Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerrechtliche Anerkennung von Arbeitsverhältnissen unter Ehegatten und Verlobten
Leitsatz (NV)
1. An den Nachweis eines Arbeitsverhältnisses unter Verlobten werden nicht die erhöhten Anforderungen gestellt, die für den Nachweis von Arbeitsverhältnissen unter Ehegatten gelten.
2. Ein zwischen Ehegatten begründetes Arbeitsverhältnis wird steuerrechtlich nicht anerkannt, wenn der Arbeitslohn nicht - wie unter Fremden üblich - monatlich an den Arbeitnehmer gezahlt wird. Etwas anderes kann bei einem Arbeitsverhältnis zwischen einer BGB-Gesellschaft und dem Ehegatten eines der Gesellschafter gelten.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) betrieben von Januar 1976 bis April 1979 ein Malergeschäft in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft.
Im Büro der Gesellschaft wurden ab Januar 1976 stundenweise die Ehefrau des Gesellschafters H und die Angestellte A beschäftigt. Frau A ist sei Juni 1978 die Ehefrau des Gesellschafters B; sie war schon 1976 mit ihm verlobt.
Die Gesellschaft zahlte an die Angestellten Aushilfslöhne, die jeweils auf ihre eigenen Bankkonten überwiesen wurden. Jedoch wurden die Beträge jeweils nachträglich für längere Zeiträume, überwiegend für ein halbes oder ein Vierteljahr gezahlt. Lohnsteuer wurde nicht abgeführt; die Steuer ist 1979 nach einer Lohnsteueraußenprüfung nachentrichtet worden.Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Arbeitsverhältnisse wegen der nachträglichen Lohnzahlung nicht an; die Löhne wurden in der einheitlichen Gewinnfeststellung nicht zum Ausgabenabzug zugelassen.
Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die an die Ehefrau des Gesellschafters H und an die Verlobte und spätere Ehefrau des Gesellschafters B geleisteten Zahlungen könnten in der einheitlichen Gewinnfeststellung für die inzwischen voll beendete Personengesellschaft nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden, wenn sie auf privaten Erwägungen ihrer Gesellschafter beruhende Entnahmen darstellten. Das FG hat dies im Ergebnis zu Recht verneint.
1. An den Nachweis eines Arbeitsverhältnisses zwischen Ehegatten werden im Steuerrecht erhöhte Anforderungen gestellt. Darum genügt nicht der Nachweis, daß überhaupt Arbeitsleistungen erbracht wurden und ein Entgelt gezahlt worden ist. Zwar spricht unter einander fremden Dritten eine tatsächliche Vermutung dafür, daß der Betriebsinhaber eine Vergütung nur im Austausch für eine Gegenleistung des Beschäftigten gewährt. Unter Eheleuten besteht jedoch auch die Möglichkeit, daß ein Ehegatte auf familienrechtlicher Grundlage im Erwerbsgeschäft des anderen mitarbeitet (§ 1356, 1360 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Ebenso ist denkbar, daß die Geldleistung des Betriebsinhabers nicht ein Arbeitsentgelt, sondern eine Zuwendung auf familienrechtlicher Grundlage darstellt. Da zwischen Ehegatten im Hinblick auf die rechtlich abgesicherte eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht von vornherein gegensätzliche Interessen bestehen, kann auch ein Zusammenwirken zum Nachteil der Steuerbehörde nicht ausgeschlossen werden. Diese Gegebenheiten rechtfertigen es, ein Arbeitsverhältnis zwischen Eheleuten und damit Betriebsausgaben des Betriebsinhaber-Ehegatten nur anzunehmen, wenn das Arbeitsverhältnis wie unter Dritten üblich abgewickelt wurde, mögen zwischen Fremden auch unübliche Gestaltungen hingenommen werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Oktober 1983 IV R 116/83, BFHE 140, 190, BStBl II 1984, 298, mit weiteren Nachweisen).
