Leitsatz (amtlich)
1. Wirkt der ausländische Unternehmer, der die Verwertung seiner Patentrechte durch einen inländischen Lizenznehmer im Inland duldet, an dieser Verwertung durch Beratung und Planung mit, so ist diese im Ausland vorgenommene Tätigkeit eine unselbständige Nebenleistung. Die Lizenzgebühren sind in solchen Fällen ungeteilt zur Berechnung der Umsatzsteuer heranzuziehen.
2. Eine durch Dulden oder Unterlassen erbrachte einheitliche Leistung ist auch dann als inländischer Umsatz zu beurteilen, wenn sich das Verhalten des Unternehmers nur zum wesentlichen Teil im Inland ausgewirkt hat. (Ergänzung des Urteils V 7/63 vom 10. März 1966, BFH 85, 257, BStBl III 1966, 302).
Normenkette
UStG 1951 § 1 Nr. 1; UStDB 1951 § 7 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger (Steuerpflichtige), der nach den Feststellungen des FG für Vorrichtungen zu bestimmten Zwecken aus Patenten und Anmeldungen im Patentverfahren in- und ausländische Schutzrechte genießt, erteilte in Lizenzverträgen aus den Jahren 1953 und 1955 einem inländischen Unternehmer (Lizenznehmer) die Erlaubnis zur Herstellung im inländischen Betrieb und zum Vertrieb solcher Vorrichtungen im In- und Ausland. In den Verträgen ist ein eingehender gegenseitiger Erfahrungsaustausch vorgesehen; insbesondere hat der Steuerpflichtige "seine weiteren Entwicklungen zur Verbesserung der lizenzierten Geräte dem Lizenznehmer mitzuteilen und im Rahmen dieses Vertrages zur Auswertung unter den gleichen Lizenzbedingungen anzubieten". Die regelmäßige Lizenzgebühr beträgt 10 v. H. des "Nettorechnungswerts" (= Listenpreis, ggf. abzüglich Rabatten, Frachten und Verpackung), bei Lieferung einer Vorrichtung ins Ausland hat der Lizenznehmer weitere 10 v. H. des Rechnungswerts frei Herstellungsort an den Steuerpflichtigen abzuführen.
Nach einer beim Lizenznehmer im Jahre 1961 durchgeführten Betriebsprüfung veranlagte der Beklagte (FA) den Steuerpflichtigen durch Bescheide vom 6. August 1962 für die Jahre 1954 bis 1960 aus den jährlich vom Lizenznehmer abgeführten Beträgen zur Umsatzsteuer. Nach erfolglosem Einspruch focht der Steuerpflichtige diese Verwaltungsakte mit der Berufung (jetzt Klage) an.
Das FG hat die Einspruchsentscheidung aufgehoben und die Bescheide geändert. Für die Jahre 1954 und 1955 hat es die Steuer mit der Begründung auf 0 DM festgesetzt, daß Verjährung eingetreten sei. Insoweit wurde das Urteil nicht angefochten. Für die Jahre 1956 bis 1960, für die sich der gesamte Betrag der vom FA festgesetzten Steuern auf 20 906,15 DM belief, hat das FG den Gesamtbetrag auf 9 332,80 DM ermäßigt und zur Begründung im wesentlichen folgendes ausgeführt:
Der Lizenznehmer habe einen großen Teil der Vorrichtungen, die er allerdings im Inland unter Duldung des Steuerpflichtigen hergestellt habe, in ausländische Schutzgebiete verkauft. Die Lizenzgebühren, die der Steuerpflichtige für diese Geräte erhalten habe, müßten gemäß § 1 Nr. 1 UStG 1951 aus den Berechnungsgrundlagen für die Steuer ausgeschieden werden. Denn mit diesen Entgelten habe der Lizenznehmer den Steuerpflichtigen hauptsächlich dafür entschädigt, daß dieser die Lieferung im Ausland und den Gebrauch der Geräte durch den ausländischen Abnehmer im Ausland zu dulden gewillt gewesen sei und damit ihm, dem Lizenznehmer, den Absatz ermöglicht habe. Nach § 7 Abs. 2 UStDB 1951 könne dabei unberücksichtigt bleiben, daß der Steuerpflichtige mit der Duldung der Herstellung eine Inlandsleistung erbracht habe. Denn das Dulden der Herstellung und des Vertriebs im ausländischen Schutzgebiet sei bei jeder Vorrichtung eine einheitliche Leistung. Dabei liege der Schwerpunkt auf dem Dulden des Vertriebs, da erst diese Tätigkeit dem Steuerpflichtigen den wirtschaftlichen Erfolg einbringe. Insoweit dulde er bei Auslandslieferungen aber im Ausland. Im übrigen sei eine Aufteilung einer einheitlichen "sonstigen Leistung" in In- und Auslandsleistung nur bei den wenigen in Abs. 3 aufgezählten Leistungsarten zulässig. Dazu zähle nicht die patentrechtliche Lizenzgewährung. Die Umsatzsteuer sei deshalb nur aus den Lizenzgebühren für den Inlandsvertrieb zu berechnen. Dabei seien die vom Steuerpflichtigen dem FG angegebenen Entgelte zugrunde zu legen.
