Leitsatz (amtlich)
Der Bundesfinanzhof tritt der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs im Urteil V 88/43 vom 31. Oktober 1944 (RStBl 1945 S. 68, Slg. Bd. 54 S. 143) bei, wonach der Besteller eines Werks infolge der Beistellung von Werkstoffen die Großhandelsvergünstigung nach § 7 Abs. 3 UStG mangels Nämlichkeit zwischen erworbener und weitergelieferter Ware nicht in Anspruch nehmen kann.
Normenkette
UStG 1951 § 3 Abs. 2, § 7 Abs. 3; UStDB 1951 §§ 12, 57
Tatbestand
Die Bfin. befaßt sich mit der Projektierung und dem Vertrieb von maschinellen Fertigungseinrichtungen; sie besitzt keine eigenen Produktionswerkstätten, sie konstruiert vielmehr Spezialmaschinen, die nur für den jeweils von den Abnehmern bestimmten Zweck entsprechend den jeweils gewünschten Erfordernissen verwendbar sind. Sie vergibt die Aufträge an Herstellerfirmen, denen sie die von ihr erstellten Konstruktionspläne überläßt; dem Hersteller werden auch von der Bfin. erworbene Modelle, die ebenfalls nach eigenen Konstruktionsplänen angefertigt wurden, zur Verfügung gestellt. Diese Modelle dienen zum Guß von bestimmten Maschineneinzelteilen und bleiben Eigentum der Bfin. Die Vorinstanzen haben auf Grund folgenden Sachverhalts eine steuerschädliche Mitwirkung oder eine steuerlich schädliche Beistellung erblickt und für die Weiterlieferung der Maschinen den von der Bfin. begehrten ermäßigten Steuersatz des § 7 Abs. 3 UStG versagt.
a) Die Bfin. bestellte zum Bau der Maschinen benötigte Einzelteile mit der Weisung, Lieferungsgegenstand und Rechnung an den Hersteller zu senden. Ergab sich die Notwendigkeit einer Mängelrüge, so wurde diese von der Bfin. gegenüber dem Lieferanten des Einzelteils erhoben.
b) Teilweise kaufte die Bfin. zum Bau der Maschine benötigte Einzelteile auf eigene Rechnung und stellte sie dem Hersteller zur Verfügung.
In beiden Fällen handelte es sich jeweils um Teile, die nur zum Bau einer Maschine, wie sie von der Bfin. in Auftrag gegeben wurde, für diese bestimmte Maschine verwendet werden konnten. Der Wert dieser Teile war verschieden hoch und schwankte von 3 % bis 30 oder 40 % gegenüber dem Wert der fertigen Maschine. In den Fällen zu a) ließ sich der Wert auf Grund der Buchführung überhaupt nicht ermitteln, weil hier die fertigen Maschinen einschließlich der vom Hersteller bezahlten, von der Bfin. in Auftrag gegebenen Teile-Lieferungen zu einem Gesamtpreis in Rechnung gestellt wurden, wobei die Teile-Lieferungen nicht gesondert in der Rechnung erschienen. In den Fällen zu b) wurde die Maschine vom Hersteller mit den von ihm aufgewendeten Lohn- und Materialkosten berechnet.
Es kam vor, daß beim Bau einer Maschine die Bfin. nach Fall a) oder b) und nach a) und b) mitwirkte, wobei jedoch auf Grund der vorhandenen Unterlagen nicht festgestellt werden konnte, ob nur eine Mitwirkung nach a) erfolgt war.
Entscheidungsgründe
Die gegen die Versagung der Großhandelsvergünstigung nach § 7 Abs. 3 UStG gerichtete Rb. kann keinen Erfolg haben.
