Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollrecht
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an der im Urteil VII 76/58 S vom 10. Dezember 1959 vertretenen Rechtsauffassung fest.
Zahlt der Käufer neben dem Kaufpreis Entgelte für Dienstleistungen, die dritte, in den Vertrieb der Ware eingeschaltete Personen in seinem Auftrag beim Zustandekommen des Kaufgeschäfts oder bei der Lieferung der Ware erbringen, so gehören diese Entgelte (sogenannte Einkaufsprovisionen) als zusätzliche Leistungen des Käufers zum Zollwert.
Normenkette
ZG §§ 53, 53a
Tatbestand
I. -
Die Bgin. führte im Oktober 1958 aus dem Zollausland Kunst- und kunstgewerbliche Gegenstände ein, die sie von einer Vielzahl ausländischer Hersteller und Lieferanten erwarb. Dabei bediente sie sich der Mithilfe einer ausländischen Gesellschaft, die beim Abschluß, der Kontrolle und der Abwicklung der Geschäfte im Ausfuhrland mitwirkte. Die Bgin. zahlte dafür eine Provision, die sich in ihrer Höhe nach einem allgemein festgelegten Vomhundertsatz des jeweiligen Rechnungspreises der ausländischen Lieferanten richtete.
Streitig ist, ob diese von der Bgin. im Berufungsverfahren als Einkaufsprovision bezeichneten Beträge in den Zollwert der eingeführten Waren einzubeziehen sind. Das Hauptzollamt hatte dies getan. Die hiergegen eingelegte Sprungberufung hatte Erfolg.
Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Hauptzollamtes falsche Rechtsanwendung. Das Finanzgericht ziehe einen falschen Schluß, wenn es feststelle, daß ein Teil der gezahlten Provisionen schon deshalb nicht in den Normalpreis einbezogen werden könne, weil er Entgelte für Kontrolle und Abwicklung der Importe enthalte und damit Tätigkeiten betreffe, die andere Importeure selbst ausführten. Es könne dahingestellt bleiben, in welcher Höhe mit den gezahlten Provisionen auch andere Leistungen ihrer Natur nach, wenn sie die Bgin. selbst erbracht hätte, unter die Gemeinkosten zu rechnen seien. Im Streitfall habe die Bgin. diese Leistungen nicht selbst erbracht, sondern einen in den Geschäftsablauf eingeschalteten Dritten mit ihrer Ausführung beauftragt. Die Kosten für diese Leistungen seien somit ausschließlich aus Anlaß des einzelnen Geschäftes und nur im Zusammenhang mit ihm entstanden. Sie belasteten auch nur dieses Einzelgeschäft. Sie seien daher wie die reine Einkaufsprovision als Einzelkosten anzusehen, die vom Normalpreis der eingeführten Ware umfaßt würden.
Das Hauptzollamt beruft sich im übrigen zur Stützung seiner Ansicht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs VII 76/58 S vom 10. Dezember 1959 (BStBl 1960 III S. 41, Bundeszollblatt - BZBl - 1960 S. 122, Slg. Bd. 70 S. 109).
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
II. -
Das Finanzgericht hat sich bei der Entscheidung des Streitfalls noch in Anlehnung an die in dem Urteil des Bundesfinanzhofs V z 202/56 U vom 10. Juli 1958 (BStBl 1958 III S. 397, Slg. Bd. 67 S. 320) zur Frage der Maklerprovisionen ausgesprochenen Rechtsgedanken in übereinstimmung mit einem Teil der bis zu seiner Entscheidung erschienenen Literatur auf den Standpunkt gestellt, daß Einkaufsprovisionen nicht zum Zollwert einer Ware gehören. Der erkennende Senat hat jedoch in seinem nach der Vorentscheidung ergangenen, oben bereits erwähnten Grundsatzurteil vom 10. Dezember 1959, auf dessen Begründung hier zunächst Bezug genommen wird, im gegenteiligen Sinne entschieden. Dieses Urteil ist inzwischen Gegenstand der Kritik geworden (vgl. Ditges, "Einkaufsprovision und Zollwert" im Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters - AWD - 1960 S. 116; List, "Zollwert und Kosten" in "Der Betrieb" 1960 S. 332, der das Problem der Kostenzurechnung beim Zollwert allgemein unter dem Gesichtspunkt eines Vergleichs mit den Grundsätzen der cif-Klausel untersucht; Schürmann, "Zollwertrechtliche Behandlung von Einkaufsprovisionen" im Außenhandelsdienst der Industrie- und Handelskammern und Wirtschaftsverbände - AHD - Nr. 41 vom 13. Oktober 1960 S. 1; ferner - dem Urteil zustimmend - DWD in Deutsche Außenwirtschaft "Einkaufsprovisionen und Zollwert" Heft Nr. 32 vom 12. August 1960 S. 5).