Dem Begehren, auch noch die Hälfte der Lizenzgebühren für Inlandsumsätze aus der Berechnung auszuscheiden, sei der Erfolg zu versagen. Nach dem Inhalt des Lizenzvertrags 1955 sei hauptsächlich die Duldung der Patentverwertung der Zahlungsgrund für die Lizenzgebühr. Die Unterrichtungspflicht über Weiterentwicklungen, die der Steuerpflichtige vertraglich auf sich genommen habe und die möglicherweise als Tätigkeit im Ausland zu beurteilen wäre, sei entgegen der in der Klage vorgetragenen Meinung keine selbständige Verpflichtung mit eigener wirtschaftlicher Bedeutung. Sie sei nach dem Vertragsganzen eine Nebenpflicht, zumal hierfür kein besonderes Entgelt vereinbart worden sei, auch der Lizenznehmer Erfahrungen mitzuteilen habe sowie insbesondere der Steuerpflichtige mit seinen Beratungen der Erhaltung des Marktwertes seiner Erfindung und damit auch seinen eigenen Interessen diene.
Gegen diese Entscheidung hat der Steuerpflichtige Rechtsbeschwerde, das FA Anschlußbeschwerde eingelegt.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die beiden Rechtsmittel, die seit dem Inkrafttreten der FGO am 1. Januar 1966 als Revisionen (Urteil des BFH II 159/65 vom 29. Oktober 1968, BFH 94, 148) zu behandeln sind, sind nicht begründet.
1. Die Revision des Steuerpflichtigen hat zum Ziel, die vom FG festgesetzte Umsatzsteuerschuld um die Hälfte zu vermindern. Der Steuerpflichtige weist darauf hin, schon im Einspruchsverfahren sowie vor dem FG geltend gemacht zu haben, daß die Unterrichtungspflicht über Fortentwicklungen der patentrechtlich geschützten Erfindungen und Verfahren sowie die ständige Beratung bei Neukonstruktionen selbständig neben der Duldungspflicht vereinbart worden sei, und er die dementsprechende aktive Mitwirkung bei Herstellung und Vertrieb an seinem ausländischen Wohnsitz (Unterrichtung und Beratung) und in anderen fremden Ländern (Werbungsreisen) ausgeübt habe. Er führt dazu sinngemäß aus: Das FG habe schon aus der Vertragsauslegung erkennen müssen, daß ein gesellschaftsähnliches Verhältnis mit dem Lizenznehmer bestanden habe. Diesem neben der Lizenzvergabe bestehenden selbständigen Rechtsverhältnis sei seine Mitwirkungspflicht entsprungen. Er habe auch in allen Einzelheiten dargestellt, wie umfangreich, aufwendig und speziell seine Zusammenarbeit mit dem Lizenznehmer gewesen sei. Mit diesen Behauptungen sei schlüssig dargetan gewesen, daß die sogenannte Lizenzgebühr etwa zur Hälfte als Entgelt für eine selbständige Unterrichtungs- und Beratungstätigkeit im Ausland hätte beurteilt werden müssen.
Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revision ist auf die Frage beschränkt, ob die Entscheidung, soweit sie den Steuerpflichtigen beschwert, "auf Nichtanwendung oder unrichtiger Anwendung des bestehenden Rechts" beruht (§ 288 Nr. 1 AO a. F.). Ein Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten, der nach der erwähnten Bestimmung ebenfalls von Amts wegen zu beachten wäre, ist weder ersichtlich noch vom Steuerpflichtigen dargelegt. Eine zunächst geltend gemachte Verfahrensrüge hat der Steuerpflichtige in der mündlichen Verhandlung fallenlassen. Die Beschränkung auf materiell-rechtliche Fragen hindert den Senat jedoch nicht an der für die Revision entscheidenden Prüfung, ob das FG den Inhalt der Verträge zutreffend ausgelegt hat.
Die sachlich-rechtlichen Darlegungen der Revision gehen davon aus, das angefochtene Urteil beruhe auf dem Rechtsirrtum, ausschließlich der Wortlaut der schriftlichen Lizenzverträge, nicht aber deren tatsächliche Handhabung, sei für die Beurteilung eines Rechtsverhältnisses ausschlaggebend, das den Charakter der Umsätze (hier als Inlands- oder Auslandsleistung) bedinge. Ein solcher Rechtsirrtum - der allerdings der Revision zum Erfolg verhelfen könnte - liegt aber der angefochtenen Entscheidung nicht zugrunde und wird auch vom Steuerpflichtigen nicht näher dargetan. Da die Lizenzverträge eingehende Bestimmungen über das Zusammenwirken der Vertragsparteien enthalten und die vom Steuerpflichtigen behaupteten Tätigkeiten diesen Vertragsbestimmungen entsprechen, hatte das FG keinen Anlaß, den vom Steuerpflichtigen für verletzt erachteten Rechtsgrundsatz überhaupt aufzuwerfen. Das Urteil kann somit auf der behaupteten Rechtsverletzung nicht beruhen.
Allerdings hat das FG die Mitwirkungsleistung des Steuerpflichtigen, deren Ausübung im übrigen vom Beklagten nicht bestritten worden war und vom FG als gegeben unterstellt wurde, als eine dem Schicksal der Hauptleistung unterworfene Nebenleistung ohne selbständige Bedeutung beurteilt und sich dabei auf den Vertragsinhalt gestützt. Die Heranziehung des Vertrags zur Beurteilung der Bedeutung dieser Tätigkeiten im Rahmen der gesamten Vertragserfüllung kann rechtlich nicht beanstandet werden, zumal der Steuerpflichtige weitere vertragliche Abmachungen, als die vom FG herangezogenen, selbst nicht behauptet hat. Nach den Lizenzverträgen, deren Inhalt unstreitig ist und deren Willenserklärungen gemäß § 155 FGO, § 561 ZPO der Beurteilung des Senats unterliegen (vgl. Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, § 550 Anm. 2 B), begegnet die erwähnte Auffassung des FG keinen Bedenken. Der Senat hat zwar im Urteil V 209/53 U vom 11. März 1954 (BFH 58, 653, BStBl III 1954, 152) die entgeltliche Beratung und Unterrichtung der inländischen Tochtergesellschaft durch einen ausländischen Steuerpflichtigen von dessen Wohnsitz aus als eine selbständige, im Ausland erbrachte und daher nicht steuerbare "sonstige Leistung" beurteilt. In diesem Falle war aber die Mitwirkung des Steuerpflichtigen nicht mit der Überlassung von Patentrechten, sondern mit der Zurverfügungstellung einer ausländischen Verkaufsorganisation gekoppelt. Dagegen hat der Senat in seinem Urteil V 253/59 vom 15. März 1962 (HFR 1962, 288) "auch weitgehende Verpflichtungen des Erfinders zur Mitwirkung und ein gemeinsames Zusammenwirken von Lizenzgeber und Lizenznehmer", das dem Vertragsverhältnis "einen gesellschaftsähnlichen Einschlag" verliehen hatte, die Mitwirkungsleistung als unselbständige Nebenleistung aufgefaßt, die bei umsatzsteuerrechtlicher Behandlung der Hauptleistung (Duldung der