Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Handelsrecht Gesellschaftsrecht
Leitsatz (amtlich)
Bei der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft nach den §§ 263 ff. des Aktiengesetzes ist die handelsrechtliche Personengleichheit auch steuerrechtlich anzuerkennen und deshalb der Verlustabzug zulässig.
Normenkette
KStG § 6; EStG § 10 Abs. 1 Ziff. 4; AktG § 263
Tatbestand
Gegenstand der Rechtsbeschwerde (Rb.) ist die Zulässigkeit des Verlustabzuges im Falle einer formwechselnden Umwandlung gemäß §§ 263 ff. des Aktiengesetzes (AktG).
Die B-AG wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1953 (Wirtschaftsjahr 1. Oktober bis 30. September) unter Fortführung der Buchwerte gemäß §§ 263-268 AktG in eine GmbH umgewandelt. In der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 1953 machte die GmbH einen durch die AG noch nicht verbrauchten Verlust im Wege des Verlustabzuges geltend. Das Finanzamt versagte den Verlustabzug unter Hinweis auf die Urteile des Reichsfinanzhofs I 177/39 vom 13. Februar 1940 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1940 S. 722, Slg. Bd. 48 S. 166) und I 210/43 vom 7. März 1944 (RStBl 1944 S. 502), da es infolge der Umwandlung an der Voraussetzung der Personenidentität fehle. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht gab der Berufung aus folgenden Erwägungen statt:
Entscheidend für die Identität sei nicht die Rechtsform die nur ein Tatbestandsmerkmal für das Bestehen der persönlichen Steuerpflicht sei. Besteuert werde vielmehr die im Kleide der Rechtsform als juristische Person organisierte Personenmehrheit. Im Falle der formwechselnden Umwandlung bestehe handelsrechtlich die Gesellschaft ohne änderung ihrer Rechtspersönlichkeit fort. Das Körperschaftsteuerrecht habe keine eigenen Rechtsformen geschaffen, sondern die Rechtsformen des Handelsrechts übernommen. Es müsse daher auch den durch das Handelsrecht (ß 265 AktG) gewährleisteten Fortbestand der Rechtspersönlichkeit im Falle der formwechselnden Umwandlung gelten lassen. Die durch die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs vorgenommene Aufspaltung in eine Rechtspersönlichkeit "nach Handelsrecht" und eine solche "nach Steuerrecht" entbehre der inneren Begründung und sei auch nicht durch § 15 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) gerechtfertigt. Aus dem handelsrechtlichen Fortbestand der Rechtspersönlichkeit folge zwangsläufig mangels einer entgegenstehenden gesetzlichen Vorschrift des KStG auch die Identität des Steuersubjekts. Die Gesellschaft könne daher auch in der neuen Rechtsform den Verlustabzug geltend machen.
Der Vorsteher des Finanzamts führte in der Rb. aus, daß für die steuerliche Behandlung mit der Umwandlung ein neues Rechtssubjekt entstehe, während die Steuerpflicht der alten Gesellschaft erloschen sei. Auch Bühler in "Steuerrecht der Gesellschaften und Konzerne" und Brönner in "Die Besteuerung der Gesellschaften" hätten im Gegensatz zu ihrer früheren Auffassung, auf die sich die Steuerpflichtige berufen habe, sich dem in den genannten Urteilen des Reichsfinanzhofs vertretenen Standpunkt angeschlossen, da die Besonderheiten des Körperschaftsteuerrechts eine Behandlung wie im Handelsrecht nicht zuließen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Voraussetzung für den Verlustabzug ist, daß zwischen dem Steuerpflichtigen, der den Verlust erlitten hat, und demjenigen Steuersubjekt, das den Verlust vom Gesamtbetrag der Einkünfte absetzen will, Personengleichheit besteht. Eine übertragung des Verlustes auf ein anderes Steuersubjekt ist ausgeschlossen. Bei der Entscheidung der Frage, ob Personengleichheit vorliegt, oder ob ein Wechsel der steuerlichen Rechtspersönlichkeit angenommen werden muß, ist grundsätzlich von der bürgerlich-rechtlichen Rechtslage auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung ist nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nur dann möglich und geboten, wenn der Sinn und Zweck der steuerlichen Rechtsordnung und der wirtschaftliche Gehalt der Vorgänge dies rechtfertigen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 131/57 U vom 8. Januar 1958, Bundessteuerblatt - BStBl - 1958 III S. 97, Slg. Bd. 66 S. 250, und die dort angeführten Beispiele).
