten Absetzungen nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch nahm, nach Beendigung seiner Tätigkeit in S im Streitjahr. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) versagte den Klägern die von ihnen beantragte Steuerermäßigung nach § 34f EStG, da die Eigentumswohnung in S nicht den Familienwohnsitz gebildet habe (Abschn.213a der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 1984). Das Finanzgericht (FG) hat der Klage mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1988, 238 veröffentlichten Urteil stattgegeben.
Mit der Revision rügt das FA sinngemäß Verletzung des § 34f EStG. Es macht geltend, die Steuerermäßigung des § 34f EStG solle der besonderen Form des Erwerbs von Wohnraum durch kinderreiche Familien Rechnung tragen. Der Erwerb eines nach § 7b EStG begünstigten Objektes wegen doppelter Haushaltsführung am Arbeitsort für Wohnzwecke einer Einzelperson sei nicht nach § 34f EStG begünstigt.
Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Die gegenüber der Klägerin ergangene Vorentscheidung verletzt § 44 Abs.1 FGO. Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 1985 hat nur der Kläger eingelegt. Die Einspruchsentscheidung ist zwar in der Einkommensteuersache beider Kläger ergangen. In ihr ist jedoch nur der Kläger als Einspruchsführer bezeichnet und sie ist auch nur dem Kläger zugestellt worden. Mangels Durchführung eines Vorverfahrens durch die Klägerin war die Klage der Klägerin als unzulässig abzuweisen.
Das FG hat hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Da es sich um Sachentscheidungsvoraussetzungen des finanzgerichtlichen Verfahrens handelt, war der Senat befugt und verpflichtet, diese Feststellungen selbst zu treffen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.Dezember 1985 I R 31/84, BFHE 146, 196, BStBl II 1986, 474).
2. Soweit sich die Vorentscheidung gegen den Kläger richtet, verletzt sie § 34f EStG.
Zutreffend ist das FG zwar davon ausgegangen, daß das nach dieser Vorschrift begünstigte Objekt nicht der Mittelpunkt der Lebensinteressen oder der Familienwohnsitz sein muß. Rechtsfehlerhaft hat es jedoch die von einem Steuerpflichtigen im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung allein genutzte Wohnung als nach § 34f EStG begünstigt angesehen. Die Steuerermäßigung setzt voraus, daß das Objekt bestimmt und geeignet ist, den durch die Haushaltszugehörigkeit der Kinder erhöhten Wohnbedarf des Steuerpflichtigen zu befriedigen. Diese Auslegung des Gesetzes ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 34f Satz 2 Nr.1 EStG, jedoch aus dem Sinnzusammenhang und dem Zweck der Steuerbegünstigung. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 14.März 1989 IX R 45/88 (BFHE 157, 80, BStBl II 1989, 776).
Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs.2 FGO), diente die Wohnung des Klägers in S dessen alleiniger Nutzung. Sie war nicht dazu bestimmt, auch den Wohnbedarf seiner beiden Kinder zu decken und daher kein nach § 34f EStG begünstigtes Objekt. Das FA hat dem Kläger zu Recht die Steuerermäßigung versagt. Die Klage war abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62934 |
BFH/NV 1989, 42 |
BStBl II 1989, 829 |
BFHE 157, 353 |
BFHE 1990, 353 |
BB 1989, 2167-2168 (LT1) |
DB 1989, 2102-2103 (LT) |
DStZ 1990, 177 (KT) |
HFR 1990, 23 (LT) |