Leitsatz (amtlich)
1. Kassenaufzeichnungen müssen so beschaffen sein, daß der Sollbestand jederzeit mit dem Istbestand der Geschäftskasse verglichen werden kann (Kassensturzfähigkeit). Auch Geldverschiebungen zwischen mehreren Geschäftskassen eines Steuerpflichtigen sind buchmäßig festzuhalten.
2. Eine Nachkalkulation kann den Nachweis erbringen, daß selbst ein formell ordnungsmäßig ermitteltes Buchführungsergebnis unrichtig ist. Bei Handelsbetrieben ist für eine Nachkalkulation eine ausreichende Aufgliederung des Wareneinsatzes und eine sorgfältige Ermittlung der Aufschlagsätze zu fordern. Der Nachweis ist ausschließlich mit Überlegungen aus den besonderen Verhältnissen des Betriebs zu führen.
2. Der Steuerpflichtige ist nicht verpflichtet, selbst eine Nachkalkulation zu erstellen. Er ist jedoch gehalten, gezielte Fragen (z. B. nach den Einzelverkaufspreisen) zu beantworten und weitere sachdienliche Unterlagen vorzulegen. Erstellt das FA (der Betriebsprüfer) eine Nachkalkulation ohne Mitwirkung des Steuerpflichtigen, sind diesem auf Verlangen die Kalkulationsgrundlagen offenzulegen.
Normenkette
AO § 162 Abs. 7, § 171 Abs. 1, § 205 Abs. 3, § 217 Abs. 2; AO 1977 § 90 Abs. 1, §§ 91, 146 Abs. 1, § 162 Abs. 2, § 200 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb von Mai 1971 bis Februar 1974 einen Kiosk sowie eine Schankwirtschaft als voneinander getrennte Gewerbebetriebe mit gesonderten Abschlüssen (Gewinnermittlung nach § 5 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Die Klägerin war für 1971 und 1972 nach ihren Erklärungen zur Einkommensteuer (zusammen mit ihrem Ehemann), zur Umsatzsteuer und zur Gewerbesteuer veranlagt worden. Dabei waren für den Kiosk Gewinne (Gewerbeerträge) von 4 719 DM (1971) und 20 493 DM (1972) und Nettoumsätze von 319 346,77 DM (1971) und 527 366,15 DM (1972) angesetzt worden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) kam nach einer Betriebsprüfung, die nur den Kioskbetrieb betraf, zu dem Ergebnis, daß die Kioskbuchführung der Klägerin für 1971/72 nicht ordnungsmäßig sei (Mängel in der Kassenführung und bei den Warenbestandsaufnahmen) und demzufolge die Gewinne (Gewerbeerträge) und Umsätze (netto) für den Kiosk um jeweils 51 746,67 DM (1971) und 100 420,02 DM (1972) höher zu schätzen seien (Gewinne bzw. Gewerbeerträge vermindert um Betriebsteuerrückstellungen). Die Hinzuschätzungsbeträge ergaben sich aus folgender Nachkalkulation des Betriebsprüfers:
1971 1972
Warenart Rohgewinn- Waren- kalkulatorischer Waren- kalkulatorischer
aufschlag in % einkauf Umsatz einsatz Umsatz
DM DM DM DM
Tabakwaren 8 70 333,65 75 960,34 122 606,78 132 415,32
Flaschenbier 45 63 927,70 92 695,17 110 485,41 160 203,84
Spirituosen 39 50 301,39 69 918,93 103 317,57 143 611,42
alkoholfreie
Getränke 64 18 292,34 29 999,44 30 045,49 49 274,60
Küchenwaren 90 25 411,23 48 281,34 27 726,63 52 680,50
Wurstwaren,
Hähnchen 100 7 420,28 14 840,56 26 404,66 52 809,32
Eis 28 14 347,70 18 365,05 12 687,63 16 240,17
Süßwaren 33 10 862,62 14 447,28 12 320,22 16 385,89
Kaffee, Tee,
Kakao 31 1 165,31 1 526,56 1 602,84 2 099,72
Wein, Sekt 18 2 477,58 2 923,54 258,49 305,02
Zutaten - 2 754,14 2 754,14 1 760,27 1 760,27
Summe 371 712,35 627 786,17
abzüglich Ermäßigung Warenbestand 1971 nebst
durchschnittlichem Aufschlag 618,91
371 093,44
erklärter Umsatz 319 346,77 527 366,15
Differenz 51 746,67 100 420,02
Das FA erließ entsprechende Änderungsbescheide; die Änderungen beruhten für 1971 auf § 222 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsabgabenordnung (AO) und für 1972 auf § 225 AO.
