Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohneigentumsförderung für Anbau an eine im Miteigentum stehende Wohnung
Leitsatz (NV)
Ist der Steuerpflichtige nur Miteigentümer der eigengenutzten Wohnung, steht ihm für einen Anbau an diese Wohnung die Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG nur anteilig entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu, auch wenn er die gesamten Herstellungskosten des Anbaus getragen hat.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1-2
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) ―zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute― bewohnen gemeinsam ein Reihenhaus, an das sie im Jahr 1987 einen Anbau (Wintergarten) errichteten. Eigentümer des Grundstücks waren der Kläger und seine Mutter je zur Hälfte. Der Kläger hatte seinen Miteigentumsanteil von seinem verstorbenen Stiefvater geerbt.
Bei den Einkommensteuerveranlagungen für 1987 bis 1992 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) für den Anbau antragsgemäß jeweils einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 5 v.H. der Herstellungskosten (= 6 631 DM). Nach einer Außenprüfung änderte das FA die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1991 und 1992 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) und gewährte den Abzugsbetrag wegen des nur hälftigen Miteigentums an dem Grundstück nur noch zur Hälfte in Höhe von jeweils 3 316 DM. Die Einsprüche waren erfolglos.
Mit der Klage trugen die Kläger vor: Der Kläger sei in den Streitjahren wirtschaftlicher Eigentümer des Anbaus gewesen. Bereits durch Erbvertrag vom 24. Juli 1968 zwischen seiner Mutter und seinem Stiefvater sei er als Alleinerbe sowohl seines Stiefvaters als auch seiner Mutter bestimmt worden. Nach dem Tod des Stiefvaters habe die Mutter durch notarielles Testament vom 16. Januar 1978 die Alleinerbeneinsetzung des Klägers bestätigt. Damals sei mit der Mutter auch vereinbart worden, dass ihm das alleinige Recht zur Nutzung des Gebäudes und das Verwaltungsrecht zustehe, die Mutter sich jeder Verfügung über ihren Anteil enthalte, die Erbeinsetzung nicht widerrufbar sei und der Kläger alle Kosten zu tragen habe. Zum Beweis seiner Behauptung legte der Kläger eine schriftliche Erklärung vom 10. April 1996 vor, in der die Mutter diese Angaben bestätigte.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus:
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei dem Steuerpflichtigen ein Gebäude nicht deshalb abweichend vom zivilrechtlichen Eigentum zuzurechnen, weil er dessen Herstellungskosten getragen habe und es nutzen dürfe. Nur bei überprüfbaren und vor Baubeginn getroffenen Vereinbarungen über die voraussichtliche Nutzungsdauer des Gebäudes komme wirtschaftliches Eigentum in Betracht (BFH-Urteil vom 27. November 1996 X R 92/92, BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97). Eine derartige im Voraus getroffene und überprüfbare vertragliche Vereinbarung habe der Kläger nicht vorlegen können. Allein die Bestätigung der Mutter vom 10. April 1996 genüge nicht. Im Übrigen könne sich die vom Kläger behauptete Vereinbarung aus dem Jahr 1978 nicht auf den 9 Jahre später erstellten Anbau bezogen haben. Die jederzeit änderbare Einsetzung als Alleinerbe begründe kein wirtschaftliches Eigentum.
Im Revisionsverfahren tragen die Kläger im Wesentlichen vor: Die mit der Mutter im Jahr 1978 getroffene Nutzungsvereinbarung habe auch für den im Jahr 1987 angebauten Wintergarten gegolten. Eine neue Vereinbarung sei nicht erforderlich gewesen. Auch wenn die ursprüngliche Vereinbarung nicht mehr vorgelegt werden könne, so sprächen doch die äußeren Umstände für deren Abschluss. Der Kläger habe die tatsächliche Sachherrschaft, die auch durch den Tod der Mutter nicht beeinträchtigt würde. Im Jahr 1998 habe die Mutter zudem ihren Anteil dem Kläger schenkweise übertragen. In der Urkunde sei festgestellt, dass der Besitz bereits übergeben worden sei. Sinngemäß lägen die Voraussetzungen des BFH-Urteils in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97 vor.
Die Kläger beantragen, das finanzgerichtliche Urteil sowie die Einspruchsentscheidung aufzuheben und unter Änderung der Einkommensteuerbescheide für 1991 und 1992 jeweils einen Abzugsbetrag in Höhe von 6 631 DM zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
Zu Recht hat es das FG abgelehnt, dem Kläger die Abzugsbeträge in voller Höhe zu gewähren.
