Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
1) Ein Steuerpflichtiger verliert den Anspruch auf Erstattung gemäß §§ 150 ff. AO nicht, wenn er es unterläßt, die Erteilung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 125 AO zu beantragen. Das Verfahren gemäß § 125 AO geht nach der Einziehung der streitigen Zahlungsverbindlichkeit in das Erstattungsverfahren gemäß §§ 150 ff. AO über.
2) In Westberlin sind gemäß Ziff. 5 b der Dritten Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens (Währungsergänzungsverordnung) in Verbindung mit der Durchführungsbestimmung Nr. 5 zur Dritten Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens (Währungsergänzungsverordnung) nicht gestundete Grundsteuerschulden des Rechnungsjahres 1948, die nach dem 24. Juni 1948 zahlbar, aber bis zum 20. März 1949 noch nicht entrichtet waren, in voller Höhe ihres Nennbetrages in D-Mark-West zu entrichten.
Normenkette
AO §§ 125, 150-152
Tatbestand
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist mit seiner Ehefrau Eigentümer eines in Berlin-Nordwest belegenen Mietwohngrundstücks. Am 20. März 1949 schuldete er für dieses Grundstück aus rechtskräftig festgesetzter, aber noch nicht entrichteter Grundsteuer für das Rechnungsjahr 1948 den Betrag von 1.724,28 DM. Es ist umstritten, ob dieser Betrag als DM-Betrag der Westberliner oder als DM-Betrag der Ostberliner Währungseinheit geschuldet wurde. Das Finanzamt hat ihn jedenfalls in voller Höhe des Nennbetrages in DM westlicher Währung eingezogen.
Der Bf. ist der Ansicht, daß die Einziehung des geschuldeten Grundsteuerbetrages, den er bis zum 20. März 1949 unzweifelhaft auch in ostzonaler Währung hätte entrichten dürfen, nicht in der vollen Höhe des Nennbetrages in Westmark zulässig war. Nach seiner Meinung hätte vielmehr das Finanzamt den geschuldeten Betrag zum monatlichen Durchschnittskurs von DM-Ost in DM-West umrechnen müssen und nur den so errechneten, wesentlich geringeren Betrag westlicher Währung in DM-West einziehen dürfen. Der Bf. stützt sich zur Begründung seiner Ansicht auf ein Urteil des Bezirksverwaltungsgerichts Zehlendorf vom 26. Mai 1950, nach dessen Inhalt der Anteil einer (Einkommen-) Steuerschuld, der nach der Steuerüberleitungsverordnung für die Westsektoren von Berlin noch in Ostmark beglichen werden konnte, in der Weise zu entrichten ist, daß die Umrechnung in Westmark nicht im Verhältnis 1 : 1, sondern nach dem jeweiligen monatlichen Durchschnittswechselkurs der Ostmark zu erfolgen hat. Der Bf. berechnete danach die von ihm geleistete überzahlung auf 1.266,11 DM-West und begehrte die Erstattung des nach seiner Ansicht überzahlten Betrages im Wege der Verrechnung mit später entstandenen Steuerschulden.
Das Finanzamt hat dem Antrag des Bf. vom 15. August 1950 nicht entsprochen. Es hat vielmehr zunächst die Entscheidung über den Antrag ausgesetzt, ihn aber späterhin abgelehnt, weil nach seiner Ansicht eine Entrichtung der fraglichen Steuerrückstände in Ostmark nach dem 20. März 1949 nicht mehr zulässig war und weil es abweichend von der Rechtsansicht des Bezirksverwaltungsgerichts Zehlendorf in übereinstimmung mit dem Landesfinanzamt Berlin die Auffassung vertrat, die rückständigen Steuerbeträge müßten in voller Höhe ihres Nennbetrages in Westmark entrichtet werden.
An dieser Auffassung hat es auch im Einspruchsbescheid festgehalten.