Die Sprungklage hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) kürzte die Mehrerlöse um den Wert der Zutaten und wies die Klage im übrigen ab. Es legte dar: Das FA sei zur Schätzung befugt gewesen. Es hätten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der erklärten Ergebnisse vorgelegen. Die Buchführung sei nicht ordnungsmäßig gewesen. Für die Gastwirtschaft und den Kioskbetrieb sei ein einheitliches Kassenbuch geführt worden. Die einzelnen Kassenbestände könnten nicht verfolgt werden; ein Kassensturz sei unmöglich. Die vorgelegte Ablichtung des Kassenbuches vom 3. Dezember 1971 weise beispielsweise Kioskeinnahmen von 1 243,60 DM und Kioskausgaben von 1 491,27 DM aus; es sei nicht zu ersehen, wie die Differenz ausgeglichen worden sei. Auf die weiteren vom Betriebsprüfer angeführten Kassenmängel (Streichen und Übermalen von Eintragungen, Differenzen zwischen einer Wareneingangsrechnung und dem Tageskassenbericht) komme es danach nicht an. Die erklärten Rohgewinnaufschläge (1971 20,6 %, 1972 20,9 %) unterschritten ganz wesentlich den amtlichen niedrigsten Richtsatzaufschlag für Trink- und Imbißhallen (61 %). Die Klägerin und ihre steuerlichen Berater (Prozeßbevollmächtigte) hätten sich beharrlich geweigert, konkrete und nachprüfbare Zahlenangaben über die Kalkulationsgrundlagen zu machen.
Die Schätzung mittels Nachkalkulation sei nicht zu beanstanden. Der Betriebsprüfer habe auf Wareneinkaufsbelege, Registrierkassenstreifen und Inventuren (Inventur zum 31. Dezember 1971 nach Verkaufspreisen) zurückgreifen können. Dabei habe er die Aufschlagsätze für fünf Warenarten (Spirituosen, Wein/Sekt, Kuchen, Speiseeis, Zigaretten) in vollem Umfang und für zwei weitere Warenarten (Süßwaren, Kaffee) teilweise aus der Buchführung ermitteln können. Für die übrigen Warenarten seien - was unbedenklich sei - Vergleichswerte anderer Betriebe herangezogen worden. Die vom Betriebsprüfer ermittelten Durchschnittsaufschlagsätze von 39 % für 1971 und von 39,8 % für 1972 lägen noch immer weit unter dem niedrigsten amtlichen Richtsatzaufschlag.
Die allgemeinen Hinweise der Klägerin auf die Unrichtigkeit der Nachkalkulation seien nicht geeignet, das Schätzungsergebnis in Frage zu stellen. Das Gericht habe der Klägerin aufgegeben, ihre Einwendungen gegen die Verprobung des Betriebsprüfers darzulegen und zu begründen. Daraufhin habe die Klägerin zwar eine eigene (niedrigere) Kalkulation vorgelegt, jedoch nicht dargelegt, auf welchen Unterlagen ihre Angaben beruhten. Die Klägerin habe in Wirklichkeit keine sachdienlichen Angaben machen wollen. Sonst hätte sie ihre Preisgestaltung nachprüfbar offenlegen müssen. Wer eine Schätzung in Zweifel ziehe, müsse spätestens im gerichtlichen Verfahren ausreichende Unterlagen beibringen, aus denen sich ein zuverlässiges Gesamtbild über seine steuerlichen Verhältnisse ergebe. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Wareneinsatz 1972 um gewährte Skonti zu kürzen sei. Dies könne allenfalls zu einer verbösernden Erhöhung des Aufschlagsatzes führen.
Die Klägerin rügt mit der Revision die Verweigerung rechtlichen Gehörs, weitere Verfahrensmängel und eine Verletzung der §§ 162, 171, 208 und 217 AO und macht geltend: Die Kassenführung sei ordnungsmäßig. Die Bareinnahmen und -ausgaben seien für die Gaststätte und den Kiosk getrennt aufgezeichnet worden. Es sei allerdings notwendig gewesen, das Bargeld allabendlich aus dem einbruchsgefährdeten Kiosk in die sichere Verwahrung der Gaststätte übergehen zu lassen. Der Kioskkassenbestand habe dann stets null DM betragen; am nächsten Tag sei dem Kioskpersonal aus der Gaststättenkasse ein Wechselgeldbetrag zur Verfügung gestellt worden. Hierdurch finde auch die Beanstandung des FG zu der Aufzeichnung vom 3. Dezember 1971 ihre Aufklärung. Eine Abweichung von den amtlichen Richtsätzen sei nicht gegeben. Das FG habe zu Unrecht unter Bezugnahme auf eine Bescheinigung des Bezirksamts angenommen, sie habe eine Trink- und Imbißhalle betrieben. Das FG hätte die angeregte Zeugeneinvernahme von ehemaligen Angestellten und Kunden durchführen müssen. Dann hätte sich herausgestellt, daß es sich um einen Verkaufskiosk für Nahrungs- und Genußmittel mit geringfügigem Verzehr an Ort und Stelle gehandelt habe. Davon abgesehen, rechtfertige eine Abweichung von den amtlichen Richtsätzen, für sich genommen, keine Schätzung. Es treffe nicht zu, daß sie sich berechtigten Auskunftsverlangen widersetzt habe. Sie habe begründete Zweifel an den Ergebnissen der Betriebsprüfung haben können. Das FA habe in Umkehr der Beweislast von ihr Angaben verlangt, die sie ohne vorherige Offenlegung der Schätzungsgrundlagen nicht habe geben können.
