Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Abgrenzung der Voraussetzungen, unter denen eine vom Darlehnsnehmer an den Darlehnsgeber oder an eine diesem nahestehende Person gezahlte Provision der Annahme der Unverzinslichkeit des Darlehns entgegensteht.
EStG 1953 § 7c.
Normenkette
EStG § 7c
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit der von zwei GmbH im Jahre 1952 hingegebenen Darlehen von 100.000 und 200.000 DM. Der Senat hat die beiden gleichliegenden Rechtsbeschwerdeverfahren mit Zustimmung der beiden GmbH zur einheitlichen Behandlung und Entscheidung verbunden.
Die beiden GmbH gaben am 30. Dezember 1952 auf Grund schriftlicher Vereinbarungen die bezeichneten Darlehen an eine Gemeinnützige Baugesellschaft AG zur Förderung des Wohnungsbaues. Laufende Zinsen wurden nicht vereinbart. Die Darlehen konnten mit monatlicher Frist erstmals zum 31. Dezember 1953 in jährlichen Teilbeträgen von höchstens 10 v. H. gekündigt werden. Die AG überwies im Januar 1953 auf das Privatkonto des am beiden GmbH wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers eine Provision für diese beiden Darlehen in Höhe von 8 v. H. der Nennbeträge = 24.000 DM.
Das Finanzamt sah in den Provisionen Zinszahlungen der AG an die beiden GmbH, die die GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zugewendet hätten. Es lehnte deshalb die Anwendbarkeit des § 7c EStG 1951 ab, setzte die Darlehnsforderungen der GmbH gegen die AG in den Bilanzen vom 31. Dezember 1952 und 1953 mit den abgezinsten Beträgen ein und erhöhte die Gewinne der beiden GmbH um die Provisionsbeträge von 8.000 und 16.000 DM.
Die beiden GmbH hielten § 7c EStG 1951 für anwendbar, weil die AG die Provisionen weder an die beiden GmbH noch an deren Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern an den Bruder des Gesellschafter-Geschäftsführers für dessen Vermittlungstätigkeit gezahlt habe und weil, selbst wenn die Provisionen den beiden GmbH zuzurechnen seien, einmalige Vergütungen nicht als Zinsen behandelt werden dürften.
Die Berufungen hatten im wesentlichen Erfolg. Das Finanzgericht kam auf Grund der Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen zu dem Ergebnis, daß die Provisionen nicht an den Bruder des Gesellschafter-Geschäftsführers für eine von ihm entfaltete Vermittlungstätigkeit gezahlt worden seien und daß die AG keine Veranlassung gehabt habe, an ihn Provisionen zu zahlen. Die AG habe sich nur den beiden GmbH gegenüber verpflichtet gefühlt und sei bereit gewesen, die den beiden GmbH zustehenden Provisionen an einen von diesen bezeichneten Dritten zu zahlen. Die beiden GmbH hätten über die ihnen zustehenden Provisionsansprüche dadurch verfügt, daß sie die Überweisung auf das Konto ihres Gesellschafter-Geschäftsführers erbeten hätten. Hierin lägen verdeckte Gewinnausschüttungen der beiden GmbH an den Gesellschafter-Geschäftsführer, die dem Gewinn 1952, nicht 1953, zugerechnet werden müßten. Unrichtig sei aber die Auffassung des Finanzamts, daß die Darlehen nicht die Voraussetzungen der Abzugsfähigkeit nach § 7c EStG 1951 erfüllten. Denn einmal bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Hingabe der Darlehnsbeträge und der Zahlung der Provisionen. Ferner könnten solche Provisionen nicht Zinsen gleichgestellt werden, weil sie nur einen einmaligen Vorteil darstellten. Es liege keine unmittelbare Vergütung der AG an die beiden GmbH für die Gewährung der Darlehen, sondern ein neben dem Darlehnsgeschäft einhergehender zusätzlicher Vorgang vor, der die beiden GmbH veranlaßt habe, ihr Geld gerade bei der AG anzulegen.
