Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Vorsteuerabzug für Meisterprüfung des Sohnes

 

Leitsatz (NV)

1. Der Vorsteuerabzug setzt regelmäßig voraus, daß die Lieferungen oder sonstigen Leistungen, für die der Unternehmer den Vorsteuerabzug geltend macht, an ihn ausgeführt worden sind und daß hierüber Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer vorliegen.

2. Der Vorsteuerabzug für Leistungsbezüge im Zusammenhang mit der Meisterprüfung des Sohnes kann nicht schon mit der Erwägung verneint werden, daß der Abzug der Kosten des Besuchs der Meisterschule als Betriebsausgaben an der Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG scheitert.

3. Die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1980 erfaßt die im Rahmen des Unternehmens getätigten Aufwendungen, die unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes fallen, erst seit dem Jahre 1990.

4. Selbst wenn § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG 1980 auch Sachzuwendungen an künftige Arbeitnehmer erfassen würde, läge in der Ausbildung des Sohnes keine steuerpflichtige Sachzuwendung, wenn sie im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers bewirkt worden wäre.

 

Normenkette

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. c, §§ 14, 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; EStG § 12

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Elektromeister und Inhaber eines Elektroinstallationsbetriebes; ferner betreibt er ein Einzelhandelsgeschäft mit Rundfunk- und Fernsehgeräten einschließlich Kundendienst.

In den Streitjahren (1985 und 1986) besuchte sein Sohn X die Meisterschule und trat am 1. April 1986 als Rundfunk- und Fernsehtechnikermeister in den Betrieb des Klägers ein.

Der Kläger machte die Kosten für den Besuch der Meisterschule als Betriebsausgaben geltend und zog in seinen Umsatzsteuererklärungen hierauf entfallende Umsatzsteuer (1985: ... DM und 1986: ... DM) als Vorsteuer ab.

Im Anschluß an eine Außenprüfung folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) dem nicht, da die Übernahme der Kosten durch den Kläger nicht ausschließlich aus betrieblichen Gründen erfolgt sei.

Die gegen die entsprechenden Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide erhobene Klage hatte in diesem Punkte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im einzelnen aus, daß der Kläger als Elektromeister nicht berechtigt gewesen sei, einen Betrieb für die Reparatur von Rundfunk- und Fernsehgeräten zu führen; er habe zur Aufrechterhaltung seines Betriebs einen Radio- und Fernsehtechnikermeister benötigt; deshalb seien die Kosten für den Besuch der Meisterschule durch den Sohn X betrieblich veranlaßt gewesen, so daß die hierauf entfallenden Vorsteuern bei der Umsatzsteuer zu berücksichtigen seien.

Hiergegen hat das FA Revision eingelegt, die es auf Verletzung des § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) gestützt hat. Es hat beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das die Umsatzsteuer betreffende Revisionsverfahren ist vom X. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) abgetrennt und an den erkennenden Senat abgegeben worden. Der Revision wegen Einkommensteuer hat der X. Senat stattgegeben und die Klage gegen die Einkommensteuerbescheide abgewiesen (BFH- Beschluß und Urteil vom 14. Dezember 1994 X R 215/93, BFH/NV 1995, 671).

Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA wegen Umsatzsteuer ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 kann der Unternehmer die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG 1980 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

a) Den Sachverhaltsfeststellungen des FG kann nicht entnommen werden, ob die Voraussetzungen dieser Vorschrift für den Vorsteuerabzug durch den Kläger erfüllt sind.

Der Vorsteuerabzug setzt regelmäßig voraus, daß die Lieferungen oder sonstigen Leistungen, für die der Unternehmer den Vorsteuerabzug geltend macht, an ihn aus geführt worden sind und daß hierüber Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer vorliegen. Aus dem Urteil des FG ergibt sich nicht, ob die umstrittenen bezogenen Leistungen an den Kläger ausgeführt wurden, ob hierüber Rechnungen vorliegen und ob die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980 erfüllt sind. Es kommen auch Leistungen an X in Betracht, die den Kläger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen würden.

b) Andererseits vermag der Senat nicht auszuschließen, daß die Leistungen "für" das Unternehmen des Klägers ausgeführt worden sind. Wie bereits der X. Senat in seiner Entscheidung in BFH/NV 1995, 671 zutreffend ausgeführt hat, kann dies nicht schon mit der Erwägung verneint werden, daß der Abzug der Kosten des Besuchs der Meisterschule als Betriebsausgaben an der Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG scheitert. Nach der Rechtsprechung des Senats genügt ein objektiver und erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit der gewerblichen Tätigkeit des Unternehmers (BFH-Urteil vom 12. Dezember 1985 V R 25/78, BFHE 145, 255, BStBl II 1986, 216). Ein solcher Zusammenhang kann auch bei Leistungsbezügen im Rahmen einer beruflichen Fortbildung vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 15. März 1993 V R 18/89, BFHE 171, 111, BStBl II 1993, 561).

2. Die Aufwendungen sind nicht als Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1980 zu besteuern. Diese Vorschrift erfaßt die Aufwendungen im Rahmen des Unternehmens, die unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG fallen, erst seit dem Jahre 1990 (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1980 i. d. F. von Art. 7 Nr. 1 des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und zur Ergänzung des Steuerreformgesetzes 1990 vom 22. Dezember 1989, BGBl I 1989, 2408, 2418, BStBl I 1989, 505, 515).

3. Nach den Feststellungen des FG ist es ferner fraglich, ob eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG 1980 zu besteuernde Sachzuwendung an Arbeitnehmer vorliegt. Der Sohn X ist erst nach seiner Ausbildung zum Meister Arbeitnehmer des Klägers geworden. Selbst wenn § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG 1980 auch Sachzuwendungen an künftige Arbeitnehmer erfassen würde, läge in der Ausbildung des Sohnes keine steuerpflichtige Sachzuwendung, wenn sie im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers bewirkt worden wäre (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 1994 V R 21/92, BFHE 175, 169, BStBl II 1994, 881). Dies kann nach dem Urteil des FG nicht ausgeschlossen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420975

BFH/NV 1996, 273

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