Der erkennende Senat hat daher das Rechtsproblem nochmals geprüft. Er ist dabei aus den im folgenden ausführlich dargelegten Gründen zu dem Ergebnis gelangt, daß keine Veranlassung besteht, von der in seinem Urteil vom 10. Dezember 1959 vertretenen Ansicht abzuweichen. Insbesondere ist er der Auffassung, daß die Gründe, mit denen die das Urteil ablehnenden Verfasser ihre Meinung stützen, ebenso wie die die gleiche Meinung vertretenden früheren Stellungnahmen zu diesem Problem (vgl. z. B. Schlotterbeck in AWD 1958 S. 120 und Riepl in AWD 1959 S. 132) auf einer Verkennung des Zollwertbegriffs beruhen.
Zunächst hält der Senat, wie er es in dem Urteil VII 99/59 U vom 13. Juli 1960 (BStBl 1960 III S. 436) bereits ausgesprochen hat, an der Auslegung des Begriffs "Verkauf" im früheren § 6 des Zolltarifgesetzes (ZTG) 1951 und im jetzigen, im Streitfall in Betracht kommenden § 53 des Zollgesetzes (ZG), wonach dieser Begriff im Sinne von "Kaufgeschäft" zu verstehen ist, fest. Diese Auslegung stützt sich - wie Ditges richtig vermerkt - nicht auf die Ansicht, es handle sich bei dem Wort "Verkauf" um einen in den deutschen Gesetzestext übernommenen übersetzungsfehler. Sie geht vielmehr, wie in dem Urteil vom 10. Dezember 1959 schon ausgeführt ist, auf Grund einer textvergleichenden Rechtsbetrachtung von der Fassung sowie von dem Sinngehalt der Zollwertdefinition selbst aus. Diese Definition erläutert den Begriff des Normalpreises als den unter bestimmten Voraussetzungen theoretisch erzielbaren normalen Preis. Ein Preis setzt aber stets - auch theoretisch - den Abschluß eines Kaufgeschäftes voraus. Es gibt keinen Preis nur von der Verkäuferseite her. Solange das Kaufgeschäft nicht zustande gekommen ist, liegt von der Verkäuferseite ein günstigstenfalls die Kalkulationselemente des Verkäufers zusammenfassendes Preisverlangen oder -angebot vor, aber kein Preis und schon gar nicht der "erzielbare Preis" (vgl. hierzu die Ausführungen bei Fettel: "Marktpreis und Kostenpreis" in Schriften zur wirtschaftswissenschaftlichen Forschung, Bd. 1, Verlag Hain KG, Meisenheim am Glan, 1957, S. 10 ff.). Der Preis ist das Ergebnis eines Kaufabschlusses, also des Kaufgeschäftes. Mithin kann die in § 53 Abs. 2 ZG enthaltene Definition des Normalpreises nur so gelesen werden, daß dieser Preis auf Grund eines theoretisch genormten Kaufgeschäftes erzielbar sein muß.
Was Ditges zu diesem Punkt ausführt, ist unzutreffend. Wenn er mit den von ihm daraus gezogenen Folgerungen schreibt, daß der Normalpreis gerade ein vom Kaufpreis gelöster Begriff sei, so verkennt er das Wesen des Normalpreises. Losgelöst ist der Normalpreis als Norm nur von dem im konkreten Fall zwischen den Parteien vereinbarten Kaufpreis, nicht aber vom Begriff des Preises als solchem. Er bleibt vielmehr ein Preisbegriff und setzt auch theoretisch als Grundlage den Abschluß eines Kaufgeschäftes voraus, bei dem unterstellt wird, daß der Verkäufer die Kosten des Vertriebes der Ware trägt und daß der Gegenwert dieser Kosten normalerweise im Preis enthalten ist.