Die dagegen erhobene Berufung ist gleichfalls erfolglos geblieben. Allerdings ist das Verwaltungsgericht Berlin bei seiner Entscheidung nicht auf die materielle Rechtsfrage eingegangen, ob dem Bf. ein erstattungsfähiger Anspruch aus der Verrechnung der eingezogenen Steuerbeträge zustand. Es hat sich vielmehr im wesentlichen darauf beschränkt, die Berufung aus formellen Gründen zurückzuweisen. Es vertritt in seiner Entscheidung die Ansicht, daß die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach den §§ 151, 152 der Reichsabgabenordnung (AO) nicht erfüllt seien, daß es im übrigen überhaupt unzulässig sei, den vom Bf. erhobenen Anspruch im Wege des Erstattungsverfahrens zu betreiben. Der Bf. hätte nach Ansicht des Verwaltungsgerichts diesen Anspruch in einem besonderen Rechtsmittelverfahren geltend machen müssen, nachdem das Finanzamt von ihm die volle Westmarkzahlung verlangt gehabt habe. Der Bf. habe auch in einem Schreiben vom 5. Mai 1949 einen diesbezüglichen Antrag gestellt, ihn aber nach Belehrung durch das Finanzamt fallen lassen. Er habe dann selbst mehrere Zahlungen auf die Steuerschuld geleistet, und wegen des Restes habe sich das Finanzamt im Wege der Mietpfändung befriedigt. Damit sei der Streit über die Frage, ob die Steuerschuld voll in DM-West zu entrichten war, rechtskräftig erledigt gewesen. Das Verfahren hätte deshalb auch späterhin auf Grund einer der Auffassung des Klägers günstigen Entscheidung eines anderen Verwaltungsgerichts nicht erneut aufgerollt werden können.
Der Bf. rügt in der Rechtsbeschwerde (Rb.) Verstöße wider den klaren Inhalt der Akten, mangelnde Sachaufklärung sowie Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil sein sachlicher Vortrag hinsichtlich des geltend gemachten Erstattungsanspruchs nicht gewürdigt worden sei. Er hält im übrigen an der bisher von ihm vertretenen Rechtsauffassung fest, daß die streitige Grundsteuerschuld keinesfalls zum Nennbetrag in DM-West zu erheben gewesen wäre.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann nicht zum Erfolg führen.
Allerdings ist die Begründung, mit der die Vorinstanz den Antrag des Bf. abgelehnt hat, nicht aufrechtzuerhalten. Der vom Bf. gestellte Antrag ist seiner Natur nach ein Antrag auf Erstattung zuviel gezahlter Steuern. Denn, wenn der Bf. die Verrechnung gewisser Teilbeträge der von ihm für das Rechnungsjahr 1948 eingezogenen Grundsteuer mit anderen Steuerrückständen begehrt, weil nach der von ihm für richtig gehaltenen Verrechnungsweise ein viel geringerer DM-Betrag westlicher Währungseinheit zur Tilgung dieser Grundsteuerschulden ausgereicht hätte, so bedeutet das der Sache nach nichts anderes als die Forderung, ihm die nach seiner Meinung zuviel erhobenen Grundsteuerbeträge zurückzugewähren. Vorausgesetzt, daß das Verlangen des Bf. auf Umrechnung des in DM-West eingezogenen Steuerbetrages nach dem für das Verhältnis DM-Ost - DM-West jeweils maßgeblichen Monatskurs berechtigt wäre, müßte auch dem Erstattungsantrag des Bf. entsprochen werden. Denn in diesem Falle würden alle Voraussetzungen für die Anwendung des § 152 Abs. 1 AO erfüllt sein, weil der bestehende Steueranspruch schon mit der Einziehung des von DM-Ost auf DM-West umgerechneten Betrages erloschen gewesen und dann der darüber hinaus durch Verrechnung bzw. Pfändung eingezogene Westmarkbetrag als zu Unrecht beigetrieben anzusehen wäre.
