Leitsatz (amtlich)
Die Beteiligung als stiller Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft ist auch bei atypischer Ausgestaltung Gesellschaftsrecht im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG.
Normenkette
KVStG § 6 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Der Alleingesellschafter der Klägerin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, hat dieser unter der Bezeichnung als unechter stiller Gesellschafter eine Einlage von 150 000 DM und später eine weitere Einlage von 50 000 DM erbracht. In dem der Leistung der Einlagen zugrunde liegenden Vertrag wurde vereinbart, der stille Gesellschafter solle im Innenverhältnis alle diejenigen Rechte haben, die ein persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft habe, insbesondere das Recht der Geschäftsführung. Das Recht der Klägerin als Geschäftsinhaberin solle aber unberührt bleiben, der stille Gesellschafter dagegen ein unentziehbares Recht auf die Erteilung einer Einzelprokura haben. Der nach Abzug eines Voraus verbleibende Gewinn sollte im Verhältnis der Kapitalanteile umgelegt werden; dasselbe sollte für den Verlust gelten mit der Maßgabe, daß der stille Gesellschafter an diesem nur bis zur Höhe seines jeweiligen Kapitalkontos teilnehmen solle und sein Verlustanteil im einzelnen Jahr 15 vom Hundert seines Kapitalkontos nicht überschreiten dürfe. Das stille Gesellschaftsverhältnis sollte für die Klägerin zu Lebzeiten des stillen Gesellschafters unkündbar, für den stillen Gesellschafter auf bestimmte Zeitpunkte kündbar sein.
Das Finanzamt hat wegen der beiden Einlagen aus der stillen Beteiligung gegen die Klägerin 5 000 DM Gesellschaftsteuer festgesetzt und deren Einspruch zurückgewiesen. Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision rügt die Klägerin fehlerhafte Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG; sie ist unter Hinweis auf Kinnebrock (Kapitalverkehrsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl. 1960, § 6 Anm. III S. 75) der Ansicht, die unechte, atypische stille Beteiligung falle nicht unter diese Vorschrift, weil sie keine Forderung begründe, sondern Gesamthandvermögen schaffe.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG gelten als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften auch "Forderungen, die eine Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft gewähren"; derjenige, dem eine solche Forderung zusteht, gilt für die Besteuerung als Gesellschafter der Kapitalgesellschaft (§ 6 Abs. 2 KVStG). Der Gesellschaftsteuer unterliegen folglich der Erwerb einer solchen Forderung durch den ersten Erwerber (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KVStG) und weitere Leistungen, die auf Grund des das Forderungsrecht mit Gewinnbeteiligung begründenden obligatorischen Verhältnisses pflichtgemäß später bewirkt werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 KVStG).
Der Alleingesellschafter der Klägerin hat - nicht als solcher (§ 3 Abs. 1 Nr. 4, § 15 Abs. 3 GmbHG), sondern als stiller Gesellschafter (§ 335 HGB) - der Klägerin Einlagen in Höhe von 200 000 DM erbracht, die in ihr Vermögen übergegangen sind (§ 335 Abs. 1 HGB). Auf Grund dieser Einlagen und des stillen Gesellschaftsverhältnisses war er am Gewinn der Kapitalgesellschaft (§ 337 Abs. 1 HGB) beteiligt (§ 336 HGB). Damit sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG nach Wortlaut und Sinn dieser Vorschrift erfüllt.
