Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei der Veräußerung von aussetzendem Bauernwalde genügt schon die räumlich zusammenhängende Lage einer Forstfläche, um einen Teilbetrieb im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 EStG anzunehmen.
Ist der Gewinn eines veräußerten Forstbetriebes nicht durch Bestandsvergleich ermittelt worden und hat der Veräußerer den Betrieb schon am 21. Juni 1948 besessen, so ist der Veräußerungsgewinn auf das stehende Holz so zu errechnen, da dem darauf entfallenden Teil des Veräußerungspreises der Betrag gegenübergestellt wird, mit dem das stehende Holz in dem am Veräußerungszeitpunkte maßgebenden Einheitswert des forstwirtschaftlichen Betriebes enthalten ist.
Bei der Ermittlung des Gewinnes aus der Veräußerung eines forstwirtschaftlichen Betriebes oder Teilbetriebes (§ 14 Abs. 1 Satz 2 EStG) darf der Veräußerungspreis nicht um den Pauschsatz nach § 67 Abs. 2 EStDV 1955 gemindert werden.
Normenkette
EStG §§ 14, 4 Abs. 1; EStDV § 67 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, in welcher Höhe die Bgin., die ihren Wohnsitz in der Schweiz hat, für das Jahr 1955 als beschränkt Steuerpflichtige zur Einkommensteuer heranzuziehen ist.
Die Bgin. hatte im Streitjahr inländische Einkünfte. Durch notariellen Vertrag vom 24. Juni 1955 veräußerte sie zwei vor dem 21. Juni 1948 durch Erbschaft erworbene Waldstücke. Ein Bestandsvergleich liegt nicht vor.
Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer aus dem Veräußerungsgewinn auf 11.080 DM fest. Es ging dabei von folgender Berechnung aus:
Verkaufserlös ---------------------------- 70.000 DM ./. Wert des Grund und Bodens ------------ 14.600 DM Differenz ------------- 55.400 DM ./. 20 v. H. Betriebsausgabenpauschsatz gemäß § 67 Abs. 2 EStDV 1955 ------ 11.080 DM Veräußerungsgewinn ---------------- 44.320 DM hieraus 25 v. H. (§ 50 Abs. 3 EStG) -- 11.080 DMMit ihrer Sprungberufung beantragte die Bgin., die Einkommensteuer aus dem Veräußerungsgewinn mit 7.091 DM anzusetzen. Dabei ging sie davon aus, daß der Veräußerungsgewinn von 44.320 DM mit dem auf die Hälfte ermäßigten Steuersatz (= 16 v. H.) heranzuziehen sei, § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG also insoweit nicht zum Zuge komme. Der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG gelte auch für beschränkt Steuerpflichtige.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Mit seiner Rb. wendet der Vorsteher des Finanzamts u. a. ein, das Finanzgericht habe die Einkommensteuer aus dem Veräußerungsgewinn unzutreffend berechnet. In übereinstimmung mit dem Steuerbescheid des Finanzamts habe es den Veräußerungsgewinn aus den Roherlösen des stehenden Holzes unter Abzug des Betriebsausgabenpauschsatzes nach § 67 Abs. EStDV mit (55.4OO ./. 11.080 =) 44.320 DM festgestellt und daraus die ermäßigte Einkommensteuer berechnet. Der Unkostenpauschbetrag nach § 67 EStDV dürfe jedoch in einem solchen Fall nicht gewährt werden. Er beschränke sich auf Wald- bzw. Holznutzungen, umfasse dagegen nicht die Veräußerung von Waldbesitz. Dies ergebe sich sinngemäß aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 476 - 478/53 U vom 31. Mai 1954 (BStBl 1954 III S 229, Slg. Bd. 59 S 52). Er beantrage daher, bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns nur die tatsächlichen Veräußerungskosten im Schätzwert von etwa 4.000 DM abzuziehen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Beschränkt Steuerpflichtige unterliegen mit ihren Einkünften aus einer im Inland betriebenen Forstwirtschaft (§§ 13, 14 EStG) der inländischen Besteuerung (§§ 1, 49 Abs. 1 Ziff. 1 EStG). Nach dem Inhalt der Akten ist davon auszugehen, daß die Veräußerung der Waldstücke Teilbetriebsveräußerungen im Sinne des § 14 EStG darstellen. Es handelt sich um aussetzenden Bauernwald. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 67/58 U vom 9. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 124, Slg. Bd. 72 S. 331, sind im Hinblick auf die einfach gelagerten Betriebsverhältnisse bei Bauernwaldungen an das Vorliegen eines Teilbetriebs geringe Anforderungen zu stellen, da hier weder ein Betriebsplan noch eine Betriebsabrechnung in Frage kommt. Schon die räumlich zusammenhängende Lage einer Forstfläche genügt, um sie als einen Teilbetrieb anzusehen, zumal jeder Bauernwald unabhängig von seiner Größe im Sinne des EStG als ein forstwirtschaftlicher Betrieb anzusehen ist (vgl. auch Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 7. Aufl., § 14, Anm. 3 am Ende).
