Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Bestimmung des Vermögensanfalls ist die Frage, ob eine Forderung des Erblassers an den Erben (Miterben) bestanden hatte, ausschließlich nach bürgerlichem Recht zu beantworten, auch wenn deren Vorfragen vom Steuerrecht oder durch die - etwa davon abweichende - steuerliche Behandlung durch das Finanzamt beeinflußt sein können.
2. Ist der Gegenstand einer Schenkung dem Schenker wegen eines Rückforderungsrechts oder durch Rückschenkung zurückgegeben worden, kann, wenn der zuvor Beschenkte den Schenker beerbt und der Gegenstand dadurch an ihn zurückfällt, der als Anfall von Todes wegen zu erfassende Gegenstand nicht überdies im Hinblick auf die frühere Schenkung als progressionsfördernde Vorzuwendung erfaßt werden.
2. Sind bei Rückgabe des Geschenks die gezogenen Nutzungen nicht zurückgegeben worden, verbleiben diese mit dem Wert als Vorzuwendungen ansetzbar, der ihnen als Nutzungen zukommt.
Normenkette
ErbStG 1959 § 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 13 Abs. 1, § 34
Tatbestand
Der Vater der vier Kläger war Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gewesen. Im März 1960 hatte er den Klägern "zu vier gleichen Teilen" eine Forderung von 230 000 DM schenkweise abgetreten. Diese richtete sich nach der - mit der Revision nicht beanstandeten - tatsächlichen Feststellung des FG gegen die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und "bestand aus den dem Vater bis dahin zustehenden Dividenden", nach einer in den beigezogenen Schenkungsteuerakten enthaltenen auszugsweisen Abschrift des "Schenkungs- und Abtretungsvertrags" dagegen gegen eine Kommanditgesellschaft im übrigen gleicher Firma.
Am 7. November 1960 hatte der Vater der Kläger diesen seinen Geschäftsanteil an der Gesellschaft mit beschränkter Haftung "zu vier gleichen Teilen" schenkweise abgetreten. Aus diesem Geschäftsanteil sind den Klägern in den Jahren 1961 bis 1963 ausgeschüttete Gewinne in Höhe von insgesamt 378 000 DM und jedem von ihnen ein Viertel davon zugeflossen.
Bei der ertragsteuerlichen Behandlung hatte das FA in der Abtretung des Geschäftsanteils eine Entnahme des Vaters gesehen. Die ertragsteuerlichen Auswirkungen dieses Standpunkts hätten sich zu seinen Lasten auf rund 2 100 000 DM belaufen. Deswegen kam es zu Besprechungen des Steuerpflichtigen mit der Oberfinanzdirektion. Als deren Ergebnis erscheint es dem FG "den Umständen nach glaubhaft", daß "vereinbart" worden sei, für den Fall einer "Rückübertragung" des Geschäftsanteils "nur für Zwecke der Ertragsbesteuerung die Schenkung (vom November 1960) als nicht geschehen zu behandeln".
Am 26. November 1963 (nachdem offenbar der von dem Vater kommende Geschäftsanteil zwischenzeitlich geteilt worden war) hatten die Kläger ihre Geschäftsanteile "unentgeltlich" an ihren Vater zurückübertragen.
Bei der Ertragsbesteuerung hatte das FA daraufhin vom Ansatz eines Veräußerungsgewinns abgesehen.
Am 2. Januar 1966 ist der Vater der Kläger gestorben und von diesen zu gleichen Teilen beerbt worden.
Durch die zuletzt angefochtenen Bescheide vom 22. Dezember 1970 hat das FA (Beklagter) gegen die erstgenannten zwei Kläger eine Erbschaftsteuer von 131 383,50 DM, gegen die nachgenannten beiden Kläger je eine Erbschaftsteuer von 130 948 DM festgesetzt. Die unterschiedliche Höhe der Steuern erklärt sich daraus, daß im Jahr 1965 den erstgenannten je 36 220 DM, den zweitgenannten aber je 28 170 DM geschenkt worden waren. Aus dem Jahr 1960 ist der Schenkungswert bei jedem mit einem Viertel von 230 000 DM, also mit 57 500 DM angesetzt. Auf die Schenkung des Geschäftsanteils (der Geschäftsanteile) vom 7. November 1960 ist unter den Vorschenkungen kein Betrag angesetzt.
