Entscheidungsstichwort (Thema)
AfA-Bemessungsgrundlage bei mit Kredit finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Leitsatz (NV)
In die Bemessungsgrundlage der AfA sind auch die vom Stpfl. mit Kredit finanzierten und gegebenenfalls aufgrund eines bürgerlich-rechtlich unwirksamen Vertrages getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten einzubeziehen.
Normenkette
EStG §§ 7, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7, § 21
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) hatten als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) die X beauftragt, für sie im Rahmen eines Bauherrenmodells eine Wohnung nebst Garage zu einem Gesamtaufwand von 243 000 DM treuhänderisch zu errichten. Im Jahre 1983 fiel die X in Konkurs. Die Wohnung wurde Anfang 1984 fertiggestellt, die Kläger 1987 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.
Zur Finanzierung des über das Eigenkapital hinausgehenden Aufwandes hatte die X im Namen der Kläger mit einer Bank Kreditverträge abgeschlossen. Die Kläger erkannten diese wegen Verstoßes gegen § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht an. Sie machten geltend, die der X erteilte Vollmacht sei nach §§ 139, 125 BGB nichtig, da sämtliche zu diesem Bauherrenmodell gehörenden Verträge eine rechtliche Einheit bildeten und insbesondere der Treuhandauftrag nicht notariell beurkundet worden sei.
In ihren die Streitjahre (1984 bis 1987) betreffenden Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Wohnung setzten die Kläger Mieteinnahmen (einschließlich Umlagen) als Einnahmen an. Als Werbungskosten machten sie Absetzungen für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) -- in Höhe von jeweils 9 296 DM pro Streitjahr -- sowie u. a. Darlehenszinsen geltend.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) ließ die geltend gemachten Zinsaufwendungen unberücksichtigt; der Abfluß der Zinsen sei von den Klägern trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden. Im Verlaufe des hiergegen gerichteten Klageverfahrens erließ das FA gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte Feststellungsbescheide. In diesen gewährte es die AfA nur noch vom Eigenkapitalanteil der Kläger mit jeweils 738 DM pro Streitjahr. Die Kläger wandten sich gegen die Kürzung der AfA und machten in bezug auf die Zinsaufwendungen -- in Übereinstimmung mit dem FA -- nur noch geltend, daß diese im Streitjahr 1987 in Höhe der an die Bank abgeführten Miete zu berücksichtigen seien.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Im Streitjahr 1987 seien im Einvernehmen mit den Beteiligten Zinsen in Höhe von ... DM als Werbungskosten zu berücksichtigen. Auch hinsichtlich der strittigen AfA sei die Klage begründet. AfA seien nicht nur nach dem von den Klägern erbrachten Eigenkapital, sondern nach dem -- durch die Fremdfinanzierung belegten -- tatsächlichen Aufwand zu berücksichtigen.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG). Den Klägern seien AfA nur vom erbrachten Eigenkapital zu gewähren, weil nur insoweit Anschaffungskosten vorlägen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat zu Recht entschieden, daß in die Bemessungsgrundlage der AfA auch die kreditfinanzierten Aufwendungen der Kläger einzubeziehen sind.
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i. V. m. § 7 EStG kann der Steuerpflichtige die von ihm getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines bebauten Grundstücks im Wege der AfA -- verteilt auf die Nutzungsdauer -- als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen, wenn er dieses Grundstück zur Erzielung von Vermietungseinkünften nutzt (z. B. Beschluß des Großen Senats vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281 unter C III.; Urteil des Senats vom 2. März 1995 IX R 69/93, BFH/NV 1996, 22 unter 2.). Es kommt nicht darauf an, ob er die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zeitpunkt der Vornahme von AfA bereits gezahlt hat (Senatsurteil vom 4. Juni 1991 IX R 12/89, BFHE 164, 361, BStBl II 1991, 759; Blümich/Ehmcke, § 6 EStG Rz. 254; Blümich/Brandis, § 7 EStG Rz. 302; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 7 Rz. 90). Genau so wenig ist entscheidend, ob dem Steuerpflichtigen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgrund eines bürgerlich-rechtlich wirksamen Vertrages entstanden sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. April 1973 VIII R 157/72, BFHE 109, 263, BStBl II 1973, 595, und Senatsbeschluß vom 10. Januar 1989 IX B 98/88, BFH/NV 1989, 501).
2. Aus den vom FA nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG ist zu entnehmen, daß die Kläger -- zum Teil durch Kredit finanziert -- die Anschaffungskosten eines bebauten Grundstücks getragen und es in den Streitjahren zum Erzielen von Vermietungseinkünften genutzt haben. Die hierauf gründende Beurteilung des FG, daß den Klägern für die Streitjahre die nach den gesamten Anschaffungskosten bemessene AfA zustehe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
3. Der Senat kann offenlassen, welche Bedeutung dem Vorbringen des FA im Revisionsverfahren beizumessen ist, die Kläger hätten bereits vor Fertigstellung des Objekts unter Hinweis auf § 313 BGB die Nichtigkeit eines von ihnen geschlossenen Kaufvertrages geltend gemacht. Denn die bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes ist -- wie dargelegt -- nicht Voraussetzung für die Vornahme von AfA (vgl. Urteil in BFHE 109, 263, BStBl II 1973, 595).
Fundstellen
Haufe-Index 65787 |
BFH/NV 1996, 600 |