Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel; Baugewerbe
Leitsatz (amtlich)
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt kein gewerblicher Grundstückshandel vor, wenn ein Steuerpflichtiger nicht mehr als drei Objekte veräußert. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige einen Beruf des Baugewerbes oder einen dem Baugewerbe nahestehenden Beruf ausübt.
Orientierungssatz
Zur Eigenschaft einer (hier: aus Eheleuten bestehenden) Grundstücksgemeinschaft als Mitunternehmerschaft und zur Einordnung der Einkünfte.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nrn. 1-2, Abs. 2; GewStDV § 1; GewStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet. Der Kläger ist Bauunternehmer. 1970 erwarben die Kläger als Miteigentümer zu je 1/2 zwei Grundstücke, nämlich 1 056 qm für … DM und 3 680 qm für … DM. Nach Parzellierung und Erschließung der Grundstücke durch die Gemeinde, mit der die "Abtretung" von Teilflächen für Straßenbauzwecke verbunden war, haben die Kläger folgende Teilflächen an Freunde oder Verwandte weiterveräußert oder verschenkt:
- am 24.April 1970 für … DM 657 qm,
- am 18.Dezember 1970 für … DM 742 qm,
- am 21.Oktober 1970 für … DM 627 qm,
- am 28.Dezember 1973 verschenkt 1 031 qm und
- am 3.November 1972 verschenkt 902 qm.
Der danach noch vorhandene Teil der erworbenen Grundstücke wurde 1974/1975 mit drei Kaufeigenheimen (Reihenhäuser) bebaut und an verschiedene Erwerber für … DM, … DM und … DM veräußert. Die Rohbauarbeiten sind vom Kläger durchgeführt worden. In diesen Beträgen sind hinsichtlich des Grund und Bodens keine Gewinne enthalten. Die gesamten Herstellungskosten der Reihenhäuser sind dem Privatkonto des Klägers belastet und die Erlöse aus den Veräußerungen als Einlagen gebucht worden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt―FA―) hat die Kläger wegen der engen Verknüpfung der Errichtung der drei Kaufeigenheime mit dem Betrieb des Klägers ab 1974 als gewerbliche Grundstückshändler angesehen.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Zur Begründung führte das FG aus: Wenn ein Bauunternehmer Geschäfte betreibe, die üblicherweise in den Bereich seines Gewerbebetriebs fielen, die aber auch im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung vorgenommen werden könnten, so komme es für die Einordnung der Geschäfte als gewerbliche oder private darauf an, wie der Steuerpflichtige diese Geschäfte tatsächlich abgewickelt habe. Hätten die veräußerten Grundstücke dem Kläger allein gehört, so hätte er im Umfang der mit der Bebauung und Veräußerung erzielten Wertschöpfung gewerbliche Gewinne erzielt.
Im Streitfall hätten die Grundstücke jedoch nicht dem Kläger allein gehört. Das ändere jedoch nichts daran, daß die Kläger gewerblich tätig gewesen seien; denn wenn sich die Veräußerer zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtung, schlüsselfertige Häuser zu erstellen, des Betriebs eines Miteigentümers bedienten, dann erhielten die Veräußerungsgeschäfte hierdurch gewerblichen Charakter. Sie seien Ausfluß der gewerblichen Tätigkeit des Baugeschäfts.
Ob das Merkmal der Nachhaltigkeit (§ 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung ―GewStDV―) erfüllt sei, sei zweifelhaft. Jedenfalls genüge es, daß drei Grundstücke im engen zeitlichen Zusammenhang in der geschilderten Weise bebaut und verkauft worden seien.
Die Kläger rügen mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klagestattgabe.
1. Die Auffassung des FG, daß eine Grundstücksgemeinschaft allein deshalb gewerblich tätig sei, weil sie sich zur Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen zur schlüsselfertigen Erstellung von Häusern des Betriebs eines Mitunternehmers bediene, ist mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht vereinbar. Eine Grundstücksgemeinschaft, die gewerblich tätig ist, ist eine Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), wenn sie einer Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbar ist und ihre Teilhaber Unternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative entfalten können (Beschluß des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 25.Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
Nach demselben Beschluß bestimmt sich die Einkunftsart einer Mitunternehmerschaft durch die Tätigkeit der Gesellschafter (bei Gemeinschaften der Teilhaber) in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, mithin durch die Tätigkeit der Gesellschaft (Gemeinschaft). Demzufolge hat eine Personengesellschaft (Gemeinschaft) nur dann ein gewerbliches Unternehmen, wenn sich ihre Gesellschafter (Teilhaber) gemeinsam im Sinne der in § 1 Abs.1 GewStDV in der für die Streitjahre geltenden Fassung ―heute § 15 Abs.2 EStG― aufgeführten Merkmale (Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht, Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr, keine Land- und Forstwirtschaft und keine selbständige Tätigkeit) betätigen und ihre Tätigkeit keine private Vermögensverwaltung ist.
2. Geht man von diesen Rechtsgrundsätzen aus, so ergibt sich, daß die Kläger als Teilhaber der Grundstücksgemeinschaft nicht gewerblich tätig waren; denn sie haben nicht mehr als drei Objekte verkauft. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschluß vom 7.Dezember 1988 VIII B 71/88, BFHE 155, 44, m.w.N.) liegt in einem solchen Fall kein gewerblicher Grundstückshandel, sondern private Vermögensverwaltung vor, und zwar selbst dann, wenn ―wie sich aus dem Urteil des III.Senats des BFH vom 3.Juni 1987 III R 209/83 (BFHE 150, 418) ergibt― der Veräußerer einen Beruf des Baugewerbes ausübt.
3. Die von den Klägern vor 1974 veräußerten oder verschenkten Grundstücke sind in die Betrachtung nicht mit einzubeziehen, weil die Kläger insoweit offensichtlich ohne Gewinnerzielungsabsicht gehandelt haben.
Fundstellen
Haufe-Index 613343 |
BStBl II 1990, 1053 |
BFHE 158, 214 |
BB 1990, 119 (Leitsatz und Gründe) |
DB 1990, 26 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1990, 179 (Leitsatz und Gründe) |