Die Nachkalkulation sei nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden. Von Anfang an seien zwei Fehler erkennbar gewesen. Die Zutaten hätten - wie vom FA erst im gerichtlichen Verfahren anerkannt - nicht zusätzlich im kalkulierten Umsatz berücksichtigt werden dürfen. Die in der Gewinn- und Verlustrechnung 1972 gesondert ausgewiesenen Warenskontierträge seien zu Unrecht nochmals dem Wareneinsatz hinzugerechnet worden. Im übrigen sei sie nicht in der Lage gewesen, sich zu verteidigen. Diese Ausgangslage habe der Auflagenbeschluß des FG verkannt. Der Aufforderung dieses Beschlusses hätte sie in vollem Umfang nur durch eine unverhältnismäßige Mehrarbeit nachkommen können. Erst nach Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen des Betriebsprüfers wäre sie in der Lage gewesen, zur Aufteilung nach Warengruppen, zu den Einzelverkaufspreisen, zu Schwund- und Verlustmengen und zur Aufteilung des Verkaufs nach Verzehr an Ort und Stelle und Außerhausverkäufen Stellung zu nehmen. Das FG habe es unter Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs unterlassen, das FA zu einer solchen Offenlegung zu veranlassen. Davon abgesehen habe sie kein festes Kalkulationsschema gehabt, sondern sich in ihrer Preisgestaltung jeweils nach der Konkurrenz gerichtet. Ganz Unmögliches sei von ihr verlangt worden, soweit sie sich zu den Aufschlagsätzen habe äußern sollen, die der Betriebsprüfer aus den Verhältnissen ihr unbekannter Vergleichsbetriebe gewonnen haben wolle. Ihre Vermutung, daß die Nachkalkulation des Betriebsprüfers fehlerhaft sei, bestätigte sich durch die Vorlage eines Teils der Betriebsprüfer-Arbeitsunterlagen im Revisionsverfahren. Die Auflistung der Wareneinkäufe 1972 enthalte Aufteilungs-, Übertragungs- und Rechenfehler.
Schließlich sei das vom FA angenommene Umsatz- und Gewinnergebnis offensichtlich unwahrscheinlich. Sie habe den Kiosk durch Angestellte ohne nennenswerte Investitionen führen lassen. Die ausgewiesenen Gewinne müßten als sehr gut bezeichnet werden, wenn bedacht werde, daß in ihnen ein Unternehmerlohn nicht enthalten sei. Das FG habe keine Erklärung dafür gegeben, daß selbst das FA nur Aufschläge von 39 % bzw. 39,8 % kalkuliert habe, während der angeblich bedeutsame unterste Aufschlagrichtsatz für Trink- und Imbißhallen 61 % betrage. Dieser Widerspruch hätte das FG veranlassen müssen, sich durch weitere Ermittlungen Gewißheit über die Art des Betriebs zu verschaffen.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil und die Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuerbescheide für 1971 und 1972 vom 26. November 1975 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise, die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es erwidert: Auch eine ordnungsmäßige Buchführung hätte der Schätzung nicht entgegengestanden. Die Nachkalkulation habe die sachliche Unrichtigkeit des Buchführungsergebnisses erwiesen. Die Klägerin, der die Nachkalkulation im Betriebsprüfungsbericht bekanntgegeben worden sei, sei in der Lage gewesen, die Gedankengänge des Betriebsprüfers nachzuvollziehen. Das FG habe mit seinem Auflagenbeschluß nichts Unmögliches verlangt. Die Klägerin müsse ihren Betrieb und ihre Buchführung am besten kennen. Die Skontierträge 1972 hätten dem Wareneinsatz hinzugerechnet werden müssen, weil der Wareneinsatz in der Gewinn- und Verlustrechnung netto ausgewiesen worden sei; das ergebe sich aus der Auflistung sämtlicher Wareneingangsrechnungen durch den Betriebsprüfer.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die Ausführungen des FG zur Schätzung sind nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Besteuerungsgrundlagen sind insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermag oder weitere Auskunft verweigert (§ 217 Abs. 2 Satz 1 AO, § 162 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Das gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen unvollständig oder formell oder sachlich unrichtig sind (§ 217 Abs. 2 Satz 2 AO). Formelle Buchführungsmängel berechtigen allerdings nur zur Schätzung, soweit sie Anlaß geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Dem FG steht eine eigene Schätzungsbefugnis nach den genannten Vorschriften zu (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
2. Die vom FG festgestellten Mängel der Kassenbuchführung rechtfertigen, für sich genommen, keine Schätzung. Die Klägerin führte entgegen der Auffassung des FG kein einheitliches Kassenbuch für ihre beiden Betriebe. Die Kassenaufzeichnungen der beiden Betriebe sind lediglich äußerlich zusammengefaßt worden. Im übrigen wurden die Bareinnahmen und -ausgaben für jeden Betrieb gesondert festgehalten. Allerdings waren die Kassenführungen, wie das FG zu Recht angenommen hat, formell fehlerhaft.
