Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Veranlassung von Wertpapiergeschäften im Rahmen einer Ehevermittlung und Partnervermittlung - Wertpapierhandel als Gewerbebetrieb oder als private Vermögensverwaltung: Abgrenzungskriterien, Termingeschäfte, Optionsgeschäfte
Leitsatz (amtlich)
1. Wertpapiere können gewillkürtes Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebes sein, wenn nicht bereits bei ihrem Erwerb erkennbar ist, daß sie dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen (Fortführung der bisherigen Rechtsprechung).
2. Branchenuntypische Termin- und Optionsgeschäfte sind dem betrieblichen Bereich regelmäßig auch dann nicht zuzuordnen, wenn generell die Möglichkeit besteht, damit Gewinne zu erzielen (Anschluß an das BFH-Urteil vom 11. Juli 1996 IV R 67/95, BFH/NV 1997, 114).
Orientierungssatz
1. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr als Voraussetzung eines selbständigen Gewerbebetriebs durch den Handel mit Wertpapieren (hier: Devisentermingeschäfte) setzt eine gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbare, auf Leistungsaustausch oder Güteraustausch gerichtete, Tätigkeit am Markt voraus. Verdeckte Differenzgeschäfte (Devisentermingeschäfte), die weder einen Anschaffungsvorgang noch einen Veräußerungsvorgang oder eine sonstige Leistung beinhalten, begründen keine Tätigkeit, die am Markt gegen Entgelt angeboten wird (vgl. BFH-Rechtsprechung). Dies gilt ebenso für Optionsgeschäfte.
2. Eine private vermögensverwaltende Tätigkeit kann ebenfalls die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen. Dabei ist nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen, ob die jeweilige Betätigung die Grenze zum Gewerbebetrieb überschreitet, indem die Umschichtung von Vermögenswerten und die Verwertung der Vermögenssubstanz in den Vordergrund tritt oder lediglich der Beginn bzw. das Ende einer auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit vorliegt (vgl. BFH-Rechtsprechung; Ausführungen zu einzelnen Abgrenzungskriterien).
3. Wertpapiergeschäfte auf eigene Rechnung gehören selbst in größerem Umfang im allgemeinen noch zur privaten Vermögensvorsorge und Vermögensverwaltung (im Streitfall: 21 Ankäufe und Verkäufe von Aktien, 14 Optionsgeschäfte und 14 Devisentermingeschäfte in 4 Jahren). Die Nutzbarmachung einschlägiger beruflicher Kenntnisse und Erfahrungen, die Erklärung der Absicht durch alsbaldige Wiederveräußerung Kursgewinne zu verwirklichen sowie die Durchführung des Ankaufs und Verkaufs durch Banken stehen der Vermögensverwaltung nicht entgegen. Dem Umstand der ausschließlichen Fremdfinanzierung kommt nur Bedeutung zu, wenn eine Eigenfinanzierung möglich gewesen wäre (vgl. BFH-Rechtsprechung).
4. Die Zurechnung von Wertpapieren zum gewillkürten Betriebsvermögen scheidet nicht allein deshalb aus, weil sie in spekulativer Absicht, mit Kredit erworben und Kursverluste billigend in Kauf genommen wurden.
5. Für die Beurteilung, ob zum Zeitpunkt der Buchung des Erwerbsvorgangs bereits erkennbar war, daß die Wertpapiere keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen werden, mithin nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen gehören, ist auf den Zeitpunkt der einzelnen Buchung abzustellen, wobei die Buchung der Wertpapiere in einem gesonderten Journal nur ausreichend ist, wenn die Organisation des Journals mit dem Ziel der Übernahme in den Jahresabschluß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht.