Die Klägerin meint, das "atypische" stille Gesellschaftsverhältnis habe keine "Forderung" gegen sie begründet; zumindest sei diese Forderung keine "gewöhnliche". Ihr Prozeßbevollmächtigter hat aber in der mündlichen Verhandlung nicht darlegen können, worin er den Unterschied zwischen einer in diesem Sinne gewöhnlichen und einer ungewöhnlichen Forderung sieht. Die Besonderheit, daß diese Forderung auf eine Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft gerichtet ist, ist Tatbestandserfordernis des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG; sie kann folglich der Erfüllung dieses Tatbestandes nicht entgegenstehen. Ist der Tatbestand erfüllt, wird die Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Alleingesellschafter der Klägerin sich als deren stiller Gesellschafter über §§ 336, 338 HGB hinausreichende Rechte einräumen ließ, die ihm auch in seiner Eigenschaft als stiller Gesellschafter entscheidenden Einfluß auf die Geschäftsführung der Klägerin einräumen.
Eine "Forderung, die eine Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft gewährt" (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG), verneint die Klägerin mit der Begründung, der stille Gesellschafter - oder zumindest der atypische stille Gesellschafter - einer Kapitalgesellschaft sei nicht an deren Gewinn, sondern am Gewinn der Innengesellschaft zwischen beiden beteiligt. Daran ist zwar richtig, daß dem stillen Gesellschafter nicht der in § 29 Abs. 1 GmbHG als Recht der Gesellschafter erwähnte "Anspruch auf den nach der jährlichen Bilanz sich ergebenden Reingewinn" verschafft werden kann, und daß der dort genannte "Reingewinn" bereits um den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters gekürzt ist. Das trifft aber gerade deshalb zu, weil die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft eine Forderung gegen diese ist, und gilt für alle Anwendungsfälle des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG, auch für das partiarische Darlehen. Das Argument der Klägerin beweist somit nur, daß der Gewinnbegriff des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG nicht der des § 29 Abs. 1 GmbHG ist.
Mit dieser Maßgabe sind die Gewinne, an denen der stille Gesellschafter beteiligt worden ist, solche der Klägerin. Denn bei der stillen Gesellschaft handelt es sich - kraft ihrer gesetzlichen Definition (§ 335 HGB) und im Unterschied zur offenen Handelsgesellschaft (§ 105 HGB) und zur Kommanditgesellschaft (§ 161 HGB) - nur um eine Innengesellschaft; der Kaufmann, an dessen Handelsgewerbe sich der stille Gesellschafter mit einer Vermögenseinlage beteiligt (§ 335 Abs. 1 HGB), wird "aus den in dem Betriebe geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet" (§ 335 Abs. 2 HGB). Das ist selbst dann nicht anders, wenn dieser Kaufmann im Innenverhältnis verpflichtet ist, nach den Weisungen des stillen Gesellschafters zu handeln oder diesem die Geschäftsführung zu überlassen. Die Einlage des stillen Gesellschafters ist "so zu leisten, daß sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht" (§ 335 Abs. 1 HGB).
Diese Charakteristik der stillen Gesellschaft verkennt die Klägerin mit ihrer Auffassung, die "atypische stille Beteiligung" habe ein Gesamthandvermögen; der stille Gesellschafter sei nicht am Gewinn der Klägerin, sondern am Gewinn des "Personenverbandes" beteiligt. Der zur Verteilung gelangende Gewinn muß in jedem Falle zunächst ein Ertrag der Klägerin sein, weil allein in ihrem Namen die Geschäfte betrieben werden; erst dieser - nicht dem Reingewinn des § 29 Abs. 1 GmbHG gleichzusetzende - Gewinn wird im "Personenverband" verteilt, wie wenn er von diesem erzielt worden wäre. Da allein die Klägerin das Handelsgewerbe betreibt (§ 335 HGB), müssen ihr auch die flüssigen Mittel dafür zur Verfügung stehen. Der maßgebende Unterschied zwischen der atypischen stillen Gesellschaft und der Kommanditgesellschaft, den nach der Meinung der Klägerin "niemand wird sagen oder begründen können", liegt also darin, daß der stille Gesellschafter sich "an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt" (§ 335 Abs. 1 HGB), während der Zweck einer Kommanditgesellschaft "auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist" (§ 161 Abs. 1 HGB), also unter dieser Firma als dem Namen (§ 17 HGB) der Gesellschaft (§ 19 HGB) und zugleich namens aller, auch der nur beschränkt haftenden Kommanditisten gehandelt wird (vgl. die unmittelbar nicht einschlägigen §§ 164 Abs. 1, 714 BGB), und die Einlage des Kommanditisten (§ 161 Abs. 2 HGB) demzufolge - unbeschadet des § 171 HGB - als dessen Beitrag (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 2 HGB, § 705 BGB) zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes (§ 705 BGB), des Betriebs eines Handelsgewerbes (§ 161 Abs. 1 HGB), nicht dem geschäftsführenden Gesellschafter, sondern der Gesellschaft zu leisten ist (§ 161 Abs. 2, § 105 Abs. 2 HGB, § 718 Abs. 1 BGB).
