Leitsatz (amtlich)
1. Erbt ein Steuerpflichtiger von einem Erblasser einen Gewerbebetrieb und nimmt er einen Kredit auf, um die Ansprüche eines Ersatzerben zu erfüllen, so ist die Darlehensverbindlichkeit eine Privatschuld. Dies gilt auch dann, wenn sie als Betriebsschuld verbucht wird.
2. Eine private Darlehensverbindlichkeit wird nicht dadurch zur Betriebsschuld, daß sie durch betrieblich genutztes Grundvermögen dinglich gesichert wird.
3. Eigenkapital kann nur dann durch Fremdkapital ersetzt werden, wenn und soweit der Betrieb über entnahmefähige Barmittel verfügt. Soweit entnahmefähige Barmittel vorhanden sind, kann eine Privatschuld in eine Betriebsschuld mit der Folge umgeschuldet werden, daß die anfallenden Zinsen Betriebsausgaben sind.
Orientierungssatz
1. Der sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 5 Abs. 1 EStG) ist nur insoweit anzuwenden, als ihm nicht andere steuerliche Regeln vorgehen. Zu den vorgehenden steuerlichen Regeln gehören die Grundsätze über die Abgrenzung des Betriebsvermögens vom Privatvermögen. Sie dienen im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der einheitlichen Abgrenzung der der Einkunftsermittlung zugrunde zu legenden Wirtschaftsgüter (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Bei Schulden gibt es in der Regel kein gewillkürtes Betriebsvermögen. Zwar hat die Rechtsprechung von diesem Grundsatz Ausnahmen zugelassen, wenn Darlehensschulden schenkweise begründet wurden (BFH-Urteil vom 1.6.1978 IV R 109/74). Die Zulassung der Ausnahme dient jedoch nur der steuerlichen Gleichbehandlung von schenkweise zugewendeten Darlehensforderungen mit schenkweise zugewendeten Gesellschaftsanteilen.
3. Ein Kaufmann ist berechtigt, einerseits sämtliche in seinem Betrieb z.B. als Einnahmen erzielten Barmittel zu entnehmen und andererseits alle anfallenden Betriebsausgaben und Anschaffungskosten durch Darlehen zu finanzieren.
4. Der I. Senat des BFH ließ unentschieden, ob er der Auffassung des IV. Senats im Urteil vom 19.5.1983 IV R 138/79 folgen könnte, daß Zinsen für einen Kredit, den ein Miterbe beim Erwerb eines Kommanditanteils im Rahmen einer Erbauseinandersetzung im Hinblick auf die an andere Miterben zu leistenden Ausgleichszahlungen aufgenommen hat, als Sonderbetriebsausgaben abzugsfähig sind.
5. Im Urteil vom 23.6.1983 IV R 192/80 hat der IV. Senat des BFH für einen bilanzierenden Einzelunternehmer entschieden, dieser könne über einen Kontokorrentkredit grundsätzlich auch Entnahmen zur Deckung des üblichen Lebensbedarfs finanzieren. Der Kredit bleibe insgesamt Betriebsschuld. Die Kreditzinsen seien Betriebsausgaben. Eine Ausnahme sei für Beträge zu machen, die eindeutig für eine außergewöhnliche private Verwendung größeren Umfangs gedacht seien. Der erkennende Senat läßt dahinstehen, ob er der Auffassung des IV. Senats in vollem Umfang beipflichten kann.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
FG Nürnberg (Entscheidung vom 11.03.1981; Aktenzeichen V 159/80) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb in den Jahren 1974 bis 1976 den Handel mit Altmetallen. Den Gewerbebetrieb hatte er von seinem Vater geerbt. Der Nachlaß bestand im wesentlichen aus dem Gewerbebetrieb.
Der Vater des Klägers hatte einen nichtehelichen Sohn, der gegenüber dem Kläger Erbersatzansprüche gemäß §§ 1934a Abs.1 und 1934b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geltend machte. Der Kläger zahlte auf den geltend gemachten Erbersatzanspruch in 1973 insgesamt 370 000 DM. Dazu stellte er u.a. einen Scheck auf sein zum Betriebsvermögen gehörendes Bankkonto aus, der mit Wertstellung zum 16.Januar 1973 seinem Konto belastet wurde. Ebenfalls zum 16.Januar 1973 wurde demselben Bankkonto ein Darlehen über 250 000 DM abzüglich 5 000 DM Disagio gutgeschrieben, das der Kläger zuvor bei der Bank aufgenommen und für dessen Sicherung er auf einem Betriebsgrundstück eine Grundschuld bestellt hatte. Vor diesen Kontenbewegungen wies das Bankkonto ein Guthaben von mehr als 40 000 DM zugunsten des Klägers aus. Das Kapitalkonto des Klägers belief sich zum 1.Januar 1973 auf 514 000 DM.