6. Branchenuntypische Termingeschäfte sind nur betrieblich veranlaßt, wenn sie der Absicherung unternehmensbedingter Kursrisiken dienen und nach Art, Inhalt und Zweck ein Zusammenhang mit dem Betrieb besteht, wobei das einzelne Termingeschäft nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umständen geeignet und dazu bestimmt sein muß, das Betriebskapital tatsächlich zu verstärken (vgl. BFH-Urteil v. 11.7.1996 IV R 67/95). Je weiter Art und Inhalt des Geschäfts von der Haupttätigkeit des Unternehmens entfernt ist, desto größer ist in der Regel die Gefahr eines Verlustes (im Streitfall: Ehevermittlung und Partnervermittlung). Unbedingte Termingeschäfte und Optionsgeschäfte scheiden auch unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Liquiditätsreserve im Falle branchenfremder Betätigungen als gewillkürtes Betriebsvermögen aus, da sie aufgrund ihres spekulativen Charakters in die Nähe von Spiel und Wette zu rücken sind (vgl. BGH-Urteil v. 11.7.1988 II ZR 355/87).
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1, 4, § 5
Verfahrensgang
Tatbestand
I. 1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) zu 1 und (gemeinsam mit seiner mit ihm zur Einkommensteuer veranlagten Ehefrau) zu 2 betreibt eine Ehe- und Partnervermittlung. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). 1988 bis 1991 erzielte er daraus Gewinne.
Im Jahr 1988 begann der Kläger mit dem An- und Verkauf von Aktien, von Aktien- und Dollaroptionsscheinen und mit der Durchführung von Devisentermingeschäften als Differenzgeschäfte. Alle Geschäfte tätigte er auf eigene Rechnung. Von 1988 bis 1991 führte er insgesamt 21 An- und Verkaufsgeschäfte mit Aktien, 14 An- und Verkäufe mit Aktien- oder Dollaroptionsscheinen und 14 Devisentermingeschäfte durch. Daraus ergaben sich Verluste. Die Geschäfte wurden über Kontokorrent und Darlehensaufnahmen ausschließlich fremdfinanziert.
Diese Wertpapier- und Devisengeschäfte erfaßte der Kläger buchmäßig in einem --von dem der Ehe- und Partnervermittlung getrennten-- amerikanischen Journal und anschließend im Jahresabschluß des Gewerbebetriebes "Ehe- und Partnervermittlung".
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ordnete nach einer Außenprüfung den Wertpapierhandel weder dem betrieblichen Bereich der Ehe- und Partnervermittlung zu noch erkannte er insoweit einen eigenständigen gewerblichen Betrieb des Klägers an und setzte die Einkommensteuer der Kläger zu 2 und den Gewerbesteuermeßbetrag des Klägers zu 1 für die streitigen Jahre entsprechend fest.
2. Die Klage blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) entschied, die Wertpapiere seien kein notwendiges, aber auch kein gewillkürtes Betriebsvermögen des Betriebs "Ehe- und Partnervermittlung" geworden. Wertpapieren könne zwar nicht grundsätzlich die Eignung abgesprochen werden, den Betrieb zu fördern. Dies gelte jedoch nur, wenn sie eine Funktion als Liquiditätsreserve erfüllen könnten. Dies wiederum setze voraus, daß es sich um risikofreie, leicht liquidierbare Papiere handele. Daran fehle es im Streitfall. Der Kläger habe mit den Wertpapieren keine Liquidität für den Betrieb sichern, sondern durch Teilnahme an Börsentransaktionen Einnahmen erzielen wollen. Diese spekulative Absicht habe er selbst eingeräumt.
Ein eigenständiger Gewerbebetrieb "Wertpapierhandel" scheitere, da die Grenze der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten sei. Diese Grenze sei nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu bestimmen. Bei der Verwaltung von Wertpapieren gehöre deren Umschichtung selbst in erheblichem Umfang regelmäßig noch zur Vermögensverwaltung. Gewerblichkeit könne erst bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden. Der Kläger erfülle zwar einige der dafür sprechenden Kriterien (z.B. die Finanzierung und das Ziel der Erzielung von Kursgewinnen). Es fehle aber an einer Organisationsstruktur, die die Betätigung des Klägers als bank- oder händlerüblich erscheinen lasse. Er habe für seine Wertpapiergeschäfte weder über ein eigenes Büro noch über Einrichtungen der Telekommunikation verfügt. Entscheidend sei zudem, daß der Kläger branchenfremd gewesen sei und keine einschlägige Ausbildung absolviert habe. Einschlägige Fachzeitschriften habe der Kläger nicht bezogen, das Studium des Wirtschaftsteils einer Tageszeitung sei nicht ausreichend. Maßgeblich sei weiterhin, daß der Kläger seine Tätigkeit nicht fremden Dritten gegenüber angeboten habe. Wie er selbst bekundet habe, habe er zuvor erst Erfahrungen sammeln wollen. Sonstige bankübliche Verhaltensweisen habe der Kläger nicht gezeigt. Insbesondere habe er bei nahezu allen Aktiengeschäften die Spekulationsfrist verstreichen lassen, also nicht gezielt auf Bewegungen des Marktes reagiert, was für einen gewerblichen Wertpapierhandel typisch sei. Bei einer Gesamtabwägung überwiege so das Bild der privaten Vermögensverwaltung.