Die stille Gesellschaft ist also - mag sie typisch oder atypisch sein - dadurch gekennzeichnet, daß der stille Gesellschafter nicht unmittelbar am Unternehmen beteiligt ist, sondern nur Ansprüche gegen den Unternehmer hat, deren Art und Höhe vertraglich so gestaltet sind, als ob eine echte Beteiligung am Unternehmen vorläge (Siebert, NJW 1953, 806 [807]). Diese Ansprüche (§ 194 Abs. 1 BGB) richten sich allein gegen den Kaufmann, an dessen Handelsgewerbe sich der stille Gesellschafter beteiligt (§ 337 Abs. 1 HGB); sie sind weder Ausfluß eines Mitgliedschaftsverhältnisses noch einer gesamthänderischen Beteiligung.
Definitionsgemäß (§ 335 HGB) kann die stille Gesellschaft - wie jede Innengesellschaft (Urteil des RG II 99/40 vom 20. Februar 1941, RGZ 166, 160) - kein Gesamthandvermögen haben. Die Einlage des stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des Inhabers der Handelsgesellschaft über (§ 335 Abs. 1 HGB), und anderes Vermögen kann die stille Gesellschaft nicht erwerben, weil sie nicht nach außen wirkt (§ 335 Abs. 2 HGB), sondern nur - im Verhältnis des stillen Gesellschafters zum Inhaber des Geschäftes - schuldrechtlich-internen Charakters ist (Siebert, a. a. O.).
Die stille Gesellschaft als solche hat demzufolge überhaupt kein Vermögen. Auch die im Verhältnis der stillen Gesellschaft zu verrechnenden Geschäftsergebnisse (§ 336 HGB) laufen nicht als "durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbene Gegenstände" (§ 718 Abs. 1 BGB) durch sie als Vermögensträger; vielmehr hat der Inhaber des Geschäfts den auf den stillen Gesellschafter fallenden Gewinn diesem unmittelbar auszubezahlen (§ 337 Abs. 1 HGB). Eine abweichende Vereinbarung (sofern sie überhaupt möglich erscheint) hätte den Tatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG nicht beseitigt; in jedem Falle wäre eine Forderung begründet worden, die im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG eine Beteiligung am Gewinn der Klägerin gewährt.
Die stille Gesellschaft ist demnach insofern Gesellschaft im Sinne der §§ 705 ff. BGB, als zwischen dem Inhaber des Geschäftes und dem stillen Gesellschafter, unbeschadet des § 336 Abs. 2 HGB, so abgerechnet wird, wie wenn das Handelsgewerbe in beider Namen geführt worden wäre; die zugrunde liegende Berechnung ist gesellschaftsrechtlicher Art (§§ 336, 337 Abs. 2 und 3 HGB; vgl. §§ 167, 120, 121 HGB, § 722 BGB). Das gilt aber im Sinne der §§ 705 ff. BGB nicht für die Ausführung der Gewinnverteilung. Da der Geschäftsinhaber die Einlage erhalten (§ 335 Abs. 1 HGB) und allein die zu verteilenden Erträge erzielt hat (§ 335 Abs. 2 HGB), kann sich der Anspruch - die Forderung des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG - nur gegen ihn richten (§ 337 Abs. 1 HGB); der stille Gesellschafter ist insoweit Gläubiger des Geschäftsinhabers.