Der Vorsteher des Finanzamts rügt in seinen Rbn., daß das Finanzgericht keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Gewährung der Darlehen und der Provisionen angenommen und die Provisionen wirtschaftlich nicht als Zinsen angesehen habe. Er beantragt, die Einspruchsentscheidungen wiederherzustellen. Die beiden GmbH erstreben mit ihren Anschlußbeschwerden eine Verminderung ihres Gewinns 1952 um die vom Finanzgericht als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelten Provisionsbeträge von 8.000 + 16.000 DM = 24.000 DM. Diese Provisionen seien von der AG unmittelbar dem Gesellschafter-Geschäftsführer für seine Tätigkeit im Interesse der AG gezahlt worden.
Entscheidungsgründe
Die Rbn. des Vorstehers des Finanzamts sind zum Teil begründet. Die Anschlußbeschwerden sind unbegründet.
Die Abzugsfähigkeit der 7c-Darlehen hängt davon ab, ob die Darlehnsbeträge von den beiden GmbH an die AG unverzinslich gewährt wurden (ß 7c EStG 1951). Die Feststellung des Finanzgerichts, daß die Provisionsansprüche den beiden GmbH zustanden und daß die GmbH über diese ihnen gebührenden und zustehenden Ansprüche zugunsten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers verfügten, ist nicht zu beanstanden. Da die beiden GmbH ihre ursprüngliche Behauptung, daß die Provisionen an den Bruder des Gesellschafter-Geschäftsführers für dessen Vermittlungstätigkeit gezahlt worden seien, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und nach den tatsächlichen Ermittlungen des Finanzgerichts nicht mehr aufrechterhalten können, ist davon auszugehen, daß die Verhandlungen über die steuerbegünstigte Anlage der den beiden GmbH zur Verfügung stehenden flüssigen Mittel von ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer mit der AG geführt wurden. Diese Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers fiel in den Rahmen seiner auf Grund der Anstellungsverträge den beiden GmbH geschuldeten Dienstleistungen. Wenn sich deshalb die AG bei diesen Verhandlungen bereit erklärte, 8 v. H. der Darlehnssumme dafür zu zahlen, daß die Darlehnsverträge mit den beiden GmbH gerade mit ihr zustande kamen, so stand dieser Vorteil den beiden GmbH auch dann zu, wenn die AG im Einvernehmen mit allen Beteiligten die Provisionen an den Gesellschafter-Geschäftsführer persönlich zahlen sollte. Es mag zwar Fälle geben, in denen auch einem Gesellschafter-Geschäftsführer ein zusätzliches Entgelt für eine bestimmte Dienstleistung im Interesse der Kapitalgesellschaft mit steuerlicher Wirkung neben seinem Gehalt gewährt werden darf. Entscheidend kommt es dann auf die auf tatsächlichem Gebiet liegende Feststellung an, ob bei sonst gleichliegenden Verhältnissen die Kapitalgesellschaft einem fremden Geschäftsführer einen gleichen Vorteil gewährt hätte. Im vorliegenden Fall wurden keine besonderen Umstände dafür dargetan, daß die GmbH damit einverstanden gewesen wären, daß die möglichst günstige und vorteilhafte Anlage ihrer flüssigen Mittel durch einen ihnen fremd gegenüberstehenden Geschäftsführer zu einer Sondervergütung von 24.000 DM für den Geschäftsführer geführt hätte. Die Anlage solcher Mittel erforderte auf seiten der Darlehnsgeber keine besondere Mühewaltung und Geschicklichkeit, weil die Nachfrage nach ß 7c-Mitteln das Angebot bei weitem überstieg. Man muß deshalb davon ausgehen, daß die Provisionen bei der Führung der Verhandlungen durch einen fremden Geschäftsführer in voller Höhe den beiden GmbH und nicht ihrem Geschäftsführer zugeflossen wären. In der Überlassung der Provisionen liegen deshalb verdeckte Gewinnausschüttungen der beiden GmbH an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, die die Gewinne der GmbH nicht mindern dürfen.