Das Handelsrecht unterscheidet zwischen den sogenannten übertragenden Umwandlungen und den formwechselnden Umwandlungen. Die übertragenden Umwandlungen waren zunächst in den §§ 80, 81 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) geregelt. Diese Bestimmungen wurden durch § 25 des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz aufgehoben. Die übertragende Umwandlung vollzieht sich in der Regel in der Form der Rechtsnachfolge. Die alte Gesellschaft erlischt, die neue entweder schon bestehende oder neu zu errichtende Gesellschaft übernimmt ihr Vermögen. Hier wechselt handelsrechtlich die Rechtsperson. Personengleichheit ist nicht gegeben. Der Reichsfinanzhof hat deshalb auch in mehreren Urteilen für die Fälle der übertragenden Umwandlung nach § 80 GmbHG und für die Fälle der Verschmelzung die Personengleichheit verneint (Urteile des Reichsfinanzhofs I 84/36 vom 12. Mai 1936, RStBl 1936 S. 789, und I A 107/36 vom 19. Mai 1936, RStBl 1936 S. 790).
Anders ist dies bei der sogenannten formwechselnden Umwandlung. Das Handelsgesetzbuch (HGB) hatte eine solche zunächst nur für die Umwandlung einer KG auf Aktien in eine AG vorgesehen (§§ 322-334 HGB a. F.). Das AktG brachte die Möglichkeit der formwechselnden Umwandlung auch für andere Kapitalgesellschaften, insbesondere für Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung in den §§ 263-268 AktG. Die Wirkung dieser Umwandlung ist, daß unter Aufrechterhaltung der Unternehmeridentität lediglich die äußere Rechtsform geändert wird, also keine Auflösung und Neugründung erfolgt und kein Vermögen übertragen wird. Das Gesetz drückt dies in § 265 AktG dahin aus, daß die Gesellschaft nach der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister als GmbH fortbesteht, während nach § 81 GmbHG im Falle der übertragenden Umwandlung das Vermögen der auflösenden Gesellschaft mit der Eintragung der neuen Gesellschaft auf diese von Rechts wegen überging. Bei der formwechselnden Umwandlung ist die Folge des Fortbestehens der Gesellschaft, daß eine übertragung der Aktiven und Passiven nicht erforderlich und nicht möglich ist, daß bezüglich der Grundstücke und der beweglichen Vermögensgegenstände keine Auflassung und keine Besitzübergabe erfolgt. Die Umschreibung im Grundbuch auf den Namen der GmbH ist nur eine Berichtigung des Grundbuchs ähnlich der Berichtigung bei einer Namensänderung. Schwebende Geschäfte mit Dritten werden durch die Umwandlung nicht berührt. Ein Rücktrittsrecht gibt es für keinen der Vertragspartner. Auf die für oder gegen die Gesellschaft anhängigen Prozesse ist die Umwandlung ohne Einfluß; es findet keine Prozeßunterbrechung statt. Diese Folgen treten wohl auch zu einem wesentlichen Teil bei der übertragenden Umwandlung auf. Hier sind sie aber eine Folge der Gesamtrechtsnachfolge und setzen gerade den Vermögensübergang voraus. Bei der formwechselnden Umwandlung sind diese Folgen eine Auswirkung des Fortbestehens der Gesellschaft ohne Vermögensübergang.
Trotz der vollkommenen und unabdingbaren handelsrechtlichen Personenidentität hat der Reichsfinanzhof in mehreren Urteilen für das Steuerrecht auch bei den formwechselnden Umwandlungen ebenso wie bei den übertragenden einen Wechsel in der Person des Unternehmers angenommen. Im Urteil I 177/39 vom 13. Februar 1940 (RStBl 1940 S. 722, Slg. Bd. 48 S. 166), das die Frage der Unterbrechung des Steuerabschnitts durch eine formwechselnde Umwandlung nach § 332 HGB a. F. (Umwandlung einer KG auf Aktien in eine AG) behandelt, führt er aus:
"Die Körperschaftsteuerpflicht der Kapitalgesellschaften ist nach dem KStG an ihre Rechtsform geknüpft. Wenn sie diese Rechtsform ändert, so muß notwendig die an die bisherige Rechtsform geknüpfte Steuer wegfallen. Daß in der Umwandlung einer KG auf Aktien in eine AG auch nach Handelsrecht eine änderung der Rechtsform zu erblicken ist, kann nicht bestritten werden. Wenn auch im Falle einer solchen Umwandlung nach Handelsrecht die Rechtspersönlichkeit der KG auf Aktien in der Form der AG weiterbesteht, so muß doch ihre steuerrechtliche Persönlichkeit infolge der Umwandlung - eben wegen der damit verbundenen änderung der Rechtsform - als erloschen angesehen werden".