In diesem Sinne war, worauf die Rb. mit Recht hinweist, der Antrag des Bf. vom 15. August 1950 zu verstehen, und so ist er auch offenbar vom Finanzamt aufgefaßt worden. Wenn die Vorinstanz dem Vorbringen des Bf. eine andere Bedeutung beimißt, so kann ihr darin ebensowenig gefolgt werden, wie der von ihr vertretenen Rechtsansicht, der Bf. hätte den von ihm erhobenen Anspruch, die geschuldeten Steuerbeträge auch noch nach dem 20. März 1949 zum jeweiligen Umrechnungskurs der Ostmark in Westmark entrichten zu dürfen, in einem besonderen Rechtsmittelverfahren geltend machen müssen. Zweifellos betrifft die hier streitige Frage nicht die Höhe des Steueranspruchs, der als solcher nach dem längst rechtskräftigen und noch auf Reichsmark lautenden Grundsteuerbescheid unumstritten festliegt. Vielmehr handelt es sich hier lediglich um einen Streit über die Entrichtung bzw. Tilgung der Steuerschuld. Für Streitigkeiten solcher Art stehen dem Steuerpflichtigen nach der Abgabenordnung zwei Rechtsbehelfe zur Verfügung: einmal der Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides gemäß § 125 AO, zum andern der Antrag auf Erstattung überzahlter Steuern im Sinne der §§ 150 ff. AO. Ursprünglich war der Antrag auf Erstattung zuviel entrichteter Steuer der einzige Rechtsbehelf, dessen sich der Steuerpflichtige bedienen konnte, um nach Abschluß des Festsetzungsverfahrens Streitigkeiten mit dem Finanzamt auszutragen, die sich aus einer nach seiner Ansicht überhöhten Anforderung und Einziehung steuerlicher Zahlungsansprüche ergab. Die Tatsache, daß die Geltendmachung eines solchen Erstattungsanspruchs eine überzahlung bzw. Doppelzahlung der Steuer zur Voraussetzung hatte, zwang früher den Steuerschuldner, zunächst den geforderten Steuerbetrag zu entrichten, auch wenn er schon vor der Entrichtung von der Fehlerhaftigkeit der Zahlungsanforderung überzeugt war. Um diesem übelstand abzuhelfen und den Steuerschuldner bei Streitigkeiten über die Höhe des Zahlungsanspruchs auch schon vor Entrichtung der angeforderten Steuer in die Lage zu versetzen, seine abweichende Rechtsauffassung zur Geltung zu bringen, wurde der jetzige § 125 AO durch die Notverordnung vom 1. Dezember 1930 - damals als § 103 a - in die Abgabenordnung eingefügt (vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 568 IV 1928 S. 215 - 216; Reichsfinanzhof Slg. Bd. 33 S. 146 f.). Schon diese Entstehungsgeschichte des § 125 AO, mit dessen Einführung der Steuerpflichtige einen zusätzlichen Rechtsbehelf erhalten sollte, spricht gegen die Ansicht der Vorinstanz, wonach die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs ausgeschlossen sein soll, wenn der Steuerpflichtige vorher die Möglichkeit hatte, einen Abrechnungsbescheid nach § 125 AO zu erwirken. Denn der Steuerpflichtige sollte durch die Einführung dieser Bestimmung nicht etwa gezwungen werden, in erster Linie den Weg des § 125 AO zu beschreiten. Vielmehr steht es dem Steuerpflichtigen frei, nach seiner Wahl entweder den Weg über den Abrechnungsbescheid zu gehen oder sich auf den Erstattungsanspruch nach Zahlung bzw. Einziehung des geforderten Steuerbetrages zu beschränken. Die Tatsache, daß der Abrechnungsbescheid grundsätzlich nur auf Antrag des Pflichtigen erlassen wird, stellt zur Genüge klar, daß es seiner freien Entscheidung unterliegt, ob er ein solches Verfahren in Gang setzen will oder nicht. Unterläßt er es, so hat dies ggf. für ihn die Folge, daß das Finanzamt nunmehr die von ihm als noch geschuldet erachteten Beträge ungehemmt einziehen kann und einziehen wird. Daß aber darüber hinaus die Unterlassung eines solchen Antrags auf Abrechnung auch einen Verlust des möglicherweise bestehenden Erstattungsanspruchs zur Folge habe, ist weder aus dem Gesetz selbst noch aus den zu § 125 AO vorliegenden Gesetzgebungsgrundlagen zu entnehmen. (Vgl. Reichstagsdrucksache Nr. 568 IV 1928 S. 215 - 216.) Eine Rechtsfolge von derartiger Tragweite, die die Bedeutung des Erstattungsverfahrens erheblich einschränken würde, wäre vom Gesetzgeber jedenfalls nicht unberücksichtigt gelassen worden. Da es somit an einer entsprechenden gesetzlichen Klarstellung mangelt, kann nicht angenommen werden, daß der Verzicht auf die Durchführung eines Abrechnungsverfahrens auch den Verlust des Erstattungsanspruchs für den Steuerpflichtigen zur Folge hat.
