Leitsatz (amtlich)
1. Veräußert eine im Inland beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft ihren Anteil an einer inländischen Kommanditgesellschaft, so führt dies zur Auflösung etwa vorhandenen Sonderbetriebsvermögens. Anteilsveräußerung und Auflösung des Sonderbetriebsvermögens bilden insgesamt einen betriebsaufgabeähnlichen Vorgang. Die Wirtschaftsgüter sind auf den Zeitpunkt der Auflösung des Sonderbetriebsvermögens mit dem gemeinen Wert anzusetzen.
2. Dieser Beurteilung entspricht es, daß im vorstehenden Fall (1.) bei Begründung des Sonderbetriebsvermögens die Wirtschaftsgüter mit den für Einlagen geltenden Werten anzusetzen sind (Weiterentwicklung der Grundsätze im Urteil des erkennenden Senats vom 18. Juli 1979 I R 199/75, BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750).
2. Der inländischen Besteuerung der in den Wirtschaftsgütern des aufgelösten Sonderbetriebsvermögens ruhenden stillen Reserven steht das DBA-Niederlande nicht entgegen.
Normenkette
EStG 1967 § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nrn. 4-5, § 16; KStG a.F. § 16 Abs. 2; DBA NLD Art. 5, 8
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden. Sie war Kommanditistin der inländischen S-GmbH & Co. KG (KG) und gleichzeitig Gesellschafterin der S-GmbH (GmbH), die persönlich haftende Gesellschafterin der KG war. Die GmbH hatte ihr unbewegliches und bewegliches Anlagevermögen an die KG als Betriebsgesellschaft verpachtet. Die Klägerin war an der KG und an der GmbH zuletzt zu 41,03 v. H. beteiligt. Weitere Kommanditisten waren drei amerikanische bzw. niederländische Gesellschaften. Mit Vertrag vom 30. November 1967 brachten alle Kommanditisten ihre Kommanditanteile in die GmbH gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte ein. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, daß die KG mit dem Wirksamwerden der letzten Übertragung erloschen und voll beendet war. Unstreitig ist auch, daß die Veräußerung des Anteils der Klägerin an der KG an die GmbH zu einer Besteuerung führt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) ging davon aus, daß die GmbH-Anteile der Klägerin an der KG mit deren Beendigung entnommen worden seien. Das FA ermittelte entsprechende stille Reserven und bezog den Veräußerungsgewinn in die Besteuerung mit ein. Im Bescheid über die einheitliche Feststellung der Gewinne der KG für das Jahr 1967 vom 3. Januar 1980 sind der Klägerin ein laufender Verlust von 472 844 DM und ein Veräußerungsgewinn von 723 704 DM zugerechnet worden.
Die Klägerin stellt nicht in Frage, daß ihre Anteile an der Komplementär-GmbH als notwendiges Sonderbetriebsvermögen anzusehen seien. Sie meint aber, daß bei Aufgabe des Betriebs der KG gleichwohl insoweit kein Entnahmegewinn besteuert werden dürfe, da die GmbH-Anteile in ihr niederländisches Betriebsvermögen "zurückgefallen" seien. Das Besteuerungsrecht stehe den Niederlanden zu.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus: Bei dem Ausscheiden der Anteile der Klägerin an der GmbH, die zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen bei der KG gehört hätten, aus dem Betriebsvermögen der KG sei insoweit ein Betriebsaufgabegewinn der KG realisiert worden. Der gemeine Wert für nicht veräußerte Wirtschaftsgüter sei bei der Betriebsaufgabe auch dann anzusetzen, wenn diese in ein anderes Betriebsvermögen überführt würden oder lediglich aus dem aufgegebenen Betriebsvermögen ausschieden, ohne Betriebsvermögen zu werden, d. h. auch dann, wenn diese Wirtschaftsgüter nicht handelsrechtlich, sondern lediglich steuerrechtlich zum inländischen Betriebsvermögen gehört hätten und infolge der Betriebsaufgabe nun auch steuerrechtlich in das ausländische Betriebsvermögen der Anteilsinhaberin gelangten. -- Die Einbeziehung des zu der Betriebsaufgabe gehörenden Ausscheidens der GmbH-Anteile aus dem inländischen Betriebsvermögen der KG in die deutsche Besteuerung sei nicht durch das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete (DBA-Niederlande) vom 16. Juni 1959 (BGBl II 1960, 1782) ausgeschlossen. Nach Art. 5 Abs. 1 DBA-Niederlande stehe der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) das Besteuerungsrecht zu.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das FG habe die §§ 4 Abs. 1, 15 und 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie die Art. 5 und 8 DBA-Niederlande verletzt.