1. Nach § 10e Abs. 2 EStG gilt für Herstellungskosten zu eigenen Wohnzwecken genutzter Ausbauten und Erweiterungen an einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung § 10e Abs. 1 EStG entsprechend. Das bedeutet, dass die in Absatz 1 für die Begünstigung von Herstellungskosten einer Wohnung aufgestellten Voraussetzungen sinngemäß auf Ausbauten und Erweiterungen anzuwenden sind.
a) Nach § 10e Abs. 1 Satz 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen für die Herstellungskosten einer Wohnung ein Abzugsbetrag lediglich zu, wenn es sich um eine Wohnung im eigenen Haus oder um eine eigene Eigentumswohnung handelt. Aufgrund der durch § 10e Abs. 2 EStG angeordneten sinngemäßen Geltung sind deshalb Herstellungskosten für Ausbauten/Erweiterungen ebenfalls nur begünstigt, wenn sie eine Wohnung im eigenen Haus oder eine eigene Eigentumswohnung betreffen. Der Steuerpflichtige muss zivilrechtlicher oder zumindest wirtschaftlicher Eigentümer der (ausgebauten/erweiterten) Wohnung sein (Senatsurteil vom 7. März 2001 X R 82/95, BStBl II 2001, 481).
b) Es kann im Streitfall dahinstehen, ob derjenige, der auf einem fremden Grundstück auf eigene Kosten baut, ―abweichend von dem Senatsurteil in BFHE 182, 104, BStBl II 1998, 97― als wirtschaftlicher Eigentümer zur Inanspruchnahme der Wohneigentumsförderung berechtigt sein kann, wenn das Recht zur Nutzung des Gebäudes nicht eindeutig vor Baubeginn vereinbart worden ist. Denn der Kläger könnte wirtschaftliches Eigentum ―das grundsätzlich auch an einem realen Gebäudeteil möglich ist (Senatsurteil vom 28. Juli 1999 X R 116/96, BFH/NV 2000, 182)― nur an dem Anbau erlangt haben, dessen Kosten er allein getragen hat. Wirtschaftliches Eigentum an einem Ausbau oder einer Erweiterung allein berechtigt aber ―wie unter II. 1. a dargelegt― nicht zur Inanspruchnahme der Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG. Vielmehr muss auch die (ausgebaute/erweiterte) Wohnung im (zivilrechtlichen oder zumindest wirtschaftlichen) Eigentum des Steuerpflichtigen stehen.
c) Nach dem ―für die Begünstigung von Ausbauten und Erweiterungen ebenfalls sinngemäß geltenden― § 10e Abs. 1 Satz 6 EStG kann der Miteigentümer einer eigengenutzten Wohnung nur den seinem Miteigentumsanteil entsprechenden Teil der Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 EStG abziehen. Ein Abzugsbetrag steht ihm daher nur für die anteiligen Herstellungs- oder Anschaffungskosten bis zu einem entsprechenden Teil des Höchstbetrags zu. Baut der Miteigentümer die eigengenutzte Wohnung aus oder erweitert sie, ist dementsprechend ―auch wenn er die gesamten Herstellungskosten für den Ausbau oder die Erweiterung getragen hat― nur der dem Miteigentumsanteil entsprechende Teil der Herstellungskosten für die Ermittlung des Abzugsbetrags nach § 10e Abs. 2 EStG zugrunde zu legen (Senatsurteil vom 7. März 2001 X R 147/97, BFH/NV 2001, 1235).
2. Zivilrechtlich war der Kläger als Rechtsnachfolger seines Stiefvaters nur zur Hälfte Miteigentümer des von ihm bewohnten Hauses geworden. Die Vereinbarung über die Befugnis zur Nutzung des gesamten Grundstücks und die Einsetzung als Alleinerbe machten den Kläger nicht zum wirtschaftlichen Eigentümer des der Mutter gehörenden Miteigentumsanteils. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH hat der schuldrechtlich Nutzungsberechtigte in der Regel kein wirtschaftliches Eigentum an dem ihm zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgut (z.B. Senatsurteil vom 12. April 2000 X R 20/99, BFH/NV 2001, 9, m.w.N.). Hieran ändert auch die Einsetzung des Klägers als Alleinerbe nichts, da die testamentarische Verfügung der Mutter ―wie das FG zutreffend ausgeführt hat― jederzeit hätte geändert werden können. An die Regelung im Erbvertrag, nach welcher der Kläger von seiner Mutter als Ersatzerbe nach seinem Stiefvater bestimmt worden war, war die Mutter nach dem Tod ihres Ehemannes nicht mehr gebunden, da die Bestimmungen des Erbvertrags nur "insoweit vertragsmäßig getroffen" waren, als sich die Eltern "gegenseitig bedacht" hatten.
Der Kläger kann auch nicht deshalb als wirtschaftlicher Eigentümer des der Mutter gehörenden Grundstücksanteils beurteilt werden, weil er sämtliche Kosten für den Anbau getragen hat. Insoweit könnte er allenfalls wirtschaftliches Eigentum an dem zivilrechtlich der Mutter zuzurechnenden Anteil des Anbaus erlangt haben. Die volle Grundförderung nach § 10e Abs. 2 EStG für einen Anbau steht dem Steuerpflichtigen ―wie unter II. 1. c ausgeführt― aber nur zu, wenn er (zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher) Alleineigentümer der Wohnung ist, an die er angebaut hat.
Fundstellen
Haufe-Index 664371 |
BFH/NV 2002, 175 |
HFR 2002, 196 |