Das schließt nicht aus, daß ein gemäß § 125 AO ergangener Abrechnungsbescheid auch gewisse Auswirkungen auf das möglicherweise nachfolgende Erstattungsverfahren hat. Im vorliegenden Falle ist jedoch ein Abrechnungsbescheid im Sinne des § 125 AO überhaupt nicht ergangen. Es erscheint darüber hinaus sogar zweifelhaft, ob das von der Vorinstanz erwähnte Schreiben vom 5. Mai 1949 einen diesbezüglichen Antrag enthält. Aber selbst wenn man in diesem Schreiben einen formellen Antrag im Sinne des § 125 AO erblicken wollte, so wäre jedenfalls aus dem nachfolgenden Schreiben vom 12. Juli 1949 nicht der unbedingte Verzicht des Bf. auf die Durchführung eines solchen Verfahrens zu folgern. Denn das letztere Schreiben kann nur in dem Sinne verstanden werden, daß der Bf. die ihm vom Finanzamt erteilte formlose Belehrung über die Höhe seiner Zahlungspflicht erst dann anerkennen wollte, wenn ihm ein Billigkeitserlaß in Höhe von 50 v. H. der vom Finanzamt errechneten Zahlungsschuld gewährt würde. Nachdem das Finanzamt diesem Wunsche des Bf. nicht entsprochen, sondern den vollen von ihm geforderten Betrag eingezogen hat, war der Bf. an der Fortsetzung des Verfahrens nicht gehindert, und der späterhin von ihm gestellte Erstattungsanspruch entspricht jedenfalls auch dann der Sachlage, wenn man die anfänglich vom Bf. erhobenen Vorstellungen als einen Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheides deutet. Denn das Abrechnungsverfahren geht, wie der Reichsfinanzhof in mehrfachen Entscheidungen ausgesprochen hat (vgl. Urteil vom 3. Mai 1933 - IV A 289/32 - Amtl. Slg. Bd. 33 S. 152), nach der Einziehung der umstrittenen Steuerbeträge in das Erstattungsverfahren gemäß §§ 150 ff. AO über.
Obwohl hiernach die Vorentscheidung verfahrensrechtlich nicht richtig vorgegangen ist, kann die Rb. der Sache nach keinen Erfolg haben.
Nach Ziff. 4 (a) des ersten Abschnitts der Ersten Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens (Währungsverordnung) für die Westsektoren von Großberlin vom 24. Juni 1948 (veröffentlicht im Verordnungsblatt für Großberlin 1948 S. 363 ff.) war allerdings für eine Anzahl bestimmter und im einzelnen aufgeführter Güter und Leistungen angeordnet, daß sie in deutscher Mark und deutschen Pfennigen bezahlt werden durften mit der Maßgabe, das der Zahlende nach seiner Wahl auch in derjenigen Währung zu zahlen berechtigt war, die als gesetzliches Zahlungsmittel im sowjetischen Sektor von Berlin galt. Zu den Verbindlichkeiten, die in dieser Weise beglichen werden durften, gehörten unter anderem auch die Steuern und die anderen städtischen Abgaben. Dieser Grundsatz ist für die Entrichtung der nach dem 24. Juni 1948 zahlbaren Grundsteuern des Rechnungsjahres 1948 nochmals besonders hervorgehoben worden und zwar im Rahmen der Durchführungsbestimmung Nr. 8 zur Zweiten Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsverordnung) vom 4. Juli 1948, die am 27. August 1948 erlassen wurde (vgl. Verordnungsblatt für Groß-Berlin 1948 S. 414). Dieser Rechtszustand, der es dem Steuerschuldner gestattete, die Grundsteuern nach seiner Wahl in DM-West oder in DM-Ost zu entrichten, hat bis zum 20. März 1949 unverändert fortbestanden. An diesem Tage erging für Westberlin die Dritte Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens (Währungsergänzungsverordnung), veröffentlicht im Verordnungsblatt für Groß-Berlin 1949 S. 86 f, auf Grund deren die auf deutsche Mark und deutsche Pfennig lautenden Noten und Münzen der Bank deutscher Länder (Westmark) zum alleinigen gesetzlichen Zahlungsmittel bestimmt wurden. Gleichzeitig wurde die vorerwähnte Ziff. 4 der Währungsverordnung und ebenso nach Ziff. 5 b der Vierten Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsergänzungsverordnung) vom 