Im Konkursfall ist der stille Gesellschafter Konkursgläubiger sogar hinsichtlich seiner erbrachten (§ 341 Abs. 2 HGB) und nicht durch seinen Anteil am Verlust verbrauchten (§ 341 Abs. 1 HGB) Einlage; daran ändert nichts, daß er - ebenso wie ein darlehengewährender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (Urteil des BGH II ZR 187/57 vom 14. Dezember 1959, BGHZ 31, 258) - bei vorwerfbarem Verhalten unter Umständen hinter anderen Konkursgläubigern zurückstehen muß (vgl. auch § 342 HGB). Keine Folge des Insolvenzrechts, sondern der vertraglichen Vereinbarungen (vgl. § 336 HGB) ist es dagegen, daß die Einlage des stillen Gesellschafters schon vor Eintritt des Konkursgrundes (§ 102 KO, § 63 Abs. 1 GmbHG) oder infolge dessen durch die Verlustbeteiligung (§ 336 Abs. 1 HGB) verbraucht sein kann. Ein Unterschied prinzipieller Art zwischen der sogenannten typischen und der sogenannten atypischen Gesellschaft, wie ihn die Klägerin unsubstantiiert vorgetragen hat, besteht insoweit aber nicht (vgl. Urteil des BFH II 83/62 vom 10. März 1970, BFH 99, 133 [139 f], BStBl II 1970, 562). Denn der stille Gesellschafter nimmt stets (also "typisch") am Verluste teil (§ 336 Abs. 1 HGB), sofern nicht im Gesellschaftsvertrage etwas anderes bestimmt ist (§ 336 Abs. 2 Halbsatz 1 HGB).
Auch sonst gibt es keinen Grund für die Annahme der Klägerin, eine stille Gesellschaft (§ 335 HGB) beinhalte bei atypischer Gestaltung keine Forderung, die einen Anteil am Gewinn gewährt (§ 336 Abs. 2 Halbsatz 2 HGB). Zwar sind in bezug auf die Berechnung des dem stillen Gesellschafter zukommenden Gewinnes alle Abreden möglich, die auch bei einer Außengesellschaft möglich wären. Keine noch so atypische Gestaltung kann aber das Merkmal beseitigen, daß sich der Anspruch auf Beteiligung am Gewinn als "Forderung" (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG) gegen den Geschäftsinhaber - hier also die Klägerin als Kapitalgesellschaft (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 KVStG) - richtet, es sei denn, es läge überhaupt keine stille Gesellschaft im Sinne des § 335 HGB vor.
Die §§ 336 ff. HGB sind weitgehend nachgiebigen Rechtes, lassen also unterschiedliche Formen atypischer Gestaltung zu. In einem speziellen Sinne versteht man unter einer atypischen stillen Gesellschaft eine solche, bei welcher der stille Gesellschafter im Innenverhältnis zum Geschäftsinhaber so zu stellen ist, wie wenn er nicht nur an den Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft, sondern auch an deren Vermögen beteiligt wäre (vgl. Urteil des BGH II ZR 15/52 vom 29. November 1952, BGHZ 8, 157 [167]) mit der Folge, daß er bei einer Auseinandersetzung auch an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens teilhätte. Ein solcher Fall dürfte hier aber gerade nicht vorliegen. Jedenfalls ist im beurkundeten Gesellschaftsvertrag davon nicht die Rede; ausdrücklich ist dagegen beurkundet, daß bei der Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters der Geschäftswert nicht zu berücksichtigen sei. Doch kann dieser vom FG nicht erörterte Punkt als unerheblich dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn dieser "Typ" einer "atypischen stillen Gesellschaft" vorläge oder die stille Gesellschaft in anderer Weise atypisch wäre - was für die weitgehenden Leitungsbefugnisse des stillen Gesellschafters zweifelsohne zutrifft -, würde das nichts daran ändern, daß das "stille" Gesellschaftsverhältnis im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG eine Forderung begründete, die eine Beteiligung am Gewinn der Klägerin gewährte. Denn nur auf deren Erträge konnte sich das Recht der Gewinnbeteiligung beziehen (§ 335 Abs. 2 HGB).