Als Nachlaßwert ist jeweils ein Betrag von 5 115 465 DM, als Wert der Beteiligung des einzelnen Klägers am Nachlaß ein Betrag von 1 278 865 DM zugrunde gelegt. Im angesetzen Nachlaßwert enthalten ist ein Betrag von 378 000 DM als "Anspruch" des Erblassers, "an die Kinder auf Herausgabe der in den Jahren 1961 bis 1963 zugeflossenen Dividenden".
Diesen Anspruch bestreiten die Kläger. Sie haben - mit Zustimmung des Beklagten unmittelbar - Klage erhoben mit dem Antrag, bei jedem der Kläger die Steuerfestsetzung hinsichtlich eines Teilbetrags von 9 450 DM aufzuheben.
Das FG hat der Klage voll entsprochen und durch getrennte Urteile gegenüber jedem der Kläger die Erbschaftsteuer für die ersten beiden Kläger je auf 121 933,50 DM und für die beiden anderen Kläger je auf 121 498 DM festgesetzt.
Das FG vermochte entgegen dem Standpunkt des Beklagten "nicht zu erkennen, daß die Rückübertragung" der (inzwischen aufgegliederten) Geschäftsanteile "an den Vater mit rückwirkender Kraft erfolgt sei oder erfolgen sollte", weshalb die Kläger als bis zum 26. November 1963 "rechtmäßige Inhaber der GmbH-Anteile" nicht zur Herausgabe der zwischenzeitlich gezogenen Früchte verpflichtet gewesen seien; "wenn vom FA ertragsteuerlich (ESt/GewSt) eine rückwirkende Beseitigung der Schenkung angenommen worden" sei, so berechtige "das nicht dazu,... ohne entsprechende Parteivereinbarung die Schenkung vom November 1960 als rückwirkend (ex tunc) weggefallen zu betrachten".
Gegen diese Urteile hat der Beklagte Revisionen eingelegt mit dem Antrag, das jeweils angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der BFH hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Die übereinstimmenden Revisionsbegründungen des Beklagten rügen: Das FG habe unberücksichtigt gelassen, daß die Steuerfestsetzungen auf die Schenkungen vom 7. November 1960 zurückgenommen worden seien, weil diese Schenkungen rückwirkend aufgehoben seien; dazu beruft sich der Beklagte auf das nicht veröffentlichte Urteil des BFH vom 29. Juli 1964 II 106/62. Aus den Akten ergebe sich, daß dem Wegfall der Geschäftsgrundlage auch für die Schenkungsteuer rückwirkende Kraft habe beigemessen werden sollen. Bei der Auslegung der Verträge vom 26. November 1963 habe das Finanzgericht "allgemeine Rechtsgrundsätze" verletzt. Die Verpflichtung zur Rückgewähr auch der ausgeschütteten Gewinne ergebe sich aus den Grundsätzen ungerechtfertigter Bereicherung. Im Schenkungsteuerrecht komme es nicht darauf an, auf welchem Wege die Bereicherung in Wegfall gebracht werde.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen sind zulässig erhoben; sowohl ihre Verfahrensrügen als auch ihre Sachrüge sind zulässig. Die - als solche unbeachtliche - Rüge eines Verstoßes wider den Inhalt der Akten kann als Ermittlungsrüge (§ 76 Abs. 1 FGO) verstanden werden; im Sachzusammenhang genügt ihre Begründung den Anforderungen des § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO. Diesen Anforderungen genügt zwar nicht die materiell-rechtliche Rüge einer Verletzung "allgemeiner Rechtsgrundsätze"; auch kann die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm nicht durch Bezugnahme auf ein Urteil des BFH ersetzt werden. Der Zusammenhang ergibt aber, daß der Beklagte die Rechtsnorm anerkannt wissen will, für die erbschaft- und schenkungsteuerliche Rechtslage sei nicht die bürgerliche Rechtslage maßgebend, sondern deren Beurteilung durch das FA bei früheren Vorgängen desselben Steuerschuldners. Eine solche angebliche Rechtsnorm konnte der Beklagte freilich nicht in wesentlich anderer Weise "bezeichnen", als es geschehen ist.
