Leitsatz (amtlich)
Der Betrieb eines Arbeiterwohnheims ist im allgemeinen als Gewerbebetrieb zu beurteilen.
Normenkette
GewStG § 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, betrieb in einem gemieteten Gebäude ein Arbeiterwohnheim. Grundlage des Betriebs waren neben dem Mietvertrag über das Gebäude Vereinbarungen mit namhaften Industrieunternehmen, mit denen diese Firmen jeweils eine bestimmte Anzahl von Wohnschlafplätzen im Arbeiterwohnheim gemietet hatten. Die Verträge enthielten genaue Angaben über die Wohnheim- und Zimmerausstattung und über die von der Klägerin zu erbringenden Leistungen. Die Klägerin behandelte die Einkünfte aus dem Betrieb des Arbeiterwohnheims mit Ausnahme der Einkünfte aus Getränkeverkauf als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Beklagte und Revisionskläger (FA) war hingegen der Auffassung, der Betrieb des Arbeiterwohnheims sei insgesamt als Gewerbebetrieb zu beurteilen, und erließ einen entsprechenden Gewerbesteuerbescheid. Einspruch und Klage, mit denen sich die Klägerin gegen die Qualifizierung des Arbeiterwohnheims als Gewerbebetrieb wandte, hatten keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Der Vorentscheidung ist darin beizupflichten, daß der Betrieb des Arbeiterwohnheims als Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 GewStG zu qualifizieren ist und deshalb in vollem Umfange der Gewerbesteuer unterliegt.
a) Der BFH hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß die Vermietung von Räumen regelmäßig keine gewerbliche Tätigkeit, sondern bloße Vermögensverwaltung darstellt. Dies gilt im Grundsatz auch für die Untervermietung, insbesondere die Vermietung möblierter Zimmer. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Vermietung von Räumen aber dann als gewerbliche Tätigkeit des Vermieters anzusehen, wenn besondere Umstände hinzutreten, die der Betätigung des Vermieters als Ganzes gesehen das Gepräge einer selbständigen, nachhaltigen vom Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr verleihen. Solche besonderen Umstände hat der BFH z. B. gesehen in bestimmten ins Gewicht fallenden, bei der Vermietung von Räumen nicht üblichen Sonderleistungen des Vermieters oder in einem besonders schnellen, sich aus der Natur der Vermietung ergebenden Wechsel der Mieter und damit verbunden einer gegenüber der Anlage eigenen Vermögens in den Vordergrund tretenden spekulativen Absicht (vgl. z. B. BFH-Entscheidungen vom 5. September 1963 IV 370/59, StRK, Gewerbesteuergesetz, § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 184; vom 17. Januar 1961 I 53/60 S, BFHE 72, 637, BStBl III 1961, 233). An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
Zu Recht hat deshalb das FG für die Abgrenzung einer nichtgewerblichen Vermietung von Räumen für Gewerbebetrieb als entscheidend angesehen, daß zu der bloßen Nutzungsüberlassung eine fortgesetzte Tätigkeit tritt, wie sie einem Gewerbebetrieb eigentümlich ist (vgl. auch Abschn. 15 Abs. 2 GewStR 1969).
b) Die Vorentscheidung hat diese Rechtsgrundsätze auf den Streitfall zutreffend angewendet. Nach den für das Streitjahr maßgebenden Verträgen mit den Firmen A und S war die Klägerin nicht nur verpflichtet, diesen Firmen bestimmte Räume zur Nutzung zu überlassen, sondern hatte auch eine Reihe von Sonderleistungen übernommen, die in ihrer Gesamtheit erheblich über das bei der Vermietung von Räumen, insbesondere auch bei der Vermietung einzelner möblierter Zimmer übliche Maß hinausgeht. Solche Sonderleistungen waren: Die Ausstattung der Räume in der den besonderen sehr ins einzelne gehenden Wünschen und Bedürfnissen der Firmen entsprechenden Weise, insbesondere die Bereitstellung eines Tagesraums mit Fernsehen, die Reinigung der Räume, die Bereitstellung der Bettwäsche und deren 14tägiger Wechsel, die Heimleitung einschließlich Verwaltungs-, Reinigungs- und Wachpersonal und die Gestellung eines Dolmetschers. Nimmt man diese Verpflichtungen in ihrer Summe, so ergeben sie, daß die mit den Industriefirmen abgeschlossenen Verträge, wenn sie auch ausdrücklich als Mietverträge bezeichnet waren, nicht nur auf die bloße Gebrauchsüberlassung, sondern in gleicher Weise auf die Bereitstellung einer Organisation gerichtet waren. Damit sind die Grenzen von der Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten. Daß die Klägerin hiervon selbst ausgegangen ist, zeigt sich nicht zuletzt an der für ihren Betrieb selbstgewählten Bezeichnung "Heim" und in der z. B. im Mietvertrag über das Gebäude gewählten Formulierung, das Gebäude werde der Klägerin zum Betrieb "ihres Gewerbes" überlassen.
Besondere Umstände, die der Vermietung von Räumen gewerbliche Natur verleihen, sind darüber hinaus auch in der Vielzahl der bereitgestellten Bettenplätze und in dem sich aus dem Kreis der Heimbewohner (Gastarbeiter) naturgemäß ergebenden relativ häufigen Wechsel der Heimbewohner zu sehen. Da die Firmen als Mieter sich mit organisatorischen Aufgaben nicht selbst belasten wollten, bedingte gerade die sich aus der Vielzahl und aus dem Kreis der Heimbenutzer ergebende Eigenart ihrerseits wiederum, daß sich die Klägerin nicht auf die bloße Gebrauchsüberlassung beschränken konnte, sondern eine unternehmerische Organisation bieten mußte, die, wie das FG zu Recht andeutet, der Organisation eines Hotels oder einer Fremdenpension ähnlich ist und deshalb auch gewerbesteuerlich wie diese behandelt werden muß.
Zu Recht hat das FG auch dem Umstand eine abrundende Bedeutung beigemessen, daß sich die Klägerin das sachliche Substrat des Wohnheimbetriebs im wesentlichen ohne Einsatz eigener Mittel verschaffte. Hierin kommt zum Ausdruck, daß Kern der auf Gewinn gerichteten Tätigkeit nicht etwa eine ertragbringende Vermögensanlage, sondern die vorteilhafte Nutzung einer Marktchance war.
Fundstellen
Haufe-Index 70455 |
BStBl II 1973, 561 |
BFHE 1973, 194 |