Nach dem Kaufvertrag sind zwei räumlich zusammenhängende Waldstücke veräußert worden. Daß Teilbetriebsveräußerungen vorliegen, haben offenbar auch die Beteiligten angenommen.
Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG ist - auch bei der Veräußerungen eines Teilbetriebs - Veräußerungsgewinn der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens übersteigt, der nach § 4 Abs. 1 EStG für den Zeitpunkt der Veräußerung ermittelt wird. Im Streitfall ist ein Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG nicht durchgeführt. Für die Berechnung des Veräußerungsgewinns gelten daher die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs I 35/57 S vom 17. Mai 1960, BStBl 196O III S. 306, Slg. Bd. 71 S 151. Danach ist, wenn ein Veräußerer den forstwirtschaftlichen Betrieb schon am 21. Juni 1948 besessen hat, der Veräußerungsgewinn auf das stehende Holz so zu errechnen, daß dem darauf entfallenden Teil des Veräußerungspreises der Betrag gegenübergestellt wird, mit dem das stehende Holz in dem am Veräußerungszeitpunkt maßgebenden Einheitswert des forstwirtschaftlichen Betrieb enthalten war. Diese Gegenüberstellung ist im Streitfall nicht vorgenommen worden, vielmehr ist anstatt des Veräußerungsgewinns der Veräußerungserlös abzüglich eines pauschal angesetzten Unkostenbetrags der Besteuerung unterworfen worden. Schon aus diesem Grunde war die Vorentscheidung aufzuheben.
Der Vorsteher des Finanzamts rügt auch zu Recht, daß im Streitfall § 67 Abs. 2 EStDV 1955 zur Anwendung gekommen ist. Danach kann bei aussetzenden forstwirtschaftlichen Betrieben, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind, unter bestimmten Voraussetzungen zur Abgeltung der Betriebsausgaben auf Antrag ein Pauschsatz abgezogen werden, der 20 v. H. der Einnahmen beträgt, soweit das Holz auf dem Stamm verkauft wird. Die Anwendung dieser Vorschrift scheidet im Streitfall schon deshalb aus, weil Betriebsausgaben bei der Bemessung des Veräußerungsgewinns nach § 14 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht abgezogen werden dürfen. Lediglich Veräußerungskosten sind zu berücksichtigen.
Der Rechtsstreit wird an das Finanzamt zur Entscheidung im Einspruchsverfahren zurückverwiesen. Dieses wird den Veräußerungsgewinn, soweit er auf das stehende Holz entfällt, unter Anwendung der Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs I 35/57 S (a. a. O.) ermitteln und als Veräußerungskosten den tatsächlich aufgewandten - erforderlichenfalls im Schätzungswege festzustellenden - Betrag ansetzen. Bei dem Veräußerungsgewinn handelt es sich um außerordentliche Einkünfte (§ 34 Abs. 2 Ziff. 1 in Verbindung mit § 14 EStG), die mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG zur Steuer heranzuziehen sind. Soweit dabei die Frage Bedeutung erlangt, ob der für beschränkt Steuerpflichtige geltende Steuersatz von 25 v. H. der Einkünfte (§ 50 Abs. 3 Satz 2 EStG) bei Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG unterschritten werden darf, wird auf das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 102/57 U vom 15. Januar 1959, BStBl 1959 III S. 114, Slg. Bd. 68 S 291, hingewiesen. Danach ist § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG eine Tarifvorschrift zur Ergänzung des § 32 EStG, die nicht ausschließt, daß der Steuersatz von 25. v. H. bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG unterschritten wird.
Fundstellen
Haufe-Index 411711 |
BStBl III 1965, 643 |
BFHE 1966, 397 |
BFHE 83, 397 |