Die Klägerin beantragt, den Gewinnfeststellungsbescheid 1967 vom 3. Januar 1980 sowie das Urteil des FG vom 28. September 1981 aufzuheben mit der Maßgabe, daß der einheitliche Gewinn für 1967 sowie der auf die Klägerin entfallende Veräußerungsgewinn jeweils um 202 200 DM herabgesetzt würden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I.
1. Das FG hat zutreffend dargelegt, daß die Klägerin als Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hatte, mit ihren inländischen Einkünften beschränkt steuerpflichtig war (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes -- KStG -- 1965). Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu versteuern ist, bestimmt sich für die im Streitjahr 1967 geltende Rechtslage gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den Vorschriften des EStG. Zu diesen gehört auch § 49 EStG 1967 (vgl. für die jetzt geltende Rechtslage nach § 8 KStG 1981 Körperschaftsteuer-Richtlinien -- KStR -- 1981 Abschn. 26 Abs. 1 Nr. 1).
2. Die Klägerin hatte Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15, 16 EStG) erzielt, für den im Inland eine Betriebsstätte -- die Betriebsstätte der KG -- unterhalten worden war (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1967 i. V. m. § 16 des Steueranpassungsgesetzes -- StAnpG --, jetzt § 12 der Abgabenordnung -- AO 1977 --). Die Klägerin hatte inländische Einkünfte aus Gewerbebetrieb einmal aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 1 Nr 2 EStG) sowie aus der damit notwendig zusammenhängenden Auflösung ihres Sonderbetriebsvermögens.
a) Die Besteuerung der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils zieht die Klägerin nicht in Zweifel. Im Gegensatz zur Auffassung des FG ist nicht die Betriebsaufgabe der KG der entscheidende Besteuerungstatbestand. Richtig mag sein, daß die KG zu bestehen aufgehört hatte, nachdem sämtliche Kommanditisten ihre Gesellschaftsanteile an der KG auf die Komplementär-GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten übertragen hatten. Dies wäre aber erst die Folge der Veräußerung sämtlicher Mitunternehmeranteile der Kommanditisten. Der Streitfall kann nicht anders beurteilt werden, wie wenn lediglich die Klägerin ihren Mitunternehmeranteil an die Komplementär-GmbH übertragen haben würde, die KG also mit weiteren Gesellschaftern fortbestanden hätte.
b)Unter § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1967 fallen auch Einkünfte aus dem Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter (Mitunternehmer). Dazu gehören u. a. Wirtschaftsgüter, die unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung eines Gesellschafters eingesetzt werden oder werden sollen (sog. Sonderbetriebsvermögen II; Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 24. September 1976 I R 149/74, BFHE 120, 208, BStBl II 1977, 69, und vom 5. Dezember 1979 I R 184/76, BFHE 129, 169, BStBl II 1980, 119). Das Sonderbetriebsvermögen ist in die Ermittlung der Einkünfte des Gesellschafters (Mitunternehmer) nach § 15 Nr. 2 EStG im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung einzubeziehen. Das gilt auch dann, wenn die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens selbst zu einem Betriebsvermögen des Gesellschafters (Mitunternehmer) gehören. Wie der erkennende Senat im Urteil vom 18. Juli 1979 I R 199/75 (BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750) im einzelnen dargelegt hat, ist die Bilanzierungskonkurrenz im Sinne eines Vorrangs der Mitunternehmerschaft zu lösen, d. h. § 15 Nr. 2 EStG gilt nicht subsidiär, sondern ist als eine alle Mitunternehmerschaften betreffende Zuordnungsregelung aufzufassen (vgl. auch Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, München 1982, § 15 Tz. 82). Wie der erkennende Senat im Urteil in BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750 weiter dargelegt hat, gelten diese Grundsätze auch dann, wenn Gesellschafter (Mitunternehmer) eine Kapitalgesellschaft ist, und zwar auch, wenn diese ihren Sitz (ihre Geschäftsleitung) im Ausland hat.