Der Kläger behandelte das in Höhe von 250 000 DM aufgenommene Darlehen als Betriebsschuld. Das Disagio in Höhe von 5 000 DM aktivierte er als Rechnungsabgrenzungsposten, der auf die Laufzeit des Darlehens zeitanteilig aufzulösen war. Die für das Darlehen anfallenden Schuldzinsen setzte er als Betriebsausgaben ab. Weitere Schuldzinsen sowie Rechtsanwalts- und Gerichtskosten, die mit dem Erbersatzanspruch im Zusammenhang standen, behandelte er als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 Abs.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Nach einer Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, daß die Darlehensschuld nicht betrieblich veranlaßt sei. Er behandelte sie deshalb im Rahmen geänderter Einheitswertbescheide für das Betriebsvermögen zum 1.Januar 1974 und 1.Januar 1977 nicht als Betriebsschuld. Entsprechend wurden die Schuldzinsen, Rechtsanwalts- und Gerichtskosten bei der Einkommensermittlung 1974 bis 1976 weder als Betriebsausgaben noch als außergewöhnliche Belastung abgesetzt.
Einsprüche und Klagen blieben in den heute noch streitigen Punkten erfolglos. Allerdings erließ das FA nach Klageerhebung einen in einem anderen Punkt geänderten Einkommensteuerbescheid 1975, den der Kläger in das Klageverfahren überleitete. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1982, 12 veröffentlicht.
Mit der Revision macht der Kläger nicht erschöpfende Sachverhaltsfeststellungen durch das FG und die Verletzung materiellen Rechts geltend.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidungen aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1974 bis 1976 vom 28.März 1979 sowie die Einheitswertbescheide für das Betriebsvermögen auf den 1.Januar 1974 und auf den 1.Januar 1977 vom 7.März 1979 dahin abzuändern, daß die gezahlten Schuldzinsen, die Avalprovision für die Bankbürgschaft und die Kosten der Rechtsvertretung im Erbprozeß als Betriebsausgaben oder als außergewöhnliche Belastung und die Darlehensverbindlichkeit als Betriebsschuld berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die vom FG in tatsächlicher Hinsicht getroffenen Feststellungen tragen dessen Entscheidung nicht.
1. Zutreffend hat das FG nicht schon den gegen den Kläger gemäß § 1934a BGB gerichteten Erbersatzanspruch als betriebliche Verbindlichkeit (Betriebsschuld) behandelt.
a) Die Zuordnung einer Verbindlichkeit zum Betriebs- oder Privatvermögen hängt ertragsteuerlich und bewertungsrechtlich von dem Anlaß ihrer Entstehung ab. Eine Verbindlichkeit ist dann betrieblich veranlaßt, wenn der sie auslösende Vorgang im betrieblichen Bereich liegt. Auslösender Vorgang einer auf § 1934a BGB gestützten Erbersatzverbindlichkeit ist der mit dem Tode des Erblassers eintretende Erbfall. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Erbfall stets dem privaten, d.h. dem außerbetrieblichen Bereich des Erben zuzuordnen (vgl. Urteile vom 29.Mai 1969 IV R 238/66, BFHE 96, 182, BStBl II 1969, 614, und vom 23.Juli 1980 I R 43/77, BFHE 131, 351, BStBl II 1981, 19). An dieser Auffassung hält der Senat fest.
b) Eine andere Beurteilung folgt nicht aus der Tatsache, daß der Wert des Betriebsvermögens häufig für die Höhe der Erbersatzverbindlichkeit von ausschlaggebender Bedeutung ist. Zu unterscheiden ist insoweit zwischen der Entstehung und der Bewertung der Erbersatzverbindlichkeit. Für die steuerliche Zuordnung der Verbindlichkeit zum Privatvermögen des Erben kommt es nur auf den Anlaß der Entstehung an. Das Vorhandensein eines Betriebsvermögens ist aber ohne Einfluß auf die Entstehung der Verbindlichkeit. Ein Zusammenhang besteht nur mit ihrem Wert.