Verluste aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) seien nicht anzusetzen, da es sich im Streitfall um Verluste auf der Vermögensebene, nicht dagegen der Einkunftsebene handele. Kursdifferenzen zum Nachteil des Klägers beträfen den Wert der eingesetzten Wertpapiere. Soweit die streitbefangenen Verluste innerhalb der Spekulationsfrist entstanden seien, seien sie gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 22 Nr. 2 EStG steuerlich nicht zu berücksichtigen. Kursgewinne aus dem An- und Verkauf von Aktien habe das FA unberücksichtigt gelassen. Devisentermingeschäfte unterlägen ohnehin nicht der Besteuerung.
Entsprechend sei der Gewerbeertrag des Betriebes "Ehe- und Partnervermittlung" des Klägers nicht um die streitbefangenen Verluste zu mindern.
3. Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie machen geltend, die Wertpapiere seien gewillkürtes Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes "Ehe- und Partnervermittlung" geworden. Sie seien erworben worden, um durch Kursgewinne das Unternehmen zu stärken und ihm für schwache Jahre eine entsprechende Kapitaldecke zu verschaffen. Im Zeitpunkt des Erwerbs sei für den Kläger nicht erkennbar gewesen, daß die Papiere ihm keinen Nutzen bringen würden. Finanzanlagen gehörten traditionell zu den üblichen Nebengeschäften eines Kaufmanns und stünden daher in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb, da sie geeignet seien, das Betriebskapital zu stärken.
Außerdem sei der Wertpapierhandel als eigenständiger Gewerbebetrieb zu beurteilen, da die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten seien. Beim An- und Verkauf von Wertpapieren sei nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. Juli 1990 I R 173/88 (BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66) das äußere Bild der Betätigung nur entscheidend, wenn sich aufgrund der sonstigen Kriterien keine zweifelsfreie Zuordnung ergebe. Im Streitfall lägen die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien für das Überschreiten einer privaten Vermögensverwaltung aber vor. Der Kläger habe kein Vermögen umgeschichtet, sondern den Wertpapierhandel ausschließlich fremd finanziert. Sein Ziel sei es gewesen, Kursdifferenzen zu realisieren, eine Fruchtziehung sei nicht beabsichtigt gewesen. Auf das Fehlen einer Organisationsstruktur oder sonstiger einschlägiger Merkmale sei somit nicht abzustellen. Zudem seien die An- und Verkäufe der Wertpapiere innerhalb der Spekulationsfrist erfolgt, der Kläger habe sehr empfindlich auf Markt- und Kursbewegungen reagiert. Ein Auftreten des Steuerpflichtigen in eigener Person sei nicht erforderlich, einer gewerblichen Betätigung stehe auch nicht entgegen, daß er nur auf eigene Rechnung handele. Ausreichend sei, wenn der An- und Verkauf von Wertpapieren von gewerblichen Unternehmen getätigt werde, zu deren Geschäft der Wertpapierhandel gehöre. Der Kläger habe drei verschiedene Banken beauftragt.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und entsprechend den vor dem FG zuletzt gestellten Anträgen zu entscheiden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Es führt aus, bei den Wertpapiergeschäften habe es sich weitaus überwiegend um Termingeschäfte und Optionsgeschäfte gehandelt, also um Risikogeschäfte, die den Charakter von Spiel und Wette aufwiesen. Derartige Geschäfte seien nicht geeignet, einen Gewerbebetrieb zu fördern.
