Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Sonstiges Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
1) Zum Mietwert von Einfamilienhäusern, die Körperschaften ihren Gesellschaftern gegen eine Miete zur Verfügung stellen, die wesentlich unter einer angemessenen Verzinsung der Herstellungskosten liegt.
2) Zur Höhe des Wertes des Streitgegenstandes bei Verböserungsanträgen des Finanzamtes, das kein Rechtsmittel eingelegt hat.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2; KStDV § 17; AO § 320 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit in der mietweisen überlassung eines Landhauses durch eine GmbH an ihren beherrschenden Gesellschafter eine verdeckte Gewinnausschüttung zu erblicken ist.
Die GmbH hatte in den Jahren 1949 und 1950 ein Landhaus mit 244 qm Wohn- und 32 qm Garagenraum bei einem Gesamtaufwand von 323.661,95 DM errichtet, wovon 33.010,80 DM auf den Erwerb des Grundstückes und die restlichen 290.651,15 DM auf die Baukosten, einschließlich umfangreicher Erdbewegungen entfallen. Dieses Landhaus wird von dem beherrschenden Gesellschafter bewohnt, nach dessen Wünschen und baulichen Gedanken es erbaut worden ist. Der Gesellschafter ist an dem Stammkapital mit 52 % beteiligt, während der restliche Geschäftsanteil seiner Tochter gehört. Er war früher auch Geschäftsführer der Firma. Die GmbH hat ihn für 1951 an Miete mit 4934,80 DM belastet. Der jährliche Wohnwert wurde vom Finanzbauamt in einem Gutachten vom 27. Februar 1954 im Anhalt an die Verzinsung des Kapitals mit 17.000 bis 18.000 DM angegeben, während die Marktmiete 4.800 bis 5.400 DM betrage. Das Finanzamt war der Auffassung, daß als Mietwert ein Betrag anzusetzen sei, den die GmbH bei einer betrieblichen Verwendung dieser Aufwendungen hätte erzielen können, also 5 v. H. von rund 300.000 DM zuzüglich Absetzungen für Abnutzung und öffentliche Lasten. Es hat deshalb noch einen Betrag von 13.938 DM als verdeckte Gewinnausschüttung mit Rücksicht auf eine zu niedrige Bemessung der Miete dem körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn hinzugesetzt.
Die Firma wandte sich hiergegen und stützte sich insbesondere auf das Urteil des Reichsfinanzhofs I A 142/32 vom 10. Juli 1934, Reichssteuerblatt (RStBl.) 1934 S. 1138. In dieser Entscheidung sei ausgesprochen, daß als Mietwert eines Landhauses in derartigen Fällen nicht der Betrag anzusetzen sei, der bei Vermietung an eine gesellschaftsfremde Person erzielbar wäre, sondern es sei von den Grundsätzen auszugehen, die für die Ermittlung des Nutzungswertes eines eigenbewohnten Einfamilienhauses anzuwenden seien. Der danach ermittelte Betrag liege hier mit 1.360 DM (3 1/3 v. H. des Einheitswertes von 37.000 DM) noch unter der vereinbarten Miete von 4.834,80 DM.
Die Berufung war zum Teil von Erfolg. Das Finanzgericht nahm wie folgt Stellung:
Die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 142/32 sei vor der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 (RStBl. 1937 S. 161) ergangen. Der nach dieser Verordnung ermittelte Wert von 1.360 DM sei schon auf den ersten Blick von der rauhen Wirklichkeit der freien Nachkriegsmieten so weit entfernt, daß die GmbH einer gesellschaftsfremden Person das Landhaus nicht zu diesem Mietzins überlassen hätte. Auf der anderen Seite könne aber auch der Kapitaleinsatz allein nicht maßgebend sein. Wie die GmbH mit Recht betone, bringe der Hausbesitz seit jeher eine aus der Betonung der Sicherheit und Stetigkeit zu erklärende geringe Rendite. Als Bemessungsgrundlage müsse die Miete angesehen werden, die von einem gesellschaftsfremden Dritten zu erzielen wäre. Das Gutachten des Finanzbauamtes komme zu einem Betrag von 4.800 bis 5.400 DM. Das Finanzgericht lege diese Schätzung seiner Entscheidung zugrunde. Lediglich unter Berücksichtigung des hohen Kapitaleinsatzes erscheine ein Zuschlag von rund 600 DM jährlich angemessen.
