Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit
Leitsatz (NV)
Offenbare Unrichtigkeit liegt vor, wenn bei Veranlagung mittels EDV-Anlage der Bearbeiter in der Steuererklärung enthaltene Beträge abhakt und diese nicht in das Feld für Eingabewerte überträgt.
Normenkette
AO 1977 § 129
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute. Sie stellten gemeinsam Anträge auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für 1973 und 1974. In den Antragsvordrucken wurden neben anderen Angaben in dem Feld B ,,Andere Einkünfte und Bezüge" Einnahmen aus Kapitalvermögen von 2 588 DM - 1973 - und 4 120 DM - 1974 - erklärt.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bearbeitete die Anträge unter Verwendung einer EDV-Anlage. Bei der Bearbeitung dieser Anträge wurden in den Vordrucken die in dem Feld B angegebenen Einnahmen aus Kapitalvermögen abgehakt. Die zu dem Feld B gehörenden grünen Felder für die EDV-Anweisung blieben unausgefüllt. Für die beiden Streitjahre wurden Veranlagungen nach § 46 Abs. 2 Nr. 2 durchgeführt. Dabei wurden die vorerwähnten Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht erfaßt.
Nach einer Kontrollmitteilung über die den Klägern zugeflossenen Zinsen erließ das FA geänderte Einkommensteuerbescheide für 1973 und 1974 und setzte darin Einkünfte aus Kapitalvermögen an. Die Änderung wurde auf § 129 AO 1977 gestützt. Das FG gab der Klage statt.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung derVorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Das FA war berechtigt, die Einkommensteuerbescheide für 1973 und 1974 wegen offenbarer Unrichtigkeit zu berichtigen.
Nach § 129 AO 1977 können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlaß des Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigt werden. Ob eine ähnliche offenbare Unrichtigkeit i. S. des § 129 AO 1977 vorliegt, ist nach den gleichen Grundsätzen zu entscheiden, wie sie von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Anwendung des § 92 Abs. 2 AO aufgestellt wurden (z. B. Urteil vom 24. Juli 1984 VIII R 304/81, BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785). Danach kommt es - entgegen der Meinung des FG - nicht darauf an, ob die Unrichtigkeit im Steuerbescheid ,,als für einen durchschnittlichen Steuerpflichtigen offenbar angesehen werden" kann. Vielmehr müssen ähnliche offenbare Unrichtigkeiten einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich sein, d. h. es muß sich um mechanische Fehler handeln, die ebenso mechanisch, also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden können (Urteil in BFHE 141, 485, BStBl II 1984, 785, m.w.N.). Zu den mechanischen Fehlern gehören in erster Linie Fehler beim Ablesen der Steuertabelle und Übertragungsfehler. Eine offenbare Unrichtigkeit kann aber auch dann vorliegen, wenn bei der Durchführung der Veranlagung mittels einer EDV-Anlage der Veranlagungsbeamte den Eingabewertbogen versehentlich falsch ausfüllt oder sich über den tatsächlichen Ablauf des maschinellen Verfahrens geirrt hat (BFH-Urteil vom 9. Oktober 1979 VIII R 226/77, BFHE 129, 5, BStBl II 1980, 62, m.w.N.). Ob dies der Fall war, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles.
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist das Vorliegen einer ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit i. S. des § 129 AO 1977 zu bejahen. Nach den Feststellungen des FG sind die erklärten Beträge über Einnahmen aus Kapitalvermögen in den Anträgen bei deren Bearbeitung abgehakt worden. Dies läßt den Schluß zu, daß der Bearbeiter diese Beträge steuerlich erfassen wollte. Dann aber ist es unerheblich, ob er diese Beträge nur aus Unachtsamkeit nicht in das zugehörige Feld für Eingabewerte eintrug oder ob er diese Übertragung nicht für erforderlich hielt. In beiden Fällen handelt es sich um ein mechanisches Versehen, im zweiten Fall in Gestalt eines Irrtums über den Ablauf des maschinellen Veranlagungsverfahrens.
Fundstellen
Haufe-Index 413873 |
BFH/NV 1986, 2 |