Die erhobenen Rügen sind unbegründet. Wegen eines nicht gerügten Nebenpunktes waren jedoch die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 118 Abs. 3 Satz 2, § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
Im Ausgangspunkt und in der Beurteilung der umstrittenen Rechtsfrage sind die angefochtenen Urteile richtig. Zwar trifft die - in der Revisionsinstanz nicht wiederholte - Ansicht der Kläger, die Schenkung der Geschäftsanteile rückwirkend aufzuheben, sei rechtlich unmöglich, nicht zu. Die rückwirkende Aufhebung der Schenkung hätte - obschon die gesellschaftsrechtliche Lage nicht rückwirkend verändert werden konnte - dazu führen müssen, daß die Kläger ihrem Vater nicht nur ihre Geschäftsanteile hätten zurückgewähren müssen, sondern auch verpflichtet gewesen wären, ihm die zwischenzeitlich ausgeschütteten Gewinne zukommen zu lassen (§ 812 Abs. 1 Satz 2, § 818 Abs. 1 BGB; vgl. § 159 BGB). Die - durch die Verfahrensrügen des Beklagten (wie noch darzulegen) nicht zu erschütternden - tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils geben aber keinen Anhalt dafür, daß die Kläger und ihr Vater die Schenkungen vom 7. November 1960 am 26. November 1963 oder zu irgend einem anderen Zeitpunkt rückwirkend aufgehoben hätten.
Die notariell beurkundeten Verträge vom 26. November 1963 haben zum Inhalt, daß der jeweilige Kläger seinen Geschäftsanteil an der Gesellschaft mit beschränkter Haftung in dem inzwischen durch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln veränderten Inhalt an seinen Vater unentgeltlich abtritt und der Vater diese Abtretung annimmt. Darin erschöpft sich die beurkundete Aussage des Rechtsfolgewillens der Beteiligten. Auch unter Beachtung des § 157 BGB ist den Beurkundungen nicht mehr zu entnehmen, als eine frühestens mit deren Abschluß wirksame Abtretung des jeweiligen Geschäftsanteils (§§ 15, 16 GmbHG) und die Einigung darüber, daß diese Zuwendung unentgeltlich sein solle (§ 516 Abs. 1 BGB). In objektiver Auslegung ist folglich - da die Rückabtretung der Geschäftsanteile selbst nicht mit Rückwirkung erfolgen konnte - am 26. November 1963 nicht beurkundet worden, daß die Kläger und ihr Vater übereingekommen wären, die Schenkungen vom 7. November 1960 mit obligatorischer Rückwirkung aufzuheben.
Daß die Kläger und ihr Vater bei Abgabe ihrer Erklärungen übereinstimmend diesen weitergehenden, vom Inhalt der Beurkundung abweichenden Willen gehabt hätten, wird selbst vom Beklagten nicht behauptet. Er meint allenfalls, daß die Kläger und ihr Vater um des Ergebnisses willen (so wie er es sieht oder jedenfalls sah) diesen Willen hätten haben müssen. Zum Vertrag vom 26. November 1963 hat der Beklagte aber ausdrücklich hervorgehoben, daß er sich auf § 133 BGB nicht berufe.
Weder die tatsächlichen Feststellungen des FG noch die mit den Verfahrensrügen der Revision aufgestellten tatsächlichen Behauptungen des Beklagten geben einen Anhalt dafür, daß die Kläger und ihr Vater vor oder nach den beurkundeten Verträgen vom 26. November 1963 oder zugleich mit diesen vereinbart hätten, die Schenkungen vom 7. November 1960 rückwirkend aufzuheben. Ebensowenig bietet sich ein Anhalt dafür, daß der Vater der Kläger einseitig von den Schenkungsverträgen vom November 1960 zurückgetreten wäre; es kann daher dahingestellt bleiben, ob er dazu nach bürgerlichem Recht befugt gewesen wäre.
Sind demzufolge im bürgerlich-rechtlichen Verhältnis zwischen den Klägern und ihrem Vater die Schenkungsverträge vom 7. November 1960 nicht rückwirkend beseitigt worden, so gibt es keinen Rechtsgrund, aus dem heraus die von dem Beklagten gemäß § 24 Abs. 2 ErbStG 1959 angesetzten Ansprüche des Vaters der Kläger auf Erstattung der von diesen bezogenen Gewinnausschüttungen hätte entstehen können. Denn § 818 Abs. 1 BGB greift nicht ein, weil bereits § 812 Abs. 1 BGB nicht eingreift.