Ist aber demnach das Wort "Verkauf" im § 53 Abs. 2 ZG dem Wesen des Normalpreisbegriffes selbst entsprechend sinnvoll nur als "Kaufgeschäft" zu lesen, so kann das gleiche Wort schon aus den im Urteil vom 10. Dezember 1959 dargelegten Gründen im Abs. 3 Nr. 2 des § 53 ZG nichts anderes bedeuten.
Was Schürmann a. a. O. hiergegen einwendet, ist nicht überzeugend. Es kann allenfalls angezweifelt werden, daß die vom Senat vertretene Auslegung des Begriffes "Verkauf" für beide Gesetzestextstellen zutrifft. Es kann aber schlechterdings nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber das gleiche Wort in zwei Absätzen desselben Paragraphen mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet haben sollte. Zu dieser Frage hält der Senat an seiner, dem Interesse der Rechtssicherheit dienenden ständigen Rechtsprechung fest.
Auch der von der Bgin. in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand, die vom Senat im Urteil vom 10. Dezember 1959 zu § 6 ZTG 1951 gegebene Auslegung des Begriffes "Verkauf" könne mit Rücksicht auf § 9 der Wertzollordnung (WertZO) 1957 für den § 53 ZG nicht aufrechterhalten werden, geht - wie im folgenden noch näher dargelegt wird - fehl, da er - wie übrigens auch die Auffassung von Ditges in dieser Frage - von einer unzutreffenden Auslegung des wertzollrechtlichen Begriffes "Vertrieb" ausgeht.
Der Senat ist auch nach wie vor der Auffassung, daß das Ergebnis seiner Auslegung, die in Verbindung mit den übrigen wertzollrechtlichen Vorschriften zur Einbeziehung der sogenannten Einkaufsprovisionen in den Zollwert führt, auch sinnvoll ist, d. h. dem Sinn und Zweck des Zollwertbegriffs als Grundlage für die Erhebung der Zölle entspricht. Wirtschaftlich von Bedeutung als Ausgangspunkt für die Erhebung der Zölle ist in einem Wertzollsystem derjenige Wert, mit dem die ausländische Ware im Zeitpunkt der Einfuhr am Grenzort beim Käufer in die Wirtschaft des Einfuhrlandes übergeht (im folgenden kurz Einfuhrwert genannt). Auch der Zollwertbegriff des Brüsseler Zollwertabkommens und der auf ihm beruhende Zollwertbegriff des ZG baut - wirtschaftlich betrachtet - auf diesem Einfuhrwert auf. Das geht z. B. schon daraus hervor, daß der Zollwert sich nach der Handelsstufe des Einführers richtet. Der unter den genormten Bedingungen erzielbare Preis einer Ware = Zollwert ist verschieden, je nachdem, ob die Ware auf der Stufe eines dem Großhandel vorgeschalteten Importeurs, auf der Stufe des Großhändlers, der des Einzelhändlers oder schließlich der des Endverbrauchers eingeführt wird, d. h. bei ihm in die Wirtschaft des Einfuhrlandes übergeht. Es ergibt sich dies auch aus der Einbeziehung der Verkaufsprovisionen in den Zollwert, deren Zugehörigkeit zum Normalpreis nie bezweifelt worden ist. Da der Einfuhrwert bei handelsmäßigen Einfuhren in der weit überwiegenden Mehrzahl aller Fälle dem zwischen unabhängigen Vertragspartnern auf cif-Basis vereinbarten Kaufpreis tatsächlich entspricht, konnte das Wertzollrecht den Wertzollbegriff daher auf der Grundlage eines solchen normalen Kaufgeschäftes aufbauen. Der zwischen unabhängigen Vertragspartnern so vereinbarte Kaufpreis entspricht aber nur dann dem Einfuhrwert, wenn der Käufer neben der Zahlung dieses Preises keine weiteren Leistungen erbringt. Denn nur in diesem Normalfall ist der vom Käufer akzeptierte und bezahlte Rechnungspreis auch der theoretisch erzielbare Preis. Erbringt der Käufer neben der Zahlung des Kaufpreises noch andere Leistungen, so stellen Kaufpreis und diese Leistungen zusammen den wirtschaftlichen Gegenwert für den Erwerb der Ware, d. h. den Einfuhrwert dar. Dieser Wert ist aber der Zollwert, d. h. der beim Käufer im maßgebenden Zeitpunkt am Einfuhrort theoretisch erzielbare Preis, der Normalpreis. Das Wertzollrecht mußte also Vorsorge treffen, daß in solchen Fällen der vereinbarte Kaufpreis = Rechnungspreis nicht Grundlage der Verzollung werden kann. Darum erläutert § 53a Abs. 1 Nr. 1 ZG den Zollwertbegriff allgemein dahin, daß der Rechnungspreis nur dann als Zollwert = Normalpreis gelten kann, wenn seine Bezahlung die einzige Leistung des Käufers ist.