Die Richtigkeit dieser Überlegung ergibt sich auch aus der Tatsache, daß die vom Kläger geleisteten Zahlungen nicht dessen Anschaffungskosten sind. Der Kläger hat für seine Zahlungen keinen Gegenwert erhalten, der dem Betriebsvermögen zugeflossen wäre. Vielmehr hat sich der Übergang des Betriebes auf den Kläger insgesamt unentgeltlich vollzogen. Entsprechend hat auch der Erbersatzberechtigte in Höhe seines Erbersatzanspruches keinen einkommensteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erzielt. Die Erklärung für alle diese Rechtsfolgen ist in dem Grundsatz zu sehen, daß jeder Erbfall für den Erben zwangsläufig außerbetrieblich veranlaßt ist.
c) Aus diesem Grunde liegt der Hinweis des Klägers neben der Sache, der Erbersatzanspruch hätte auch durch die Einräumung einer Mitunternehmerstellung für den Erbersatzberechtigten erfüllt werden können. Würde der Erbersatzberechtigte seine Mitunternehmerstellung später auf den Kläger übertragen, so sei dies ein betrieblich veranlaßter Erwerb mit der Folge, daß evtl. Finanzierungskosten Betriebsausgaben seien. Zwar gibt der Hinweis die Rechtslage zutreffend wieder. Der Kläger übersieht bei seiner Argumentation jedoch, daß in einem solchen Fall für den Erbersatzberechtigten ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn anfiele. Die ertragsteuerliche Behandlung beim Kläger und die beim Erbersatzberechtigten hätten also in anderer Weise miteinander korrespondiert. Dies wäre nicht mehr der Fall, wenn die Erbersatzverbindlichkeit für den Kläger Betriebsschuld wäre und die Einkünfte des Erbersatzberechtigten daraus nicht der Einkommensteuer unterlägen.
2. Der erkennende Senat kann jedoch aufgrund der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob das vom Kläger aufgenommene Bankdarlehen als betriebliche Verbindlichkeit (Betriebsschuld) zu behandeln ist.
a) Die Darlehensverbindlichkeit ist allerdings nicht schon deshalb eine betriebliche, weil sie der Kläger in seiner Handelsbilanz als Verbindlichkeit seiner Firma ausgewiesen hat. Zwar gilt gemäß § 5 Abs.1 EStG der sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz. Dieser ist jedoch nur insoweit anzuwenden, als ihm nicht andere steuerliche Regeln vorgehen. Zu den vorgehenden anderen steuerlichen Regeln gehören die Grundsätze über die Abgrenzung des Betriebsvermögens vom Privatvermögen. Diese Grundsätze sind steuerrechtlicher Natur. Sie dienen im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der einheitlichen Abgrenzung der der Einkunftsermittlung zugrunde zu legenden Wirtschaftsgüter (vgl. auch BFH-Urteile vom 24.November 1967 VI R 71/66, BFHE 91, 37, BStBl II 1968, 177, und vom 2.Juni 1976 I R 136/74, BFHE 119, 414, 416, BStBl II 1976, 668). Entsprechend muß der betriebliche Anlaß der Entstehung einer Verbindlichkeit losgelöst von ihrem Ausweis in der Handelsbilanz beurteilt werden.
b) Die Darlehensverbindlichkeit ist auch kein gewillkürtes Betriebsvermögen. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 1.Juni 1978 IV R 109/74, BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618, m.w.Nachw.) muß die Zugehörigkeit einer Schuld zum Betriebs- oder Privatvermögen ausschließlich nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt werden. Demgemäß gibt es bei Schulden in der Regel kein gewillkürtes Betriebsvermögen. Zwar hat die Rechtsprechung von diesem Grundsatz Ausnahmen zugelassen, wenn Darlehensschulden schenkweise begründet wurden (vgl. BFHE 125, 254, BStBl II 1978, 618). Die Zulassung der Ausnahme dient jedoch nur der steuerlichen Gleichbehandlung von schenkweise zugewendeten Darlehensforderungen mit schenkweise zugewendeten Gesellschaftsanteilen. Der Streitfall kann nicht unter diese Ausnahmefälle gefaßt werden. Das vom Kläger aufgenommene Darlehen ist nicht schenkweise eingeräumt worden. Die Darlehensaufnahme ist auch wirtschaftlich nicht mit der schenkweisen Zuwendung von Gesellschaftsanteilen vergleichbar.
