Entscheidungsstichwort (Thema)
Jahresfrist für Antrag nach § 68 FGO bei mangelhafter Rechtsbehelfsbelehrung zum Änderungsbescheid
Leitsatz (NV)
1. Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Klageerhebung durch einen anderen Verwaltungsakt geändert oder ersetzt und weist das FA entgegen § 68 Satz 3 FGO in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht auf die in § 68 Satz 2 FGO vorgeschriebene Monatsfrist für den Antrag hin, den neuen Verwaltungsakt zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, kann der Antrag entsprechend § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO grundsätzlich innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des neuen Verwaltungsaktes gestellt werden (Anschluß von BFH-Urteil vom 24. Januar 1995 IX R 22/94, BFHE 176, 315, BStBl II 1995, 328).
2. Es genügt nicht den Anforderungen des § 68 Satz 3 FGO, wenn der dort genannte Hinweis dem Bescheid lediglich in der Rubrik "Erläuterungen", nicht aber in der Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt ist.
Normenkette
FGO § 55 Abs. 2, § 68
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) haben gegen den Einkommensteuerbescheid 1989 nebst Zinsbescheid Klage erhoben. Im Verlauf des Klageverfahrens hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) den geänderten Bescheid vom 7. April 1993 erlassen. Dieser Bescheid enthält unter der Überschrift "Erläuterungen zur Festsetzung" u. a. den folgenden Text:
"Dieser Bescheid ändert den angefochtenen Bescheid vom 07. 05. 91. Sie können innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheids beim Finanzgericht ... beantragen (§ 68 Finanzgerichtsordnung), diesen Bescheid zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens zu machen; ein Einspruch erübrigt sich dann. Wird weder Einspruch eingelegt noch der Antrag nach § 68 der Finanzgerichtsordnung gestellt, wird mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist Ihre Klage unzulässig."
Hieran schließt sich eine "Rechtsbehelfsbelehrung" an, in der auf den Rechtsbehelf des Einspruchs hingewiesen wird. Auf die verfahrensrechtliche Bedeutung des § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) weist die Rechtsbehelfsbelehrung nicht hin.
Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 15. April 1993, der am 17. Mai 1993 -- nach Ablauf der Monatsfrist des § 68 Satz 2 FGO -- beim Finanzgericht (FG) eingegangen ist, beantragt, den geänderten Bescheid 1989 vom 7. April 1993 zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
Das FG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Kläger hätten den geänderten Bescheid vom 7. April 1993 weder mit dem Einspruch angefochten noch hätten sie den Antrag nach § 68 FGO innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist gestellt. Die in § 68 Satz 3 vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung sei entgegen der Auffassung der Kläger ordnungsgemäß erteilt worden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger Verletzung des § 68 FGO.
Sie beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Gegenstand des Verfahrens ist auf Antrag der Kläger der geänderte Bescheid vom 7. April 1993. Entgegen der Auffassung des FG haben die Kläger den Antrag nach § 68 Satz 1 FGO rechtzeitig gestellt. Sie haben zwar die Monatsfrist des § 68 Satz 2 FGO nicht eingehalten. Gleichwohl war der am 17. Mai 1993 beim FG eingegangene Antrag nicht verspätet. Da die Rechtsbehelfsbelehrung vom 7. April 1993 nicht den nach § 68 Satz 3 FGO vorgeschriebenen Hinweis enthielt, konnte dieser Bescheid entsprechend § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO noch innerhalb eines Jahres zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 24. Januar 1995 IX R 22/94, BFHE 176, 315, BStBl II 1995, 328). Der Hinweis auf die Möglichkeit, den geänderten Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, war lediglich in der Rubrik "Erläuterungen", nicht aber in der Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Der XI. Senat des BFH hat durch Urteil vom 26. Oktober 1995 XI R 26/94 (BFH/NV 1996, 444) entschieden, daß dies den Anforderungen des § 68 Satz 3 FGO nicht genügt. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an.
Fundstellen
Haufe-Index 421441 |
BFH/NV 1996, 900 |