Leistungen des Käufers, die unter § 53a Abs. 1 Nr. 1 ZG fallen und die daher den vereinbarten Kaufpreis (Rechnungspreis) nicht als den theoretisch erzielbaren Preis erscheinen lassen, können insbesondere sein a) die übernahme gewisser Vertriebsfunktionen durch den Käufer selbst (z. B. die Erbringung von Werbeleistungen oder Garantieleistungsverpflichtungen - vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VII 74/58 S vom 15. Oktober 1959, BStBl 1959 III S. 495 ff., BZBl 1959 S. 628 ff., Slg. Bd. 69 S. 630) oder aber b) Zahlungen an dritte Personen, die am Absatz der Ware beteiligt oder in ihn eingeschaltet sind (z. B. Lizenzzahlungen zur Ablösung an der Ware bestehender Schutzrechte - vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VII 18/58 U vom 23. März 1960, BStBl 1960 III S. 282 ff., BZBl 1960 S. 481 - oder Abgeltung von Dienstleistungen dritter, beim Zustandebringen des Kaufgeschäfts und der Lieferung der Ware mitwirkender selbständiger Personen).
Aufwendungen des Käufers, die dieser in Form von Provisionszahlungen an von ihm in das Zustandebringen des Kaufgeschäfts oder die Lieferung der Ware eingeschaltete Dritte erbringt, sind Leistungen in diesem Sinne, die einen Teil des von seiner Seite aufgewendeten Gegenwerts für die Ware darstellen. Am deutlichsten wird dies bei der Einschaltung von Einkaufskommissionären, die dem ausländischen Lieferanten gegenüber in eigenem Namen auftreten, so daß also unmittelbare Geschäftsbeziehungen zwischen dem Exporteur und dem Importeur nicht zustande kommen, sondern bei der die Kommissionäre dem Einführer die von ihnen vereinbarten Preise zuzüglich ihrer Provision in Rechnung stellen, so daß nicht zweifelhaft sein kann, daß der in der Rechnung ausgewiesene Gesamtpreis das vom Käufer aufgewendete Entgelt für die Ware ist und nicht etwa nur der vom Exporteur den Kommissionären gegenüber in Rechnung gestellte Preis.
Diese sich aus § 53 Abs. 2 und § 53a ZG ergebende Folge bewirkt wertzollrechtlich zunächst nur, daß der Rechnungspreis des ausländischen Exporteurs nicht, jedenfalls nicht unberichtigt, als Normalpreis, d. h. als der theoretisch erzielbare Preis gelten kann.
Für die erforderliche Berichtigung bringt in diesen Fällen § 53 Abs. 3 Nr. 2 ZG die Lösung. Denn die zusätzlichen Leistungen des Käufers für den Erwerb der Ware stellen sich hier als Kosten dar, die den Vertrieb der Ware, d. h. also das Zustandebringen des Kaufgeschäfts oder die Lieferung der Ware, unmittelbar belasten.
Vertrieb einer Ware ist ihr Absatz durch den Verkäufer an den Käufer. Damit eine Ware abgesetzt ist, muß ein Kaufgeschäft zustande gekommen und die Ware geliefert worden sein. Das "an den Mann bringen" der Ware, also das Zustandebringen des Kaufgeschäfts und die Lieferung sind daher Vertriebsfunktionen des Verkäufers. Zu ihrer Wahrnehmung bedarf er einer betrieblichen Verkaufsorganisation, die das Kaufangebot an den Käufer heranzutragen, den Abschluß zu bewerkstelligen und die rechtzeitige und einwandfreie Lieferung der Ware zu bewirken hat. Von diesem normalen Grundtatbestand geht das Wertzollrecht aus. Denn es unterstellt, daß die Kosten für das Zustandebringen des Kaufgeschäfts und für die Lieferung der Ware vom Verkäufer getragen werden und daher normalerweise in seinem Preis enthalten sind und daß sie daher zu dem theoretisch erzielbaren Preis gehören.