Im Urteil I 210/43 vom 7. März 1944, RStBl S. 502, behandelt der Reichsfinanzhof die Frage des Verlustabzugs bei einer formwechselnden Umwandlung nach § 263 AktG. Er weist auf das Urteil I 177/39 hin und hält auch für die formwechselnden Umwandlungen des AktG an dem dort aufgestellten Rechtssatz fest, daß die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine solche anderer Rechtsform das Erlöschen der Steuerpflicht der bisherigen Kapitalgesellschaft und das Entstehen der Steuerpflicht der Kapitalgesellschaft neuer Rechtsform auch dann bewirkt, wenn nach Handelsrecht die Rechtspersönlichkeit der bisherigen Kapitalgesellschaft in der veränderten Rechtsform weiterbesteht.
Die hier entschiedene Frage ist in der Literatur sehr umstritten. Kennerknecht und Mirre-Dreutter haben in ihren zur Zeit des Inkrafttretens des AktG oder kurze Zeit nachher erschienenen Kommentaren hierzu Stellung genommen, ohne sich jedoch mit dem eigentlichen Problem der Spaltung der Persönlichkeit in eine handelsrechtliche und steuerrechtliche auseinanderzusetzen. Kennerknecht setzt ohne Erörterung einen Vermögensübergang als selbstverständlich voraus und verneint lediglich die Notwendigkeit einer Abwicklung. Dies widerspricht aber dem Wesen der aktienrechtlichen Umwandlung. In ähnlicher Weise nehmen Mirre-Dreutter eine fingierte Vermögensübertragung an. Zur Begründung berufen sie sich auf die obengenannten Urteile des Reichsfinanzhofs aus dem Jahre 1936, die die übertragende Umwandlung nach § 80 GmbHG behandeln. Sie gehen damit von einer die Wesensverschiedenheit mißachtenden Gleichstellung der übertragenden und formwechselnden Umwandlung aus.
Zustimmend zu dem Urteil I 177/39 äußert sich Lademann in Steuer und Wirtschaft 1940 Spalten 906 ff. Er betont zwar zunächst, daß es sich im Falle des Urteils nur um die Frage der einheitlichen Veranlagung für das ganze Wirtschaftsjahr handelte, in dem die Umwandlung erfolgt ist. Er verneint aber die Personengleichheit - allerdings ohne Begründung - auch für die Fälle der formwechselnden Umwandlung nach §§ 263 ff. AktG. Auch Glöggler in Rechts- und Wirtschafts-Praxis (RWP-Blattei), 14 Steuer-R D, Gewerbesteuer II B 22b, verneint allgemein unter Hinweis auf die Urteile von 1936 die Personenidentität bei formwechselnden Umwandlungen ohne nähere Begründung.
Blümich-Klein-Steinbring, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, geben in Anmerkung 2 zu § 15 KStG zunächst nur den Inhalt des Urteils I 177/39 wieder. Ihre anschließende Bemerkung, daß der Verlustabzug in Auswirkung dieses Urteils entfalle, und ihr Hinweis auf das Urteil I 210/43 bedeuten keine eigene Stellungnahme. Auch in Anmerkung 5 zu § 1 KStG stellen sie lediglich die durch die genannten Urteile gegebene Rechtslage dar, ohne kritisch dazu Stellung zu nehmen. Das gleiche gilt für die vom Beschwerdeführer angeführten Ausführungen von Bühler in "Steuerrecht der Gesellschaften und Konzerne" 3. Auflage S. 146 und von Brönner in "Die Besteuerung der Gesellschaften" 9. Auflage S. 671 ff. Letzterer bemerkt, daß die Urteile I 177/39 und I 210/43 den Vortrag eines noch nicht ausgenützten Verlustes zur Minderung eines Gewinns der neuen Gesellschaft unmöglich machten, Bühler beschränkt sich ebenfalls auf die Darstellung der durch die Urteile gegebenen Rechtslage und bemerkt hierzu lediglich: "Man wird zugeben müssen, daß dies steuerrechtlich beachtliche Gründe sind, so sehr man das erneute Auseinandergehen von Steuer- und Handelsrecht bedauern mag".