Ein eigenständiger Gewerbebetrieb "Wertpapierhandel" scheide aus, da es an einer Teilnahme des Klägers am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, einer Gewinnerzielungsabsicht und einem Überschreiten der privaten Vermögensverwaltung fehle. Es habe kein Leistungsaustausch stattgefunden, weil keine Fremdwährungen gekauft oder verkauft worden seien. Vielmehr sei lediglich auf Differenzen spekuliert worden. Dies bedeute --auch unter Zwischenschaltung einer Hausbank-- keine Marktteilnahme. Der restliche Wertpapierhandel sei unbedeutend und nach außen nicht in Erscheinung getreten.
Von einer Gewinnerzielungsabsicht könne nicht ausgegangen werden, wenn --wie im Streitfall-- lediglich eine theoretische, nur unter glücklichen Umständen realisierbare Totalgewinnchance bestehe.
Bei der Verwaltung von Wertpapieren gehöre deren Umschichtung selbst in erheblichem Umfang noch zur privaten Vermögensverwaltung. Die Tatsache der Fremdfinanzierung mangels vorhandenem umzuschichtendem eigenen Vermögen begründe für sich allein keinen Gewerbebetrieb. Der Betätigung des Klägers habe das Engagement für fremde Rechnung und eine bankentypische Komponente unter Einsatz beruflicher Kenntnisse gefehlt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Zwar ist das FG zu Recht davon ausgegangen, daß der Kläger keinen eigenständigen Gewerbebetrieb "Wertpapierhandel" unterhalten hat. Zu Unrecht hat es aber entschieden, daß die vom Kläger erworbenen Aktien nicht zum Betriebsvermögen des gewerblichen Betriebes "Ehe- und Partnervermittlung" gehören können.
1. Der Kläger hat keinen als selbständigen Gewerbebetrieb zu wertenden Handel mit Wertpapieren unterhalten.
Als gewerbliche Tätigkeit ist eine selbständige, nachhaltige, in Gewinnerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit anzusehen, die sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes - -GewStG--, § 15 Abs. 2 EStG).
a) Zwar bestehen im Streitfall für das Vorliegen einer selbständigen nachhaltigen und wohl auch in Gewinnerzielungsabsicht unternommenen Tätigkeit hinreichende Anhaltspunkte. Mittels seiner Devisentermingeschäfte, die nach Aufwendungen und Erlösen den weitaus größten Teil der streitigen Aktivitäten des Klägers ausmachten, hat er sich aber nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.
Von einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist auszugehen, wenn eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird (BFH-Urteil vom 9. Juli 1986 I R 85/83, BFHE 147, 245, BStBl II 1986, 851, m.w.N.). Durch dieses Merkmal werden Tätigkeiten ausgeklammert, die von Gewinnabsicht getragen, aber nicht auf einen Leistungs- oder Güteraustausch gerichtet sind.
Nach den Feststellungen des FG handelte es sich bei den Devisentermingeschäften des Klägers um verdeckte Differenzgeschäfte. Derartigen Geschäften ist eigen, daß sie nicht effektiv durch den Austausch von Währungen am Termintage zum vereinbarten Kurs abgewickelt werden, vielmehr ist lediglich die Differenz zwischen jeweiligem Termin- und dem Kassakurs zu entrichten.
Solche Differenzgeschäfte, die weder einen Anschaffungs- noch einen Veräußerungsvorgang oder eine sonstige Leistung beinhalten, begründen keine Tätigkeit, die am Markt gegen Entgelt angeboten wird (BFH-Urteil vom 13. Oktober 1988 IV R 220/85, BFHE 154, 532, BStBl II 1989, 39).
Gleiches gilt für Optionsgeschäfte, die eine physische Erfüllung ausschließen, bei denen daher ebenfalls nur ein Barausgleich zwischen Basispreis und dem aktuellen Marktpreis erfolgt (vgl. dazu Gablers Bank-Lexikon, 11. Aufl., "Option"). Ob die Geschäfte des Klägers derartige Optionen betrafen, ist den Feststellungen des FG nicht zu entnehmen. Dies kann auch dahinstehen.
b) Denn jedenfalls hat der Wertpapierhandel des Klägers, wie das FG zu Recht ausführt, den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten. Da auch eine private Vermögensverwaltung, wie die Regelung des § 14 Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977) zeigt, eine selbständige nachhaltige und von Gewinnabsicht getragene Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sein kann, ist zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 2 EStG (früher § 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung), daß die jeweilige Betätigung diesen Rahmen überschreitet (vgl. BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 427, BStBl II 1984, 751, 762).