Werden nun solche Vertriebsfunktionen vom Verkäufer nicht selbst wahrgenommen, sondern anderen selbständigen, damit in den Vertrieb der Waren eingeschalteten Dritten überlassen, so hören sie damit nicht auf, objektiv Vertriebsfunktionen zu sein. Sie sind wertzollrechtlich der Verkäuferseite zuzurechnen und zwar auch dann, wenn die übernahme der Vertriebsfunktionen durch die Dritten vom Käufer veranlaßt wird. In diesem Falle übernimmt der Käufer als zusätzliche Leistung neben der Zahlung des Kaufpreises die Abgeltung der der Verkäuferseite zuzurechnenden, ihrem Inhalte nach Vertriebsfunktionen darstellenden Dienstleistungen der von ihm eingeschalteten Dritten.
Gerade der Sachverhalt des Streitfalles zeigt die Richtigkeit dieser Auffassung. Bei den Verkäufern handelte es sich hier um zahlreiche, im Ausland verstreut ansässige Kleinhandwerker, die nach der eigenen Angabe der Bgin. "als kaufmännisch nicht besonders gut organisierte Unternehmen" bezeichnet werden. Darum sei - so führt die Bgin. weiter aus - sowohl beim Abschluß der Kaufverträge als auch bei der Lieferung der Waren (z. B. bei der Kontrolle der Rechtzeitigkeit der Lieferung, der Verpackung der Waren und der Beauftragung eines Spediteurs) die Einschaltung und Mithilfe einer kaufmännisch versierten Firma erforderlich gewesen. Im Streitfall ist der Vertrieb der Waren also nur dadurch ermöglicht worden, daß der Käufer, die Bgin., durch die Beauftragung der ausländischen Firma die Vertriebsfunktionen der Verkäuferseite übernommen hat. Die von der Bgin. dafür gezahlten Provisionen sind Kosten des Vertriebs, die als zusätzliche Leistungen das Kaufgeschäft und die Lieferung belasten.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich also, daß sogenannte Einkaufsprovisionen, soweit sie Entgelt für durch Dritte beim Zustandebringen des Kaufgeschäfts und der Lieferung der Ware erbrachte zusätzliche Leistungen des Käufers sind, als Kosten des Vertriebs zum Zollwert gehören.
Zu dem gleichen Ergebnis gelangt mit etwa gleicher Begründung auch die oben zitierte Stellungnahme von DWD in Deutsche Außenwirtschaft. Die gegenteilige Auffassung, die Ditges auf den von ihm nicht zutreffend gesehenen Begriff "Vertrieb" stützen zu können glaubt, ist daher unrichtig.
Diese Vertriebskosten werden also, wie bereits erwähnt, soweit sie auf der Käuferseite entstanden sind, auf Grund von § 53 Abs. 3 Nr. 2 ZG im Wege einer Unterstellung der Verkäuferseite zugerechnet. Das bedeutet jedoch nach dem bisher Ausgeführten nichts anderes, als daß ein Preis im Sinne des Wertzollrechts erst dann als ein normalerweise erzielbarer Preis angesehen werden kann, wenn er auch die etwa von der Käuferseite übernommenen Kosten oder zusätzlich bewirkten Leistungen, die den Vertrieb der Ware unmittelbar belasten, enthält. Damit wird die Problematik - denn alle wertzollrechtlichen Bestimmungen greifen ineinander und müssen im Zusammenhang verstanden werden - wieder auf den Zollwertbegriff zurückgeführt, der, wie oben ausgeführt, auf den Wert abstellt, mit dem die Ware im maßgebenden Zeitpunkt als erzielbarem Preis am Grenzort beim Käufer in die Wirtschaft des Einfuhrlandes übergeht. Das ist in der weit überwiegenden Zahl aller Fälle der bei einem normalen Kaufgeschäft, bei dem der Verkäufer alle Vertriebsfunktionen selbst wahrnimmt, in Rechnung gestellte Preis = Kaufpreis als der beim Käufer normalerweise erzielbare Preis. In den anderen Fällen muß er aber auf das genormte Geschäft zurückgeführt, d. h. berichtigt werden. Im Falle der Einschaltung selbständiger dritter Personen auf der Käuferseite, die beim Abschluß des Kaufgeschäftes oder der Lieferung der Ware mitwirken, geschieht dies durch die Einbeziehung u. a. auch der hierfür an sie gezahlten Provisionen als der das Kaufgeschäft unmittelbar belastenden, im maßgebenden Zeitpunkt in den Wert der Waren eingegangenen Vertriebskosten, in den Zollwert.