Kassenaufzeichnungen (§ 162 Abs. 7 AO, § 146 Abs. 1 Satz 2 AO 1977) müssen so beschaffen sein, daß ein Buchsachverständiger jederzeit in der Lage ist, den Sollbestand laut Aufzeichnungen mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. Oktober 1969 I R 73/66, BFHE 97, 21, BStBl II 1970, 45; vom 31. Juli 1974 I R 216/72, BFHE 113, 400, BStBl II 1975, 96). Diese sog. Kassensturzfähigkeit war in den Betrieben der Klägerin nicht gewährleistet. Die Klägerin hat unterlassen, das zu Beginn jeden Geschäftstages in den Kioskbetrieb gegebene Wechselgeld als Kassenausgabe des Gaststättenbetriebs und als Kasseneinnahme des Kioskbetriebs festzuhalten; ebenso wurden die nach Ablauf des Geschäftstags getätigten Ablieferungen des Kioskkassenbestands an die Gaststättenkasse weder als Kassenausgabe des Kioskbetriebs noch als Kasseneinnahme des Gaststättenbetriebs verbucht.
Diese Unterlassungen werden nicht dadurch gerechtfertigt, daß die Geschäftskasse des Kiosks aus Sicherheitsgründen außerhalb der Geschäftsstunden bestandslos geführt werden sollte. Im Kiosk war jedenfalls während der Geschäftsstunden ein nachzählbarer (sturzfähiger) Kassenbestand vorhanden, der mangels Aufzeichnung der morgendlichen Wechselgeldhereinnahme nicht sollmäßig verglichen werden konnte. Aber auch der behauptete nuil DM-Bestand außerhalb der Geschäftsstunden konnte sollmäßig nicht kontrolliert werden, weil die allabendlichen Geldablieferungen nicht festgehalten wurden. Entsprechende Fehler ergeben sich in der Kassenbuchführung der Gaststätte.
Diese Mängel waren jedoch nicht so erheblich, daß aus ihnen auf Steuerverkürzungen hätte geschlossen werden können. Es ist zu bedenken, daß es lediglich zu einer Verschiebung zwischen Gaststätten- und Kioskkasse kam. Einem Buchsachverständigen war zuzumuten, einen Kassensturz auf beide Kassen zu erstrecken. Der gemeinsame Bestand beider Geschäftskassen war sollmäßig überprüfbar.
Das FG wird im zweiten Rechtsgang Gelegenheit haben, sich zu den vom Betriebsprüfer behaupteten weiteren Kassenmängeln und sonstigen Mängeln der Buchführung (Warenbestandsaufnahme) zu äußern. Ggf. läßt sich hieraus ein Schätzungsanlaß herleiten.
3. Das FG meint weiterhin zu Unrecht, die Schätzung sei auch wegen der Abweichung der Buchführungsergebnisse von dem amtlichen Aufschlagrichtsatz für Trink- und Imbißhallen gerechtfertigt. Es braucht nicht die Frage erörtert zu werden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Abweichung von amtlichen Richtsätzen zu einer Schätzung berechtigt (vgl. dazu BFH-Urteil vom 18. September 1974 I R 94/72, BFHE 114, 1, BStBl II 1975, 217). Der amtliche Aufschlagrichtsatz für Trink- und Imbißhallen von mindestens 61 % (Betriebsprüfungskartei Berlin V "Trink- und Imbißhallen") ist schon deswegen nicht anwendbar, weil er auf wesentlich kleinere Betriebe als den Kioskbetrieb der Klägerin abgestellt ist (dazu BFH-Urteil vom 7. Dezember 1977 I R 16-17/75, BFHE 124, 18, BStBl II 1978, 278). Die Umsatzobergrenze nach der o. a. Richtsatzsammlung beträgt 310 000 DM. Die erklärten und erst recht die vom FA und FG geschätzten Umsätze (1971 auf 12 Monate umgerechnet) liegen wesentlich höher.