c)Die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist auf seiten des Veräußerers eine Handlung, die zur Auflösung seines mit der Beteiligung an der Personengesellschaft zusammenhängenden Sonderbetriebsvermögens und damit zur Besteuerung der in den Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens ruhenden stillen Reserven führt (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1975 IV R 115/73, BFHE 115, 495, BStBl II 1975, 580). Im Streitfall ist diese Rechtsfolge eingetreten.
Die Besteuerung der stillen Reserven bei Auflösung des Sonderbetriebsvermögens bedarf der gesetzlichen Grundlage. Diese kann insbesondere entweder in den Regelungen der Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) oder der Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG) zu erblicken sein.
Mit Begriff und Zweck der Entnahme und der Betriebsaufgabe hat sich der Große Senat des BFH in seinem Beschluß vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73 (BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168) im einzelnen befaßt. Eine Entnahme ist gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Bereich in den privaten Bereich übergeht oder wenn es innerhalb des betrieblichen Bereichs von einem Betrieb oder Betriebsteil in einen anderen übergeht und dabei eine spätere steuerliche Erfassung der im Buchansatz für dieses Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven nicht gewährleistet ist. Zweck der Entnahmevorschrift ist es vor allem, die Besteuerung der stillen Reserven sicherzustellen. Eine Entnahme setzt voraus, daß eine Entnahmehandlung vorliegt; dazu reicht ein schlüssiges Verhalten des Steuerpflichtigen aus, durch das die Verknüpfung des Wirtschaftsguts mit dem Betriebsvermögen gelöst wird. In besonders gelagerten Fällen kann auch ein Rechtsvorgang genügen, der das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheiden läßt (BFHE 114, 194, 195, BStBl II 1975, 171, mit ausführlichen Hinweisen auf die Rechtsprechung des BFH). Auch bei der Betriebsaufgabe ist es u. a. ein wesentliches Ziel, die Erfassung der stillen Reserven sicherzustellen, die andernfalls der inländischen Besteuerung verlorengingen. Die Betriebsaufgabe ist ihrem wesentlichen Charakter nach ein Entnahmevorgang eigener Art (Totalentnahme). Deshalb müssen hinsichtlich des Ausscheidens der Wirtschaftsgüter aus dem Betrieb die gleichen Voraussetzungen vorliegen wie bei einer Entnahme. Eine Betriebsaufgabe liegt jedenfalls dann vor, wenn der Betrieb als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört (BFHE 114, 196, BStBl II 1975, 171).
Veräußert ein Gesellschafter (Mitunternehmer) seinen Anteil an der Gesellschaft (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und löst er damit zwangsläufig sein Sonderbetriebsvermögen auf, so könnte dieser Vorgang in die Anteilsveräußerung einerseits und die Entnahmen der Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens andererseits aufgespalten werden. Der wirtschaftlichen Einheit dieses Gesamtvorganges entspricht es jedoch nach Auffassung des erkennenden Senats mehr, in diesem Fall einen betriebsaufgabeähnlichen Vorgang anzunehmen. Dies ist vor allem deshalb gerechtfertigt, weil das Sonderbetriebsvermögen aus einer Mehrzahl von Wirtschaftsgütern bestehen kann. Der Gesellschafter (Mitunternehmer) beendet über die Veräußerung seines Anteils an der Gesellschaft (Mitunternehmergemeinschaft) hinaus sein gesamtes, mit der Beteiligung an der Personengesellschaft (Mitunternehmergemeinschaft) bisher verbundenes unternehmerisches Engagement. Die Deutung dieses Geschehens als betriebsaufgabeähnlicher Vorgang hat zur Folge, daß dann, wenn der Gesellschafter (Mitunternehmer) der Einkommensteuer unterliegt, für den gesamten Vorgang (Anteilsveräußerung und Auflösung des Sonderbetriebsvermögens) die Steuervergünstigung des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG eingreift. Werden die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens nicht veräußert, so ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe anzusetzen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG).