Die Klägerin, welche selbst hervorhebt, daß die "unechte stille Gesellschaft" eine Innengesellschaft sei (was für die typische stille Gesellschaft genauso zutrifft), will diese Innengesellschaft als "eigenen Typ" verstanden wissen, der "mit dem Begriff der echten stillen Gesellschaft nach § 335 HGB nichts zu tun" habe. Sie verwendet dabei allerdings einen undurchschaubaren Begriff der Innengesellschaft mit der Ansicht, daß "im Rahmen der Organschaft nach § 7a KStG bürgerlich-rechtliche Innengesellschaften sogar Organmütter sein" könnten. Denn § 7a KStG fordert in Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, daß der Organträger unmittelbar beteiligt ist: Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) als Organträger (§ 7a Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 KStG) muß folglich Vermögen (§ 718 BGB) haben und ist damit, da ihre Vermögensrechte im Außenverhältnis wirksam werden, im Sinne des üblichen Sprachgebrauchs keine Innengesellschaft, auch wenn sie kein Handelsgewerbe betreibt.
Im vorliegenden Falle ist eine reine Innengesellschaft gegeben, die nur eine schuldrechtliche Beziehung zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter darstellt, und diese erfüllt sämtliche Merkmale einer stillen Gesellschaft gemäß § 335 HGB: Der Alleingesellschafter der Klägerin hat sich an dem Handelsgewerbe, das die Klägerin betreibt, durch Leistung einer Vermögenseinlage derart beteiligt, daß diese in das Vermögen der Klägerin als der Inhaberin des Handelsgeschäftes, das die Klägerin auf ihren Namen nach außen betrieb, überging (§ 335 Abs. 1 HGB), wobei sie allein aus den im Betrieb geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet wurde (§ 335 Abs. 2 HGB).
Da § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG eine bürgerlich-rechtliche Forderung mit einer bestimmten, allein durch das bürgerliche Recht zu bewirkenden Eigenschaft - dem Berechtigten einen Anspruch auf Beteiligung am Gewinn der (Kapital-) Gesellschaft zu gewähren - voraussetzt, ist es unerheblich, wer im Sinne des § 15 Nr. 2 EStG, des § 5 Abs. 1 GewStG, des § 2 Abs. 1 UStG oder des § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG als Unternehmer anzusehen wäre. Denn auf keine dieser Vorschriften nimmt § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG Bezug. Nach den bürgerlich-rechtlichen Vorgegebenheiten ist aber das Geschäft allein im Namen der Klägerin betrieben worden und hat der stille Gesellschafter gegen sie eine Forderung, die eine Beteiligung am Gewinn gewährt; die Einlage ist der Klägerin und nicht der stillen Gesellschaft erbracht worden.
Dem ist auch die Klägerin selbst gefolgt: Sie hat in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1965 den Betrag von (damals) 150 000 DM als Einlage des unechten stillen Gesellschafters unter den Passiven ausgewiesen. Zwar trifft zu, daß es nicht auf die Bilanzierung der Klägerin, sondern auf die dieser vorgegebenen Verhältnisse ankommt (vgl. BFH-Urteil II R 135/68 vom 10. März 1970, BFH 99, 68 [71], BStBl II 1970, 522). Der nunmehr vertretene Standpunkt der Klägerin, die Einlage des unechten stillen Gesellschafters habe "in der Bilanz der Gesellschaft mit beschränkter Haftung selbst keinen Platz", ist aber gerade auf Grund dieser Vorgegebenheiten offensichtlich falsch. Denn die geleistete Einlage ist kraft ausdrücklicher Vereinbarung in das Vermögen der Klägerin übergegangen und konnte folglich bei den Aktiven der Bilanz nicht unterdrückt werden; die mit dem Wert des Eingelegten korrespondierende Verpflichtung gegenüber dem stillen Gesellschafter mußte demnach auch unter den Passiven der Klägerin erscheinen, da andernfalls deren Vermögenssaldo zu hoch ausgewiesen worden wäre.