Patentverwertung) folgt. Dafür war maßgebend, daß bei einem derartigen Leistungsaustausch in der Regel der patentrechtlichen Duldung die überragende wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Die vertraglichen Regelungen des zur Entscheidung stehenden Falles geben keinen Anlaß, von diesen Grundsätzen abzuweichen. Die Lizenzverträge lassen, wie auch das FG hervorgehoben hat, nirgends einen Parteiwillen erkennen, der Mitwirkung des Steuerpflichtigen den Charakter einer eigenständigen entgeltlichen Leistung zu verleihen. Die Mitwirkungsleistung ist vielmehr so eng mit der patentrechtlichen Leistung verknüpft, daß sie bei der Herstellung eines jeden Geräts in Anspruch genommen werden muß, dessen Eigenart vom Steuerpflichtigen, sei es auch nur in Einzelheiten, noch nicht geprüft und noch nicht schriftlich genehmigt wurde (§ 3 des Hauptvertrags 1955). Es bedarf keiner näheren Begründung, daß einer solchen Mitwirkungsleistung - mag sie auch sehr umfangreich gewesen sein - nur eine der patentrechtlichen Leistung dienende, also sekundäre Funktion zukommt. Denn die Gesamtkonzeption der Lizenzverträge stellt darauf ab, dem Lizenznehmer die entgeltliche Auswertung der patentrechtlich geschützten Konstruktionen und Verfahren zu gestatten. Der Vertrag geht auch davon aus, daß der Lizenznehmer "Typen" herstellt (§ 3) und nach "Listenpreisen" verkauft (§ 9), also die Lizenz in mengenmäßig überwiegendem Umfang für Apparate nutzt, bei denen die Mitwirkung des Steuerpflichtigen im Einzelfall nicht in Anspruch genommen werden muß. Zutreffend weist das FG schließlich darauf hin, daß der Steuerpflichtige durch die Mitwirkung eigene wirtschaftliche Interessen, nämlich die Sicherung des Marktwerts seiner Erfindung verfolgt und daß sie eine Abgeltung in der Verpflichtung des Lizenznehmers zum Erfahrungsaustausch (§ 13) gefunden habe.
Die Revision des Steuerpflichtigen kann deshalb keinen Erfolg haben.
2. Die Revision des FA geht in sachlich-rechtlicher Hinsicht von der Auffassung aus, die Leistung des patentrechtlichen Duldens zerfalle jeweils in zwei selbständige Tätigkeiten, von denen sich die eine auf das Herstellen des lizenzierten Geräts und die andere auf das Inverkehrbringen desselben beziehe. Das FA stützt sich dabei auf § 6 des Patentgesetzes, der vier besondere Benutzungsarten des Patents aufzählt: das Herstellen, das Inverkehrbringen, das Feilhalten und das Gebrauchen. Deshalb sei - so folgert das FA weiter - bei Lieferung einer lizenzierten, vom Lizenznehmer hergestellten Vorrichtung in das Ausland immerhin die Hälfte der Lizenzgebühr als Berechnungsgrundlage für die Umsatzsteuer heranzuziehen. Denn das Dulden der Herstellung finde im Inland statt und sei seinem wirtschaftlichen Wert nach dem Dulden des Inverkehrbringens im Ausland gleichzuachten. Die Aufteilung des Entgelts auf eine steuerbare Inlands- und eine steuerbare Auslandsleistung sei um so mehr gerechtfertigt, als auch die maßgeblichen Lizenzverträge diese Aufteilung vorgenommen hätten. Danach schulde der Lizenznehmer 10 v. H. des um gewisse Unkosten verminderten "Listenpreises" schon für jede "hergestellte (gebaute)" Vorrichtung (§ 9 Hauptlizenzvertrag) und im Falle des Exports weitere 10 v. H. des Verkaufspreises (§ 6 Exportlizenzvertrag). Die Revision des FA zielt deshalb auf eine Entscheidung ab, in der die Umsatzsteuer für die Jahre 1956 bis 1960 in Abweichung vom angefochtenen Urteil nicht nur aus den für Inlandsumsätze, sondern auch aus der Hälfte der für Auslandslieferungen gezahlten Lizenzgebühren berechnet wird.
Die Revision des FA ist ebenfalls nicht begründet.