Wenn die Bgin. weiter einwendet, die Einbeziehung der von ihr gezahlten Provisionen in den Zollwert könne schon deshalb nicht zutreffend sein, weil für den Fall, daß sie die von der ausländischen Gesellschaft wahrgenommenen Tätigkeiten durch eine eigene Organisation hätte durchführen lassen, die dann entstandenen Kosten nicht zum Zollwert gehört hätten, so kann sie auch damit nicht durchdringen. Würde die Bgin. die im Streitfall von der ausländischen Gesellschaft wahrgenommenen Funktionen selbst wahrnehmen, so würden die im Streitfall auf die Vermittlungstätigkeit der ausländischen Gesellschaft entfallenden Kostenanteile tatbestandsmäßig entfallen, da die Bgin. nicht für sich selbst eine vermittelnde Tätigkeit ausüben kann. Es können z. B. auch die Kosten für die Einschaltung eines Verkaufsvermittlers nur dann zum Zollwert gehören, wenn sich der Verkäufer eines solchen Vermittlers bedient hat. Wenn und soweit die Bgin. jedoch die auf die Lieferung der Ware bezüglichen Vertriebsfunktionen wie die Kontrolle der Herstellung und rechtzeitigen Fertigstellung der Ware, die überwachung oder Durchführung der Verpackung und die Auftragserteilung an den Spediteur selbst durchgeführt hätte, so würden die dadurch entstandenen Kosten als Lieferungskosten ebenso zum Zollwert gehören wie die Frachtkosten selbst.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich auch, daß und warum die von List (a. a. O.) - und auch von Schürmann unter Berufung auf List - vertretene Ansicht, die sogenannten Einkaufsprovisionen gehörten nicht zum Zollwert, nicht zutrifft. List betrachtet das Kostenproblem unter dem Gesichtspunkt der Kostentragungspflicht im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander und glaubt folgern zu können, daß, da der Normalpreis ein cif-Preis ist, auch nur die sich aus den sogenannten Incoterms ergebende Pflicht zur Kostentragung, soweit sie den Verkäufer trifft, für die wertzollrechtliche Beurteilung maßgebend sein müsse. Abgesehen davon, daß es zweifelhaft ist, ob tatsächlich eine so weitgehende Abhängigkeit zwischen den ganz verschiedenen Zwecken dienenden Vorschriften besteht - es hätte sonst nahe gelegen, im Wertzollrecht hinsichtlich der Kostentragung einfach auf die international festgelegte cif-Klausel zu verweisen -, so ist der Senat der Ansicht, daß es - wie die Unterstellungsvorschrift des § 53 Abs. 3 ZG zeigt - auch theoretisch nicht auf die Kostentragungspflicht ankommt, sondern dem Sinn und Zweck des Wertzollbegriffs entsprechend allein darauf, ob den Vertrieb der Ware unmittelbar belastende Kosten entstanden sind, die im maßgebenden Bewertungszeitpunkt in ihren Wert eingegangen sind ohne Rücksicht darauf, wer von den Vertragspartnern sie trägt. Nach dem Wertzollrecht wird unterstellt, daß sie der Verkäufer trägt, nicht aber vorausgesetzt, daß er sie unter dem Gesichtspunkt der cif-Klausel zu tragen hätte. Der Normalpreisbegriff ist zwar auf den cif-Preis abgestellt und in der Regel aller Fälle - also im Normalfall - deckt sich auch ein als cif-Preis vereinbarter Rechnungspreis mit dem Normalpreis. Aber nicht jeder so vereinbarte Rechnungspreis entspricht deshalb, weil er ein cif-Preis ist, schon dem Normalpreis.