Dem Steuerrecht ist - wie immer auch die ertragsteuerliche und schenkungsteuerliche Behandlung und die ertragsteuerliche und schenkungsteuerliche Rechtslage gewesen sein mögen - keine Rechtsnorm zu entnehmen, welche die Kläger hätte verpflichten können, die Nutzungen der ihnen rechtens zustehenden Geschäftsanteile an ihren Vater herauszugeben. Die Rechtsverhältnisse zwischen den Klägern und ihrem Vater sind vielmehr ausschließlich eine Frage des bürgerlichen Rechts, auch wenn deren Vorfragen vom Steuerrecht oder durch die - etwa davon abweichende - steuerliche Behandlung durch das Finanzamt beeinflußt sein können.
Dies verkennt der Beklagte mit der Ansicht, daß es "hier auf die erbschaftsteuerliche Auswirkung der Verträge ankomme, die vom Ergebnis einer rein bürgerlichrechtlichen Auslegung abweiche", und daß "die formalrechtliche Ausgestaltung des Rücktrittsverfahrens im bürgerlichen Recht für das Schenkungsteuerrecht nicht maßgeblich" sei. Denn um die letztgenannte Frage geht es hier nicht, sondern allein um die - für die Erbschaftbesteuerung vorgreifliche - Frage, ob dem Vater der Kläger im Zeitpunkt seines Todes gegen diese ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) zustand, wie es der Beklagte annimmt, oder nicht zustand. Diese Frage kann aber nur nach bürgerlichem Recht beantwortet werden, und es gibt demzufolge hier keinen Unterschied zwischen einer "rein bürgerlichrechtlichen Auslegung" und den "erbschaftsteuerlichen Auswirkungen". Vielmehr ist in diesem Punkt die Beurteilung des Erbschaftsteuerrechts (§ 24 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ErbStG 1959; zu Abs. 2 vgl. § 1976 BGB) genau die des bürgerlichen Rechts.
Für seine gegenteilige Auffassung beruft sich der Beklagte zu Unrecht auf das Urteil des BFH vom 29. Juli 1964 II 106/62. Zum einen hat dieses Urteil nicht die hier streitige Frage behandelt, ob die Beteiligten des Schenkungsvertrages diesen rückwirkend aufgehoben haben; das war dort unzweifelhaft der Fall. Zum andern ging es dort nicht um die erbschaftsteuerrechtliche Beurteilung, sondern um die schenkungsteuerrechtliche; zu entscheiden war, ob die Schenkungsteuerfestsetzung aufrechterhalten werden darf, wenn die Vertragsbeteiligten den Schenkungsvertrag unter dem Druck einer falschen einkommensteuerrechtlichen Behandlung durch das Finanzamt mit obligatorischer Rückwirkung aufgehoben haben. Im Hinblick auf das - von den Vertragsschließenden nicht vorausgesehene - Verhalten des FA war der Gesichtspunkt eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu untersuchen (vgl. § 42 ErbStG 1925, § 34 ErbStG 1959); das Urteil hat diesen ausschließlich unter bürgerlichrechtlichen Gesichtspunkten geprüft und bejaht. Erst im Anschluß daran finden sich die Sätze: "Für das Schenkungsteuerrecht ist mit Rücksicht auf den ihm innewohnenden Bereicherungsgrundsatz allein entscheidend, daß mit dem durch den Wegfall der Geschäftsgrundlage bedingten Recht zum Rücktritt von dem ursprünglichen Vertragsverhältnis die Bereicherung des Bedachten in dem Umfang, wie sie ihm auf Grund des ursprünglichen Vertrages ... zugefallen war, beseitigt worden ist. Auf welchem Wege die Bereicherung in Wegfall gebracht worden ist, ist dagegen bedeutungslos." Diese Sätze rechtfertigen nicht den Schluß, in einem Fall, in dem nach bürgerlichem Recht die Bereicherung aus der Schenkung eben nicht völlig "in Wegfall gebracht worden ist", sei - mit Wirkung für einen ganz anderen Steuerfall, nämlich die Erbschaftsteuer - durch Fiktion eines nach bürgerlichem Recht nicht gegebenen Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung so zu konstruieren, als ob die Schenkungsbereicherung (völlig) weggefallen wäre.
