Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Entgelt Zuschuß
Leitsatz (NV)
Beträge, die eine Gemeinde vereinbarungsgemäß an einen Verein zahlt, damit dieser - wie im gleichen Vertrag versprochen - eine Werbeveranstaltung durchführt, gehören zum umsatzsteuerpflichtigen Entgelt. Die Frage nach den Kriterien eines sogenannten echten Zuschusses i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1973 stellt sich nicht - und zwar schon mangels Drittbeteiligung an einem solchen Leistungsaustausch.
Normenkette
UStG 1973 § 1 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 3
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein eingetragener Verein, dessen satzungsgemäßer Zweck in der gemeinschaftlichen Werbung ,,im Interesse der . . . Bevölkerung und der . . . Wirtschaft von A." besteht. In Verfolgung ihres Zweckes führt die Klägerin, deren Mitglieder vor allem gewerbliche Unternehmer sind, u.a. alljährlich die sogenannten ,,A . . . er Lichtwochen" durch - eine Lichtwerbeveranstaltung (Illumination der Innenstadt) in der Vorweihnachtszeit.
Dieses Projekt war Gegenstand eines am 23. Oktober/7. November 1974 zwischen der Stadt A. und der Klägerin geschlossenen Vertrages, demzufolge sich die Stadt an den durch die ,,Lichtwochen 1974" nachweislich entstandenen Gesamtkosten in Höhe eines Drittels, höchstens jedoch bis zu einem Betrag von 175 000 DM zu beteiligen verpflichtete. Vereinbart war außerdem die Absprache der für die Durchführung des Projekts erforderlichen Maßnahmen zwischen den Vertretern der Klägerin und den Beauftragten der Stadt. Hierzu heißt es in dem Vertrag u.a.:
,,. . .
4. Die Auftragserteilung erfolgt durch die Werbegemeinschaft auf Grund der durch diese einzuholenden Angebote; die Stadt muß zu den Aufträgen vor deren Vergabe ihre schriftliche Zustimmung gegeben haben. Etwaige Aufträge der Werbegemeinschaft, die nicht die vorherige schriftliche Zustimmung der Stadt gefunden haben, verpflichten die Stadt in keiner Weise . . . und gehen ausschließlich zu Lasten der Werbegemeinschaft.
Sämtliche Aufträge, die seitens der Werbegemeinschaft erteilt werden, . . . dürfen nur an solche Firmen und Handwerker vergeben werden, die vor Beginn der Arbeiten der Werbegemeinschaft den Nachweis einer bestehenden hinreichenden Haftpflichtversicherung erbracht haben . . . Die Werbegemeinschaft verpflichtet sich, der Stadt eine Durchschrift jedes erteilten Auftrags sofort nach der Erteilung zuzuleiten. . . .
6. Nach Beendigung der ,Lichtwochen 1974` werden alle Neuanschaffungen der Werbegemeinschaft für diese Lichtwochen . . . dem Hochbauamt der Stadt . . . zur Einlagerung zugeleitet. Was im einzelnen einzulagern ist, wird von der Stadt bestimmt und in einer besonderen Vereinbarung . . . festgelegt. Über diese einzulagernden Gegenstände kann die Stadt jederzeit ohne Zustimmung der Werbegemeinschaft für andere Zwecke verfügen . . ."
In ihrer Umsatzsteuererklärung für 1974 behandelte die Klägerin die von der Stadt A. gewährten Zuschüsse (ebenso wie in den Vorjahren) nicht als Entgelt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) hatte bei einer Umsatzsteuersonderprüfung festgestellt, daß die Lichtwochen zum einen durch besonders berechnete Umlagen finanziert wurden, die von Mitgliedern (zusätzlich zu deren Beiträgen) und Nichtmitgliedern erhoben wurden, und außerdem durch die Zuschüsse der Stadt A. Im Hinblick darauf vertrat er die Auffassung, daß auch hinsichtlich der letztgenannten Zahlungen umsatzsteuerpflichtiges Entgelt vorliege und setzte die Umsatzsteuer entsprechend höher fest.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Revision rügt die Klägerin unvollständige Aufklärung (§ 76 FGO) und Würdigung des Sachverhalts (§ 96 FGO) sowie Verletzung der §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 10 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973. Zu Unrecht habe das FG einen konkreten entgeltlichen Leistungaustausch zwischen ihr, der Klägerin, und der Stadt A. angenommen. Die alljährliche Durchführung der ,,A . . . er Lichtwochen" geschehe in ihrem Interesse bzw. demjenigen ihrer Mitglieder, nicht aber ,,für die Stadt A.". Eine vollständige Sachverhaltsermittlung durch das FG hätte ergeben, daß es weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Auftrag der Stadt hierzu gebe. Auch sei die vom FG gezogene Schlußfolgerung, die Stadt A. bediene sich zur Lösung eigener Aufgaben ihrer, d.h. der Klägerin, nicht zutreffend. Infolge seiner unzureichenden Sachaufklärung habe das FG ferner verkannt, daß der Zuschuß ,,zur Förderung einer konstruktiven Bürgerinitiative gewährt" werde und ,,typischen Subventionscharakter" habe. Aus dem Vertrag könne nichts Gegenteiliges gefolgert werden. Er sehe keine konkrete unmittelbare Leistung an die Stadt vor. Mangels eines Leistungsaustauschs zwischen ihr (der Klägerin) und der Stadt komme es allein auf die Auslegung des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1973 an. Zahlungen eines anderen gehörten jedoch nur dann zum Leistungsentgelt, wenn eine ,,unmittelbare Kausalität zwischen dem Gewährten und der Leistung" bestehe. Daran fehle es hier. Die Stadt betrachte die Zahlung als Subvention. Diese Fakten habe das FG nicht ermittelt, obwohl sie für die Beurteilung des Sachverhalts erheblich seien. Der von der Rechtsprechung entwickelte Gedanke der ,,Preisauffüllung" könne hier nicht herangezogen werden. Die Gewährung des Zuschusses an sie, die Klägerin, liege in ihrem eigenen überwiegenden Interesse und sei als sogenannter ,,echter Zuschuß" anzusehen. Das Mitspracherecht der Stadt habe in diesem Zusammenhang nur die Bedeutung eines Erlaubnisvorbehalts, die Rechnungslegungspflicht nur diejenige eines Subventionsnachweises.