Zunächst ist der Meinung des FA entgegenzutreten, daß die Entgeltaufteilung schon nach den Verträgen geboten sei. Es ist zwar richtig, daß § 9 Hauptlizenzvertrag seinem Wortlaut nach an die Herstellung der Vorrichtungen anknüpft. Da dem Lizenznehmer im Vertrag die patentrechtliche Duldung des Steuerpflichtigen durchweg für das Herstellen (Bauen) und Verkaufen im Inland zugesagt wird (vgl. z. B. § 1 Abs. 1, Abs. 4, § 3 Abs. 2, Abs. 3 Hauptlizenzvertrag), muß es Vertragswille gewesein sein, mit der Lizenzgebühr nach § 9 auch die über das Herstellen hinausgehende Nutzung des inländischen Patentschutzes durch den Lizenznehmer und dessen Abnehmer abzugelten, wenn der Lizenznehmer die von ihm hergestellten Vorrichtungen im Inland verkauft. Nach dem Hauptlizenzvertrag war also die Lizenzgebühr für den Regelfall (Herstellung und Verkauf) ein einheitliches Entgelt, das der einheitlich zugesicherten und erbrachten Gesamtleistung des Steuerpflichtigen, nämlich dem patentrechtlichen Dulden im Rahmen der gesamten, sich auf jede Vorrichtung beziehenden Gewerbeausübung des Lizenznehmers, entsprach. Im Exportlizenzvertrag hat der Steuerpflichtige dem Lizenznehmer die hinsichtlich einer jeden Vorrichtung bestehenden Schutzrechte - vermehrt um die durch Auslandspatente gewährten Rechte - ebenfalls einheitlich und vollständig übertragen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Verweisung des § 7 auf die §§ 1 und 3 Hauptlizenzvertrag. Wenn nun in § 6 Exportlizenzvertrag vereinbart ist, daß der Lizenznehmer für jedes exportierte Gerät neben der "Baulizenzgebühr", die "laut § 9 des Hauptlizenzvertrages" zu entrichten ist, weitere 10 v. H. des Fakturawerts eines Geräts als "Auslandslizenzgebühr" an den Steuerpflichtigen abzuführen habe, so deutet auch in dieser Bestimmung nichts auf den vom FA behaupteten Parteiwillen hin, je für die Herstellung und für den Verkauf von Geräten ein getrenntes Entgelt zu vereinbaren. Die Vertragsparteien haben hier lediglich ein zusätzliches Entgelt des Erfinders für den Fall des Exports der lizenzierten Geräte verabredet.
Der Gebrauch des Wortes "Baulizenzgebühr" im Exportvertrag ist im Gegensatz zur Meinung des FA kein Anhaltspunkt für einen Vertragswillen zur Aufteilung. Mit diesem erst im Exportlizenzvertrag eingeführten Begriff sollte lediglich terminologisch die Unterscheidung der Regelgebühr von der Zusatzgebühr erleichtert werden. Denn es ist nicht einzusehen, aus welchen wirtschaftlichen und geschäftlichen Gründen die Parteien bei Auslandsaufträgen eine Aufteilung der vom FA behaupteten Art gewollt haben sollten, wenn sie für Inlandsaufträge eindeutig einheitliche Lizenzgebühren vereinbart haben, zumal der Lizenznehmer grundsätzlich jedes gebaute Gerät sowohl im Inland wie im Ausland verkaufen konnte. Der Senat ist deshalb der Auffassung, daß sich aus dem Vertragsinhalt eine Aufteilung der Lizenzgebühren nach Duldung der Herstellung und Duldung des Vertriebs nicht rechtfertigen läßt.
Auch das Patentgesetz gibt keinen Anhaltspunkt für getrennte Leistungen des Steuerpflichtigen. § 6 umschreibt zwar den Inhalt des Patentrechts, indem er die Möglichkeiten der gewerblichen Auswertung eines Patents aufzählt. Aber ebenso wie das Patent einheitlich und nicht für jede einzelne Benutzungsart gesondert erteilt wird, so bleibt auch bei einer ganzen oder teilweisen Veräußerung des Schutzrechts der Gegenstand der Übertragung einheitlich. Aus der Tatsache, daß sich die verschiedenen Benutzungsarten gesondert verwerten lassen, folgt nicht, daß sie nur gesondert verwertet werden können. Vielmehr entspricht es der natürlichen Betrachtungsweise, von einem einheitlichen Rechtsübergang und einer einheitlichen Leistung des Erfinders auszugehen, wenn dieser einem und demselben Lizenznehmer in einem einheitlichen Vertrag mehrere oder alle Benutzungsarten seiner geschützten Erfindung überläßt.
