Entscheidungsstichwort (Thema)
Realteilung mit Spitzenausgleich bei der Einkommensteuer
Leitsatz (NV)
Der bei einer Realteilung mit Buchwertfortführung gezahlte Spitzenausgleich führt nicht zu einem nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Aufgabegewinn (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1992 VIII R 57/90, BFHE 170, 320). Die Fortführungsbilanzen der Gesellschafter müssen an die zu Buchwerten erstellte steuerrechtliche Schlußbilanz anknüpfen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 5, §§ 16, 34; UmwStG 1977 § 24
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) waren je zur Hälfte Gesellschafter einer OHG. Gegenstand des Unternehmens der OHG war ein Optikerbetrieb und der Handel mit Uhren und Schmuck. 1987 lösten die Gesellschafter die OHG auf und teilten ihr Betriebsvermögen in der Weise, daß der Kläger zu 1 den Geschäftszweig Optik, der Kläger zu 2 den Geschäftszweig Uhren/Schmuck übernahm. Die übernommenen Wirtschaftsgüter führten sie in ihren Betrieben zu Buchwerten fort.
Bei der Verteilung der Wirtschaftsgüter unter die Gesellschafter ergab sich bei Berücksichtigung der übernommenen Wirtschaftsgüter und Schulden eine Wertdifferenz zugunsten des Klägers zu 2 in Höhe von ... DM; in dieser Höhe leistete er aus seinem Privatvermögen eine Ausgleichszahlung an den Kläger zu 1.
Die OHG erklärte in ihrer Feststellungserklärung 1987 die Differenz aus der Summe der Buchwerte der übernommenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter sowie der Ausgleichszahlung in Höhe von ... DM einerseits und dem Buchwert des Kapitalkontos des Klägers zu 1 andererseits in Höhe von ... DM als steuerbegünstigten Veräußerungsgewinn.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) vertrat demgegenüber die Ansicht, daß die Differenz ... DM betrage und als laufender Gewinn bei der Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen sei. Die Höhe des Gewinns ist zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Es ging dabei davon aus, daß die Kläger vor der Realteilung ihre Beteiligung durch entgeltliche Übertragung von Bruchteilsanteilen am Gesellschaftsanteil so verändert haben, daß der gemeine Wert der erhaltenen Wirtschaftsgüter dem Verhältnis des Werts der Kapitalkonten der Gesellschafter entspricht. Der Gewinn aus der Übertragung des Anteils-Bruchteils sei nach Einkommensteuerrecht mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 16 Abs. 1 und 3 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --).
Es fehle schon an einer Betriebsaufgabe. Eine Anteilsveräußerung dürfe nicht unterstellt werden. Die Kläger könnten die Steuervergünstigung der §§ 16, 34 EStG auch deshalb nicht beanspruchen, weil die stillen Reserven nicht vollständig aufgedeckt worden seien.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Die Kläger sind als ehemalige Gesellschafter der realgeteilten OHG klagebefugt.
Eine Personenhandelsgesellschaft ist mit Abschluß der Liquidation und nach vollständiger Abwicklung des Gesamthandsvermögens handelsrechtlich voll beendet. Die Klagebefugnis gegenüber einem Feststellungsbescheid geht uneingeschränkt auf die betroffenen bisherigen Gesellschafter über. Das gilt auch nach einer Realteilung des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 1. Dezember 1992 VIII R 57/90, BFHE 170, 320).
2. Der an den Kläger zu 1 gezahlte Spitzenausgleich unterliegt der Einkommensteuer als laufender Gewinn mit dem normalen Steuersatz.
a) Es liegt eine Realteilung des Betriebsvermögens der OHG vor; die übernommenen Wirtschaftsgüter sind bei den aus der Teilung der OHG entstandenen Einzelbetrieben der Gesellschafter Betriebsvermögen geblieben. Sie können deshalb ohne Gewinnrealisierung mit den Buchwerten aus der Gesellschaftsbilanz fortgeführt werden (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1991 VIII R 69/86, BFHE 166, 476, BStBl II 1992, 385). Wie der BFH in dieser Entscheidung ebenfalls ausgeführt hat, steht die Übernahme von Schulden der Gesellschaft durch einen Gesellschafter im Rahmen der Realteilung der gewinneutralen Behandlung des Vorgangs nicht entgegen.
Die Kläger haben das ihnen insoweit zustehende Wahlrecht zugunsten der Buchwertfortführung ausgeübt.
b) Wie der erkennende Senat inzwischen ebenfalls entschieden hat, führt der bei einer Realteilung mit Buchwertfortführung gezahlte Spitzenausgleich nicht zu einem nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Aufgabegewinn (BFH in BFHE 170, 320). Das ergibt sich daraus, daß die bei einer Realteilung rechtsanalog anzuwendende Vorschrift des § 24 Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) die Aufdeckung aller stiller Reserven in den ausgebrachten Wirtschaftsgütern verlangt. Der Senat nimmt hinsichtlich der weiteren Begründung auf dieses Urteil Bezug (dort unter III. der Gründe).
3. Die Höhe des laufenden Gewinns ist unter den Beteiligten nicht mehr streitig. Der Senat kann deshalb im Streitfall auch offenlassen, welche stille Reserven im Betriebsvermögen durch den Spitzenausgleich abgegolten werden sollten. Er weist jedoch darauf hin, daß die Fortführungsbilanzen der Gesellschafter an die zu Buchwerten erstellte steuerrechtliche Schlußbilanz zum 28. Februar 1987 anzuknüpfen haben. Das gilt -- unabhängig davon, daß der Spitzenausgleich nicht als Gewerbeertrag zu erfassen ist -- auch für die der Gewerbesteuer zugrundezulegende Bilanz (vgl. auch BFH- Urteil vom 19. Januar 1982 VIII R 21/77, BFHE 135, 282, BStBl II 1982, 456 unter II. der Gründe). Die zur Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens der Gesellschafter nach Zeitwerten erstellte handelsrechtliche Realteilungsbilanz -- auf der auch die Prüferbilanz zum 28. Februar 1987 beruht -- ist hierfür nicht maßgeblich. Es ist außerhalb dieses Realteilungsvorgangs zu berücksichtigen, daß der lei stungsverpflichtete Gesellschafter -- nach Angleichung des Kapitalkontos an die Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter (BFH in BFHE 166, 476, BStBl II 1992, 385) -- die Buchwerte dieser Wirtschaftsgüter um die nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe der Ausgleichszahlung aufzustocken hat. Dazu gehört auch die Aktivierung eines derivativ erworbenen Geschäftswerts, der hier in Höhe der Differenz zwischen Ausgleichsanspruch und tatsächlich vereinbartem Spitzenausgleich vorliegen dürfte.
Fundstellen
Haufe-Index 65098 |
BFH/NV 1995, 98 |