Was noch unter die Vermögensverwaltung fällt oder bereits die Grenze zum Gewerbebetrieb überschreitet, kann nur nach den Verhältnissen des Einzelfalles bestimmt werden. Dabei ist darauf abzustellen, ob lediglich der Beginn bzw. das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit vorliegt oder ob die Umschichtung von Vermögenswerten und die Verwertung der Vermögenssubstanz in den Vordergrund treten (vgl. BFH-Urteile vom 11. Juli 1968 IV 139/63, BFHE 93, 281, BStBl II 1968, 775; vom 2. April 1971 VI R 149/67, BFHE 102, 261, BStBl II 1971, 620; vom 17. Januar 1973 I R 191/72, BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260; in BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66). Dies gilt auch für den An- und Verkauf beweglicher Sachen oder Rechte. Zusätzlich kann von Bedeutung sein, ob ein Steuerpflichtiger sich "wie ein Händler" verhält (BFH-Urteile vom 7. Februar 1990 I R 173/85, BFH/NV 1991, 685; vom 6. März 1991 X R 39/88, BFHE 164, 53, BStBl II 1991, 631).
Wertpapiergeschäfte auf eigene Rechnung selbst in größerem Umfang gehören im allgemeinen noch zur privaten Vermögensvorsorge und -verwaltung. Selbst die Nutzbarmachung einschlägiger beruflicher Kenntnisse und Erfahrungen macht derartige Geschäfte noch nicht zu gewerblichen. Daher wird eine Zuordnung von Wertpapiergeschäften zum gewerblichen Bereich regelmäßig nur dann in Frage kommen, wenn die Tätigkeit auch dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht (z.B. das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung von Geschäften, Ausnutzung eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen) oder andere bei einer privaten Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen vorliegen (BFH-Urteile vom 4. März 1980 I R 150/76, BFHE 130, 157, BStBl II 1980, 389; vom 6. Dezember 1983 VIII R 172/83, BFHE 140, 82, BStBl II 1984, 132, 135; in BFHE 164, 53, BStBl II 1991, 631).
Daran fehlt es, wie das FG festgestellt hat, im Streitfall. Der Kläger hat weder über eine Büroorganisation verfügt noch gewonnene berufliche Erfahrungen einzusetzen vermocht. Dem Umstand, daß der Kläger die Abwicklung der Geschäfte in vollem Umfang fremdfinanziert hat, könnte demgegenüber nur entscheidende Bedeutung zukommen, wenn eine Eigenfinanzierung --wie in dem im Urteil in BFHE 162, 236, BStBl II 1991, 66 entschiedenen Fall-- als Alternative möglich gewesen wäre. Auch die erklärte Absicht der Erzielung von Kursgewinnen durch alsbaldige Wiederveräußerung führt nicht zwingend zur Annahme einer gewerblichen Betätigung. Dieses Element ist jedem spekulativen Geschäft eigen, das sich auch im privaten Bereich vollziehen kann. Das FG hat daneben zu Recht auch den Umstand hervorgehoben, daß der Kläger ausschließlich auf eigene Rechnung tätig wurde. Das Bild des Gewerbebetriebes kann im Streitfall auch nicht dadurch hergestellt werden, daß der Kläger den An- und Verkauf von Banken durchführen ließ, zu deren Gegenstand der Wertpapierhandel gehörte. In Ermangelung eigener Fachkenntnisse war er auf die Einschaltung dieser Institutionen im selben Umfang angewiesen, wie dies bei derartigen Geschäften im privaten Bereich der Fall ist. Letztlich hält der Senat für bedeutsam, daß der Umfang der vom Kläger entwickelten Aktivitäten im Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung nicht ungewöhnlich ist. Er beschränkte sich über vier Jahre verteilt auf 21 An- und Verkäufe von Aktien, 14 Geschäfte mit Optionsscheinen und 14 Devisentermingeschäfte, umfaßte insgesamt also weniger als 50 Geschäfte. Daß der Kläger in Zukunft den Verkauf größerer Mengen von Wertpapieren anstrebte, ist mit der Annahme einer privaten Vermögensverwaltung nicht unvereinbar.
