Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbringung eines Einzelunternehmens in eine OHG; zurückbehaltenes Grundstück als Sonderbetriebsvermögen
Leitsatz (amtlich)
Bringt der Gesellschafter einer OHG sein Einzelunternehmen in die Gesellschaft ein und behält er dabei ein Mietwohngrundstück zurück, das zum Betriebsvermögen des Einzelunternehmens gehörte, so kann er das Grundstück zumindest dann als Sonderbetriebsvermögen behandeln, wenn es mit Grundpfandrechten zur Sicherung von Krediten der OHG belastet ist. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn er eine Wohnung des Gebäudes an einen Angehörigen und Mitgesellschafter der OHG zu marktüblichen Bedingungen vermietet.
Orientierungssatz
Das Grundstück des Gesellschafters einer Personengesellschaft kann im ganzen als Sonderbetriebsvermögen geführt werden, wenn die teilweise Nutzung des Gebäudes für eigene Wohnzwecke des Gesellschafters weniger als die Hälfte des Grundstücks umfaßt (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte zu 2 (Kläger) betrieb ein Einzelunternehmen. Zum Betriebsvermögen gehörte ein Wohngrundstück, das vier Wohnungen enthielt. Eine der Wohnungen wurde vom Kläger genutzt; das Grundstück diente danach zu 53 v.H. fremden und zu 47 v.H. eigenen Wohnzwecken. Zum 1.Januar 1981 brachte der Kläger sein Unternehmen in eine OHG, die Klägerin und Revisionsbeklagte zu 1 (Klägerin), ein, behielt das Grundstück jedoch als Sonderbetriebsvermögen zurück. Gesellschafter der OHG waren neben dem Kläger seine Ehefrau und sein Sohn. Beginnend mit dem 1.Juli 1981 vermietete der Kläger eine Wohnung an seinen Sohn. Nach einer Betriebsprüfung nahm der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) an, daß das Grundstück nunmehr zu 76,3 v.H. notwendiges Privatvermögen und in diesem Umfang entnommen sei; er ließ diesen Grundstücksteil auch bei der Gewinnermittlung 1982 außer Betracht und änderte die Gewinnfeststellungen 1981 und 1982 sowie den Gewerbesteuermeßbescheid 1981 entsprechend.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, daß die an den Sohn des Klägers vermietete Wohnung nicht notwendiges Privatvermögen geworden sei und daß deshalb das Grundstück im ganzen weiterhin als Sonderbetriebsvermögen behandelt werden könne.
Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet; zu Recht hat das FG entschieden, daß das fragliche Grundstück nach wie vor Sonderbetriebsvermögen des Klägers ist.
1. Nach ständiger Rechtsprechung können Wirtschaftsgüter, die weder notwendiges Betriebsvermögen noch notwendiges Privatvermögen darstellen (nichtnotwendiges Privatvermögen), als sog. gewillkürtes Betriebsvermögen in der Gewinnermittlung nach den §§ 4 Abs.1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berücksichtigt werden, wenn sie objektiv geeignet und vom Betriebsinhaber erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern. Das gilt auch hinsichtlich des sog. Sonderbetriebsvermögens, das ein Mitunternehmer im Interesse des gemeinsamen Unternehmens oder aber seiner Beteiligung an diesem unterhält. Auch insoweit kommt die Bildung von gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen in Betracht, sofern Wirtschaftsgüter objektiv geeignet sind, dem Betrieb der Personengesellschaft oder der Beteiligung des Gesellschafters zu dienen und er sie für diesen Zweck bestimmt und dies auch buchmäßig deutlich gemacht hat (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19.März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731; vom 6.Mai 1986 VIII R 160/85, BFHE 147, 313, BStBl II 1986, 838; vom 20.Juni 1985 IV R 36/83, BFHE 144, 230, BStBl II 1985, 654).
Fremdvermietete Grundstücke sind nichtnotwendiges Privatvermögen; sie können daher in einem Einzelunternehmen zu gewillkürtem Betriebsvermögen gemacht werden; sie stellen wie Wertpapiere Vermögenswerte dar, die als Vermögensanlage der finanziellen Absicherung des Betriebes dienen und seine Ertragsfähigkeit steigern können. Dies gilt nicht in gleichem Maße für Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters. Doch kann ein derartiges Grundstück, das in der Hand eines Einzelunternehmers gewillkürtes Betriebsvermögen war, von ihm als Sonderbetriebsvermögen fortgeführt werden, nachdem er sein Unternehmen, wie vorliegend, in eine Personengesellschaft eingebracht hat (BFH-Urteil vom 11.Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40); er setzt in diesem Falle sein Engagement in anderer Form fort. Im Streitfall war das Grundstück zudem für Verbindlichkeiten der Personengesellschaft belastet. Dies macht das verhaftete Grundstück zwar nicht notwendig zum Betriebsvermögen; doch wird dadurch eine Beziehung zum Betrieb geschaffen, die die Behandlung als gewillkürtes Betriebsvermögen und als Sonderbetriebsvermögen rechtfertigt (vgl. BFH-Urteile vom 10.Dezember 1964 IV 167/64 U, BFHE 82, 356, BStBl III 1965, 377; vom 4.April 1973 I R 159/71, BFHE 109, 337, BStBl II 1973, 628). Die unverändert betriebliche Widmung des Grundstücks ist im Streitfall äußerlich dadurch kenntlich geworden, daß es in der Bilanz der Gesellschaft aktiviert wurde.