20. März 1949 (veröffentlicht im Verordnungsblatt für Groß-Berlin 1949 S. 88) auch die Durchführungsbestimmung Nr. 8 zur Umstellungsverordnung aufgehoben. Alle diese änderungen der Westberliner Währungsbestimmungen sind am 20. März 1949 in Kraft getreten. Von diesem Zeitpunkt an war daher entgegen der Auffassung des Bf. auch die Entrichtung der Grundsteuer grundsätzlich nur noch in Westmark zulässig. Lediglich für eine gewisse übergangszeit, die aber bereits am 15. Mai 1949 endigte, war es den Grundstückseigentümern gestattet, Ostmarkzahlungen ihrer Mieter, zu denen diese für einen Teil der bis zum 20. April 1949 fälligen Mietbeträge noch berechtigt waren, bei Gelegenheit der Grundsteuerzahlung im Verhältnis 1 : 1 in Westmark umzutauschen (vgl. Ziff. 4 a und b der Währungsergänzungsverordnung vom 20. März 1949). Grundsätzlich hatte aber auch die Zahlung dieser nach dem 20. März fällig werdenden Grundsteuern in DM-West zu erfolgen. Die Rechtslage war damit geklärt sowohl bezüglich der vor dem 20. März 1949 entrichteten als auch bezüglich der nach dem 20. März 1949 fällig werdenden Grundsteuerbeträge. Für die am 20. März 1949 bereits fälligen, aber noch nicht entrichteten Steuern einschließlich der Grundsteuern, um die es sich im vorliegenden Falle handelt, enthält die Ziff. 5 b der Währungsergänzungsverordnung die maßgebliche Bestimmung. Danach durften rückständige Steuern, soweit sie nicht gestundet waren, nach dem 20. März 1949 überhaupt nicht mehr in Ostmark gezahlt werden, gestundete Steuern aber nur noch bis zum 30. April 1949, sofern ihre Zahlung bislang in Ostmark gestattet gewesen war. über die Auslegung dieser Bestimmung bestehen Zweifel. Der Bf. vertritt, gestützt auf die eingangs erwähnte Entscheidung des Bezirksverwaltungsgerichts Zehlendorf vom 26. Mai 1950, die Meinung, daß zwar die Zahlung seiner nicht gestundeten Steuerrückstände in Westmark zu erfolgen hatte, daß diese Rückstände aber nicht in der vollen Höhe des Nennbetrages, sondern nach Umrechnung entsprechend dem maßgeblichen Monatsdurchschnittskurs der Ostmark in Westmark zu tilgen seien. Für die gegenteilige Auffassung des Finanzamts spricht, daß es wenig sinnvoll gewesen wäre, zwischen gestundeten und nicht gestundeten Steuerrückständen zu unterscheiden, wenn der Unterschied allein darin bestanden haben sollte, daß gestundete Steuern noch an der Kasse des Finanzamts in Ostmark hätten entrichtet werden dürfen, daß dagegen die nicht gestundeten Rückstandsbeträge vor ihrer Zahlung in Westmark hätten umgewechselt werden müssen. Wenn das letztere wirklich die Absicht des Gesetzgebers gewesen wäre, so hätte es einer Sonderbestimmung für die nicht gestundeten Steuerrückstände überhaupt nicht bedurft, weil ohnehin durch die Währungsergänzungsverordnung vom 20. März 1949 die Westmark zum alleinigen gesetzlichen Zahlungsmittel bestimmt war. Soweit aber tatsächlich noch Zweifel an der Rechtslage bestehen konnten, sind sie mit dem Erlaß der Durchführungsbestimmung Nr. 5 zur Währungsergänzungsverordnung (veröffentlicht im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin 1951 S. 268) beseitigt worden. Darin wird zur Klärung der Rechtslage angeordnet, daß die gemäß Ziff. 5 b der Währungsergänzungsverordnung vom 20. März 1949 in Westmark zu zahlende Steuerrückstände zum vollen Nennwert in Westmark zu entrichten sind. Diese Anordnung kann nur als eine verbindliche Auslegung der bis dahin vielleicht unklaren Bestimmung der Ziff. 5 b der Währungsergänzungsverordnung betrachtet werden, die einer Berichtigung der bis dahin vom Bezirksverwaltungsgericht Zehlendorf vertretenen Rechtsauffassung über die Behandlung der Steuerrückstände aus der Zeit vor dem 20. März 1949 gleichkommt.