Infolge dieses Fehlschlusses legt der Beklagte seiner erbschaftsteuerrechtlichen Würdigung nicht diejenigen Erklärungen zugrunde, welche die Kläger und deren Vater abgegeben hatten, sondern diejenigen, die sie seiner Ansicht nach hätten abgeben müssen. Es mag - obschon von dem FG das Gegenteil festgestellt ist - unterstellt werden, nach dem damals von der OFD und dem FA für die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer vertretenen Standpunkt (vgl. dagegen Urteil vom 31. Januar 1964 VI 337/62 S, BFHE 79, 19, BStBl III 1964, 240, und zuvor schon Urteil vom 24. Oktober 1951 IV 233/51, BFHE 56, 10, BStBl III 1952, 5) sei von dem Vater der Kläger erwartet worden, daß er die Schenkungen vom 7. November 1960 rückwirkend aufhebe. Er hat es aber - aus welchen Gründen auch immer - nicht getan und infolgedessen keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung erlangt.
Demzufolge geht die Verfahrensrüge des Beklagten fehl, das FG hätte den Akten entnehmen müssen, daß "dem Wegfall der Geschäftsgrundlage auch für die Schenkungsteuer rückwirkende Kraft beigemessen werden sollte". Aus den Schreiben der OFD vom 29. Juli 1966 und vom 23. Mai 1967, auf die sich der Beklagte bezieht, ergibt sich nur, daß die OFD die Rechtsansicht vertritt, die Schenkungsverträge seien rückwirkend aufgehoben worden. Es gibt aber keine Norm, welche das Gericht verpflichten würde, sich die Rechtsansichten einer OFD zu eigen zu machen.
Ebensowenig greift die Verfahrensrüge durch, das FG habe unberücksichtigt gelassen, daß die Steuerfestsetzungen auf die Schenkungen vom 7. November 1960 durch Bescheide vom 26. Oktober 1966 aufgehoben worden sind. Denn aus diesen Änderungsbescheiden kann sich für die entscheidungserheblichen Fragen nicht mehr ergeben als ein - richtiger oder falscher - Standpunkt des Beklagten über den Inhalt der Verträge vom 26. November 1963, aber nicht der bürgerlich-rechtliche Inhalt der Verträge selbst.
Bei näherer Durchsicht der Schenkungsteuerakten ergibt sich überdies, daß die Kläger nicht den der Aufhebung der Steuerbescheide zugrunde liegenden Standpunkt vertreten hatten, sie hätten "das ihnen durch den Wegfall der Geschäftsgrundlage zustehende Rücktrittsrecht vom Schenkungsvertrag vom 7. 11.1960 durch den Rückschenkungsvertrag vom 26.11.1963 ausgeübt" und dadurch vollen Umfangs "die ursprüngliche Bereicherung beseitigt". Sie hatten dem Beklagten vielmehr am 30. Oktober 1963 den "Entwurf eines Vertrages über die Rückschenkung der ... Geschäftsanteile" übersandt mit dem "Unterstellen, daß mit dieser Rückschenkung eine Schenkungsteuer nicht entsteht, da die Rückschenkung zwischen Eltern und Kindern erfolgt und die Identität der Anteile durch die zwischenzeitliche Kapitalerhöhung nicht geändert worden ist". Diese Auffassung hat der Beklagte durch Schreiben vom 22. November 1963 mit ausdrücklicher Bezugnahme auf § 18 Abs. 1 Nr. 13 ErbStG 1959 bestätigt. Bis zu diesem - dem Tag der Beurkundung vom 26. November 1963 sehr nahe liegenden - Tage war also gerade zwischen den Prozeßbeteiligten nicht von einer rückwirkenden Aufhebung der Schenkungen die Rede, sondern nur von einer "Rückschenkung". Eine solche kann zwangsläufig erst mit ihrer Ausführung wirksam werden (§ 516 Abs. 1 BGB). Sie ist - sofern die Terminologie richtig gewählt ist - unvereinbar mit der Annahme, die Schenkungen vom November 1960 seien zuvor oder zugleich auf Grund eines Rückforderungsrechts des Vaters mit obligatorischer Rückwirkung aufgehoben worden. Denn eine Rückgabe des geschenkten Gegenstands in Erfüllung einer Rechtspflicht wäre nicht "unentgeltlich" gewesen (§ 362 Abs. 1 BGB).