Der Einordnung des Grundstücks als Sonderbetriebsvermögen stand auch nicht entgegen, daß das Gebäude teilweise für eigene Wohnzwecke des Klägers genutzt wurde; da die Privatnutzung weniger als die Hälfte des Grundstücks umfaßte, konnte das Grundstück im ganzen als Betriebsvermögen geführt werden (BFH-Urteile vom 2.Oktober 1980 IV R 42/79, BFHE 131, 497, BStBl II 1981, 63; vom 21.Juli 1982 I R 97/78, BFHE 136, 393, BStBl II 1983, 288).
2. An diesem Rechtszustand hat sich auch dadurch nichts geändert, daß der Kläger eine Wohnung des Hauses an seinen Sohn vermietete, der neben ihm Mitgesellschafter der OHG war. Er hat dadurch die private Nutzung des Hauses nicht erweitert, so daß es weiterhin Sonderbetriebsvermögen sein konnte.
Die Vermietung eines Grundstücks bedingt auch den Wechsel von Mietern. Daß es sich bei dem neuen Mieter um einen Angehörigen des Klägers handelte, ändert nichts daran, daß der Kläger das Gebäude weiterhin durch Fremdvermietung, nicht aber für eigene Wohnzwecke und auch nicht als Wohnung für seinen Sohn nutzte; vielmehr benutzte dieser die gemietete Wohnung für seine eigenen Wohnbedürfnisse. Den Feststellungen des FG läßt sich entnehmen, daß zwischen dem Kläger und seinem Sohn ein dem Üblichen entsprechendes Mietverhältnis bestand; die Folgen einer derartigen Vermietung sind nicht anders zu beurteilen, als die Vermietung an einen Dritten.
Der BFH hat die auf Dauer angelegte Überlassung eines Betriebsgrundstücks an einen Angehörigen im Erbbaurecht selbst dann nicht als Entnahme betrachtet, wenn der Angehörige in Ausübung seines Rechts ein Gebäude für seine privaten Wohnzwecke errichtete; die fortbestehende Bindung zum Betrieb ist in der Sicherung durch den Vermögenswert und in der Stützung durch den Nutzungsertrag in Gestalt der Erbbauzinsen gesehen worden (vgl. BFH-Urteile vom 26.Februar 1970 I R 42/68, BFHE 98, 468, BStBl II 1970, 419; vom 26.November 1987 IV R 171/85, BFHE 152, 95, BStBl II 1988, 490). In Fällen der Vermietung eines vormals betrieblich genutzten Grundstücks hat die Rechtsprechung den Fortbestand der Eigenschaft als Betriebsvermögen allerdings davon abhängig gemacht, daß die spätere Verwendung des Grundstücks zu betrieblichen Zwecken nicht ausgeschlossen erscheint (BFH-Urteile vom 1.Oktober 1986 I R 96/83, BFHE 148, 32, BStBl II 1987, 113; vom 7.Dezember 1989 IV R 1/88, BFHE 159, 177, BStBl II 1990, 317). Dies kann jedoch nicht für ein Grundstück gelten, das als Mietwohngrundstück auf Dauer zur Vermietung bestimmt war und als solches zu gewillkürtem Betriebsvermögen gemacht worden ist. In einem solchen Fall kann in der Überlassung einer Wohnung an einen Angehörigen zu üblichen Bedingungen keine Teilentnahme des Grundstücks gesehen werden. Der VIII.Senat des BFH hat anders entschieden in einem Fall, in dem ein Gewerbebetrieb an den Sohn verpachtet war und dieser auf einem Betriebsgrundstück ein Einfamilienhaus für eigene Wohnzwecke errichtete (BFH-Urteil vom 18.November 1986 VIII R 301/81, BFHE 148, 466, BStBl II 1987, 261). Auch dies ist mit dem Streitfall nicht vergleichbar, in dem es um die Vermietung in einem bereits vorhandenen betrieblichen Mietwohnhaus geht.
Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht deswegen geboten, weil es sich bei dem Mieter um einen Mitgesellschafter handelte. Der BFH hat zwar entschieden, daß die Errichtung eines Einfamilienhauses durch eine Personengesellschaft zu Zwecken einer privaten Nutzung durch ihre Gesellschafter zur Entnahme des Grundstücks und zu gemeinschaftlichem Privatvermögen führt (BFH-Urteil vom 30.Juni 1987 VIII R 353/82, BFHE 151, 360, BStBl II 1988, 418). Dieser Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, daß die Personengesellschaft für die Grundstücksüberlassung kein Entgelt verlangte (vgl. dazu auch Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, §§ 4-5 Rz.104 g). Im Streitfall liegen die Verhältnisse anders. Die Vermietung an den Mitgesellschafter hat keine anderen Folgen als die Vermietung an einen nicht beteiligten Dritten.
Fundstellen
Haufe-Index 63404 |
BFH/NV 1991, 6 |
BStBl II 1991, 216 |
BFHE 162, 219 |
BFHE 1991, 219 |
BB 1991, 460 |
BB 1991, 460-461 (LT) |
DB 1991, 209-210 (LT) |
DStR 1991, 27 (KT) |
HFR 1991, 141 (LT) |
StE 1991, 2 (K) |