Dies macht insbesondere der vorliegende Fall deutlich, in dem der Lizenznehmer seine mit dem Lizenzvertrag verbundenen geschäftlichen Ziele nur aus der Innehabung des vollen Patentrechts verwirklichen konnte, so daß die Stufen dieses Rechts, nämlich die Ansprüche auf Dulden des Herstellens, des In-Verkehr-Bringens, des Feilhaltens und des Gebrauchens als Einzelleistungen für ihn ohne wirtschaftlichen Wert waren. Eine Aufteilung des Entgelts für das Vollrecht nach diesen Stufen liefe also auf theoretische und rechnerische Beträge hinaus. Das Umsatzsteuerrecht ist aber auf reale wirtschaftliche Vorgänge hin orientiert. Es kann deshalb nur der Ort als Leistungsort in Betracht kommen, an dem die Haupt- und (im vorliegenden Falle auch) Endphase des Duldens stattgefunden hat und das Vertragsziel verwirklicht wurde, also entsprechend den Ausführungen des FG der Ort, wo der duldende Unternehmer zum wesentlichen Teil "tätig" geworden ist. Soweit hier die Geräte ins Ausland gelangt sind, liegt dieser Ort im Ausland.
Das Urteil des Senats V 7/63 vom 10. März 1966 (BFH 85, 257, BStBl III 1966, 302), auf das sich das FA in der mündlichen Verhandlung berufen hat, steht dieser Auffassung nur scheinbar entgegen. In diesem Vergleichsfall hatte der Senat die Frage der Auslandsleistungen eines Künstlers bei Übertragung der Nutzungsrechte an Werken der Tonkunst auf die Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte (GEMA) zu entscheiden. Er hat es dabei allerdings "für angebracht" gehalten, die Leistung des Künstlers (Duldung) aufzuteilen, wenn sie teils auf das Inland, teils auf das Ausland entfällt. Zur Begründung ist darauf hingewiesen, daß § 7 Abs. 2 UStDB nur den Fall der positiven (aktiven) Leistung, nicht dagegen für den der negativen (passiven) Leistung des Duldens die Aufteilung ausschließe und nur für jene den Ort als maßgeblich bestimme, an dem der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig geworden sei.
Die Frage des einheitlichen Duldens war aber in dieser Entscheidung - anders als im vorliegenden Fall - nicht unter dem Blickwinkel zu prüfen, an welchen Orten die einzelnen Stufen des übertragenen Urheberrechts verwirklicht wurden. Eine solche Prüfung hätte beispielsweise geboten sein können, wenn durch eine ausländische Rundfunkanstalt eine Opernaufführung im Inland auf einen Bild- und Tonträger aufgenommen (Vervielfältigungsrecht - § 16 des Urhebergesetzes [UrhG] -) sowie im Ausland gesendet (Senderecht - § 20 UrhG -) worden wäre und wenn die Steuerbarkeit des gesamten wirtschaftlich verknüpften Duldungsvorgangs beim Inhaber des Urheberrechts strittig gewesen wäre. Vielmehr stand im Vergleichsfall nur die Einheitlichkeit des Duldens im Hinblick auf die Summe der wirtschaftlich abgeschlossenen Einzelvorgänge in Frage. Im Vergleichsfall ist der Senat nämlich stillschweigend davon ausgegangen, daß aus der einheitlichen Übertragung des Urheberrechts auch die Einheit der umsatzsteuerlichen Leistung des Künstlers (Duldung der Verwertung) folge, daß also das Dulden während der gesamten Vertragszeit als eine Einheit zu begreifen sei. Nur von diesem Betrachtungsstandpunkt aus hat es der Senat aus den näher dargelegten Besonderheiten im Wortlaut des § 7 Abs. 2 UStDB "für angebracht" erachtet, die Aufteilung des Entgelts nach wirtschaftlich abgeschlossenen Einzelvorgängen durchzuführen. Die erneute Überprüfung dieser Verhältnisse läßt aber Zweifel darüber aufkommen, ob im Vergleichsfalle die Anwendung des § 7 Abs. 2 UStDB überhaupt geboten war und ob nicht zutreffender jeder Einzelfall, in dem das wirtschaftliche Ziel der Lizenzgewährung in allen zu dessen Herbeiführung erforderlichen Stufen des Urheberrechts verwirklicht worden war, als gesonderter durch Duldung dieses Einzelfalles zustande gekommener Umsatz zu beurteilen gewesen wäre.