Einen allgemeinen Grundsatz des Steuerrechts, wonach der sogenannte unechte (atypische) stille Gesellschafter wie ein Mitunternehmer zu behandeln sei, gibt es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. Zwar wird z. B. im Bereiche des § 15 Nr. 2 EStG der atypische stille Gesellschafter als Mitunternehmer angesehen (BFH-Urteil IV R 5/67 vom 4. April 1968, BFH 92, 465 [468], BStBl II 1968, 669). Das hängt aber damit zusammen, daß sich die Einkommensteuer mit den Einkünften befaßt (§ 2 Abs. 3 und 4 EStG), und die Einkünfte des stillen Gesellschafters (allerdings nicht nur des atypischen) schon nach bürgerlichem Recht so berechnet werden, wie wenn die ihnen zugrunde liegenden Geschäfte auch in seinem Namen geführt worden wären. Für die Umsatzsteuer (§ 2 Abs. 1 UStG) dagegen kann kein Zweifel bestehen, daß die stille Gesellschaft - auch die atypische - keine Unternehmereigenschaft besitzt (BFH-Urteil V R 28/66 vom 22. Mai 1969, BFH 96, 149 [151 f], BStBl II 1969, 603). Gibt es demnach kein allgemeines Steuerrechtsprinzip des behaupteten Inhalts, so erübrigt es sich, die Unternehmerbegriffe anderer Steuergesetze näher zu untersuchen; sie sind entgegen dem Urteil des FG Düsseldorf VI 162/71 Verk vom 1. Februar 1972 (EFG 1972, 252) für § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG unmaßgeblich.
Die Frage könnte also allenfalls dahin gestellt werden, ob die "atypische" stille Gesellschaft, welche der Alleingesellschafter der Klägerin mit ihr eingegangen ist, so "unecht" ist, daß sie bereits keine "stille" Gesellschaft mehr darstellt. Dafür geben aber weder die tatsächlichen Feststellungen des FG noch der in Bezug genommene, notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag noch das eigene Vorbringen der Klägerin einen Anhalt. Vielmehr sind die notwendigen Merkmale einer stillen Gesellschaft eindeutig erfüllt, wie "typisch" oder "atypisch" die stille Gesellschaft auch im übrigen erscheinen mag. Zum einen ist ausdrücklich hervorgehoben, daß der Gesellschafter nur "im Innenverhältnis" die Rechte eines persönlich haftenden Gesellschafters habe; folglich ist es im Außenverhältnis - der Regelung des § 335 HGB folgend - anders. Dieses ist dahin geregelt, daß das Recht der Klägerin "als Geschäftsinhaberin unberührt bleibt"; der stille Gesellschafter hat nur einen Anspruch darauf, daß ihm Einzelprokura erteilt wird. Als Prokurist würde er aber zwangsläufig namens (§ 164 Abs. 1 BGB) der Klägerin handeln (§ 49 HGB), die als Inhaberin des Handelsgeschäfts (§ 48 Abs. 1 HGB) ihm die Prokura zu erteilen hätte. Daraus folgt zum andern, daß die "Einlagen", welche der stille Gesellschafter "erbracht" hat, nicht einem zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter bestehenden "Personenverband" erbracht sein konnten, weil dieser kein Handelsgewerbe betreiben (§ 1 Abs. 1 HGB) sollte, das Geld also gar nicht benötigte. Die Einlagen können nur in der Weise geleistet worden sein, daß sie in das Vermögen der Klägerin übergingen (§ 335 Abs. 1 HGB), welche - unbeschadet der internen Beteiligung des stillen Gesellschafters (§ 336 HGB) - nach außen aus den in dem Betriebe des Handelsgewerbes geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet sein sollte (§ 335 Abs. 2 HGB).