c) Die Darlehensverbindlichkeit ist auch nicht deshalb Betriebsschuld, weil sie durch betrieblich genutztes Grundvermögen dinglich gesichert wurde. Verbindlichkeiten zählen nur dann zum Betriebsvermögen, wenn sie mit dem Betrieb in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Dies ist der Fall, wenn sie zu dem Zweck eingegangen wurden, um dem Betrieb Mittel zuzuführen. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn die Darlehensschuld lediglich durch Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens dinglich gesichert wird. Die dingliche Sicherung bedeutet auch im wirtschaftlichen Sinne nicht, daß die Mittel, die die Darlehensschuld verkörpert, dem Betrieb zugeführt wurden.
d) Schließlich ist die Darlehensverbindlichkeit auch nicht deshalb Betriebsschuld, weil das Kapitalkonto des Klägers unmittelbar vor Darlehensaufnahme rd. 514 000 DM betrug und der Kläger zumindest in dieser Höhe Eigen- durch Fremdkapital ersetzen konnte. Zwar ist eine Ersetzung von Eigen- durch Fremdkapital handels- und steuerrechtlich grundsätzlich zulässig und möglich. Jedoch ist auch zu berücksichtigen, daß das Eigenkapital in aller Regel nicht in Form von Barmitteln im Betriebsvermögen verfügbar ist; vielmehr ist es in den Wirtschaftsgütern des Aktivvermögens angelegt. Es kann deshalb als Bargeld nur dann entnommen und durch Fremdkapital (Darlehen) ersetzt werden, wenn zuvor die mit Eigenkapital finanzierten Wirtschaftsgüter versilbert und die dadurch entstehenden Barmittel im Betriebsvermögen angesammelt wurden. Dies ist nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gemäß § 118 Abs.2 FGO gebunden ist, im Streitfall nicht geschehen. Wurden jedoch Barmittel dem Betrieb nur als Darlehen zugeführt und sogleich wieder entnommen, so findet auch wirtschaftlich gesehen keine Ersetzung von Eigen- durch Fremdkapital statt, sondern es werden Entnahmen aus Darlehensmitteln finanziert. Ein solcher Vorgang begründet keine betriebliche Veranlassung der Entstehung der Darlehensverbindlichkeit.
e) Das FG hat jedoch die Möglichkeit außer Betracht gelassen und deshalb auch keine tatsächlichen Feststellungen dahin getroffen, ob nicht das aufgenommene Darlehen von Anfang an nur zur vorübergehenden Finanzierung der Erbersatzverbindlichkeit gedacht war, im übrigen jedoch dem Betrieb die durch künftige Entnahmen fehlenden Barmittel ersetzen sollte. Dazu ist davon auszugehen, daß der Kläger als Kaufmann berechtigt war, einerseits sämtliche in seinem Betrieb z.B. als Einnahmen erzielten Barmittel zu entnehmen und andererseits alle anfallenden Betriebsausgaben und Anschaffungskosten durch Darlehen zu finanzieren. In diesem Sinne konnte er nach der Darlehensaufnahme im Januar 1973 laufend Barmittel entnehmen, sie zur Tilgung des Darlehens verwenden und in gleicher Höhe ein neues Darlehen aufnehmen, um auf diese Weise dem Betrieb die ihm vorher entzogenen Mittel wieder zuzuführen. Wirtschaftlich gesehen konnte der Kläger anstelle der Tilgung des einen und der Neuaufnahme eines anderen Darlehens auch den Verwendungszweck des ersten Darlehens verändern, um auf diese Weise seine Privatschuld durch eine Betriebsschuld zu ersetzen (vgl. BFH-Urteil vom 23.Juni 1983 IV R 192/80, BFHE 139, 50, BStBl II 1983, 725). Für die Annahme einer solchen Umschuldung kann die bilanzielle Behandlung der Darlehensverbindlichkeit durch den Steuerpflichtigen als Betriebsschuld sprechen. Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, daß ein Steuerpflichtiger im Zweifel die für ihn steuerlich günstigste Gestaltung wählen wird. Ist eine Umschuldung steuerrechtlich anzuerkennen, so ist der Sachverhalt so zu behandeln, als habe der Betriebsinhaber die ursprünglich private Darlehensverbindlichkeit mit Hilfe laufender Entnahmen getilgt und gleichzeitig ein neues betrieblich veranlaßtes Darlehen aufgenommen. Aufgrund dieser Betrachtungsweise ergibt sich für die Dauer der Umschuldung eine in ihrer Höhe ständig zunehmende Betriebsschuld. Die in dieser Zeit fällig werdenden Zinsen sind in Privat- und Betriebsausgaben aufzuteilen. Dabei sind die in BFHE 139, 50, BStBl II 1983, 725 aufgestellten Grundsätze zu beachten. Ist die Umschuldung vollständig durchgeführt, so bildet die Darlehensverbindlichkeit eine Betriebsschuld. Die nach Beendigung der Umschuldung anfallenden Zinsen sind in voller Höhe Betriebsausgaben. Für Zwecke der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens ist deshalb zu den maßgebenden Stichtagen (§ 106 Abs.2 und 3 des Bewertungsgesetzes --BewG--) festzustellen, ob die Umschuldung vollständig durchgeführt war. Bejahendenfalls ist die Darlehensverbindlichkeit in voller Höhe in die Einheitswertermittlung einzubeziehen. Verneinendenfalls ist ein dem Stand der Umschuldung entsprechender Teilbetrag zu berücksichtigen.