Hätte der Gesetzgeber nicht die Bestimmung der Ziff. 5 b der Währungsergänzungsverordnung auslegen, sondern für die Zukunft ändern wollen, so hätte die Fassung der Durchführungsbestimmung Nr. 5 dies zum Ausdruck bringen und etwa wie folgt lauten müssen: "Die gemäß Ziff. 5 b der Währungsergänzungsverordnung vom 20. März 1949 in Westmark zu zahlenden rückständigen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind in Zukunft bzw. nach dem Inkrafttreten der Durchführungsbestimmung zum vollen Nennwert in Westmark zu entrichten." Die Fassung der Durchführungsbestimmung Nr. 5 enthält einen derartigen Zusatz jedoch nicht. Dies berechtigt zu der Annahme, daß damit die frühere Ziff. 5 b der Währungsergänzungsverordnung durch die Durchführungsbestimmung Nr. 5 näher ausgelegt werden sollte. Es entspricht zwar nicht dem Regelfall, daß der Gesetzgeber selbst seine Anordnungen und Gesetzesbefehle in verbindlicher Weise auslegt, aber in Ausnahmefällen ist dieser Weg schon seit jeher beschritten worden und der Begriff der authentischen Interpretation von Gesetzesbestimmungen durch den Gesetzgeber ist dem Rechtsdenken durchaus geläufig. Im übrigen handelt es sich insoweit um Besatzungsrecht, welches einer Nachprüfung auf seine Gültigkeit durch deutsche Gerichte grundsätzlich entzogen ist. Wenn aber in der Durchführungsbestimmung Nr. 5 am Ende gesagt ist, daß sie erst am 15. März 1951 in Kraft treten soll, so kann dies nur bedeuten, daß die Bestimmung auf inzwischen abgeschlossene und rechtskräftig entschiedene Fälle nicht mehr anzuwenden ist. Würde man die von der Rb. aus dieser Fassung der Durchführungsbestimmung Nr. 5 gezogene Folgerung, die Durchführungsbestimmung könne nur auf nach dem 15. März 1951 geleistete Zahlungen Anwendung finden, als richtig anerkennen, so würde ihr eine praktische Bedeutung nur noch in sehr geringem Maße zukommen. Denn für die nach dem 20. März 1949 fällig werdenden Steuern ist die Rechtslage hinsichtlich der Zahlung nach Aufhebung der Ziff. 4 der Währungsverordnung und der Durchführungsbestimmung Nr. 8 zur Umstellungsverordnung ohnehin völlig klar. Der Anwendungsbereich der Bestimmung würde sich also nur auf diejenigen Steuerrückstände aus der Zeit vor dem 20. März 1949 beschränken, die auch bis zum 15. März 1951 nicht auf irgendeine Weise, sei es im Wege freiwilliger Zahlung, sei es im Wege der Beitreibung, eingezogen werden konnten. Daß der Wirkungskreis dieser Bestimmung soweit eingeengt sein sollte, ist nach ihrer Fassung und nach ihrem Zweck, der offensichtlich einer Klärung der umstrittenen Rechtslage dienen sollte, nicht anzunehmen. Mit Recht weist deshalb auch das Berliner Steuerblatt (Jahrgang 1951 S. 80 ff.) darauf hin, daß nunmehr (nach Erlaß der Durchführungsbestimmung Nr. 5) der Ausgang der noch bei den Verwaltungsgerichten laufenden Prozesse nicht mehr zweifelhaft sein könne, weil die Gerichte an die Bestimmung gebunden seien.