Wie die vom Beklagten in Bezug genommene Schenkungsteuerakte ergibt, geht die Rücknahme der Steuerbescheide nicht auf Anträge der Kläger an den Beklagten zurück, sondern auf eine Anweisung der OFD an diesen vom 29. Juli 1966, den Schenkungsteuerbescheid von Amts wegen zurückzunehmen. Diese Anweisung war die Folge einer "Überprüfung der Angelegenheit", nachdem der Testamentsvollstrecker einen vorläufigen Erbschaftsteuerbescheid vom 14. April 1966 angefochten hatte, weil in diesem der Wert der Geschäftsanteile bei den Vorschenkungen viermal mit 960 731 DM und in dem Nachlaßwert überdies - mit einem nicht ausgeschiedenen Betrage - als Bestandteil des Betriebsvermögens der Kommanditgesellschaft enthalten war. Von der beabsichtigten Aufhebung der Schenkungsteuerfestsetzung haben die Kläger zwar "mit Befriedigung Kenntnis genommen" und dementsprechend die Zustimmung zur Rücknahme der Steuerfestsetzung erteilt. Einen Rückschluß auf den Inhalt ihrer am 26. November 1963 abgegebenen Erklärungen erlaubt das aber nicht.
Demzufolge hat das FG mit Recht den Betrag der angeblichen, aber nicht bestehenden Forderung des Vaters der Kläger gegen diese in Höhe von viermal 94 500 DM, insgesamt also von 378 000 DM, nicht dem Nachlaßwert zugeschlagen.
Richtig ist auch, daß bereits der Beklagte unter den gemäß § 13 ErbStG 1959 zu verrechnenden Vorschenkungen die Schenkung der Geschäftsanteile vom 7. November 1960 als solche in den angefochtenen Bescheiden nicht mehr angesetzt hat.
Falls die Geschäftsanteile am 26. November 1963 "wegen eines Rückforderungsrechts" dem Vater zurückgegeben worden wären (der Ausdruck "Rückschenkung" also falsch wäre), folgte das allein schon aus dem Rechtsgedanken des § 34 ErbStG 1959, der in einem solchen Fall die Erstattung der gezahlten Schenkungsteuer vorsieht; das bedeutet, daß diesfalls die Schenkung im Umfang der das Rückforderungsrecht erfüllenden Rückgewähr rückwirkend als nicht erfolgt gilt (vgl. jetzt § 29 Abs. 1 ErbStG 1974). Dabei führt - entgegen der Ansicht des Beklagten - das Rückforderungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§§ 157, 242 BGB) nicht notwendig dazu, daß die Schenkung im ganzen rückgängig zu machen ist; regelmäßig sind nur die Vertragsleistungen der veränderten Sachlage anzupassen (Urteile des BGH vom 14. Juli 1953 V ZR 75/52, NJW 1953, 1585 [1586], und vom 3. Dezember 1971 V ZR 134/69, NJW 1972, 247 [248]). Da die erfolgten Maßnahmen ausreichten, die befürchteten ertragsteuerlichen Folgen abzuwenden, hatte der Vater der Kläger keinen weitergehenden Anspruch.
Wenn der geschenkte Gegenstand nicht wegen eines Rückforderungsrechts, sondern schenkweise zurückübertragen wird, bleibt zwar die Steuerpflicht der früheren Schenkung erhalten und ist die Rückschenkung nur nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 Nr. 13 ErbStG 1959 befreit. Der Grundgedanke des Erbschaftsteuerrechts, die Bereicherung - und nur diese - zu erfassen (§ 11 Abs. 3 ErbStG 1959), schließt es aber aus, diesen Gegenstand, wenn er später dem ursprünglich Beschenkten (Rückschenker) wieder von Todes wegen anfällt, nicht nur im Vermögensanfall von Todes wegen zu erfassen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1959), sondern dessen früheren Erwerb überdies gemäß § 13 ErbStG 1959 progressionsfördernd zu berücksichtigen.