Auch der immer wieder vorgebrachte Einwand, die vom Senat vertretene Auffassung behandle Gleiches ungleich, weil nach dieser logischerweise auch die sonst beim Käufer entstehenden Kosten in den Zollwert einzubeziehen seien, ist, wie sich schon aus den Ausführungen unter Nr. 5 ergibt, nicht begründet. Nach der gesetzlichen Abgrenzung des Normalpreisbegriffes gehören, wie oben ausgeführt, nur solche Kosten auf der Käuferseite zum Normalpreis, die sich als neben der Zahlung des Kaufpreises bewirkte Leistungen des Käufers darstellen, mit denen er entweder selbst oder - im Falle der Provisionszahlung - durch von ihm beauftragte Dritte Vertriebsfunktionen übernimmt. Darunter fallen Aufwendungen des Käufers für den eigenen Geschäftsbetrieb, wie z. B. für Personalkosten, Finanzierungskosten und ähnliches nicht.
Es ist eingewendet worden, die Rechtsansicht des Senats führe zu nachteiligen Folgen für kleinere Firmen, weil diese in höherem Maße auf die Mitwirkung von Vermittlern (im weitesten Sinne) angewiesen seien. Das trifft in gewissem Umfang zu. Die hier in Erscheinung tretenden Wirkungen des Wertzollrechts sind aber keine Folgen einer unzutreffenden Rechtsauslegung, sondern solche der wirtschaftlichen Gegebenheiten selbst. ähnliche Erscheinungen sind dem nach anderen Zwecken ausgerichteten Wertzollrecht aber auch sonst nicht fremd. So stellt z. B. auch die wertzollrechtliche Berücksichtigung der Mengenrabatte in gewissem Sinne eine Benachteiligung kleinerer, weniger kapitalkräftiger Firmen dar, die nicht in der Lage sind, in den zur Erlangung von Mengenrabatten erforderlichen Mengen einzukaufen.
Wenn ferner behauptet worden ist, die Einbeziehung der sogenannten Einkaufsprovisionen in den Zollwert stelle eine Diskriminierung der selbständigen Vermittler dar, so ist dem entgegenzuhalten, daß der gleiche Einwand auch gegen die Einbeziehung der Provisionen der Verkaufsvermittler, insbesondere der Verkaufskommissionäre möglich wäre; er ist aber im Schrifttum dort nie erhoben worden. Er ist auch nicht berechtigt. Diskriminierung setzt, wie der Gleichbehandlungseinwand, gleiche Tatbestände voraus. Es ist aber ein wesentlicher Unterschied, ob Verkäufer oder Käufer beim Abschluß und der Durchführung eines Kaufgeschäftes selbst tätig werden oder sich einer dritten Person (Vermittlers) bedienen. Der Umstand, daß im letzteren Falle der Zollwert der eingeführten Ware um die Leistungen der Vertragspartner an Provisionen höher ist, bedeutet keine Diskriminierung der Vermittler gegenüber den Vertragspartnern - und nur darum könnte es sich handeln. Denn es fehlt hierfür an vergleichbaren Tatbeständen.
Schließlich wird der Senat in seiner Rechtsauffassung bestätigt durch die vom Brüsseler Zollwertausschuß ausgearbeiteten und vom Brüsseler Zollrat gebilligten und veröffentlichten Erläuterungen zur Brüsseler Begriffsbestimmung über den Zollwert der Waren (in übersetzung abgedruckt in Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1960 S. 162 ff. und S. 194 ff.). Diese Erläuterungen zum Brüsseler Zollwertbegriff stellen zwar kein übernationales oder nationales, durch die Gerichte unmittelbar anwendbares Recht dar. Sie sind aber die auf Grund einstimmiger Beschlußfassung sämtlicher am Brüsseler Zollwertabkommen beteiligten Staaten zustande gekommene authentische Interpretierung des Zollwertbegriffs durch die Vertragsstaaten. Es kommt ihnen daher, vor allem auch mit Rücksicht auf die Verpflichtung der Vertragsstaaten zu einer einheitlichen Anwendung der Wertzollvorschriften, eine besondere Bedeutung für die Auslegung des Wertzollrechts zu.