Der gegebene Sachverhalt fällt demnach eindeutig unter Wortlaut und Wortsinn des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG. Er ist auch nach dem Zweck des Gesetzes der Gesellschaftbesteuerung unterworfen. Denn mit der Gesellschaftsteuer soll die durch die Vergesellschaftung von Kapital ermöglichte wirtschaftliche Kraft bei Beschränkung der Haftung erfaßt werden (vgl. die amtliche Begründung zum Kapitalverkehrsteuergesetz 1934, RStBl 1934, 1460 [1462]). § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG im besonderen bezweckt diejenige Kapitalzuführung an eine Kapitalgesellschaft mit Steuer zu belegen, welche durch eine Beteiligung am Gewinn der Kapitalgesellschaft dem, welcher das Kapital als im formellen Sinne fremdes zuführt, doch eine Stellung verschafft, welche hinsichtlich dieser Gewinnbeteiligung der eines Gesellschafters im handelsrechtlichen Sinne vergleichbar ist (auch wenn die Gewinnverteilung nicht als Gewinnausschüttung im Sinne des § 29 GmbHG erfolgen kann).
In einem Falle, in welchem - wie hier - dem stillen Gesellschafter in bezug auf die Geschäftsführung extreme Rechte eingeräumt sind, spricht für die Steuerpflicht zusätzlich der Rechtsgedanke des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG a. F. Denn wenn vermittels dieser Vorschrift die Einlagen der Kommanditisten bei einer Kommanditgesellschaft, zu deren persönlich haftenden Gesellschaftern eine Kapitalgesellschaft gehört, bei der Kapitalgesellschaft (§ 10 Abs. 1 KVStG) der Gesellschaftsteuer unterworfen werden (§ 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KVStG), obwohl sie deren Kapitalkraft nicht verstärken (BFH-Urteil II R 21/70 vom 10. November 1970, BFH 100, 472, BStBl II 1971, 105), so muß das erst recht für eine stille Gesellschaft gelten, bei der die Einlage in das Vermögen der Kapitalgesellschaft übergeht (§ 335 Abs. 1 HGB) und folglich deren Kapitalkraft stärkt. Daß die Kapitalgesellschaft einen Teil des Gewinns an den stillen Gesellschafter abzuführen hat, ist unerheblich (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG), da er - wenn auch nicht als in vollem Umfang ausschüttungsfähiger Gewinn und damit nicht als Reingewinn im Sinne des § 29 Abs. 1 GmbHG - bei der Kapitalgesellschaft entstanden ist; eben deshalb stellt § 6 Abs. 2 KVStG den stillen Gesellschafter dem handelsrechtlichen Gesellschafter (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 KVStG) der Kapitalgesellschaft (§ 5 KVStG) gleich.
Bei dieser Erwägung geht es nicht - wie die Klägerin meint - um eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG a. F. (vgl. jetzt § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 1 KVStG), sondern um den Beleg, daß die Anwendung der nach Wortlaut, Sinn und Zweck eingreifenden Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3 KVStG auch - und gerade - unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles dem Sinnzusammenhang des Gesetzes entspricht.
Die Besteuerung der Klägerin ist demzufolge gemäß § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 6 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Abs. 1, § 8 Nrn. 1 und 2, § 9 Abs. 1 KVStG gerechtfertigt. ...
Fundstellen
Haufe-Index 413273 |
BStBl II 1972, 734 |
BFHE 1972, 239 |