Bislang unberücksichtigt geblieben ist indessen, daß die Schenkungen vom 7. November 1960 - unabhängig davon, ob die Kläger am 26. November 1963 auf Grund einer Rechtspflicht oder freigebig gehandelt haben - nicht in der Weise rückgängig gemacht worden sind, daß auch die zwischenzeitlich gezogenen Nutzungen (§ 818 Abs. 1 BGB) herausgegeben worden wären, die Bereicherung insoweit also den Klägern verblieben ist. Die Besteuerung dieser Bereicherung ist - als einen früheren Zeitraum betreffend - von der Besteuerung des Anfalls von Todes wegen unberührt geblieben.
Da - wie zuvor dargelegt - die Schenkungen nicht mit Rückwirkung (im Sinne des hier nicht einschlägigen § 159 BGB) aufgehoben worden sind, kann das allerdings nicht bedeuten, daß in dem Belassen der viermal 94 500 DM eine weitere Schenkung des Vaters an die Kläger gesehen werden könnte. Verblieben sind diese Beträge vielmehr den Klägern nicht als zusätzliche Schenkungen, sondern als Rechtsfrüchte (§ 99 Abs. 2 BGB) der am 7. November 1960 geschenkten Geschäftsanteile. Sie sind somit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BewG 1963 (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BewG 1974) "Nutzungen" der Geschäftsanteile, bei denen der Jahreswert gemäß § 17 a Abs. 1 BewG 1963 (§ 16 BewG 1974) auf den achtzehnten Teil des Werts des genutzten Wirtschaftsguts, also des gemeinen Werts der Geschäftsanteile (§ 13 Abs. 2 BewG 1963 = § 11 Abs. 2 BewG 1974), begrenzt wird.
Die Steuer auf die Schenkungen vom 7. November 1960 hätte folglich (wenn überhaupt) nicht im Umfang der gesamten Besteuerungsgrundlage zurückgenommen werden dürfen, sondern nur in dem Umfang, der sich aus dieser abzüglich des Nutzungswerts gemäß § 15 Abs. 1, § 17 a Abs. 1 BewG 1963 ergibt (vgl. den rechtsähnlichen Fall der "Anrechnung" gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 ErbStG 1959 und nunmehr die ausdrückliche Vorschrift des § 29 Abs. 2 ErbStG 1974). Auch wenn das nicht mehr rückgängig zu machen ist, ist für die Berechnung der Erbschaftsteuer nach Maßgabe des § 13 ErbStG die richtige Besteuerungsgrundlage einzusetzen, die auch nach den Verträgen vom 26. November 1963 für die Schenkungen vom 7. November 1960 verblieben ist, soweit sie sich nicht auf die im Nachlaßwert enthaltenen Geschäftsanteile selbst, sondern auf die vor dem Erbfall gezogenen Früchte bezieht.
Selbst im Falle einer Rückschenkung wären also die Schenkungen vom 7. November 1960 unter den Vorzuwendungen nur noch mit dem Betrage zu berücksichtigen, der gemäß § 15 Abs. 1, § 17 a Abs. 1 BewG 1963 auf den Nutzungswert entfällt. Dieser Restbetrag ist gemäß § 13 Abs. 1 ErbStG 1959 einerseits in die Zusammenrechnung der "innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallenden Vermögensvorteile" einzubeziehen, andererseits aber auch in die Berechnung der "Steuer, welche für die früheren Erwerbe zur Zeit des letzten zu erheben gewesen wäre".
Für die Einsatzposten dieser Rechnung kommt es zufolge § 17 a BewG 1963 auf die gemeinen Werte der Geschäftsanteile am 7. November 1960 (§ 13 Abs. 1, §§ 22, 14 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG 1959) an. Da die Beurteilung hier - anders als sonst im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (§§ 14, 22 ErbStG 1959) - nicht vorausschauend, sondern - ebenso wie im Fall des § 7 Abs. 3 Satz 2 ErbStG 1959 - rückschauend ist, wäre überdies ein zwischenzeitlich während des Bezugs der Früchte (Gewinnausschüttungen) etwa gesunkener Wert der Geschäftsanteile zu berücksichtigen.
Fundstellen
Haufe-Index 72676 |
BStBl II 1978, 217 |
BFHE 1978, 208 |