Davon abgesehen, könnte die Feststellung des FG, der Kiosk sei eine Trink- und Imbißhalle gewesen, nicht der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden (§ 118 Abs. 2 FGO), weil dem - unbeschadet der erhobenen Verfahrensrüge - andere Feststellungen des FG entgegenstehen (u. a. BFH-Urteil vom 7. März 1973 II R 34/66, BFHE 109, 472, BStBl II 1973, 707). Mit dem FG ist davon auszugehen, daß in einer Trink- und Imbißhalle nicht nur Waren zum Verzehr an Ort und Stelle, sondern auch außer Haus abgegeben werden. Die Außerhausverkäufe müssen indessen von untergeordneter Bedeutung sein. Nach der vom FG übernommenenen Aufstellung des Betriebsprüfers veräußerte die Klägerin aber auch in erheblichem Umfang Tabak- und Süßwaren. Schon der Anteil der Tabakwaren am Wareneinsatz betrug 27 bis 28 %; die amtliche Richtsatzsammlung (a. a. O.) unterstellt bei Trink- und Imbißhallen einen Tabakwarenanteil am Wareneinsatz bis zu 15 %. Hinzu kommt, daß die Klägerin nach der Bescheinigung des Bezirksamts nur alkoholfreie Getränke ausschenken durfte. Sie muß daher auch Flaschenbier, Spirituosen, Wein und Sekt verschlossen - also einem Einzelhändler vergleichbar - abgegeben haben. Tabak- und Süßwaren und alkoholhaltige Getränke sind nach den Zahlen des Betriebsprüfers zu weit mehr als der Hälfte am Wareneinsatz und am Umsatz beteiligt. Ein solches Verkaufssortiment, bei dem der Getränkeausschank und die Speisenabgaben in den Hintergrund treten, ist für Trink- und Imbißhallen nicht mehr typisch.
Das FG scheint diesen Umstand erkannt zu haben, sonst wäre kaum verständlich, daß es die kalkulatorischen Aufschläge des Betriebsprüfers von durchschnittlich weniger als 40 % billigte und dem verbliebenen erheblichen Unterschied zu dem angeblichen untersten Aufschlagrichtsatz von über 60 % keine weitere Bedeutung beilegte.
4. Das FG sieht einen Anlaß zur Schätzung schließlich darin, daß die Klägerin Angaben zur Kalkulation verweigerte. Dieser Vorwurf ist bisher anhand von Feststellungen des FG nur nachvollziehbar, soweit die Klägerin zu der Nachkalkulation des Betriebsprüfers zunächst überhaupt nicht und im gerichtlichen Verfahren nur unvollständig Stellung genommen hat. Dieses Verhalten ist indessen der Klägerin nicht vorzuwerfen, wenn der Betriebsprüfer, was nicht auszuschließen ist, ohne ihre Mithilfe kalkulierte und seine Ermittlungen nicht offenlegte. Soweit das FG auch andere Verweigerungshandlungen der Klägerin im Auge gehabt haben sollte, fehlen hinreichende Feststellungen des FG dazu, in welcher Weise die Klägerin eine Mitwirkung verweigert hat. Der allgemeine Eindruck, die Klägerin sei auskunftsunwillig, vermag eine Schätzung nicht zu rechtfertigen.
a) Eine Nachkalkulation vollzieht anhand der Kalkulationsunterlagen des Steuerpflichtigen nach, welche Umsätze erzielt worden sind, und ermöglicht dadurch auch Rückschlüsse auf die erzielten Gewinne; der nachkalkulierende Betriebsprüfer kann sich dabei auf die Angaben des Steuerpflichtigen stützen oder eigene Ermittlungen anstellen (BFHE 113, 400, BStBl II 1975, 96).
Das FG hat nicht eindeutig festgestellt, wie der Betriebsprüfer im Streitfall vorgegangen ist. Es bemerkt, dem Betriebsprüfer seien auf dessen ausdrücklichen Hinweis Angaben zu den Kalkulationsgrundlagen verweigert worden; er sei deshalb von den vorgefundenen Wareneinkaufsbelegen, Registrierkassenstreifen und Inventuren ausgegangen. In dem angezogenen Hinweis heißt es jedoch, der Betriebsprüfer habe Umsatzverprobungen mit erheblichen Differenzen zu den erklärten Erlösen durchgeführt; die steuerlichen Berater hätten dazu keine Stellung genommen, sondern ihm jede Berechtigung zur Nachkalkulation bestritten. Diese Darstellung spricht dafür, daß der Betriebsprüfer seine Kalkulation ohne Mitwirkung der Klägerin erstellte und erst dann eine Stellungnahme zu seinem Zahlenwerk erwartete.
Auch für das gerichtliche Verfahren ist unklar, in welcher Weise das FG, das selbst schätzungsbefugt war, die Klägerin zu einer Mitwirkung angehalten hat. Das FG führt zwar allgemein aus, die Klägerin und ihre steuerlichen Berater hätten sich - wohl auch gegenüber dem FG - "beharrlich geweigert ..., konkrete und auch nachprüfbare Zahlenangaben über die Kalkulationsunterlagen zu machen"; sachverhaltsmäßig konkret wird jedoch nur dargelegt, daß die Klägerin dem Aufkunftsverlangen, zur Nachkalkulation des Betriebsprüfers Stellung zu nehmen (Auflagenbeschluß), unvollständig nachgekommen sei.