Es ist davon auszugehen, daß die Bfin. die für die bestellten Maschinen benötigten Einzelteile der Herstellerfirma nicht geliefert hat, weil sie dieser nicht die umsatzsteuerliche Verfügungsmacht verschafft hat. Die Herstellerfirma war gehalten, die Gegenstände für die von der Bfin. bestellten Maschinen zu verwenden, für die sie ersichtlich von der Bfin. ausgesucht waren. Der Grund für diese Art der Geschäftsabwicklung war nach den Feststellungen der Vorinstanz darin zu sehen, daß hierdurch Fehldispositionen ausgeschaltet werden sollten, weil nicht die Gewähr bestand, daß die Herstellerfirma das zum Einkauf erforderliche qualifizierte Personal hatte. Auch versprach sich die Bfin., die in den unmittelbaren Genuß höherer Rabattsätze kommen wollte, eine Kostensenkung durch ihre Einschaltung beim Einkauf. Der Senat beurteilt dabei, wie schon die Vorinstanz, die Tatbestände a) und b) umsatzsteuerrechtlich gleich (vgl. Urteil des erkennenden Senats V 117/53 S vom 30. Oktober 1953, BStBl 1953 III S. 366, Slg. Bd. 58 S. 196).
Beurteilt daher der Senat beide Tatbestände als echte Materialbeistellungen und den Umsatz zwischen Herstellerwerk und Bfin. als Werklieferung, so scheidet jedenfalls eine Versagung der Großhandelsvergünstigung aus dem Gesichtspunkt des § 12 UStDB aus, da eigene Bearbeitungsmaßnahmen der Bfin. an dem Gegenstand der Werklieferung nicht festgestellt werden können und der Akteninhalt auch keine ausreichenden Feststellungen über eine maßgebliche Mitwirkung der Bfin. im Sinne des Urteils des erkennenden Senats V 2/50 U vom 30. April 1953 (BStBl 1953 III S. 180, Slg. Bd. 57 S. 463) enthält. Doch können diese Fragen auf sich beruhen; denn die Rechtsprechung hat in den Fällen einer Materialbeistellung dem Auftraggeber (Bfin.) den ermäßigten Steuersatz nach § 7 Abs. 3 UStG versagt, weil der Auftraggeber etwas anderes erworben hat als das, was er weiterverkauft (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V 88/43 vom 31. Oktober 1944, RStBl 1945 S. 68, Slg. Bd. 54 S. 143). Bei dem größten Teil der Bestellungen muß nach dem Akteninhalt angenommen werden, daß die Einzelteile nicht nur Zutaten und sonstige Nebensachen im Sinne des § 3 Abs. 2 UStG waren. In keinem Fall handelt es sich etwa um nur geringfügige Zutaten, weil der Geschäftsablauf und die von der Vorinstanz hervorgehobenen Gründe für die gewählte Geschäftsabwicklung im Gegenteil die besondere Bedeutung und Wichtigkeit der beigestellten Einzelteile ersichtlich machen. Unter dem hier herausgestellten Gesichtspunkt der mangelnden Nämlichkeit zwischen erworbener und weitergelieferter Ware ist auch nicht so sehr die Unterscheidung in Hauptstoffe und Nebenstoffe von entscheidender Bedeutung, weil auch beigestellte Nebenstoffe aus dem Leistungsaustausch zwischen Auftraggeber und Hersteller ausscheiden und Änderungen in der Nämlichkeit die Vergünstigung des § 7 Abs. 3 UStG ausschließen. Eine andere Beurteilung könnte nur gerechtfertigt sein, wenn es sich um ganz geringfügige Zutaten handelt, die nicht so sehr der Herstellung des Werks als vielmehr der Verpackung und dem besseren Vertrieb des Gegenstands der Werklieferung dienen. Solchenfalls wirkt der Auftraggeber durch seine Beistellungen im wesentlichen auf den Absatz der Ware ein, im Streitfalle stellt die Bfin. wichtige und unentbehrliche Teile des Gesamtwerks für dessen Produktion bei. Hierin liegt auch die innere Rechtfertigung für die hier vertretene Auffassung, weil in diesem Falle der Großhändler nicht mehr im Rahmen seiner reinen Verteilerfunktion bleibt, die § 7 Abs. 3 UStG nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift allein begünstigen will.
Der Vorentscheidung war deshalb beizutreten und die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
BStBl III 1961, 325 |
BFHE 1962, 159 |