Geht man mit dem Finanzgericht davon aus, daß die Provisionen den beiden GmbH zustanden und die GmbH über ihre Ansprüche zugunsten ihres Gesellschafter-Geschäftsführers verfügten, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen Provisionen und der Gewährung der Darlehen bestand. Denn die AG zahlte die Provisionen ausschließlich dafür, daß sich die beiden GmbH durch ihren Gesellschafter-Geschäftsführer zur Hingabe der Darlehen gerade an die AG bereiterklärten.
Die Auffassung des Finanzgerichts, daß einmalige Vergütungen des Darlehnsempfängers an den Darlehnsgeber keine Darlehnszinsen darstellen könnten, ist unzutreffend. Zinsen sind zwar bürgerlich-rechtlich in der Regel die vom Schuldner einer Geldsumme fortlaufend zu entrichtenden Vergütungen für den Gebrauch des Kapitals, die in einem Hundertsatz des Kapitals bestimmt und für einen Zeitabschnitt bemessen sind. Provisionen sind schon deshalb in den meisten Fällen bürgerlich-rechtlich keine Zinsen, weil sie nicht zeitbestimmt sind. Aus dem Urteil des ReichsgerichtsV 190/38 vom 30. März 1939, Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 160 S. 71, ergibt sich indessen, daß auch bürgerlich-rechtlich einmalige Leistungen des Schuldners verschleierte Zinsen darstellen und auch sogenannte Provisionen zinsähnlichen Charakter haben können. Das muß erst recht für das Steuerrecht gelten, das der wirtschaftlichen Betrachtung eine größere Bedeutung beimißt als das bürgerliche Recht. Deshalb hat der Bundesfinanzhof zuletzt im Urteil IV 319/58 U vom 27. November 1958, BStBl 1959 III S. 76, Slg. Bd. 68 S. 194, in der Einräumung eines Nießbrauchsrechts im Zusammenhang mit der Gewährung eines 7c-Darlehens eine die Anwendung des § 7c EStG ausschließende Verzinsung gesehen. Zins im Sinne des ß 7c EStG ist grundsätzlich jeder geldwerte Vorteil, den der Darlehnsempfänger dem Darlehnsgeber mit Rücksicht auf die Darlehnsgewährung zuwendet, soweit nicht der gewährte Vorteil, z. B. der Erhalt einer Wohnung, mit dem Sinn und Zweck des § 7c EStG 1951 vereinbart werden kann. Im vorliegenden Fall hat die Provision den Charakter eines Damnums. Sie ist bei einer Umrechnung und Verteilung auf die Laufzeit der Darlehen unter Berücksichtigung der Abzinsung für vorzeitige Zahlung so hoch, daß sie nicht als steuerlich noch vertretbare unschädliche Nebenleistung neben einem unverzinslichen Darlehen angesehen werden kann, sondern in eine vorweggenommene, wenn auch geringe Verzinsung umgedeutet werden muß. Der Senat hält es aber in den Fällen, in denen der Darlehnsgeber durch die Darlehnshingabe keinerlei sonstige wirtschaftliche Vorteile, z. B. Wohnungen für Arbeitnehmer, erstrebt und an dem Darlehnsempfänger weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt ist noch ihm sonst nahesteht, für vertretbar, die Provision, wenn ihre Verteilung auf das gesamte Darlehen zu einer sehr niedrigen Verzinsung führt, unter Anwendung eines mäßigen Zinssatzes im Wege der Schätzung nur einem Teil des Darlehens als Zinsen zuzurechnen und den übrigen Teil des Darlehens als unverzinslich zu behandeln. Der Senat rechnet deshalb hier die Provision von 24.000 DM nur einem auf 3/5 der Darlehnssummen geschätzten Teilbetrag (120.000 + 60.000 = 180.000 DM) zu. Die Folge ist, daß 2/5 der Darlehnssummen (80.000 + 40.000 = 120.000 DM) als 7c-Darlehen abzugsfähig sind und daß insoweit eine Abzinsung nicht in Betracht kommt. Rückzahlungen auf die Darlehen sind zunächst auf die abzugsfähigen Teile der Darlehen zu verrechnen.
Fundstellen
Haufe-Index 409600 |
BStBl III 1960, 102 |
BFHE 1960, 273 |
BFHE 70, 273 |