Die Anwendung des § 7 Abs. 2 UStDB unter dem Betrachtungsstandpunkt des Vergleichsurteils kommt nach Auffassung des Senats für das patentrechtliche Dulden im vorliegenden Fall nicht in Betracht, zumal hier die Vertragsparteien selbst das Entgelt (Lizenzgebühr) nach der Zahl der einzelnen hergestellten und verkauften Geräte berechnet haben.
Im übrigen muß der Senat im Hinblick auf den Wortlaut des zitierten Urteils V 7/63 vom 10. März 1966 (a. a. O.) klarstellen, daß er es aus den bereits oben dargelegten Gründen nicht für zulässig erachtet, das Entgelt für eine im wirtschaftlichen Sinne notwendig einheitliche Leistung passiver Art nach § 7 Abs. 2 UStDB aufzuteilen, wenn sich das Dulden oder Unterlassen teils im Inland, teils im Ausland vollzieht. Wie die aktive Leistung (das Tätigwerden) wird also auch das Unterlassen oder Dulden im Rahmen einer einheitlichen sonstigen Leistung im Inland ausgeführt, wenn es der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil im Inland bewirkt.
Das FG hat deshalb die Lizenzgebühren, die der Steuerpflichtige für exportierte Geräte erhalten hat, mit Recht in vollem Umfang aus den Berechnungsgrundlagen der Umsatzsteuer ausgeschieden. Die Revision des FA kann deshalb keinen Erfolg haben.
An diesem Ergebnis ändert auch die Verfahrensrüge des FA nichts. Die Rüge ist zwar gemäß § 184 Abs. 2 Nr. 2 FGO, § 293 AO a. F. in zulässiger Weise geltend gemacht worden, doch ist sie nicht begründet, da das Urteil des FG - soweit davon das FA beschwert wurde - hierauf nicht beruht.
Das FA beanstandet nämlich, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt sowie gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen. Es führt dazu aus: Das FG sei bei Berechnung der Lizenzgebühren, die der Lizenznehmer im Zusammenhang mit Exportaufträgen in den Jahren 1956 bis 1960 an den Steuerpflichtigen gezahlt habe, von den Entgelten ausgegangen, die der Steuerpflichtige im gerichtlichen Verfahren angegeben habe. Diese Beträge seien verschieden von dem vom Betriebsprüfer festgestellten Summen. Das FG habe nicht ausgeführt, aus welchen Gründen es sich gerade auf die Angaben des Steuerpflichtigen verlassen habe; es habe hierzu auch keine Beweisaufnahme stattgefunden. Dazu ist folgendes zu sagen: Ein Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten liegt nicht vor, da in den Akten einander widersprechende Erklärungen der Parteien über tatsächliche Verhältnisse enthalten sind. Die Rüge hat deshalb nur Gewicht, soweit mit ihr die Verletzung der Aufklärungspflicht geltend gemacht ist.
Der Vergleich der Summen, die sich aus den entsprechenden Angaben des Betriebsprüfers und denen des Steuerpflichtigen ergeben, zeigt, daß der Betriebsprüfer für die Entgelte 1956 bis 1960 aus Baulizenz und Auslandsvertriebslizenz insgesamt einen höheren Betrag (285 046,46 DM) festgestellt hat, als ihn der Steuerpflichtige für die Entgelte aus der Gesamtlizenz für Exportaufträge (276 872,63 DM) angegeben hat. Unter der hier gegebenen rechtlichen Voraussetzung, daß für die Umsatzsteuerberechnung eine Unterscheidung zwischen Baulizenz (Duldung im Inland) und Auslandsvertriebslizenz (Duldung im Ausland) nicht zu treffen ist, ist also das FA durch die vom FG getroffene Feststellung nicht beschwert. Denn das FG hätte, wenn es den Behauptungen des FA gefolgt wäre, einen höheren Betrag als Entgelt für Auslandsumsätze von der Besteuerung ausnehmen müssen, als den, den es tatsächlich von der Umsatzsteuer freigestellt hat. Der etwaige Fehler im Verfahren kann daher vom FA nicht mit Erfolg geltend gemacht werden.
Aus diesen Erwägungen waren beide Revisionen als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl II 1969, 693 |
BFHE 1969, 433 |