überwiegend wird in der Literatur jedoch im Gegensatz zu den genannten Urteilen des Reichsfinanzhofs die Auffassung vertreten, daß der bloße Wechsel der Rechtsform nicht zu einem Wechsel der steuerlichen Rechtspersönlichkeit führe. Die Begründung geht davon aus, daß nicht die Rechtsform, sondern das Rechtssubjekt steuerpflichtig sei. Ob das gleiche oder ein anderes Rechtssubjekt vorliege, richte sich nicht nach dem Steuerrecht, sondern ausschließlich nach dem Handelsrecht. Für die Frage, ob das Körperschaftsteuerrecht überhaupt eingreife, komme es darauf an, ob das steuerpflichtige Unternehmen in einer der in § 1 KStG aufgeführten Rechtsformen betrieben werde. So zum Beispiel Silcher in "Steuer und Wirtschaft" 1940 Spalten 895 ff., G. Hoffmann in "Der Betrieb" 1952 S. 603 ff., Zitzlaff in "Steuer und Wirtschaft" 1941 Spalte 810, Charlier in RWP-Blattei, 14 Steuer-R D, Einkommensteuer X B II 3, Herrmann-Heuer, Anmerkung 4d zu § 10d Einkommensteuergesetz, Birkholz in "Der Betriebs-Berater" 1958 S. 555, Weissenborn in RWP-Blattei, 14 Steuer-RD, Gewerbesteuer II B 22 a IV 5, und andere.
Der Senat schließt sich dieser auch vom Finanzgericht vertretenen Auffassung an, daß die handelsrechtliche Personenidentität bei der formwechselnden Umwandlung auch für das Steuerrecht maßgeblich sein muß.
Die persönlich unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht ist in § 1 Abs. 1 KStG geregelt. Ihr unterliegen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen. Voraussetzung ist, daß sich diese Gebilde ihrer Rechtsform nach in eine der im Gesetz abschließend aufgezählten Gruppen einordnen lassen und daß sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben. Insofern ist es richtig, daß die Körperschaftsteuerpflicht an die Rechtsform anknüpft oder vielmehr eine der genannten Rechtsformen voraussetzt. Das Finanzgericht ist aber zutreffend davon ausgegangen, daß die Rechtsform nicht als solche selbständiges Steuersubjekt ist, sondern daß sie nur als ein der steuerlichen Einordnung dienendes Tatbestandsmerkmal angesehen werden kann. Steuersubjekt ist die in ihrer Rechtsform mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Körperschaft (juristische Person). Ebenso wie im Einkommensteuergesetz für den Begriff, die Entstehung und das Ende der natürlichen Person die Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 1 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches) maßgebend sind, bestimmen sich im Körperschaftsteuerrecht, wenn es sich wie im Streitfalle um Kapitalgesellschaften handelt, die Entstehung und Beendigung dieser Gesellschaften ausschließlich nach Handelsrecht. Ist eine Kapitalgesellschaft nach Handelsrecht durch Erlangung der Rechtsfähigkeit als Rechtsperson entstanden, dann ist sie auch steuerrechtlich Träger der Steuerpflicht. Daß auch die noch nicht rechtsfähige Gründergesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen schon vor der Eintragung in das Handelsregister als Körperschaft behandelt wird, ist eine der durch die wirtschaftliche Betrachtungsweise gebotenen Ausnahmen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 214/51 S vom 16. Mai 1952, BStBl 1952 III S. 180, Slg. Bd. 56 S. 465). Das ändert nichts daran, daß die Kapitalgesellschaft als Steuersubjekt ihre Wurzel im Handelsrecht hat und ihre Entstehung und Beendigung mangels besonderer körperschaftsteuerlicher Vorschriften sich grundsätzlich nach dem Handelsrecht bestimmen.
Daraus ergibt sich, daß das Steuersubjekt die auf Grund handelsrechtlicher Bestimmungen entstandene Rechtsperson ist und solange bleibt, bis sie nach Handelsrecht ihr Ende gefunden hat. Es ist daher nicht möglich, die Rechtsperson aufzuspalten in eine handelsrechtliche und eine steuerrechtliche Rechtsperson und für beide voneinander abweichende Entstehungs- und Beendigungsgründe anzunehmen. Letzteres wäre nur denkbar, wenn das Körperschaftsteuerrecht ausdrückliche Bestimmungen über solche abweichenden Beendigungsgründe enthalten würde. Dies ist nicht der Fall. Ein Wechsel von einer der im § 1 Abs. 1 Ziff. 1 KStG aufgezählten Formen der Kapitalgesellschaft in eine andere ist daher steuerlich nur dann ein Vorgang der Beendigung und Neugründung, wenn er es auch nach Handelsrecht ist.
