Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG; Fremdwährungsgeschäfte; Kursgarantie
Leitsatz (NV)
1. Bei dem Gewinn aus dem Rückkauf einer Fremdwährungsanlage zu einem im Anlagezeitpunkt festgelegten Kurs, der von der tatsächlichen Kursentwicklung der angelegten Währung unabhängig ist, handelt es sich um den Ertrag aus einer sonstigen Kapitalforderung i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.
2. Der Differenzbetrag zwischen dem Kurs im Zeitpunkt der Anlage und dem fest vereinbarten höheren Kurs im Zeitpunkt des Rückkaufs ist Entgelt für die Kapitalnutzung.
3. Zu den Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Steuerbar sind alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung darstellen. Auf die Bezeichnung des Rechtsgeschäfts oder der Erträge durch die Beteiligten kommt es nicht an.
4. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören deshalb auch Erträge, die dem Steuerpflichtigen aufgrund der Zinsgarantie eines Dritten zufließen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) zeichnete ein von der Sparkasse K angebotenes Kapitalanlagemodell (sog. Zwei-Banken-Modell), im Rahmen dessen der Kunde einen bestimmten (Mindest-)Betrag bei der Bank X (Luxembourg) als Festgeld in einer ausländischen Währung (zumeist in Yen) anlegt, bei der ein gegenüber inländischen Geldanlagen deutlich niedrigeres Zinsniveau besteht. Die festgelegte Laufzeit beträgt einige Tage länger als die Spekulationsfrist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―). Mit der Geldanlage wird der K eine umfassende Kontovollmacht über das Festgeldkonto bei der X erteilt und ein unwiderruflicher Rückkauf der Fremdwährungsanlage am Laufzeitende durch die K zu einem von vornherein festgelegten Kurs vereinbart (sog. Devisentermingeschäft). Der im Anlagezeitpunkt festgelegte Kurs ist unabhängig von der tatsächlichen Kursentwicklung der entsprechenden Währung während der Laufzeit der Kapitalanlage. Er richtet sich ausschließlich nach dem beim Abschluss maßgebenden Zinsniveau im Inland und errechnet sich aus dem Kassakurs im Zeitpunkt der Geldanlage zuzüglich der in Kursstellen ausgedrückten Zinsdifferenz zwischen dem ausländischen und dem inländischen Zins. Die Höhe dieser Differenz wird bei jeder Kapitalanlage entsprechend den jeweiligen Kursverhältnissen neu festgelegt.
Die K erwarb im April 1996 für die Klägerin 73 988 439 Yen zum Preis von 1 024 000 DM (Kurs 1,3840) und legte diesen Yenbetrag bei der X zu einem festen Zinssatz von 0,0625 v.H. p.a. für den Zeitraum 12. April bis 18. Oktober 1996 als Festgeld an. Nach Ablauf des Anlagezeitraums wurde der zum Kassakurs von 1,3740 zu diesem Stichtag umgetauschte Anlagebetrag von 73 988 439 Yen zuzüglich der Zinsen von 24 777 Yen (= 339,85 DM) der Klägerin gutgeschrieben (insgesamt 1 016 934,72 DM). Zugleich verpflichtete sich die K, die Fremdwährungsanleihe unwiderruflich zum festen Kurs von 1,3999 zurückzuerwerben. Der Differenzbetrag zwischen dem zu diesem Zeitpunkt geltenden Kassakurs und dem vereinbarten Devisenterminkurs wurde der Klägerin in Höhe von 19 169,29 DM gutgeschrieben.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erfasste neben dem Zinsbetrag von 339,85 DM auch den von der Klägerin aus dem sog. Devisentermingeschäft erzielten Gewinn in Höhe von 11 764,16 DM (1 036 104,01 DM ./. 1 024 000 DM = 12 104,01 DM ./. 339,58 DM Zins) bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 1444 veröffentlichten Urteil vom 26. August 2002 (5 K 3050/00) als unbegründet ab.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dergestalt zu ändern, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit 101 552 DM festgesetzt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FG hat zu Recht entschieden, dass neben dem von der X gezahlten Zins auf die Festgeldanlage in Höhe von 339,58 DM auch der Gewinn aus dem Rückkauf der angelegten Fremdwährung durch die K zu einem von vornherein festgelegten Kurs (11 764,16 DM) zu den Einkünften der Klägerin aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zählt.
