Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergang von der Gruppenbewertung zur Einzelbewertung; Ansparrücklage
Leitsatz (NV)
- Ein Landwirt kann für neu hinzugekommene Tiere seines Anlagevermögens (Zuchtsauen) von der Gruppenbewertung zur Einzelbewertung übergehen und die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch nehmen.
- Er kann auch eine Ansparrücklage i.S. von § 7g Abs. 3 EStG bilden.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1-2, § 7g Abs. 3, § 13; HGB § 240 Abs. 4
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (EFG 2000, 250) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr (1996) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie betreiben gemeinsam einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Schweinezucht und ermitteln den Gewinn daraus durch Bestandsvergleich. Zum Schluss des Wirtschaftsjahres 1995/96 hatten sie ihre 40 Zuchtsauen mit dem von der Finanzverwaltung vorgehaltenen Gruppenwert vom 360 DM/Stück angesetzt.
Im folgenden Wirtschaftsjahr gingen vom bisherigen Bestand 14 Zuchtsauen ab. Die Kläger bewerteten die verbliebenen 26 Zuchtsauen wiederum mit 360 DM/Stück, nahmen aber für die 15 Tiere, die im Wirtschaftsjahr 1996/97 zu Zuchtsauen geworden waren, die Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch. In ähnlicher Weise verfuhren sie mit den Läufern, die zu Jungsauen geworden waren. Die hier (aus einem Bestand von 14) bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 1996/97 verbliebenen 10 Jungsauen bewerteten sie jeweils mit 1 DM/Stück, obwohl sie im Vorjahr die Jungsauen entsprechend den von der Finanzverwaltung vorgehaltenen Werten noch mit 400 DM/Stück bewertet hatten.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) folgte dem nicht, sondern setzte den jeweiligen Neuzugang entsprechend den Gruppenwerten der Finanzverwaltung bei den Zuchtsauen mit 360 DM/Tier und bei den Jungsauen mit 400 DM/Tier an. Demnach erhöhte sich der erklärte Gewinn von 54 987 DM für das Wirtschaftsjahr 1996/97 für die Zuchtsauen um 5 400 DM (15 Tiere zu 360 DM) und für die Jungsauen um 3 990 DM (10 Tiere zu 400 DM abzüglich 10 DM Erinnerungswert für diese Tiere). Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. Sie machten u.a. geltend, § 6 Abs. 2 EStG ermögliche es, die neu hergestellten Zuchtsauen als geringwertige Wirtschaftsgüter sofort abzuschreiben. Das habe der Bundesfinanzhof ―BFH― (Urteil vom 5. Dezember 1996 IV R 81/95, BFH/NV 1997, 394) für den Fall gebilligt, dass beim Übergang von der Schätzung des Gewinns nach § 13a EStG zum Bestandsvergleich die damals vorgehaltenen sog. Durchschnittswerte (250 DM/Zuchtsau) angesetzt worden waren und zum Schluss des Wirtschaftsjahres für die neu hinzugekommenen Tiere dieser Gruppe von § 6 Abs. 2 EStG Gebrauch gemacht worden war. Nichts anderes könne gelten, wenn der Landwirt in späteren Jahren anstelle der Durchschnittswerte die sog. Richtwerte oder Gruppenwerte übernommen und erst in einem darauf folgenden Wirtschaftsjahr die Neuzugänge sofort abgeschrieben habe. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit stehe dem nicht entgegen, weil steuerliche Bewertungsrechte von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausgeübt werden könnten.
Während des Klageverfahrens machten die Kläger erstmals die Berücksichtigung einer sog. Ansparrücklage (§ 7g Abs. 3 EStG) für zu erwartende Herstellungskosten von 20 Zuchtsauen (à 420 DM) in den nachfolgenden Wirtschaftsjahren 1997/98 und 1998/99 mit einem Teilbetrag von 3 990 DM geltend. Das Begehren, die 10 Jungsauen statt mit insgesamt 4 000 DM nur mit dem Erinnerungswert von 10 DM anzusetzen, verfolgten sie hingegen nicht mehr weiter.
Die Klage hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 250 veröffentlicht. Das FG kam unter Hinweis auf sein Urteil vom 3. November 1998 4 K 164/98 (EFG 1999, 459) zu dem Ergebnis, die Kläger könnten die Bewertungsfreiheit für ihre Zuchtsauen in Anspruch nehmen. Außerdem gestand es den Klägern die Bildung der gewinnmindernden Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG i.d.F. des Standortsicherungsgesetzes (StandOG) vom 13. September 1993 (BGBl I, 1569, BStBl I, 774) zu.
Mit der vom FG ―wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache― zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung von Bundesrecht (§ 6 Abs. 2 EStG; §§ 240 Abs. 4 und 252 Abs. 1 Nr. 6 des Handelsgesetzbuchs ―HGB―).
Da die Kläger ihre Zuchtsauen zuvor mit den von der Finanzverwaltung angesetzten Richtwerten, und zwar ohne Rücksicht auf den jeweiligen Abnutzungsgrad, angesetzt hätten, seien sie an diese Bewertungsmethode nach dem Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) auch für die folgenden Stichtage gebunden.
Bleibe es danach für die Zuchtsauen beim Ansatz der Gruppenwerte, könnten die Kläger auch keine Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG vornehmen. Diese gelte nur für solche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für die Absetzungen für Abnutzung (AfA) in Betracht kämen. Bei der Gruppenbewertung sei das aber nicht der Fall.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit eine Minderung des Gewinns im Wirtschaftsjahr 1996/97 um mehr als 3 990 DM (also unter 60 387 DM) begehrt wird.
Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist teilweise begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Einkommensteuer 1996 anderweitig festzusetzen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Zwar hat das FA den Klägern die Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG für die neu zugegangenen Zuchtsauen zu Unrecht versagt; die Revision musste jedoch insoweit Erfolg haben, als die Kläger auch bei der Sofortabschreibung nach § 6 Abs. 2 EStG einen Restwert (Schlachtwert) anzusetzen haben.
1. Der Senat hat durch sein Urteil vom 15. Februar 2001 IV R 19/99 (DB 2001, 1069) entschieden, dass ein Landwirt bei der Bewertung seines Viehanlagevermögens für neu hinzugekommene Tiere jederzeit von der Gruppenbewertung zur Einzelbewertung übergehen und damit auch das Wahlrecht auf Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2 EStG in Anspruch nehmen kann. Allerdings ist dabei ein (verbleibender) Schlachtwert zu berücksichtigen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf diese Entscheidung Bezug.
2. Die Bildung der sog. Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG i.d.F. des StandOG in Höhe von 3 990 DM ist zwischen den Beteiligten dem Grunde und der Höhe nach nicht mehr streitig.
Das FA hat seinen ursprünglichen Revisionsantrag in der mündlichen Verhandlung entsprechend eingeschränkt.
3. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben; die Einkommensteuer 1996 ist unter Berücksichtigung eines Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1996/97 in Höhe von 59 487 DM anderweitig festzusetzen.
Der vom FG zugrunde gelegte Gewinn in Höhe von 54 987 DM war um 4 500 DM zu erhöhen (300 DM Schlachtwert für 15 Tiere). Davon entfällt auf das Streitjahr 1996 für die beiden Kläger ein Betrag von insgesamt 29 743 DM.
Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 592967 |
BFH/NV 2001, 1021 |
HFR 2001, 660 |