Mit Rücksicht auf die Bedeutung der umstrittenen Rechtsfrage erschien es dem Senat angezeigt, die Erläuterungen, soweit sie zu dem hier interessierenden Problem der sogenannten Einkaufsprovisionen in Kapitel VII unter dem Abschnitt "Provisionen und Maklerlohn" Stellung nehmen, im Wortlaut wiederzugeben:
"(a) Allgemeines Der in der Begriffsbestimmung vorgesehene Normalpreis ist ein Gesamtpreis, bei dem keine der mit dem Kauf und der Lieferung zusammenhängenden Kosten unberücksichtigt geblieben sind und nach dessen Zahlung der Käufer keine weiteren Verpflichtungen zu erfüllen hat.
In der Praxis enthält der Preis manchmal nicht alle diese Kosten und umfaßt nicht die Kosten der von Vermittlern erbrachten Dienstleistungen. Wird ein solcher Preis als Bewertungsgrundlage verwendet, so muß er unter Berücksichtigung derartiger Dienstleistungen berichtigt werden, damit er dem theoretischen Begriff des Normalpreises entspricht.
Die Dienstleistungen eines Vermittlers werden in der Regel in Form einer Provision oder eines Maklerlohns vergütet. Der Vermittler kann für den Verkäufer oder für den Käufer tätig sein, er kann aber auch Makler sein und als solcher keine spezielle Bindung zum Käufer oder zum Verkäufer haben. Die Vergütung eines Maklers gehört ebenso wie die aller sonstigen Vermittler zum Zollwert.
Die folgenden kurzen Ausführungen über Provisionen beziehen sich nur auf die Fälle, in denen zwar ein Preis als Bewertungsgrundlage anerkannt wird, der Käufer aber andererseits eine Provision zahlen muß. Die Fälle, in denen der Vermittler selbst Importeur der Waren ist, werden im Kapitel VIII behandelt.
(b) Verkaufsprovisionen ...
(c) Andere Provisionen Eine Provision kann an einen für den Käufer tätig werdenden Agenten oder sonstigen Vermittler für erbrachte oder zu erbringende Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des Geschäfts, der Auswahl, Versicherung, Beförderung oder Lieferung der Waren oder für andere in bezug auf die Waren erbrachte ähnliche Dienstleistungen gezahlt werden. Sie wird im allgemeinen in Prozenten des fakturierten Preises ausgedrückt. In diesem Fall kann der Zollwert vorbehaltlich aller anderen etwa erforderlichen Berichtigungen so ermittelt werden, daß der Betrag der Provision diesem Preis hinzugerechnet wird.
... Diese Provisionen werden in der Regel an Agenten oder sonstige Vermittler gezahlt, die im Ausland ansässig sind; sie können aber auch an Agenten oder sonstige Vermittler gezahlt werden, die im Einfuhrland ansässig sind. Im letzteren Fall erhöhen die durch diese Provisionen abgegoltenen Dienstleistungen den Wert der Waren in gleichem Maße wie die Dienstleistungen von im Ausland ansässigen Agenten oder sonstigen Vermittlern und müssen daher ebenso behandelt werden."
Diese Ausführungen decken sich in vollem Umfang mit der dargelegten Rechtsauffassung des Senats.
Die Vorentscheidung, die diese Rechtslage verkannt hat, war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
III. - Die Bgin. hat im Laufe des Verfahrens wiederholt vorgebracht, die von ihr an die ausländische Gesellschaft gezahlten Provisionen enthielten auch Beträge zur Abgeltung von Dienstleistungen, die diese bei Reklamationen und damit im Zusammenhang stehendem Schriftwechsel erbracht habe. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, welcher Art diese Reklamationen gewesen sind. Sollte es sich dabei um die Geltendmachung und Durchsetzung von Mängelrügen nach der Lieferung gehandelt haben, so könnte der auf diese Tätigkeit entfallende Anteil an den gezahlten Provisionen (gegebenenfalls in geschätzter Höhe) nicht in den Zollwert einbezogen werden. Denn in diesem Falle würde es sich auf seiten der ausländischen Gesellschaft um die Wahrnehmung von Funktionen handeln, die mit dem Vertrieb, d. h. dem Abschluß des Kaufgeschäfts und der eigentlichen Lieferung der Ware nichts zu tun haben.
Die Sache war daher zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurückzuverweisen, die unter Beachtung der vorstehenden Rechtsausführungen erneut zu entscheiden haben wird.
Fundstellen
Haufe-Index 409842 |
BStBl III 1960, 501 |
BFHE 1961, 677 |
BFHE 71, 677 |