Die handelsrechtliche Personengleichheit muß unter diesen Umständen auch vom Steuerrecht übernommen werden, wenn nicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise etwas anderes gebietet. Das ist aber nicht der Fall. Die Gleichheit tritt im Gegenteil bei wirtschaftlicher Betrachtung noch stärker in Erscheinung. Das Vermögen bleibt das gleiche. Die Gesellschafter bleiben die gleichen. An den Beziehungen zwischen der Gesellschaft und Dritten, insbesondere ihren Gläubigern und Schuldnern, ändert sich nicht das geringste. Diese wirtschaftliche Gleichheit war für den Gesetzgeber des AktG gerade der Grund, die Unternehmeridentität auch rechtlich festzulegen (vgl. die amtliche Begründung zu den §§ 257-287 AktG). Die Personengleichheit muß daher auch steuerlich mit allen ihren Folgerungen anerkannt werden. Soweit die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs in den vom Finanzamt angeführten Urteilen der Rechtspersönlichkeit "nach Handelsrecht" eine solche "nach Steuerrecht" gegenübergestellt hat, wird daran nicht festgehalten. (Siehe auch Urteil des Reichsfinanzhofs II A 160/28 vom 1. Mai 1928, RStBl 1928 S. 203, Slg. Bd. 23 S. 186, das für die formwechselnde Umwandlung nach § 332 HGB a. F. die Gesellschaftsteuerpflicht wegen der Personengleichheit verneint. Ebenso Veiel, § 2 Anm. 7b Kapitalverkehrsteuergesetz, und Brönner, § 2 Anm. 1 Kapitalverkehrsteuergesetz; für die Grunderwerbsteuer Urteil des Bundesfinanzhofs II 48/54 S vom 13. Oktober 1954, BStBl 1954 III S. 349, Slg. Bd. 59 S. 359, Ott, § 1 Anm. 30 Grunderwerbsteuergesetz und Ergänzungsband S. 3, und Boruttau-Klein, 5. Auflage, § 1 Bemerkung 6 Grunderwerbsteuergesetz).
Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch folgende überlegung:
Bei der übertragenden Umwandlung (zum Beispiel nach dem früheren § 80 GmbHG) hängt die Steuerfreiheit nach § 15 Abs. 2 KStG fast ausschließlich von den Beteiligten selbst ab. Die beiden Gesellschaften haben es in der Hand, ob und inwieweit sie stille Reserven aufdecken wollen. Durch entsprechende Aufdeckung dieser Reserven kann die aufzulösende Gesellschaft meist eine vollständige oder doch überwiegende Ausnützung des Verlustabzugs erreichen mit der Folge, daß diese stillen Reserven bei der Nachfolgegesellschaft nicht mehr zu einem steuerpflichtigen Gewinn führen können (vgl. Bodenstein in "Steuer und Wirtschaft" 1934 Spalten 1481 ff., 1499, und Bender-Kaemmel, Kurzkommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 15 Anmerkung 7 letzter Absatz). Bei der formwechselnden Umwandlung besteht diese Möglichkeit nicht. Eine änderung der Buchwerte durch Auflösung stiller Reserven ist nicht zulässig. Die stillen Reserven bleiben auch nach der Umwandlung im Vermögen der Gesellschaft und müssen bei ihrer Aufdeckung durch die umgewandelte Gesellschaft versteuert werden. Dies hätte den doppelten Nachteil des Wegfalls des Verlustabzugs und der Versteuerung der stillen Reserven zur Folge. Es wäre eine schwere und vom Gesetzgeber sicherlich nicht gewollte Benachteiligung der formwechselnden Umwandlung, wenn nicht die Möglichkeit des Verlustabzugs weiterbestehen würde.
Da es sich bei der Beschwerdegegnerin um eine formwechselnde Umwandlung einer AG in eine GmbH gemäß §§ 263 ff. AktG handelt, hat das Finanzgericht ohne Rechtsirrtum die Unternehmeridentität bejaht und den Verlustabzug zugelassen. Die Rb. war daher mit der Kostenfolge aus § 309 der Reichsabgabenordnung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409164 |
BStBl III 1958, 468 |
BFHE 1959, 509 |
BFHE 67, 509 |
BB 1958, 1161 |
DB 1958, 1289 |