Beschäftigt ein Unternehmer seine Verlobte in seinem Betrieb, können diese Überlegungen keine Geltung beanspruchen. Das Verlöbnis (§§ 1297 ff. BGB) begründet von Rechts wegen keine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft und gewährt auch keine Rechtsgrundlage für Dienstleistungen im Betrieb des Verlobungspartners. Schenkweise Geldzuweisungen sind zwischen Verlobten zwar möglich, haben beim Zuwendenden aber eine Vermögenseinbuße zur Folge, die nicht in einer rechtlich gesicherten Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft ausgeglichen wird. Im Hinblick hierauf kann nicht davon ausgegangen werden, daß zwischen Verlobten im allgemeinen keine gegensätzlichen wirtschaftlichen Interessen bestehen und daß es sich deswegen bei Zahlungen im Rahmen eines behaupteten Arbeitsverhältnisses ohne weiteres auch um private Zuwendungen handeln könne. Solche Zuwendungen sind möglich; für sie besteht aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage der Beteiligten jedoch kein Erfahrungssatz. Vielmehr müssen besondere Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß Arbeitsleistungen tatsächlich nicht erbracht wurden oder daß bewußt ein überhöhtes Entgelt gewährt wurde. Diese abweichende Behandlung von Arbeitsverhältnissen zwischen Verlobten wird auch nicht durch den vom FA erwähnten Umstand gehindert, daß Verlobte Angehörige im Sinne der Reichsabgabenordnung (AO) sind (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Dies muß nicht dazu führen, daß Vertragsverhältnisse zwischen Angehörigen im Sinne dieser Bestimmung stets in gleicher Weise behandelt werden. So werden auch Arbeitsverhältnisse zwischen einem Vater und seinen Kindern anders als Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten gewürdigt (BFH-Urteile vom 10. November 1982 I R 135/80, BFHE 137, 308, BStBl II 1983, 173, unter II; vom 18. Mai 1983 I R 20/77, BFHE 138, 450, BStBl II 1983, 562).
Im Streitfall bestand das Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar zwischen den Verlobten, sondern gegenüber einer Personengesellschaft, an der der Verlobte der Arbeitnehmerin als Gesellschafter beteiligt war. Für die steuerliche Berücksichtigung eines solchen Arbeitsverhältnisses können keine höheren Anforderungen gestellt werden als an die Berücksichtigung eines unmittelbar zwischen den Verlobten bestehenden Arbeitsverhältnisses. Das FA hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, daß der Gesellschafter seiner Verlobten in Wahrheit über das Vermögen der Gesellschaft eine Zuwendung gewähren wollte und diese tatsächlich keine Arbeitsleistungen erbracht habe.
An dieser Beurteilung hat sich durch die spätere Eheschließung des Gesellschafters mit der Arbeitnehmerin nichts geändert. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 21. Oktober 1966 IV R 83/66 (BFHE 87, 82, BStBl III 1967, 22) ausgeführt, daß ein nach der Eheschließung zwischen den Ehegatten fortgeführtes Arbeitsverhältnis auch dann zu berücksichtigen ist, wenn es vor wie nach der Eheschließung nicht in allen Punkten der üblichen Abwicklung von Arbeitsverhältnissen entsprach und wenn insbesondere der Arbeitslohn nicht laufend ausgezahlt wurde. Dies gilt erst recht, wenn das Arbeitsverhältnis gegenüber einer Personengesellschaft mit Beteiligung des späteren Ehegatten bestand.
2. Auch das Arbeitsverhältnis zwischen der Ehefrau des Gesellschafters H und der Personengesellschaft ist steuerlich zu berücksichtigen.
Ein zwischen Ehegatten begründetes Arbeitsverhältnis bleibt regelmäßig außer Betracht, wenn der Arbeitslohn nicht, wie zwischen Fremden üblich, monatlich an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird (BFH-Urteil vom 14. Oktober 1981 I R 34/80, BFHE 134, 293, BStBl II 1982, 119). Diese Grundsätze finden auch Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis mit einer vom Ehegatten beherrschten Personengesellschaft besteht (BFH-Urteil vom 12. April 1979 IV R 14/76, BFHE 128, 207, BStBl II 1979, 622). Der Senat hat sie auch für anwendbar gehalten, wenn die Gesellschaft zwei gleichberechtigte Gesellschafter hat und die Ehefrauen der Gesellschafter aufgrund inhaltlich übereinstimmender Verträge beschäftigt (Urteil in BFHE 140, 190, BStBl II 1984, 298). Dafür war ausschlaggebend, daß die Gesellschafterehegatten bei dieser Gestaltung auch private Zuwendungen machen können, von denen sie in jeweils gleicher Weise betroffen sind. Hieran fehlt es aber im Streitfall. Mangels abweichender Feststellung des FG muß nach dem Vorgesagten davon ausgegangen werden, daß zwischen der Personengesellschaft und der Verlobten des Gesellschafters B ein vollwertiges Arbeitsverhältnis bestand, es also nicht zu einer Zuwendung zu Lasten beider Gesellschafter gekommen ist. Dann konnte der Gesellschafter B auch nicht einer Zuwendung an die Ehefrau des Mitgesellschafters H zustimmen, die zur Hälfte zu seinen Lasten gegangen wäre. Der danach zwischen den Gesellschaftern bestehende Interessengegensatz rechtfertigt es, an die Durchführung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Gesellschaft und der Ehefrau des H keine Anforderungen zu stellen, die über die Durchführung eines zwischen Dritten bestehenden Rechtsverhältnisses hinausgehen. In einem solchen Verhältnis werden aber auch unregelmäßige Auszahlungen des Arbeitslohns hingenommen.
Fundstellen
Haufe-Index 60768 |
BFH/NV 1986, 148 |