d)Damit sind im Streitfall die Voraussetzungen eines als Betriebsaufgabe zu wertenden Vorgangs gegeben mit der Folge, daß die in den GmbH-Anteilen der Klägerin ruhenden stillen Reserven im Zeitpunkt der Veräußerung der Mitunternehmeranteile im Sinne des § 16 EStG (Einbringung der Kommanditanteile in die GmbH gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte) aufzulösen und zu besteuern sind. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die GmbH-Beteiligung falle nach Beendigung der Zuordnung zur Gewinnermittlung der Mitunternehmergemeinschaft wieder in das eigene Betriebsvermögen der Klägerin zurück. Dieser Vorgang ist einkommensteuerrechtlich -- wie dargelegt -- als Folge einer Betriebsaufgabe zu werten, deren Zweck gerade darin besteht, in Wirtschaftsgütern ruhende stille Reserven deshalb zu erfassen, weil sie andernfalls der inländischen Besteuerung entgingen. Diese Rechtsfolge betrifft nicht nur Ausländer, sondern gleichermaßen inländische natürliche Personen, die ihren Anteil an einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) veräußern und dadurch ihr Sonderbetriebsvermögen auflösen.
Der Senat sieht sich in dieser Beurteilung bestätigt durch den Rechtsgedanken, wie er der Vorschrift des § 16 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 KStG a. F., diese wiederum i. V. m. § 14 KStG a. F., zugrunde liegt. Wird danach die inländische Betriebsstätte einer beschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft aufgelöst, so sind die einzelnen Wirtschaftsgüter dieser Betriebsstätte mit dem gemeinen Wert der inländischen Körperschaftsteuer zu unterwerfen.
e)Allerdings können die vom erkennenden Senat im Urteil in BFHE 128, 516, BStBl II 1979, 750 ausgesprochenen Grundsätze über die Bewertung der Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens bei der Gewinnermittlung der Mitunternehmergemeinschaft in Fällen der vorliegenden Art nicht uneingeschränkt übernommen werden. Der erkennende Senat hat a. a. O. ausgesprochen, daß ein Wirtschaftsgut, das in der eigenen Handelsbilanz des Gesellschafters ausgewiesen ist, mit seinem Buchwert in das Sonderbetriebsvermögen einzustellen sei. Dieser Gedanke fußt auf der Voraussetzung, daß bei der Auflösung des Sonderbetriebsvermögens das Wirtschaftsgut in das eigene Betriebsvermögen "zurückfällt" und daß dabei die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Dies bezog sich -- wie der erkennende Senat bereits a. a. O. deutlich gemacht hat -- nur auf inländische Unternehmen. Etwas anderes muß dann gelten, wenn -- wie im Streitfall -- der Gesellschafter (Mitunternehmer) ein beschränkt steuerpflichtiges Unternehmen ist. Ist in diesem Fall -- wie dargelegt -- die Auflösung des Sonderbetriebsvermögens als Betriebsaufgabe zu beurteilen, so hat dies auch Auswirkungen auf den Wertansatz des Wirtschaftsguts in der Gesamtbilanz der Mitunternehmergemeinschaft. Die Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen darf in solchen Fällen nicht bewirken, daß -- z. B. bei Veräußerung der GmbH-Anteile während des Bestehens der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft -- die stillen Reserven versteuert werden, die vor Begründung des Sonderbetriebsvermögens im eigenen (ausländischen) Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen entstanden waren. Dem Ansatz des gemeinen Werts der Wirtschaftsgüter bei Auflösung des Sonderbetriebsvermögens entspricht es, daß das Wirtschaftsgut -- sobald es Sonderbetriebsvermögen wird -- nach den für Einlagen geltenden Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG zu bewerten ist.