Bei dem Gewinn aus dem Rückkauf der Fremdwährungsanlage zu einem im Anlagezeitpunkt festgelegten Kurs, der von der tatsächlichen Kursentwicklung der angelegten Währung unabhängig ist, handelt es sich um den Ertrag aus einer sonstigen Kapitalforderung i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Der Differenzbetrag zwischen dem Kurs im Zeitpunkt der Anlage und dem fest vereinbarten höheren Kurs im Zeitpunkt des Rückkaufs ist Entgelt für die Kapitalnutzung im Rahmen des als wirtschaftliche Einheit zu betrachtenden von der K angebotenen Anlagemodells.
Zu den Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gehören Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Steuerbar sind alle Vermögensmehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für die Kapitalnutzung darstellen (Senatsurteil vom 2. März 1993 VIII R 13/91, BFHE 171, 48, 51, BStBl II 1993, 602, 603, m.w.N.). Auf die Bezeichnung des Rechtsgeschäfts oder der Erträge durch die Beteiligten kommt es nicht an (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG).
Dagegen werden Wertsteigerungen aus einer Kapitalanlage mit rein spekulativem Charakter, die nicht auf der Kapitalnutzung beruhen, grundsätzlich nicht als Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfasst (Harenberg/Irmer, Die Besteuerung der privaten Kapitaleinkünfte, 3. Aufl., Rz. 791).
Im Streitfall hat die K für Rechnung der Klägerin 73 988 439 Yen als Festgeld bei der X angelegt. Sie hat als Entgelt für die Überlassung des Kapitals zur Nutzung an die X nicht nur den geringen Zins aus der Festgeldanlage, sondern als weiteren Ertrag auch den Gewinn aus dem von der K zugesagten Rückkauf des angelegten Yenbetrages zu einem von vornherein festgelegten Kurs bezogen. Dabei ist es unerheblich, dass nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ein Kapitalüberlassungsverhältnis nur zur X, nicht aber zur K bestand. Denn auch Zahlungen Dritter können durch das Rechtsverhältnis zwischen dem Kapitalgeber und dem Kapitalnehmer veranlasst sein (zur Abgrenzung der Einnahmen aus Kapitalvermögen von den grundsätzlich nicht steuerbaren Wertänderungen der Kapitalanlage nach dem Veranlassungszusammenhang vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 7. Dezember 2004 VIII R 70/02, BFHE 208, 546, BStBl II 2005, 468; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 8. Juni 2004 2 K 2223/02, EFG 2005, 1047). Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören deshalb auch Erträge, die dem Steuerpflichtigen aufgrund der Zinsgarantie eines Dritten zufließen (vgl. Senatsurteil in BFHE 171, 48, BStBl II 1993, 602, m.w.N.; zustimmend: Scholtz, WP-Handbuch der Unternehmensbesteuerung, E, Rdnr. 135 b; a.A. Häuselmann/Wiesenbart, Recht der Internationalen Wirtschaft 1993, 751, 752; Hamacher, Steuerliche Vierteljahresschrift 1993, 12, 26; differenzierend: Dahm/Hamacher, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1994, Sonderbeilage 3, S. 4, 17). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zahlung des Dritten auf einem Rechtsgeschäft beruht, das ―wie im Streitfall― eine wirtschaftliche Einheit mit dem Rechtsverhältnis zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer bildet.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die den Senat binden (§ 118 Abs. 2 FGO), handelte es sich bei der Fremdwährungsanlage bei der X und dem vereinbarten Rückkauf der Anlage durch die K zu einem von vornherein fest vereinbarten Kurs um ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft, durch das der Anleger im wirtschaftlichen Ergebnis ein Entgelt für die Kapitalüberlassung in Höhe des bei Vertragsabschlusses maßgeblichen inländischen Zinses erhalten sollte.
Das Entgelt seitens der K wurde der Klägerin nicht als spekulativer Gewinn aufgrund einer Kursänderung des Yen gezahlt. Da von vornherein feststand, dass die K den angelegten Fremdwährungsbetrag nach Ablauf des Anlagezeitraums zum festen Kurs von 1,3999 zurückzukaufen und die Kursdifferenz der Klägerin gutzuschreiben hatte, trug die Klägerin kein Risiko wie es für Devisentermingeschäfte kennzeichnend ist. Es war vielmehr Zweck des Anlagemodells, den Anleger im Sinne einer Festgeldanlage von jedem Kursrisiko zu befreien. Die Klägerin trug weder das Risiko eines fallenden Yen-Kurses, noch hatte sie die Chance, im Fall eines steigenden Yen-Kurses eine über den von der K zugesagten Ertrag hinausgehende Rendite zu erzielen.
Fundstellen