2. Auch wenn insoweit ein eigenständiger gewerblicher Bereich ausscheidet, können entgegen der Auffassung des FG die vom Kläger erworbenen Aktien dennoch zum Betriebsvermögen des Gewerbebetriebes "Ehe- und Partnervermittlung" des Klägers gehören. Dies gilt nicht entsprechend für die Devisentermingeschäfte und den An- und Verkauf von Optionsscheinen.
a) Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens können solche des notwendigen oder des gewillkürten Betriebsvermögens sein. Notwendiges Betriebsvermögen ist anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter dem Betrieb in dem Sinne dienen, daß sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb bestimmt sind (z.B. BFH-Urteil vom 30. April 1975 I R 111/73, BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582). Dem FG ist darin zu folgen, daß die vom Kläger erworbenen Wertpapiere nicht zum notwendigen Betriebsvermögen gehören.
b) Dem gewillkürten Betriebsvermögen können in der Regel Wirtschaftsgüter zugerechnet werden, wenn sie objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt sind, den Betrieb zu fördern (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40). Wertpapiere sind in der Regel Wirtschaftsgüter, die ein Kaufmann dem gewillkürten Betriebsvermögen widmen kann, weil sie grundsätzlich wie Bankguthaben geeignet sind, die Betriebszwecke zu fördern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 14. November 1972 VIII R 100/69, BFHE 108, 304, BStBl II 1973, 289; in BFHE 115, 500, BStBl II 1975, 582; vom 8. Februar 1985 III R 169/82, BFH/NV 1985, 80). Sie können dem Betrieb als sog. Liquiditätsreserve dienlich sein mit dem Ziel, die Betriebsmittel zu stärken, aber auch als Anlage betrieblicher Mittel, die in Wertpapieren wegen höherer Erträge meist günstiger ist als Bankguthaben. Selbst der Erwerb von Wertpapieren mit Kredit kann noch rentabel sein, sofern die Wertpapiererträge höher sind als die Kreditzinsen (BFH-Urteil in BFH/NV 1985, 80).
c) Entgegen der Auffassung des FG scheiden Wertpapiere nicht allein deshalb als gewillkürtes Betriebsvermögen aus, weil sie in spekulativer Absicht erworben und Kursverluste billigend in Kauf genommen wurden (BFH-Urteil in BFH/NV 1985, 80). Dies gilt jedenfalls, solange die Erwerbe in der Erwartung getätigt werden, Einnahmen zu erzielen. Der Umstand, daß die Geschäfte eines Kaufmanns risikobehaftet sind, kann für sich allein noch nicht dazu führen, ihnen den betrieblichen Charakter abzusprechen (BFH-Urteil in BFH/NV 1985, 80). Dem Begriff des Gewerbetreibenden ist eigen, daß er Unternehmerrisiko zu tragen hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. Oktober 1981 I R 25/79, BFHE 134, 421, BStBl II 1982, 186).
d) Dennoch ist im Einzelfall nicht auszuschließen, daß besondere Umstände dazu führen, die Betriebsvermögenseigenschaft der Wertpapiere zu verneinen. So sind Einlagen von Wirtschaftsgütern in das Betriebsvermögen dann nicht mehr zulässig, wenn bereits beim Erwerb erkennbar ist, daß sie dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen werden (BFH-Urteile vom 27. März 1974 I R 44/73, BFHE 112, 265, BStBl II 1974, 488; vom 15. November 1978 I R 57/76, BFHE 126, 530, BStBl II 1979, 257; vom 25. Februar 1982 IV R 25/78, BFHE 135, 316, BStBl II 1982, 461; in BFH/NV 1985, 80).