Soweit aber der Bf. neuerdings darzulegen versucht, nach Aufhebung der Durchführungsbestimmung Nr. 8 zur Umstellungsverordnung für Großberlin sei der bis zur Währungsumstellung gültige Rechtszustand wiederhergestellt worden, d. h. die Grundsteuerschuld für das gesamte Rechnungsjahr 1948 sei als RM-Schuld zu behandeln und daher nur mit einem Zehntel des Nennbetrages in DM zu erheben gewesen, übersieht er, daß die Aufhebung dieser Durchführungsbestimmung Nr. 8 nicht ersatzlos erfolgt ist. Vielmehr ist an ihre Stelle hinsichtlich der nach dem 24. Juni 1948 zahlbaren, aber am 20. März 1949 noch rückständigen Grundsteuern die Vorschrift der Ziff. 5 b der Währungsergänzungsverordnung vom 20. März 1949 in Verbindung mit der dazu erlassenen Durchführungsbestimmung Nr. 5 getreten. Es ist nicht zu verkennen, daß diese Bestimmungen ebenso wie die Durchführungsbestimmung Nr. 8 zur Währungsverordnung eine Abweichung von dem sonst für die Umstellung maßgeblichen Grundsatz bedeuten, daß RM-Schulden regelmäßig, auch wenn es sich um Steuerschulden handelt, im Verhältnis 10 : 1 in DM zu entrichten sind. Denn dem Bf. ist darin beizupflichten, daß an sich die Grundsteuer für das Rechnungsjahr 1948 als mit dem 1. Januar 1948 entstandene RM-Schuld zu betrachten ist. Eine änderung der für den Regelfall geltenden Umstellungsbestimmung ist aber im Wege der Gesetzgebung durchaus möglich, und da sowohl die Währungsergänzungsverordnung als auch die Durchführungsbestimmung Nr. 5 von der Militärregierung für die amerikanische, britische und französische Zone von Berlin bzw. von den drei Militärkommandanten der drei Westberliner Sektoren als den für Westberlin zuständigen Gesetzgebungsorganen erlassen worden sind, so kann an ihrer Rechtsgültigkeit nicht gezweifelt werden. Nach dem Inhalt dieser Bestimmungen sind aber, wie bereits ausgeführt, die nach dem 24. Juni 1948 zahlbaren, bis zum 20. März 1949 nicht entrichteten Grundsteuerschulden, soweit sie nicht vor dem 20. März 1949 gestundet waren, in voller Höhe ihres (RM-) Nennwertes in DM zu entrichten.
Ob unter diesen Umständen das Verwaltungsgericht der britischen Zone von Berlin eine Entscheidung zugunsten des Bf. getroffen haben würde, selbst wenn diese Entscheidung schon vor Erlaß der Durchführungsbestimmung Nr. 5 zur Währungsergänzungsverordnung ergangen wäre, bleibt zweifelhaft. Aber selbst wenn bei einer sofortigen Entscheidung des Finanzamts über den Erstattungsanspruch des Bf. ein günstiges Berufungsurteil bei dem für den britischen Sektor zuständigen Verwaltungsgericht zu erreichen gewesen wäre, kann dies an der gegenwärtigen Rechtslage nichts ändern. Ob aber der Sachbearbeiter des Finanzamts durch Aussetzung der Entscheidung über den Erstattungsantrag seine Amtspflichten verletzt und dadurch möglicherweise dem Bf. einen Vermögensschaden zugefügt hat, könnte nur im Rahmen eines besonderen Schadensersatzverfahrens geprüft werden, zu dessen Durchführung die Finanzgerichte nicht berufen sind.
Dem Erstattungsanspruch des Bf. kann somit aus Rechtsgründen nicht entsprochen werden. Daß Billigkeitsgründe zum mindesten für einen teilweisen Erlaß der geschuldeten Steuerrückstände aus dem Grunde sprechen, weil ein großer Teil der 1948 fällig gewordenen Mietzahlungen von den Mietern in Ostwährung entrichtet worden ist, soll nicht verkannt werden. Die Entscheidung hierüber obliegt jedoch in erster Linie den Verwaltungsstellen, und es steht dem Bf. noch immer frei, um eine solche Entscheidung nachzusuchen. Der Ausgang des vorliegenden Streitverfahrens kann jedenfalls hierdurch nicht beeinflußt werden. Die Rb. war daher mit der Kostenfolge aus § 307 AO als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 407780 |
BStBl III 1953, 373 |
BFHE 1954, 215 |
BFHE 58, 215 |