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, ihre Umsatzsteuerschuld für 1974 unter Aufhebung des angefochtenen FG-Urteils und Abänderung des Umsatzsteuerbescheides vom 23. April 1976 sowie der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 1976 aus einer um die Zahlungen der Stadt A. verminderten Bemessungsgrundlage neu festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
1. Verfahrensrügen sind unbegründet. Die vom FG festgestellten Tatsachen tragen die Entscheidung. Es kommt nicht darauf an, wie die Stadt A. den in Frage stehenden Zuschuß rechtlich qualifiziert. Eine womöglich lückenhafte Sachaufklärung in diesem Punkt ist daher nicht entscheidungserheblich i.S. der §§ 76, 96 FGO.
2. Auch materielles Recht ist nicht verletzt. Das FG hat die von der Stadt A. gewährten Zuschüsse zu Recht als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt angesehen.
Der Umsatzsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Zur Tatbestandsverwirklichung ist ein Leistungsaustausch erforderlich, d.h. auf seiten des Leistenden ein auf Erhalt der Gegenleistung gerichtetes Verhalten, welches auf der Seite des Leistungsempfängers die gewollte erwartete oder erwartbare Gegenleistung auslöst (BFH-Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495, 496).
Durch den Vertrag vom 23. Oktober/7. November 1974 war ein solches Leistungsaustauschverhältnis zwischen der Klägerin und der Stadt A. unmittelbar begründet worden. In diesem Vertrag hat es die Klägerin als Hauptleistungspflicht gegenüber ihrer Vertragspartnerin übernommen, die ,,Lichtwochen 1974" durchzuführen, während sich im Gegenzug letztere der Klägerin gegenüber zur Übernahme eines Drittels der tatsächlich entstandenen Gesamtkosten (bis zum Höchstbetrag vom 175 000 DM) verpflichtete.
Ob und inwieweit zuvor, außerhalb des Vertrages für beide Teile, noch anders geartete (einerseits aus der Satzung, andererseits aus dem Gemeinderecht herzuleitende), ebenfalls auf die Verwirklichung einer solchen Werbeveranstaltung gerichtete Verpflichtungen bestanden, ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreits unerheblich: Denn solche Verpflichtungen sind jedenfalls durch die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der Stadt verdrängt und in ihrer Bedeutung zum bloßen Motiv für den Vertragsschluß umgestaltet worden. Der Vertrag vom 23. Oktober/7. November 1974 ist von dem beiderseitigen Willen geprägt, die vertraglichen Vereinbarungen in der Weise zur alleinigen Grundlage des Leistungsaustauschs zu machen, daß fortan die Klägerin mit ihren Maßnahmen zur Durchführung der Lichtwochen vor allem einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Stadt A. nachkam, dafür einen ,,Zuschuß" erhielt und ihre Aktivitäten damit (zumindest auch) dem Ziel unterordnete, die vertraglich vereinbarten Zahlungen der Stadt zu erhalten. Die hierdurch geschaffene innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne entspricht den verschiedenen Möglichkeiten der Einwirkung auf die Gestaltung der Lichtwochen, die sich die Stadt durch diesen Vertrag verschaffte. Das gilt für die Vereinbarung konkreter Maßnahmen über den Zustimmungsvorbehalt bei der Erteilung einzelner Aufträge ebenso wie die Einräumung der Verfügungsbefugnis über neu angeschaffte Gegenstände nach Beendigung der Veranstaltung, welche die Stadt damit - unabhängig von der allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ausgangslage - zu ,,ihrer" eigenen Sache machte.
Mit Rücksicht darauf, daß hier der Gewährung des ,,Zuschusses" eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen Leistendem und Leistungsempfänger zu Grunde lag, also nicht die Beteiligung eines Dritten am Leistungsaustausch in Frage stand (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1973), bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit dem Problem der Abgrenzung sogenannter echter Zuschüsse vom steuerpflichtigen Entgelt (vgl. dazu vor allem BFH-Urteile vom 9. Oktober 1975 V R 88/74, BFHE 117, 307, BStBl II 1976, 105; vom 26. Juni 1986 V R 93/77, BFHE 147, 79, BStBl II 1986, 723; vom 25. November 1986 V R 109/78, BFHE 148, 351, BStBl II 1987, 228, sowie vom 5. Juni 1986 V R 114/76, BFH/NV 1987, 199, UR 1987, 136).
Fundstellen