Für die Beurteilung der Zugehörigkeit der Aktien zum Betriebsvermögen des Klägers ist daher wesentlich, ob und inwieweit für den Kläger im Zeitpunkt ihres Erwerbs und der Buchung der Erwerbsvorgänge erkennbar war, daß die Wertpapiere ihm keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen werden. Da die Zugehörigkeit der Wertpapiere zum gewerblichen Betrieb "Ehe- und Partnervermittlung" in Frage steht, ist dabei auf den Zeitpunkt der Buchung der einzelnen Geschäftsvorfälle im Rahmen dieses Betriebes abzustellen. Die Buchung in einem gesonderten Journal wie im Streitfall ist dafür nur ausreichend, wenn --was sich der Beurteilung durch den Senat entzieht-- die Organisation dieses Journals mit dem Ziel der Übernahme in den Jahresabschluß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht. Ist dies der Fall und liegen keine anderen gegen die Betriebsvermögenseigenschaft sprechenden Umstände vor, sind die Papiere gewillkürtes Betriebsvermögen mit der Folge, daß die mit ihrem Erwerb, ihrer Verwaltung und Veräußerung zusammenhängenden Aufwendungen und Erlöse bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind. Die Frage der Vorhersehbarkeit der Verluste wird von den Beteiligten unterschiedlich beurteilt. Die Vorentscheidung selbst enthält dazu keine Feststellungen.
3. a) Die vom Kläger durchgeführten Devisentermingeschäfte können dem betrieblichen Bereich indessen nicht zugeordnet werden. Vor ihrer Erfüllung käme, da es sich um schwebende Geschäfte handelt, ein Ausweis im Betriebsvermögen ohnehin nur in Form einer Rückstellung für drohende Verluste in Frage. Zwar können auch Termingeschäfte betrieblich veranlaßt sein, etwa wenn sie der Absicherung unternehmensbedingter Kursrisiken dienen. Sind sie wie im Streitfall aber branchenuntypisch, ist für die betriebliche Veranlassung derartiger Geschäfte erforderlich, daß nach Art, Inhalt und Zweck ein Zusammenhang mit dem Betrieb besteht (BFH-Urteil vom 5. März 1981 IV R 94/78, BFHE 133, 379, BStBl II 1981, 658). Diese Voraussetzungen, die der Steuerpflichtige darzulegen hat, sind besonders sorgfältig zu prüfen. Beim einzelnen Termingeschäft wird eine betriebliche Veranlassung --im Sinne eines Förderzusammenhangs-- regelmäßig nur dann angenommen werden können, wenn es nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannten Umständen geeignet und dazu bestimmt ist, das Betriebskapital tatsächlich zu verstärken (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 1996 IV R 67/95, BFH/NV 1997, 114). An der objektiven Eignung fehlt es --wie ausgeführt-- zwar nicht bereits, weil ein Geschäft überhaupt risikobehaftet ist, denn das Tragen eines Risikos ist Gegenstand der unternehmerischen Betätigung. Je weiter Art und Inhalt des Geschäfts aber von der Haupttätigkeit des Unternehmers entfernt sind, desto größer ist in der Regel die Gefahr eines Verlustes, weil der Unternehmer Chancen und Risiken eines solchen branchenfremden Geschäfts im allgemeinen nur sehr schwer abzuschätzen vermag. In entsprechendem Maße müssen deshalb Anforderungen an die Feststellung der objektiven Eignung eines Geschäfts zur Verstärkung des Betriebskapitals im Sinne einer Liquiditätsreserve gestellt werden. Demgemäß reicht es bei spekulativen Geschäften wie Termingeschäften nicht aus, daß generell die Möglichkeit besteht, damit Gewinne zu erzielen (BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 114). Mit dieser Beurteilung steht im Einklang, daß im privaten Bereich getätigte Devisentermingeschäfte in der Form von Differenzgeschäften in die Nähe von Spiel und Wette zu rücken sind und damit aus dem Bereich der steuerlich relevanten Tatbestände überhaupt ausscheiden (BFH-Urteil vom 8. Dezember 1981 VIII R 125/79, BFHE 135, 426, BStBl II 1982, 618).