Es kommt indessen entscheidend darauf an, ob der Betriebsprüfer sein Rechenwerk nach vorheriger oder ohne Befragung der Klägerin erstellte.
b) Ein Betriebsprüfer, der sich nach Einsichtnahme in die Buchführungsunterlagen des Steuerpflichtigen zu einer Nachkalkulation entschließt, kann sich der Mithilfe des Steuerpflichtigen bedienen, ihn bzw. Hilfspersonen befragen und darauf dringen, daß ihm außer der Buchführung weitere sachdienliche Unterlagen vorgelegt werden. Die Buchführung allein gibt vielfach keinen ausreichenden Aufschluß über alle Kalkulationsgrundlagen. Insbesondere sind aus ihr oft nicht die Einzelverkaufspreise zu ersehen, weil die Tageslosung zusammengefaßt aufgezeichnet werden darf.
Der Steuerpflichtige, der seine Preisgestaltung am besten kennt, ist zu solchen Auskünften und zur Vorlage solcher weiterer Unterlagen verpflichtet (§ 171 Abs. 1 AO, § 90 Abs. 1, § 200 Abs. 1 AO 1977). Nicht verpflichtet ist er allerdings dazu, seine Umsätze und Gewinne selbst nachzukalkulieren. Diese Aufgabe ist dem Betriebsprüfer gestellt. Der Steuerpflichtige ist jedoch gehalten, gezielte Fragen - z. B. nach den Einzelverkaufspreisen des Prüfungszeitraums - zu beantworten. Sachdienliche Kalkulationsunterlagen außerhalb der Buchführung sind z. B. vorhandene Preisverzeichnisse; Kioskinhaber sind verpflichtet, Verzeichnisse mit den angebotenen Speisen und Getränken auszuhängen (§ 4 Abs. 3 der Preisauszeichnungs-Verordnung in der in den Streitjahren maßgebenden Fassung vom 18. September 1969, BGBl I 1969, 1733).
Der Steuerpflichtige kann sich einer Mitwirkung nicht mit dem auch in der Revision angeführten Bemerkungen entziehen, er habe kein festes Kalkulationsschema und richte sich in seiner Preisgestaltung nach der Konkurrenz. Auch wenn dieser Einwand zutreffen sollte, ist doch nach allgemeiner Erfahrung davon auszugehen, daß gerade wegen der Konkurrenz die Preise nicht von Tag zu Tag geändert werden. Eine Nachkalkulation ist unabhängig von einer betrieblichen Kalkulation schon dann möglich, wenn für eine gewisse Zeit Preisstabilität herrscht.
c) Es steht dem Betriebsprüfer andererseits frei, auf eine Mitwirkung des Steuerpflichtigen zu verzichten und die erforderlichen Kalkulationsgrundlagen der vorgelegten Buchführung zu entnehmen. Die Einkaufspreise können regelmäßig zuverlässig anhand des Wareneingangsbuchs (Wareneingangskonto) und der Wareneingangsrechnungen ermittelt werden. Ein Anhalt für die Verkaufspreise geben Registrierkassenstreifen, Inventuren - soweit sie nach Verkaufspreisen erstellt worden sind - oder Preislisten (bei vorgeschriebenen Verkaufspreisen). Verfährt der Betriebsprüfer in dieser Weise, ist er jedoch, wie der BFH bereits in BFHE 113, 400, 405, BStBl II 1975, 96, 99 dargelegt hat, auf Verlangen gehalten, sein Vorgehen offenzulegen; ohnedies müßte sich der Steuerpflichtige ins Ungewisse hinein verteidigen. Offenzulegen ist nicht nur das rechnerische Ergebnis der Nachkalkulation; auf Verlangen sind auch die Ermittlungen, die zu diesem Ergebnis geführt haben, bekanntzugeben. Anders als in dem oben erörterten Fall, daß der Steuerpflichtige wegen seiner Mitwirkung weitgehend über das Vorgehen des Betriebsprüfers unterrichtet ist und allenfalls ergänzend über zusätzliche Feststellungen des Betriebsprüfers zu informieren ist, wird der Steuerpflichtige hier durch die Nachkalkulation überrascht. Will er sich sachgemäß und nicht nur mit bloßem Leugnen verteidigen, muß er Gelegenheit erhalten, das Rechenwerk des Betriebsprüfers bis auf seine Ursprünge zu verfolgen.