Im Streitfall ist bei der Auflösung des Sonderbetriebsvermögens den GmbH-Anteilen ein Nominalwert von 202 200 DM als Buchwert zugrunde gelegt worden. Der Veräußerungsgewinn wurde auf der Grundlage von zeitnahen entgeltlichen Anteilsübertragungen mit 200 v. H. als Veräußerungsgewinn errechnet. Dies ergibt sich aus Tz. 36 des Betriebsprüfungsberichts, auf den das FG ausdrücklich Bezug genommen hat. Der Senat hat keine Veranlassung, in Frage zu stellen, daß der angesetzte Nominalwert den für Einlagen geltenden Wertgrundsätzen entspricht.
3. Der Klägerin kann auch nicht darin beigetreten werden, daß die Rechtsprechung des BFH dem aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip hergeleiteten Bestimmtheitsgrundsatz widerspreche.
Dem Bestimmtheitsgrundsatz ist bei Steuerrechtsnormen genügt, wenn der Gesetzgeber die wesentlichen Bestimmungen über die Steuer oder Abgabe mit hinreichender Genauigkeit trifft; er braucht nicht jede einzelne Frage zu entscheiden und ist hierzu angesichts der Kompliziertheit der zu erfassenden Vorgänge vielfach auch gar nicht in der Lage. Vielmehr ist es Sache der Verwaltungsbehörden und Gerichte, die bei der Gesetzesanwendung mangels ausdrücklicher Regelungen auftauchenden Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden zu beantworten. Eine solche Auslegungsbedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- vom 14. März 1967 1 BvR 334/61, BVerfGE 21, 209, BStBl III 1967, 357).
Es trifft zu, daß die Besteuerung der Gesellschafter (Mitunternehmer) im Gesetz nicht in allen Beziehungen ausdrücklich geregelt ist. Die Vorschriften der §§ 4, 15 und 16 EStG bieten jedoch einen hinreichenden Rahmen, der es der Rechtsprechung ermöglicht, im Wege der konkretisierenden Rechtsfindung die Regeln für die Besteuerung der Mitunternehmer aus dem Gesetz herzuleiten.
II.
Das aufgrund der beschränkten Steuerpflicht der Klägerin begründete innerstaatliche Besteuerungsrecht wird im Streitfall nicht durch die Bestimmungen des DBA-Niederlande ausgeschlossen.
Der Klägerin ist darin zuzustimmen, daß DBA in erster Linie aus sich selbst heraus auszulegen sind. Vorrang haben die im DBA selbst enthaltenen Definitionen. Weiter ist der Sinnzusammenhang zu ermitteln, in dem die einzelnen Bestimmungen des DBA zueinander stehen. Erst in zweiter Linie ist auf die Grundsätze des innerstaatlichen Rechts abzustellen, insbesondere aber insoweit, als das DBA selbst die Maßgeblichkeit des Rechts der Vertragsstaaten anordnet. Nach Art. 2 Abs. 2 DBA-Niederlande wird bei der Anwendung "dieses Abkommens" durch einen der Vertragsstaaten "jeder Begriff, der nicht in diesem Abkommen bestimmt worden ist, die Auslegung erfahren, die sich aus den Gesetzen ergibt, die in dem Vertragsstaat in Kraft sind und sich auf Steuern im Sinne dieses Abkommens beziehen, falls der Zusammenhang keine andere Auslegung erfordert". Diese Auslegungsgrundsätze hat das FG nicht verletzt.
1. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht auf Art. 8 DBA-Niederlande.
Bezieht eine Person mit Wohnsitz (vgl. für juristische Personen: Ort ihrer Leitung oder ihres Sitzes, Art. 3 Abs. 5 DBA-Niederlande) in einem der Vertragsstaaten Einkünfte aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, so hat, wenn sie ihren Wohnsitz in dem anderen Staat hat, der erstgenannte Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte. Diese Bestimmung kommt hier unmittelbar schon deshalb nicht zur Anwendung, weil keine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft veräußert wurde. Sie greift im übrigen auch deshalb nicht ein, weil die GmbH-Anteile zu einem inländischen Sonderbetriebsvermögen gehören. Denn nach Art. 8 Abs. 2 gilt Abs. 1 nicht, wenn eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten eine Betriebsstätte in dem anderen Staat hat und Einkünfte durch diese Betriebsstätte erzielt. In diesem Fall hat der andere Staat das Besteuerungsrecht für diese Einkünfte. Daß die Klägerin als Gesellschafterin (Mitunternehmerin) der inländischen KG im Inland eine Betriebsstätte hatte, hat der erkennende Senat bereits unter I. dargelegt. Für die Auslegung des DBA kann nichts anderes gelten. Die Frage, wem eine Betriebsstätte zuzurechnen ist, regelt das DBA-Niederlande nicht abschließend. Daher kommt Art. 2 Abs. 2 des Abkommens zur Anwendung. Dort wird (mindestens sinngemäß) auf das Recht des Staates verwiesen, nach dem die Frage der Zurechnung einer Betriebsstätte im Einzelfall zu beurteilen ist. Dies ist hier das innerstaatliche Recht der Bundesrepublik. Danach ist entscheidend, ob die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Sonderbetriebsvermögen bei einer inländischen Personengesellschaft zu erfassen und für diesen Vorgang die inländische Betriebsstätte der entscheidende Anknüpfungspunkt ist.
2. Das FG hat zutreffend dargelegt, daß das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik für die Entnahme bei Auflösung des Sonderbetriebsvermögens aus Art. 5 Abs. 1 und 3 DBA-Niederlande herzuleiten ist.
Bezieht eine Person mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten als Unternehmer oder Mitunternehmer Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen, dessen Wirkung sich auf das Gebiet des anderen Staates erstreckt, so hat der andere Staat das Besteuerungsrecht für die Einkünfte nur insoweit, als sie auf eine dort befindliche Betriebsstätte des Unternehmens entfallen. An diese (hier inländische) Betriebsstätte ist nach Art. 5 DBA-Niederlande anzuknüpfen. Nach Art. 5 Abs. 3 DBA-Niederlande gilt Abs. 1 sowohl für die durch unmittelbare Verwaltung als auch für die durch Vermietung, Verpachtung und jede andere Art der Nutzung des gewerblichen Unternehmens erzielten Einkünfte sowie für Einkünfte aus der Veräußerung eines Betriebs im ganzen, eines Anteils am Unternehmen, eines Teils des Betriebs oder eines Gegenstandes, der im Betrieb benutzt wird.
Die Klägerin hat einen Anteil am Unternehmen der KG veräußert. Dieser Fall ist in Abs. 3 des Art. 5 besonders erwähnt. Die Auflösung des Sonderbetriebsvermögens ist die notwendige Folge dieser Veräußerung. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte im DBA-Niederlande ist auch in diesem Fall entscheidend, daß das innerstaatliche Recht die GmbH-Anteile als Sonderbetriebsvermögen der Klägerin bei der KG ansieht und diese der inländischen Betriebsstätte der KG zuordnet. Letztlich ergibt sich das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik im Streitfall daraus, daß es jedem Vertragsstaat überlassen bleibt zu bestimmen, was er als gewerbliche Einkünfte besteuern und wem er diese zurechnen will.
Fundstellen
Haufe-Index 74766 |
BStBl II 1983, 771 |
BFHE 1983, 548 |