b) Entsprechendes gilt für den nach den Feststellungen des FG vom Kläger betriebenen An- und Verkauf von Aktien- und Devisen- (Dollar-)Optionsscheinen. Es handelt sich insoweit um verselbständigte Inhaberpapiere i.S. von § 793 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), in denen das Recht zum Bezug oder Verkauf von Aktien oder Devisen zu festgelegten Bedingungen (Preis) zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums verbrieft ist (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 16. April 1991 XI ZR 88/90, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1991, 1956; BFH-Urteil vom 24. Juli 1996 X R 139/93, BFH/NV 1997, 105; vgl. auch Gablers Wirtschafts-Lexikon, 13. Aufl. "Optionsschein"; Gablers Bank-Lexikon, "Optionsschein"). Sie haben daher ebenfalls (bedingte) Termingeschäfte zum Gegenstand. Der Wert der jeweiligen Option und damit ihr Preis (Prämie) hängt dabei von der Differenz zwischen dem Basispreis und dem jeweiligen Marktpreis (Kurs) der Aktien oder Devisen ab, auf die eine Bezugsberechtigung besteht. Vor allem aber wird er von der (spekulativen) Einschätzung der künftigen Entwicklung durch den Börsenfachhandel zu bestimmten Zeitpunkten und aufgrund der zu erwartenden Schwankungsbreite bestimmt. Wird das Optionsrecht innerhalb der vorgesehenen Frist weder verkauft noch ausgeübt, ist der Optionspreis verloren.
Auch Optionsgeschäften kommt daher spekulativer Charakter zu (vgl. BGH-Urteil vom 11. Juli 1988 II ZR 355/87, BGHZ 105, 108, 110; BFH-Urteil in BFH/NV 1997, 105), der durch die sog. Hebelwirkung auf der Grundlage der rechnerischen Kursdifferenz zum Basiswert noch (z.T. erheblich) verstärkt wird (vgl. dazu im einzelnen Gablers Bank-Lexikon; Gablers Wirtschafts-Lexikon, a.a.O.). Wie (unbedingte) Termingeschäfte ist somit auch der An- und Verkauf von Optionsscheinen in die Nähe von Spiel und Wette zu rücken (BGH-Urteil in BGHZ 105, 108, 112). Im Rahmen branchenfremder Betriebe kommen Optionsscheine daher als gewillkürtes Betriebsvermögen auch unter dem Gesichtspunkt einer Liquiditätsreserve regelmäßig nicht in Betracht.
Der spekulative Charakter der Termin- und Optionsgeschäfte wird gerade im Streitfall dadurch bestätigt, daß der Kläger aus diesen Geschäften, wie sich aus deren Aufgliederung ergibt, in allen Jahren erhebliche Verluste, aus dem Handel mit Aktien dagegen zwar insgesamt ebenfalls (wenn auch geringere) Verluste, in einem Jahr aber auch Gewinne erzielt hat.
4. Verluste aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) hat das FG zu Recht verneint, da es sich im Streitfall um Verluste auf der Vermögensebene, nicht dagegen der Einkunftsebene handelte.
5. Der Senat kann nicht in der Sache entscheiden. Hinsichtlich der vom Kläger erworbenen Aktien, die grundsätzlich als gewillkürtes Betriebsvermögen seines Betriebes "Ehe- und Partnervermittlung" in Betracht kommen, hat das FG --aufgrund seiner abweichenden rechtlichen Beurteilung-- keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob und inwieweit für den Kläger im Zeitpunkt des Erwerbs und der Buchung der Erwerbsvorgänge erkennbar war, daß die Wertpapiere ihm keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen werden. Die Anmerkung des FG, daß im Streitfall auch die subjektiven Voraussetzungen für die Annahme gewillkürten Betriebsvermögens nicht erfüllt seien, ist dazu nicht hinreichend. Daher ist die Sache zur Nachholung dieser Feststellungen und erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 66203 |
BFH/NV 1997, 265 |
BStBl II 1997, 399 |
BFHE 182, 567 |
BFHE 1997, 567 |
BB 1997, 1092-1094 (Leitsatz und Gründe) |
DB 1997, 1209-1211 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1997, 812-815 (Leitsatz und Gründe) |
DStRE 1997, 486 (Leitsatz) |
HFR 1997, 472-474 (Leitsatz) |
StE 1997, 299-300 (Kurzwiedergabe) |