3. Der Auffassung des Senats stehen die BFH-Urteile vom 19.Mai 1983 IV R 138/79 (BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380) und in BFHE 139, 50, BStBl II 1983, 725, nicht entgegen. In dem Urteil in BFHE 138, 248, BStBl II 1983, 380 hat der IV.Senat des BFH entschieden, daß Zinsen für einen Kredit, den ein Miterbe beim Erwerb eines Kommanditanteils im Rahmen einer Erbauseinandersetzung im Hinblick auf die an andere Miterben zu leistenden Ausgleichszahlungen aufgenommen hat, als Sonderbetriebsausgaben abzugsfähig sind. Der erkennende Senat läßt unentschieden, ob er dieser Auffassung folgen könnte. Dem Streitfall liegt jedenfalls ein anderer Sachverhalt zugrunde. Nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs.2 FGO gebunden ist, hat der Kläger keinen Anteil an einer Personenhandelsgesellschaft im Wege der Erbauseinandersetzung erworben.
In dem Urteil in BFHE 139, 50, BStBl II 1983, 725 hat der IV.Senat für einen bilanzierenden Einzelunternehmer entschieden, dieser könne über einen Kontokorrentkredit grundsätzlich auch Entnahmen zur Deckung des üblichen Lebensbedarfs finanzieren. Der Kredit bleibe insgesamt Betriebsschuld. Die Kreditzinsen seien Betriebsausgaben. Eine Ausnahme sei für Beträge zu machen, die eindeutig für eine außergewöhnliche private Verwendung größeren Umfangs gedacht seien. Der erkennende Senat läßt auch insoweit dahinstehen, ob er der Auffassung des IV.Senats in vollem Umfang beipflichten kann. Eine Abweichung von der Entscheidung des IV.Senats ist schon deshalb nicht gegeben, weil die Finanzierung von Erbersatzansprüchen in Höhe von 250 000 DM eine private Verwendung größeren Umfangs ist.
4. Das FG wird im zweiten Rechtszug den Sachverhalt dahin aufklären müssen, ob im Streitfall die Umschuldung einer Privatschuld in eine Betriebsschuld steuerrechtlich anerkannt werden kann. Bejahendenfalls wird es den Stand der Betriebsschuld zu den maßgebenden Stichtagen und die als Betriebsausgaben abzusetzenden Zinsen ermitteln müssen.
5. Ausweislich des in dem angefochtenen Urteil wiedergegebenen Klageantrags beantragte der Kläger u.a. die Berücksichtigung von mit dem Erbersatzanspruch zusammenhängenden Zinsen, Rechtsanwalts- und Gerichtskosten als Betriebsausgaben. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht keine Feststellungen darüber getroffen, worauf die Entstehung dieser Aufwendungen zurückzuführen ist. Deshalb ist dem erkennenden Senat die Prüfung der Vorentscheidung insoweit unmöglich. Sie ist auch aus diesem Grunde aufzuheben. Das FG wird die fehlenden Feststellungen nachholen müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 60993 |
BStBl II 1985, 510 |
BFHE 143, 563 |
BFHE 1985, 563 |
BB 1985, 1772-1773 (ST) |
DB 1985, 1920-1921 (ST) |
DStR 1985, 576-577 (ST) |
DStZ, Beihefter zu Nr 1-2/1986 (S) |
HFR 1985, 456-458 (ST) |