Auf diese Weise kam das Finanzgericht zu einer Jahresmiete von 6.000 DM und einer verdeckten Gewinnausschüttung von 1.165,20 DM.
Nach Ansicht der Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist die Beurteilung des Finanzgerichts rechtsirrig, da sie nicht beachte, daß das Landhaus den persönlichen Wünschen des Hauptgesellschafters entsprechend errichtet worden sei. Die Miete für einen gesellschaftsfremden Dritten könne deshalb nicht die Grundlage für die Berechnung sein. Im Ergebnis komme das Finanzgericht zu der Auffassung, daß das Gebäude für einen Dritten mit einem Aufwand von 120.000 DM hätte errichtet werden können. Es sei somit ein um 170.000 DM höherer Betrag aufgewandt worden. Dieser Mehrbetrag müsse bei der Frage der verdeckten Gewinnausschüttung berücksichtigt werden.
Die GmbH beantragt, es bei der Entscheidung des Finanzgerichts zu belassen.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
Man wird dem Finanzamt darin beipflichten müssen, daß ein Mehraufwand beim Bau eines Landhauses, der in den persönlichen Wünschen des Hauptgesellschafters begründet ist, bei Berechnung des Mietwertes nicht außer Betracht gelassen werden kann. Gewinnausschüttung ist jeder Vorteil, der einem Gesellschafter mit Rücksicht auf seine Gesellschaftereigenschaft gewährt wird. Bei einem Vergleich mit einer fremden Person muß eine Person unterstellt werden, die gleichartige Wünsche wie der Gesellschafter hat und auch bereit ist, den für die Erfüllung dieser Wünsche erforderlichen Aufwand zu tragen, es muß also ein Mieter unterstellt werden, der eine dem Aufwand für den Bau des Hauses angemessene Miete zahlt. Die Vorentscheidung wird aufgehoben.
Die Höhe der angemessenen Miete muß durch Schätzung ermittelt werden. Das Finanzamt hat bei seiner Schätzung der Tatsache Rechnung zu tragen versucht, daß das in Mietshäusern investierte Kapital sich verhältnismäßig niedrig verzinst. Es ist nicht anzunehmen, daß weitere Erhebungen zu zutreffenderen Ergebnissen führen.
Die Berufung gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts wird deshalb als unbegründet zurückgewiesen.
Der Wert des Streitgegenstandes beträgt auch für das Berufungsverfahren nur 8784 DM. Die im Berufungsverfahren vom Finanzamt angeschnittene Frage, ob nicht eine verdeckte Gewinnausschüttung im Werte des gesamten Grundstücks zu erblicken ist, kann nicht dazu führen, den Wert des Streitgegenstandes zu erhöhen. "Legt nur der Steuerpflichtige ein Rechtsmittel ein und beantragt das Finanzamt in diesem Verfahren Erhöhung der Steuer (ß 243 Abs. 3 der Reichsabgabenordnung), so bleibt dieser Antrag (.....) für die Bemessung des Streitwertes außer Betracht". Riewald, Reichsabgabenordnung und Steueranpassungsgesetz, II. Teil zu § 320; siehe auch die Entscheidung des Reichsfinanzhofs III A 190/21 vom 3. November 1921 (Slg. Bd. 7 S. 198). Wie sich aus dem Kopf des Urteils des Finanzgerichts ergibt, hat nur die Steuerpflichtige Berufung eingelegt. Das Finanzamt hat sich dem Rechtsmittel der Steuerpflichtigen auch nicht nach § 247 der Reichsabgabenordnung angeschlossen. Es ist am Verfahren beteiligt und hat lediglich in dieser Eigenschaft einen Antrag gestellt. Hierzu war es berechtigt.
Fundstellen
Haufe-Index 408249 |
BStBl III 1955, 353 |
BFHE 1956, 401 |
BFHE 61, 401 |
BB 1955, 1079 |
DB 1955, 1132 |