Die Verpflichtung zur Offenlegung folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör, der auch im Verwaltungsverfahren besteht und seine gesetzliche Ausprägung in § 205 Abs. 3 AO und § 91 AO 1977 gefunden hat. Danach sind dem Steuerpflichtigen, von dessen erklärtem Ergebnis in wesentlichen Punkten zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll die entscheidungserheblichen Tatsachen zur vorherigen Äußerung mitzuteilen.
d) Sonach durfte der Klägerin für den Fall, daß der Betriebsprüfer bei seiner Nachkalkulation auf ihre Mitwirkung verzichtet haben sollte, der Inhalt der Arbeitsunterlagen des Betriebsprüfers nicht vorenthalten werden. Auch das FG durfte der Klägerin nicht auferlegen, zu der Nachkalkulation Stellung zu nehmen, ohne zuvor dafür gesorgt zu haben, daß ihr die erwähnten Arbeitsunterlagen zugänglich gemacht wurden. Allerdings hat das FG hierbei nicht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt. Der Klägerin standen alle Entscheidungsgrundlagen des FG zur Verfügung. Das FG hat lediglich in Verkennung der Rechtslage gemeint, es käme nicht auf die Vorlage der Betriebsprüferunterlagen an.
Aber auch wenn die Klägerin dem Betriebsprüfer ihre Mitwirkung verweigert und er aus diesem Grund eigene Ermittlungen angestellt haben sollte, müßten diese Ermittlungen offengelegt werden. Indessen sind in diesem Fall die Anforderungen, die an die Nachkalkulation zu stellen sind, gemindert.
5. Die vom Betriebsprüfer erstellte Nachkalkulation erfüllt äußerlich die Anforderungen, die an diese Schätzungsmethode zu stellen sind.
a) Maßgebliche Kalkulationsgrundlage ist bei Handelsbetrieben der Wareneinsatz. Der Annahme eines Handelsbetriebs steht nicht entgegen, daß zum Teil warme Getränke und Speisen in einfacher Form (Brat- und Bockwurst, Hähnchen, Pommes frites usw.) zubereitet wurden. Die Lohnkosten, die z. B. bei der Speisenzubereitung in Gaststätten als zusätzlicher Kalkulationsfaktor in Betracht kommen, fallen in einem Kioskbetrieb nicht ins Gewicht. Die Verwaltung rechnet sogar Trink- und Imbißhallen zu den Handelsbetrieben (Betriebsprüfungskartei Berlin V, Vorbemerkungen 8). Soweit der Betriebsprüfer für 1971 statt vom Wareneinsatz vom Wareneinkauf ausgegangen ist, hat er die Warenbestandsveränderung außerhalb seiner Rechnung berücksichtigt.
Lieferantenskonti dürfen den Wareneinsatz nur in den Fällen mindern, daß sie durchweg in gleicher Höhe in Anspruch genommen werden und der Steuerpflichtige ein Kalkulationsschema entwickelt hat, das auf die tatsächlichen Warenaufwendungen abstellt. Im Streitfall sollen die Skonti nach der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten den Wareneinsatz nicht mindern. Ob der Betriebsprüfer die Skonti 1972 zu Unrecht dem bereits brutto ausgewiesenen Wareneinsatz nochmals hinzugerechnet hat, darf das FG nicht dahingestellt sein lassen. Eine Minderung des Wareneinsatzes führt auch zu einer Minderung des kalkulierten Umsatzes.
b) Eine Aufteilung des Wareneinsatzes in zehn unterschiedlich preiskalkulierte Warengruppen enthält im allgemeinen eine ausreichende Aufgliederung. Grundsätzlich müßte der Wareneinsatz in so viel Warengruppen aufgeteilt werden, wie unterschiedliche Aufschlagsätze im Betrieb vorkommen. Eine Zusammenfassung zu Gruppen mit gleichartigen Waren ist jedoch zulässig, wenn in etwa gleichhohe Aufschlagsätze angewandt werden. Danach ist z. B. im Streitfall die Bildung einer Warengruppe Tabakwaren statthaft; selbst nach dem Vorbringen der Klägerin differieren hier die Aufschlagsätze lediglich von 7,14 % bis 7,62 %. Die Aufgliederung findet ihre Begrenzung im einzelnen Warenartikel. Soweit die Klägerin Flaschenbier zu einem erheblichen Teil kastenweise als Einzelflaschen abgegeben haben sollte, wäre eine Aufgliederung nicht möglich. Die Nachkalkulation muß auf die Einkaufspreise des Artikels zurückgehen und kann nicht noch nach einzelnen Verkaufspreisgruppen unterscheiden. Dem Einwand der Klägerin könnte ggf. durch eine angemessene Wahl des Aufschlagsatzes Rechnung getragen werden.
Ist der Wareneinsatz wie hier nicht bereits im Wareneingangsbuch (Warenkonto) aufgegliedert, muß sich der Betriebsprüfer dieser Arbeit selbst unterziehen. Er hat die Aufgliederung in seinen Arbeitsunterlagen betragsmäßig festzuhalten und auf Verlangen offenzulegen. Die Klägerin macht gegenüber der erstmals im Revisionsverfahren vorgelegten Auflistung des Wareneinkaufs für 1972 geltend, dem Betriebsprüfer seien Aufteilungs-, Übertragungs- und Rechenfehler unterlaufen. Sie wird Gelegenheit haben, ihre Beanstandungen im zweiten Rechtsgang substantiiert vorzutragen.
Das FG hat zugunsten der Klägerin eine elfte Warengruppe "Zutaten" aus der Nachkalkulation herausgenommen. Dies erscheint gerechtfertigt, soweit Zutaten wie etwa Senf u. ä. unentgeltlich den Kunden abgegeben oder wie Fett u. ä. für die Speisenzubereitung verwandt werden. Zugunsten der Klägerin wird weiterhin zu prüfen sein, ob aus dem Kiosk Eigenverbrauch getätigt wurde und ob Warenverderb oder -schwund vorgekommen ist. Ein Eigenverbrauch mindert den für einen Verkauf zur Verfügung stehenden Wareneinsatz. An die Stelle eines aufschlagkalkulierten Umsatzes tritt der Eigenverbrauch zu Einkaufspreisen. Im Streitfall scheint ein Warenverderb bei Küchenwaren, Wurstwaren, Hähnchen und Eis denkbar.
c) Besonders sorgfältig sind die Aufschlagsätze für die einzelnen Warengruppen zu ermitteln. Besteht die Gruppe aus mehreren Artikeln mit unterschiedlichen, aber beieinander liegenden Aufschlagsätzen, ist anhand des Mengenumsatzes und der einzelnen Aufschlagsätze ein gewogener mittlerer Aufschlagsatz zu bilden. Auch Preisänderungen innerhalb eines Jahres sind bei der Bildung des mittleren Aufschlagsatzes zu berücksichtigen. Sind solche Preisänderungen erheblich, kann Anlaß bestehen, einzelne oder sogar alle Warengruppen zeitlich aufzuteilen und für die einzelnen Zeitabschnitte unterschiedliche Aufschlagsätze zu bilden. Sofern der Betriebsprüfer nicht auf Angaben des Steuerpflichtigen zurückgreifen kann, muß er die Ermittlung der Aufschlagsätze belegbar festhalten und ggf. offenlegen.
6. Eine Nachkalkulation, die unter Beachtung aller dargestellten Voraussetzungen durchgeführt wird, erbringt den Nachweis, daß das erklärte Buchführungsergebnis unrichtig ist, selbst wenn es aufgrund einer formell ordnungsmäßigen Buchführung ermittelt worden sein sollte (BFH-Urteile vom 25. Juni 1970 IV 17/65, BFHE 100, 159, BStBl II 1970, 838; in BFHE 113, 400, BStBl II 1975, 96).
Die Nachkalkulation des Betriebsprüfers ist nicht geeignet, einen solchen Nachweis zu erbringen, auch wenn das FA im zweiten Rechtsgang das Rechenwerk des Betriebsprüfers belegen sollte. Die Nachkalkulation ist eine Verprobungsmethode des inneren Betriebsvergleichs. Die Unrichtigkeit des Buchführungsergebnisses ist ausschließlich mit Überlegungen aus den besonderen Verhältnissen des Betriebs zu führen. Der Betriebsprüfer hat indessen teilweise einen äußeren Betriebsvergleich angestellt, indem er für einige Warenarten die Aufschlagsätze anderer Betriebe übernommen hat. Selbst die Vergleichbarkeit des Kioskbetriebs mit diesen anderen Betrieben unterstellt und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die in den anderen Betrieben gefundenen Aufschlagsätze nicht voll ausgeschöpft worden sind, ist jedenfalls keine Nachkalkulation gegeben, die aus sich heraus das Buchführungsergebnis widerlegen könnte.
Es müßten besondere Umstände hinzutreten, damit die Schätzung des Betriebsprüfers Bestand haben könnte. Solche Umstände könnten in den bisher vom FG noch nicht festgestellten Buchführungsmängeln oder in noch festzustellenden verschleiernden Verhaltensweisen der Klägerin gefunden werden. Die Anforderung an die Genauigkeit einer Schätzung mindern sich bei Buchführungsmängeln, aus denen auf sachliche Unregelmäßigkeiten geschlossen werden kann. Wahrscheinlichkeitsüberlegungen können dann genügen, so auch eine Teilnachkalkulation, verbunden mit einer Teilschätzung aus einem äußeren Betriebsvergleich. Gleiches gilt, wenn die Klägerin einer Befragung aus dem Wege gegangen sein sollte oder ihre Angaben zur Kalkulation sich als unrichtig erwiesen haben sollten. Auch in diesen Fällen bedarf es nicht einer mit letzter Sicherheit ausgeführten und belegten Nachkalkulation.
Dem FG steht es schließlich frei, im Rahmen eigener Schätzungsbefugnis die Nachkalkulation des Betriebsprüfers - ggf. mit Hilfe eines Buchsachverständigen - zu einer vollwertigen Nachkalkulation zu ergänzen.
Fundstellen
BStBl II 1982, 430 |
BFHE 1982, 11 |